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S8K6 dtklaae. Ein großer Borwurf treffe auch namentlich den Commandanten der Communalgarde, der den Zweck dieses Instituts, das stets von dem besten Geiste zur Aufrechthaltung des Gesetzes und der bürgerlichen Ord nung beseelt gewescn sei, nicht berücksichtigt hab». Die Katastrophe selbst sei em durch keine Notwendigkeit gebotener und gerechtfertigter Act der Gewalt, den man in Sachsen am wenigsten erwartet habe »nD den die Regierung gewiß selbst am meisten beklage. WaS die Folgen des Er eignisses betreffe, so würden diese gewiß weniger betrübend geworden sein, wenn die Regierung sich habe entschließen können, nicht gleich von vorn herein gewissermaßen Partei zu nehmen; wenn sie nicht in dem unglück seligen Jrrthume befangen gewescn wäre und theilweise noch befangen zu sein scheine, als sei die Stadl Leipzig, die Masse der loyalen und ruhigen Bürger, schuld an Dem, waö ein Pöbclhaufcn verübte. Man habe Leip zig fast wie eine eroberte Stadt behandelt, während cs durch mehre Adrcs- s»n an den König und den Prinzen Johann bewiesen habe, wie loyal cs sei, obwol einige dieser Adressen der Art seien, daß er und mit ihm die Mehrzahl der Bewohner Leipzigs eine Verantwortlichkeit dafür ablehntcn. Die Ergebnisse der commissarischen Untersuchung, wie sie bekannt gemacht, besonders aber die denselben vorausgeschickte Bekanntmachung deS Ministe riums dcS Innern sei wenig gccignct, Beruhigung zu gewahren, wo sich die Bewohner Leipzigs in ihrem heiligsten Gefühle, dem der Gerechtigkeit, verletzt fühlten. Er müsse daher besonderes Gewicht darauf legen, daß der letzte Satz des Abschnitts 5 dcö Adreßentwurfs Annahme finde, und schließe mit dem Wunsche, daß die Geschichte Sachsens nie wieder ein solches Blatt zu schreiben haben möge, wie jetzt vom Jahr 1845 zu schreiben sei. Der Staatsministcr v. Falkenstein erwiderte hierauf, daß cs ei gentlich nicht seine Absicht gewesen sei, sich heute über die Vorgänge in Leipzig auszusprechen, da aber besonderes Gewicht auf die dein Com- missionSbericht über die Untersuchung der Vorfälle vom 12. Aug. vorauS- geschickte Bekanntmachung des Ministeriums des Innern gelegt werde, so wolle er seine Ansicht ebenfalls im Allgemeinen erklären. Daß diese Bekanntmachung und der CommisfionSbericht allgemeine Zufriedenheit fin den würden, sei von ihm selbst bezweifelt worden, aber aus ganz entge gengesetzten Ursachen als vielleicht die Kammer annchmc. Es qäbc sich in dieser Sache eine große Leidenschaftlichkeit auf der einen Seite, auf der andern Seite ein gewisses natürliches Schamgefühl kund; Jedermann bemühe sich, den Standpunkt der Sache zu verrücken, die Ursache der Er eignisse zu verhüllen. Er glaube, Leipzig habe keinen Grund, sich zu be klagen, sondern daß gesummte Vaterland, daß cs in Leipzig so weit kom men konnte. Von dem begangenen Frevel spreche man nicht, sondern nur von dcn Folgen. Das Ministerium habe gcthan, waS gewünscht worden, waS eS für seine Pflicht gehalten: dem Lande bekannt gemacht, waS die kommissarische Untersuchung für Erfolg gehabt. Die Folge sei gewesen, daß Niemand die Wahrheit hören wolle; die Einen hätten den Tadel zu- rückgcwiesen, die Andern das Lob abgclehnt. Auf diesem Wege könne der begangene Frevel nicht wcggclhan, Leipzig nicht beruhigt werden, wohl aber aus einem andern Wege: dem der Selbsterkcnntniß. Leipzig müsse sich wiederflnden; er achte und ehre Leipzig und seine ehrcnwerthcn Bürger; aber er müsse wünschen, daß Leipzig sich nicht leiten lassen möge von Männern, die zum Theil nicht einmal zu seinen Bümcrn gehörten, daß es sich nicht Ansichten und Meinungen aufdrängen lassen möge, die nicht die scinigen seien. Was die in der gestrigen Sitzung eingegangene Be schwerde anlange, so sei auf die Zahl der Unterschriften wol kein so gro ßes Gewicht zu legen, da es nur zu gut bekannt sei, welche Mittel zur Erlangung von Unterschriften bei Petitionen angewcndct würden; so sei namentlich zur Unterzeichnung dieser Beschwerde in Leipzig durch Karten eingeladen worden. Der Abg. Poppe hielt