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den von ihren Mitbürgern behandelt. Zu der Deputation deS Fackel- zug», wobei viele Israeliten waren, ward kein Jude gewählt, obgleich Viele sich dazu geeignet hätten, da einige davon Offiziere der Landwehr sind! Die Mozartstiftung, welche vom hiesigen Liedcrkranz ins Leben ge rufen ward, hat bei ihrer Stiftung von Hrn. v. Rothschild und andern Israeliten bedeutende Gelder geschenkt erhalte», ja der Liedcrkranz brachte damals Hrn. v. Rothschild sogar ein Vivat; man ließ Baron Anselm v. Rothschild und den Bankier H. Fl .m damals mit an der Spitze des ZugeS figurircn; so oft aber ein Israelit Mitglied des Licderkranzes wer den will, fällt er durch, sodaß seit einem Jahre die Juden einen eig nen Liedcrkranz gebildet haben, der 80 —100 Sänger zählt. Hier fällt Einem immer vr. Börne ein, der einmal fraglc: „ob die l)-I)»r-Sym- phonie von Beethoven nicht in 6-k!<>ll übcrgcsprungen wäre, seitdem die Juden im frankfurter Museum Mitglieder seien?" Gestern Abend ward in Offenbach eine neue Freimaurer loge, unter dem hiesigen eklektischen Bunde stehend, fcicrlichst von die sem Bund cingeweiht. — Aufs neue ist unsere Börse bei einem betrügeri schen Bankrotte bedeutend bcthciligt. Engländer, die sich seit mehren Jahren in Wiesbaden und in hiesiger Stadt aufhicltcn und sehr bedeu tende Geschäfte an allen Börsen in Eisenbahnactien gemacht haben, sind mit ä — 500,000 Fl. Passiven flüchtig geworden. Die ersten Juweliers so wie auch Bankiers sind mit bedeutenden Summen dabei intercssirt. umfassen, wollte überall helfen, wo Hülfsbcdürftigkeit hervortrat, wollte mit Einem Schlag einen WohlthätigkcitsorganiSmuS schaffen, zu dem so- wol daS hinreichende Material als' besonders der Bauplan und die ge schickten Arbeitskräfte fehlten. Hätte man sich begnügt, wie viele Ein sichtige verstellten, mit etwas Bestimmtem, Einzelnem, aber in seiner Weise Ganzem anzufangcn; hätte man sich entschließen können, statt aller schö nen Worte eine That zu zeigen: cs wäre ein Eckstein gelegt, an den das Fundament deS Baues kräftig hätte angcrciht werden können. Erinnern wir uns nur z. B. an den Vorschlag zur Errichtung einer Arbciterbörse, wo den arbeitslosen Arbeitern die gewünschte Beschäftigung, den Arbeit gebern die erfoderlichc Zahl von Arbeitern nachqcwicsen werden sollte: mar hier nicht Hunderten fast mühcloö zu helfen? Gedenken wir ferner des Vorschlags zur Errichtung von Crcditkasscn und Begründung von Gcwerbchallcn, wo nolhlcidcnde Handwerker Vorschüsse auf zu liefernde Arbeit und Absatz der sonst nicht zu vcrwcrthcndcn Erzeugnisse ihres Fleißes erhalten sollten: war hier nicht ein schöner Anknüpfungspunkt für weitere Wirksamkeit geboten? Erwähnen wir endlich noch der Spar- und Prämicnkasscn; so ungenügend sie erscheinen mögen, cs war immer ein erster Schritt zum höher» Ziele gethan. Indessen mit solchen unbedeutenden praktischen Ausführbarkeiten hielt sich das einmal großartig angeregte Humanitätsstrcben in seinem allumfassenden Reformeifcr gar nicht auf; mtellcctuclle Hebung der nicdcrn Klassen, kräftige Erweckung des BürgcrsinnS, Ocssentlickkeit der Vcrcinssitzungcn, wo möglich wöchent liche Volksversammlungen in allen Quartieren der Stadt, das waren die großen Schlagworte, welche die Debatten belebten, aber die Zukunft des Vereins zu Grabe trugen. Nicht die verweigerte Genehmigung der Re gierung hat das Zustandekommen des Unterstützungswerks gehindert, son dern die zweckwidrige Gestaltung der Vcrfassungsformen, die ungehö rige Einmischung fremdartiger Tendenzen hat es der Regierung unmög lich gemacht, einem Statute seine Bestätigung zu crthcilen, welches mehr die Aufregung der Massen als eine Abstellung ihrer Leiden bewirken mußte. Die oberste Verwaltungsbehörde hat keineswegs, wie so viel fach ausgcsprengt wird, das Jnslebcntrcten der Vereinsthätigkcit über haupt hintertrieben, sondern überzeugt von der Nothwcndigkcit, daß das große Werk sich von festen, soliden Anfängen aus emporarbeitcn müsse, hat sic als Bedingung der Genehmigung die vorläufige Einrichtung