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«vr Beilage zur Deutsche« Weugemerue« Zeitung Mr. 278. (L. Detmer I84L.) . Leverblick. »erHandtvstgen d« «ächfiLchen «««dt*A«. E>ipl»«„tifch« reetenM<Ee üb«r de« Zollverein. (Schluß.) <knknnbig«ng«n. Me^aridlingE« -e» Sächfifchen Landtags. ^Dresden, SS. Sept. Der dem Decket über die Eisenbahnen (Nr. 275) bcigefügte Aufsatz Nr. Hl. die Chemnitz-Riesaer Eisenbahn betreffend, lautet: Nach den mit der letzten Ständeversammlung wegen des Eisenbahnwe sens getroffenen Vereinbarungen (Decret vom st. Febr. 18-13 und ständische Schrift vom 19. Aug. 18-13) ist in das unter Mitwirkung des Staats aus zuführende sächsische Eisenbahnsystcm unter andern auch eine Bahn von Chem nitz nach Riesa ausgenommen worden. Zugleich enthält jedoch die gedachte ständische Schrift folgende, diese Bahn berührende Erklärungen. Punkt 6, daß die Bestimmung der Mittel und Wege zu Ausführung der nicht auf Staatsverträgen beruhenden Bah nen künftiger Vereinbarung zwischen Regierung und Ständen Vorbehalten bleibe. Punkt 7, daß der Bau der innern Verbindungsbahnen erst nach Be willigung der dazu erfoderlichen Mittel durch die künftigen Ständeversamm lungen, sowie nach vollständiger Sicherung der Ausführung der Bahnen nach dem AuSlandc zu erfolgen habe- Da sich für den Bau einer die Linie von Chemnitz nach Riesa mit um fassenden Eisenbahn von Zwickau über Chemnitz nach Riesa bereits seit dem Zahr 1836 unter dem Namen der Erzgebirgischen Eisenbahngesellschaft in Chemnitz eine Aktiengesellschaft gebildet hatte, welcher auf Grund der ihr schon im Zahr 1839 mit allerhöchster Genehmigung erthcilten eventuellen Zu sicherungen und später mit ihr gepflogenen Verhandlungen auf die Ausfüh rung des Chemnitz-Riesaer Eisenbahnunternehmens die nächste Anwartschaft zustand, so erging an das Direktorium der genannten Gesellschaft unter dem 29. Zan. 1844 eme Bescheidung, worin ihm mit Bezugnahme auf die im- mittelst durch die LandtagSmittheilungen bereits bekannt gewordenen ständi schen Beschlüsse eröffnet wurde: „daß die Staatsregierung sich nunmehr in der Lage besmde, der für das Unternehmen einer Eisenbahn von Chemnitz nach Riesa künftig zu concessionirenden Aktiengesellschaft die pecuniaire Unter stützung des Staats in Aussicht zu stellen, über deren Umfang und Modali tät zwar die nähere Bestimmung noch Vorbehalten bleiben müsse, die aber im Allgemeinen nach den nämlichen Grundsätzen werde geregelt werden, welche bei der Sächsisch-Baierschen und neuerdings bei der Sächsisch-Schlesischen Eisenbahn Anwendung gefunden hätten; daß jedoch über den Zeitpunkt, zu welchem der Bau der Eisenbahn von Chemnitz nach Riesa in Angriff zu neh men sein werde, eine feste Bestimmung gegenwärtig noch nicht getroffen wer ben könne." DaS Direktorium der Erzgebirgischen Eisenbahngesellschaft brachte diese Bescheidung durch eine Bekanntmachung in den Zeitungen zur Kenntniß der Actionaire und schien anfangs geneigt, wegen Ausführung des Unternehmens bis auf den von weiterer Vereinigung zwischen Regierung und Ständen ab hängigen spätern Zeitpunkt sich zu gedulden. Zmmittelst hatte sich aber, veranlaßt durch die günstigen Ergebnisse der meisten der schon vollendeten und im Betrieb befindlichen deutschen Eisenbah nen, der Unternehmungsgeist wieder mit erneuter Lebhaftigkeit den Eisenbahnen zugewendet, und dies namentlich den Erfolg gehabt, daß die seit Jahren fast für werthloS geachteten ZnterimSactien der Erzgebirgischen Eisenbahn, auf welche erst eine Einzahlung von 2^ Prvt. geleistet war, nicht nur wieder -einen Curs erhielten und Begehr fanden, sondern daß sie selbst mit einem reitweise bi« auf 18 Proc. gesteigerten Agio gesucht und gekauft wurden. Dieser günstige Stand der Dinge mußte ganz natürlich bei den Interessenten den Wunsch einer beschleunigten Ausführung des Unternehmens rege ma chen und wirklich sah sich das Directorium, durch die ihm von allen Seiten zugehenden Anfragen und Auffoderungen gedrängt, bereits unter dem 13. April veranlaßt:, m einer an die Ministerien der Finanzen und des Innern gerichteten Vorstellung mit dem näher motivirten Gesuche hervorzutreten: „daß der Erzgebirgischen Aktiengesellschaft zu Erbauung der Eisenbahn von Chemnitz nach Riesa Concession ertheilt, das Expropriationsrccht für letztere in Kraft gesetzt, auch die