dem Staatsminister entgegen, daß der Mensch wol leicht zu Leidenschaftlichkeit geführt werden könne, wo cs fick um 10 Menschenleben handele. Der Fleck, dcn die Ereignisse vom 12. Aug. auf Lcipzig werfen, sei auch auf der andern Seite vorhanden, das werde man nicht läugncn wollen. Man hätte wenigstens die gefallenen Opfer bekla gen können, da ja die Commission in ihrem Berichte selbst der Ansicht Raum zu geben scheine, die Gefallenen seien unschuldig gewesen. In Bc zug aus die Unterschriften der gedachten Beschwerde möge der Minister, da er ja Leipzig kenne, die Namen der Unterzeichneten berücksichtigen; er werde loyale, ruhige Männer finden, viele von Denen, dir er in Lcipzig zu seinen nächsten Bekannten gezählt. Der Abg.Klinger wies darauf hin, daß cs noch nicht erörtert sei, ob der in dem Commissionsberichtc ausgesprochene Tadel sowie das ge spendete Lob ein gerechtes sei. Die Quelle der Aufregung zu stillen sei wünschenßwcrlh und nothwendig, und dies dürfte am geeignetsten dadurch erreicht werden, daß man die Personen oder die Macht, die die Katastro phe herbeigeführt, von Leipzig entsernc. Der Kriegsministcr v. Nostitz-Wallwitz erklärte, daß er, wenn die leipziger Beschwerde zur Berathunq komme, über Alles, waS die mi- litairische Macht betreffe, gern jeden Äufschluß zu geben bereit sei. Der Abg. Oberländer bemerkte ebenfalls, daß Leidenschaftlichkeit da natürlich sei, wo eine Menge Bürger durch Gewalt der Waffen ge- tödtct worden; das sächsische Volk sei in dcn Augen des Auslandes durch die in neuester Zeit erlassenen Bekanntmachungen des Ministeriums her abgesetzt, der Glanz der sächsischen Negierung durch diese Erlasse auf lange Zeit hinaus vernichtet worden; der Friede, der Hcrzcnsfricdc werde zu- rückkehrcn, sobald die Negierung die Würde des Volks erkenne. Staats ministcr v. Könncritz äußerte, daß die Regierung bei anderer Gelegen heit sich darüber auösprcchcn werde, ob die Bekanntmachung vom 17. Jul. nöthig gewesen; wenn man aber die Aufregung durch das unsichere und schwankende Benehmen der Regierung hervorgerufen glaube, so meine er,' daß gerade in dieser Bekanntmachung Unentschiedenheit eben sticht zu fin den sei. Oer Aba. Schaffrath nahm hierauf da« Wort. Recht und Ge rechtigkeit verlange Leipzig, mit dem CommisflonMerichle sei nicht» abg«- than; Leidenschaft herrskl»e nicht nur aufchcr cimen, sie herrsche auch auf der andern Seite. Nach einigen näheren Auslassungen in dieser Bizie hung fuhr er fort: Lcipzig Hube sich wicdcrgefundcn, eS sei loyal; der Minister spreche nur von dem Frevel, von dcn zehn Menschenleben spreche er nicht. Bei dieser Rede fand sich der Präsident veran laßt, dcn Abgeordneten zur Mäßigung zu mahnen; der Staatsministcr v. Könncritz verwahrte sich gegen den Vorwurf, al» habe das Mi nisterium Blut vergossen, und der Minister v. Ze sch au sprach auö: eS möge darauf gesehen werden, daß wenigstens in der Kammer keine revo- lutionaircn Reben gehalten würden, denn als solche sei die Rede des Abg. Schaffrath anzuschen. Der Präsident erklärte auf diese Bemerkung, daß er seine Pflicht gcthan zu haben glaube, dem Sprecher hinsichtlich der Form seiner Rede Mäßigung zu empfehlen, eine rcvolutionaire Tendenz aber könne er nicht erkennen, mithin habe er sich auch nicht veranlaßt ge sehen, den Abgeordneten zur Ordnung zu verweisen. Nachdem noch der Abg. Plohmann in sehr bewegter Rede sein Bedauern über den in Leipzig gegen den Prinzen Johann verübten Fre vel, den er eine Niederträchtigkeit nannte, ausgesprochen, stellte der Abg. Brockhaus an dcn Kriegsministcr eine Anfrage, von deren Beantwortung, er Beruhigung irwarte, ob nämlich daS Gerücht begründet, daß das Mi- lilair in Lcipzig durch cincn Tagsbefehl vom 8. Oct. über sein Verhalten am 12. Aug. bclobt worden sei. Der Minister versicherte hierauf: er könne die Uebcrzcugung des Abg. Brockhaus nur bestätigen, da dem Mi nisterium von einem solchen Tagesbefehle nichts bekannt sei. Aber die Ruhe und Ergebenheit der Offiziere während jener Tage anzucrkennen und die gemeine Mannschaft zu beloben wegen ihres