von Sparkassen hingestcllt; kann es ihr zum Vorwürfe gemacht werden, wenn man es verschmähte, etwas praktisch Ausführbares statt eines luftigen Statutenorganismus aufzunehmcn? Die Erfindungsgabe mancher Publicisten wird nicht müde, die kirch liche Petitionsanaclegcnhcit des hiesigen Magistrats zu den son derbarsten und widersinnigsten Erzählungen auszubcuten. . So bringt die Börsenhall« di« höchst amüsante Nachricht: der Prinz von Preußen habe sich mit der Antwort des Königs auf die Adresse des Magistrats nicht einverstanden erklärt, und es sei in Folge dessen zu einem lebhaften Auf tritt zwischen den beiden erlauchten Brüdern gekommen. Jeder urthcilS- fäkige Leser wird wol wissen, daß es sich hier um eine Entscheidung des Königs handelte, an den die Eingabe einzig und allein gerichtet war; und wer den ruhigen, besonnenen Sinn des Prinzen von Preußen kennt, wird überzeugt sein, daß dieser Fürst zu gut sich seiner Stellung bewußt ist, und zu gewissenhaft dieselbe inne hat, um in die Versuchung zu ge- rathen, sich in Angelegenheiten cinzumischen, deren Erledigung dem Staats oberhaupt allein zufällt. Von dem Allen hat indessen der Korrespondent der Börsenhalle keine Ahnung, vielmehr kommt ihm diese Erfindung des „lebhaften Auftritts" sehr gelegen, mancherlei sehr weise Bemerkungen anruknüpfcn, indem er fortfahrt: „So viel ist allerdings längst bekannt, daß der Prinz sich zu wiederholten Malen gegen die Propaganda deS Pietismus und ihren wachsenden Einfluß auf die Reglerungsgeschäfte un verhohlen erklärt hat. Allein dennoch dürfte es zu weit gehen,-von ihm einen Wechsel des Staatsprincips zu erwarten und ihn zu einem Anhän ger constitutioncllcr Rcgierungsformen zu erklären. Wer die Macht hat, gibt sie freiwillig nicht aus den Händen, und so glauben wir, daß auch in Preußen die Volkswünsche nur in dem gewaltigen Drange der Um stände ihre einstmalige Befriedigung finden werden." Wir haben weder auf die schamlosen Insinuationen des ersten Satzes noch auf diese freche Verdächtigung des preußischen VolkscharakterS in dem letzten Satz irgend etwas zu erwidern. "Hatte, 29. Oct. Bei dem lebhaften Interesse, welches die reli giösen Angelegenheiten, insbesondere die protestantischen Freunde und was damit zusammenhängt, bei Freund und Feind fortdauernd behaupten, wird cS den Lesern dieser Zeitung hoffentlich nicht unerwünscht sein, über den gegenwärtigen Stand der Wislicenus'schen Angelegenheit etwas Ge naueres zu erfahren. Nachdem bereits im Mai d. I., wie damals auch in diesen Blättern berichtet ward, die „Entfernung von der Amtsdeser- vitur" verfügt worden war, wurde im Juli „das förmliche DiSciplinar- untersuchungsvcrfahren" cingcleitct; die Führung desselben wurde dem hie sigen Land- und Sladtgcrichtsdirector v. Köncn übergeben. Gegen Ende August von einer UrlaubSreise zurückgckommcn, unterzog Hr. Wislicenus sich der gerichtlichen Vernehmung, die indessen, da es lediglich die Be stätigung'des früher Erklärten galt, in wenigen Stunden beendigt war. Darauf wurde ihm eine dreimonatliche Frist zur Einreichung der Verthci- digung bewilligt; dieselbe ist von dem hiesigen Assessor Eberty, dem Her ausgeber der „Reform", übernommen worden und soll, wie verlautet, ihrem Abschlusse nahe sein, fodaß auch die richterliche Entscheidung gewiß nicht mehr lange ausblcibcn wird. Zugleich mit der Disciplinäruntcrsuchung «rat förmliche Suspension ein, damit verbunden Entziehung dcö halben Gehalts. Eine Eingabe des Kirchencollegiums, welches die Zurücknahme der letztcrn Maßregel bewirke» sollte, blieb ohne Erfolg. Dagegen wurde Lie entzogene Summe durch eine Anzahl hiesiger Einwohner sofort ersetzt, MreuOe«. ** Berlin, 28. Oct. Der hiesige Magistrat hat wegen der bekannten Predigt des Hrn. Kuntze eine Beschwerde an das Consistorium gerichtet, in welcher die kirchliche Obcrbehördc aufgefodert wird, dem genannten Geistlichen einen Verweis zu erthcilen und ihm zugleich aufzugcbcn, sich in Zukunft ähnlicher Auslassungen enthalten zu wollen. In der Motivi- rung seines Antrags äußert daS städtische Collegium: der Prediger