Einfoderung von Einzahlungen und der Angriff des Baues selbst gestattet werden möchte." Das Directorium sprach hierbei seine Ueberzeugung ausdrücklich dahin aus, daß unter den gegenwärtigen Verhältnissen die Herstellung derChemnitz- Riefaev Eisenbahn durch bloße Privatkräfte und abgesehen von StaatSunter- stützung keinen Schwierigkeiten unterliegen könne, überließ es aber zugleich dem Ermessen der Regierung, ob dieselbe mit Rücksicht auf die vorliegenden ständischen Beschlüsse sich nichtsdestoweniger bewogen finden wolle, dem Staate ha« Recht der Betheiligung bei dem Unternehmen in angemessener Weiss vor- zubehalten. Bei Erwägung dieses Gesuchs kam vor allen Dingen in Betracht, daß durch die nurgedachte Erklärung der Unternehmer, welche eine Verzichtlei stung auf die in Aussicht gestellte Staatsunterstützung enthielt, der Gesichts punkt, von dem aus di« Eisenbahn von Chemnitz nach Riesa in den Kreis der letzten ständischen Berathungen und Beschlüsse gezogen worden war, sich wesentlich geändert hatte. Denn diesem letzter» lag di« in der Regierungsvorlage über die Eisenbah nen vom 8, Febr. 18-13 überhaupt angenommene Voraussetzung zum Grunde, daß fortan weder die Chemnitz-Riesaer noch eine der andern nach dem Gesetze vom 19. Aua- 1837 projectirten Sächsischen Eisenbahnen ohne wesentliche pe- cuniaire Begünstigungen des Staats zu Stande kommen könne- Mit dem Wegfalle dieser Voraussetzung kehrte daher die Angelegenheit von selbst auf den Standpunkt zurück, auf dem sie sich vor den jüngsten Land- tagSverhandlungen befand, und gestaltete sich zu einer reinen Concessionsfrage, ffir deren selbständige Erledigung die Regierung bereits durch das Gesetz vom 19. Aug. 1837 mit der erfoderlichen ständischen Ermächtigung versehen war. Nichtsdestoweniger konnte und wollte die Regierung sich hierbei nicht der Verpflichtung entziehen, vis von ihr zu fassende Entschließung mit Rücksicht auf den Plan zu bemesse», der in UebereinstimNiung mit der letzten Stände- versammlüng für die weitere Entwickelung des inländischen Eisenbahnwesens im Allgemeinen festgestellt worden war, und sie würde erhebliches Bedenken gefunden haben, den Anträgen wegen beschleunigter Ausführung der Chemnitz- Riesaer Eisenbahn überhaupt Gehör zu schenken, wen» darin eine Abweichung von den wesentlichen Grundlagen jenes Plans zu erkennen gewesen wäre. Eine nähere Betrachtung der Verhältnisse mußte jedoch die Ueberzeugung gewähren, daß den letztern dadurch nicht zu nahe getreten werden würde. Die auf dem letzten Landtage wegen der Eisenbahnangelegenheit gepflo genen Verhandlungen können nämlich überhaupt ihrem Zwecke nach auf zwei Hauptpunkte zurückgeführt werden: einmal Bestimmung der Linien, welche das vcn Staats wegen aufzustellende und auszuführende Eisenbahnsystem bil den sollen; sodann Beschlußfassung über die Mittel und Wege zur Ausfüh rung, insoweit eine Mitleidenheit der Staatskasse dabei in Frage steht. In ersterer Beziehung war durch die Landtagsbeschlüsse bestimmt und ohne allen Vorbehalt ausgesprochen, daß eine Eisenbahn von Chemnitz nach Riesa gebaut werden solle. Ebenso stand in letzterer Hinsicht fest, daß der Staat bei der Ausführung mit pccuniairen Unterstützungen hinzutreten wolle. Wenn man aber dabei zugleich für nöthig erachtet hatte, die Modalität die ser Unterstützung künftiger Vereinbarung zwischen Regierung und Ständen vorzubehalten, so war dies offenbar nicht in der Absicht geschehen, die Aus führung der fraglichen Bahn an sich hinauszuschieben, sondern lediglich und ausschließlich im Hinblick auf die nothwendige Schonung,dcr Staatskasse und zu dem Zwecke, damit nicht die zu vollständiger Ausführung des Eiscnbahn- systems erfoderlichen Finanzoperationen auf einen zu kurzen Zeitraum ^usam- mengedrängt werden müßten, mithin überhaupt aus finanziellen Gründen, wenn sich auch dazu, als Nebcngrund, noch die Rücksicht gesellte, daß der gleichzeitige Angriff zu vieler Eisenbahnunternehmungen wegen der davon zu erwartenden Steigerung der Arbeitslöhne und deö Zinsfußes und der Rück wirkung dieser Erscheinungen auf andere Erwerbszweige, namentlich die lanb- wirthschaftlichen, auch in volkswirthschaftlicher Beziehung nicht erwünscht sei. Aendertcn sich nun aber die factischen Voraussetzungen, auf denen jener Vorbehalt anderweiter ständischer Erwägung beruhte, traten