freudigen Gehorsams, wegen der mancherlei Entbehrungen in dcn Kasernen und wegen ihrer Bereitwilligkeit, auf die erste Möglichkeit einer Einberufung vom Urlaub sich cinzufinden, das werde allerdings von der Dienstpflicht des Kriegsmi nisters geboten werden. Nochmals nahm der Staatsminister v. Falkenstein das Wort und erklärte, daß auch er die unglücklichen Opfer des 12. Aug. bedauere; auch sei die Thcilnahme hierfür selbst in der allerhöchsten Antwort auf die erste Adresse auSgcdrückt worden. Er glaube, daß es wesentlich zur Beruhi gung. beitragen werde, wenn jeder Einzelne in seinem Kreise dahin trachte, daß nur mit Wahrheit und Ruhe über diese Ereignisse gesprochen, daß das Gewebe von Unwahrheit aufgeklärt und falschen Gerüchten vorqebeugt werden möge, die durch Solche, die nicht die Ruhe, sondern die Unruhe wollten, erfunden und selbst durch die Presse verbreitet würden; er richte diese Worte nicht nur an die Kammer, sondern an das ganze Land. Nach dem noch die Abgg. Jani und v. Zezschwitz gesprochen, stellte dcr Abg^ Joseph dcn Antrag auf Schließung der Debatte, und der Präsident gab dem Referenten Abg. Todt das Schlußwort. Dieser war der Ansicht, daß die Negierung "die Aufregung in Lcipzig ohne Gefahr durch einige Zugeständnisse zu beschwichtigen suchen dürfe, denn sie sei gegründet; es seien hier die ruhigsten und besonnensten Männer bctheiligt, und er hoffe, daß sich Lcipzig dann wiederfindcn werde; man möge Gerechtigkeit üben gegen die Schuldigen, gegen Die, welche unschuldig Blut vergossen; nur dadurch, durch eine Sühne, könne Leipzig beruhigt werden. Er kam zu gleich auf die Acußcrung des Staatsministers v. Zeschau in Bezug auf die Schaffralh'sche Rede zurück und gab zu, daß dieselbe in ihrer Form als verfehlt zu bezeichnen sein möchte, rcvolutionair aber nicht genannt werden könne. u ! Da der Staatsministcr v. Zeschau bei der von ihm gebrauchten Be zeichnung dieser Rede beharrte, so erklärte auch der Präsident nochmals, daß er der Verpflichtung, die ihm die Landtagsordnung aufcrleg«; .nach? gekommen zu sein glaube, indem er dcn Abgeordneten hinsichtlickdcr Form seiner Rede bittend zur Mäßigung ermahnt habe, daß er aber,.etwas Re- volulionaires darin nicht gefunden, in welchem Fall er auch-fein»'Pflicht gekannt und dcn Sprecher zur Ordnung gerufen haben: würde. .Der Staatsministcr äußerte sein Bedauern darüber, diese AnsichtuvsmSrss tcn des Präsidiums zu vernehmen, worauf der Präsident d«jl Hanmer bemerkte, daß er anders zu handeln sich nicht veranlaßt sehen könne Hüd eS ihm daher leid Ihuc, wenn er sich in dieser Beziehung dcü Beifall tz»» Herr» Ministers nicht zu erwerben vermöchte. Hierauf wurde h. 5 des Adreßentwurfs angenommen und füt die Fortsetzung der Berathung die nächste Sitzung, am 20. Oct., bestimmt: ofreipfig, 19. Oct. Tagesbefehl am 10. Oct. 1845. Di« Erör terungen des Ausschusses in Folge der Ministerialbekanntmachung vom 29. Sept. d. Z. haben dem Generalcommando vorgelegen. AuS ihnen geht her vor, daß mehre Mitglieder des 0. Bataillons und der aufgestellten Wachmann schaft am 12. Aug. Abends sich unter den Waffe» ungebührliche Acußerun- gcn und Urtheile erlaubt haben. Ein solches Benehmen verdient schon aus dem dienstlichen Gesichtspunkte die ernsteste Rüge. Die Communalgarde muß, sobald sie unter den Waffen steht, sich ganz dem Militair gleich betrachten und verhalten- Alles Urtheilcn über gegebene Befehle und getroffene Anord nungen ist daher unter solchen Umständen gänzlich unstatthaft und kommt dabei auf dcn Umstand, ob LoS! commandirt gewesen oder nicht, durchaus nichts an. Indem das Generalcommando dies hiermit öffentlich qusspricht, gereicht es ihm zur Freude, dem Bataillonscommandantcu Ernst seigc beson dere Zufriedenheit über die an jenem Abende bewiesene unerschütterliche Pflicht treue und Festigkeit in gleicher Weise an dcn Lag legen zu können. Köinäl. Generalcommando der Communalgardcn. Johann, Herzog zu Sachsen- ss Hannover, I6.Oct. Das hiesige Konsistorium hat «in Außsch«ie bcn an sämmtlichc unter ihm stehende General- und Spccialsuperinicn-