Kuntze sei von Seiten der Commun als Seelsorger für die Zöglinge des Waisen hauses angestellt, und widerspreche der ganze Ton seiner Rede überhaupt schon der Stellung eines evangelischen Friedensboten, der den Beruf habe, Eintracht in der Gemeinde, aber nicht Haß und Verachtung gegen wür dige Amtsgcnosscn zu predigen, so zieme sich diese Art der kirchlichen Po lemik am allerwenigsten vor den Ohren einer jugendlichen, noch nicht ur- «hcilsfähigen und nur zu leicht miSzulcitenben Zuhörerschaft. Der Magistrat befinde sich den Waisenkindern gegenüber iin Verhältnisse des ;mtor kn milia« und habe als solcher das Recht der Wahl eines passenden Neli- gionslehrers für dieselben; beharre Hr. Kuntze in der hier beregten Weise deS Lehrens, so könne ihm der Religionsunterricht im Waisenhause un- tvöLlick länger anvertraut werde». , Oeffcntliche Blätter trägen sich in neücstcr Zeit noch mit einer an dern Nachricht hinsichtlich unscrs Magistrats, die zwar alles Grundes entbehrt, aber gerade wegen ihrer Sonderbarkeit in der Erfindung alle Beachtung und einige Worte der Besprechung verdient. Es wird näm lich erzählt, die hiesige Communalbchörde habe nach verweigerter Druck- erlaubniß ihrer Erwiderung auf den kürzlich erfolgten königlichen Bescheid in der kirchlichen Pctitionsangclcgenkcit sämmtliche auf diesen Gegenstand bezügliche Aclcnstückc den Communalbchördcn aller großen Städte der Monarchie mitgelheilt. (Nr. 29-1.) Wir können auf das bestimmteste ver sichern, daß eine solche officielle Mitthcilung von Seiten der Corporation nicht stattgefunden hat, wenn auch vielleicht einzelne Glieder des Raths im Privatwcae auswärtigen Freunden Zusendungen der genannten Schrif ten gemacht haben mögen. Wie sollte auch der Magistrat zu einem so eigenthümlichcn Verfahren kommen, da die Behörden verschiedener Städte weder in einer amtlichen Verbindung, noch gar in einem Verhältnisse gegen seitiger Rechenschaftspflichtigkcit kinsichtlich ihres Wirkens stehen! Aber es ist manchen Leuten schon wirklich so, als müßte Alles aus der geord neten Bahn deS Herkommens und des Gesetzes' herausgchen. Dies zur Mode werdende gegenseitige Fetiren, Beaddressircn, Condolircn, und um es mit dem rechten Namen zu nennen, dieses gegenseitige Agiliren und Aufreizen hat ihnen die Sinne so verwirrt, daß sie sich gar nickt anders denken köiinen, als der berliner Magistrat müsse von dem Urthcil« der Staatsbehörden und von der Entscheidung seines Königs flugs an die Sympathien in der Masse appelliren. So weit ist es indessen in Preu ßen noch lange nicht, und namentlich auch kann man von den hiesigen Stadtbehörden zuverlässig die Ueberzeugung hegen, daß sie zu gut ihren Beruf und ihre Stellung kennen und von zu festem Vertrauen auf die Gesche dcö Landes und deren autorisirte Organe erfüllt sind, um selbst im Falle, wo ihnen von Seiten der Verwaltung eine unverdiente Be schränkung auferlegt sein könnte, anders als auf dem gesetzlichen Wege der Vorstellung oder Beschwerde das nach ihrer Meinung ihnen vorenthaltenc Rechtzu suchen. Morgen soll, wie die Rede geht, eine Vorstands- und AuSschuß- vcrsammlung des hiesigen Centralvcreins für das Wohl der arbei tenden Klassen statlfindcn, um über die Auflösung deS Vereins so wie über die Verwendung der bereits zu Untcrstühungszwecken eingegan- gencn Geldmittel zu bcrathcn. Nur mit Bedauern können wir cs sehen, daß ein in seiner Tendenz so segenverlprechendcö, in seinen Anfängen so hoffnungsreiches Unternehmen wirkungslos einem traurigen Ende zugehen soll. Die Uebel, die man erkannt und denen man abzuhelfcn entschlossen var, sind noch vorhanden; die allgemeine Theilnahmc der Bevölkerung jewährtc die Aussicht auf hinreichende Mittel zu», fruchtbringenden Be sinn des Besscrungßwcrkcs; aber MiSgriffe und Hindernisse «Heils inne- pr, theils äußerer Art traten der Ausführung störend entgegen. Zunächst nässen wir der Unklarheit über die Ursachen der Leiden sowie der Nath- tsigkcit, ihnen mit Nachdruck bcizukommcn, die Schuld bcimcsscn, daß die that hinter dem guten Willen zurückblieb. Man wollte Alles zugleich