Umstände ein, welche die bemerkten finanziellen Bedenken nicht nur beseitigten, sondern eine beschleunigte Ausführung der Chemnitz-Riesaer Eisenbahn sogar als entschie den vortheilhaft in finanzieller Beziehung erscheinen kiesten, und machten sich Verhältnisse geltend, denen gegenüber auch die zuletzt erwähnten volkSwirth- schaftlichcn Rücksichten nicht als entscheidend betrachtet werden konnten, so fiel hiermit auch jeder Grund längerer Zögerung hinweg und die Gestattung deS alsbaldigen Angriffs der Chemnitz-Riesaer Eisenbahn stellte sich als eine in dem Geiste der gesüßten Beschlüsse vollständig begründete Maßregel dar, zu der sich die Regierung um so mehr für ermächtigt halten durfte , je gewisser es nicht in der Absicht gelegen hat und hatte liegen können, durch Vic in der ständischen Schrift vom 19. Aua. vorigen ZahreS niedergelegten Erklärungen und Anträge jedes selbständige Ermessen der Regierung bei Ausführung des entworfenen Plans zu beseitigen und jede Modifikation des letztern nach Zeit und Umständen unbedingt auSzufchließen. Von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet, lagen nun aber viele und trif tige Gründe vor, welche eine unbedingte Zurückweisung des Erbietens des Chemnitzer Eisenbahndirectoriums, den Bau der Eisenbahn von Chemnitz nach Riesa eventuell ohne die in Aussicht gestellte StaatSunterstützung auszuführen, wenn der alsbaldige Angriff gestattet werde, in mehrfacher Hinsicht bedenk lich, vielmehr die Genehmigung dieses letztern Vorschritts vollständig motivirt erscheinen lassen mußten. Ging man auf die Geschichte des erzgebirgischen EisenbahnprojectS zurück, so war nicht zu verkennen, daß dasselbe mehrfach mit widrigen Verhältnissen zu kämpfen gehabt hatte. Zn der ersten Periode, wo seine Ausführung durch dis Kräfte der dafür zusammengetrctenen Aktiengesellschaft wol möglich gewe sen wäre, hatten die damals noch nicht feststehenden und ausgebildeten Än- sichten der Regierung über da« Eisenbahnwesen den wirklichen Angriff deS Baus verhindert und die Gesellschaft zur Unthätigkeit genvthigt, bis der gün stige Augenblick vorüber war. Später trat eine Periode ein , in welcher das Projekt in Folge des Miscredits, in den die Eisenbahnunternehmungön über haupt gefallen waren, in der öffentlichen Meinung so gut wie aufgegeben schien, bis es durch die Beschlüsse des letzten Landtags zwar wieder einen Stützpunkt erhielt, sich jedoch hinsichtlich seiner Verwirklichung noch immer auf einen mehr oder weniger entfernten zukünftigen Zeitpunkt hingewicsen fand, bis zu dessen Eintritt noch so manche Chancen des Scheiterns und MiSlingens denkbar blieben. Wurden nun durch eine unverhoffte, glückliche Wendung der Dinge die günstigen Verhältnisse der ersten Periode wieder zurückgeführt, und zeigte sich di« Möglichkeit, das Unternehmen durch rasche Benutzung dieser Conjunctur ein für allemal und bleibend zu consoliviren, so schien eine Härte füp dje Interessenten und für den betreffenden Landesthcil, ja gewissermaßen etwas Unnatürliches in der Zumuthung zu liegen, daß der Angriff nichtsdestoweniger aufs bestimmteste hinaus und bis zu einein Zeit punkte vertagt bleiben solle, wo der Stand der Verhältnisse möglicherweise bereits wieder einen Umschwung im entgegengesetzten Sinn erfahren haben konnte. Eben diese Ungewißheit der Zukunft und die durch die bisherige Er fahrung. hinlänglich bestätigte Ueberzeugung, daß sich der von politischen und andern Ereignissen abhängige Gang der Dinge im Eisenbahn - und Actien- wcsen in keiner Weise vorher berechnen und noch weniger beherrschen lasse, machten es aber auch zu einer Sache, wenigstens der moralischen Verant wortlichkeit für die Regierung, daß für den Bau einer Eisenbahn, deren Auf nahme in das Eisenbahnsystem nicht bloe provisorisch, sondern definitiv be schlossen war, derjenige Moment nicht unbenutzt bleibe, wo ihre Ausführung ohne alle pecuniaire Opfer für den Staat zu ermöglichen stand, auf die Ge fahr hin, im andern Falle den nämlichen Zweck zu einem spätern Zeitpunkte entweder nur mit unverhältnißmäßig größern finanziellen Anstrengungen er« reichen zu können, oder wol gar das beschlossene Eisenbahnsystem zum Scha den des Landes auf längere Zeit hinaus unvollendet und unvollständig lassen zu müssen. — Diesen Betrachtungen gegenüber mußten aber endlich die von