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Montag — Nr. 272. — 28. September 1845. WM Deutsch« Allgemein« Z«iM»g. -SM -Wahrheit und Recht, Freiheit und GesetzI» Uebe-blick. Deutschland. Prinz Ludwig von Baiern. — Selbstmord in Nymphenburg. ^Dresden. Landtag. MDresden. Die Deutsch-Katholiken in Dahlen und Dresden. ** Hannover. Die Festlichkeiten. Der König. Die Stim mungen. Deutsch-Katholiken in Alm. Hr. Franckh. — Hetzjagd in Laden. — Prof. Schreiber. — Getreideausfuhrverbot in Äurhessen- Nreußjen. " Berlin. Die Literarische Zeitung über die Proteste. * Non der posrnschen Grenze. Die Gerüchte von Abtretungen an Rußland. Der Lscherkeffenkrieg. Lyefterreich. Wien. Unterrichtswesen- Fürst v. Metternich. Der Noth stand in Galizien, -t- Aus Ungarn. Graf Szeche'nyi. Spanien. Die Königin. Der Privatsecretair derselben. Das gewaltthä- tige Ministerium. Die Vorfälle in Palma. Großbritannien. Die irischen Prälaten- Orangistenversammlung. Die Milizregimenter. Das Uebungsgeschwader. Das Packetboot England. Der Earl of Erne. O'Connell. Davis. Frankreich. Hafcnbauten bei Dünkirchen. Mejico und die Vereinigten Staaten. Madagaskar. Der Prinz Bcn-Serrur. "Paris- Hr. de La martine über die Schweiz. Schweiz. Einladung zu einer Versammlung. Die Protestanten in Brrm- garten. Griechenland. Der Herzog von Montpcnsicr. Abreise der Königin. Die Maina. Ostindien und Shina. Das Pendschab. Lord Cochrane. UpaUpten. * Alexandrien. Der Vicekönig. Miffenschaft und ^tunst, * Neuyork. Die Künste- Der Luxus. Handel und Industrie. "Braunschweig. Portoconvention mit Eng land. Kartosfelkrankheit- "Leipzig. Meßbcricht- "Leipzig. Oelhandel- — Postverkehr in Leipzig. — Berlin. StnküUdigung««» De»tfchlst«b. Das neueste bairische Regierungsblatt enthält folgende Bekannt machung: „Ministerium des königlichen HauseS und des Aeußern. Zn Folge aller höchsten Befehls Sr. Maj. dck Königs vom 8. Sept. l. Z. wird hiermit zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß Sr. kinigl- Hoh. des Kronprinzen erst geborener Sohn, welcher in der heiligen Taufe die Ramen Otto Ludwig Fried rich Wilhelm erhalten hat,alS Hauptnamen den Namen Ludwig führe und mit diesem in allen amtlichen Ausfertigungen und Erlassen rc. zu bezeichnen sei. Teublitz, 21. Sept. 1845." — Ein beklagcnswerthcr Vorfall, der sich am 23. Sept, in Ntym- phenbura ereignete, beschäftigt die Gcmüther. Ein Unteroffizier der dort garnijonirenden Schwadron des Kürassierrcgiments Prinz Karl, eben aus dem Strafarrest entlassen und wuthentbrannt über seinen Rittmeister, der ihm denselben dictirt, lauert diesem, als er in dje Kaserne ritt, mit zwei Pistolen bewaffnet auf und feuert die eine auf den Rittmeister los, der jedoch unverletzt blich, da die Kugel durch den Sattel in den Leib des Pferdes drang; unmittelbar darauf richtet er die zweite Pistole gegen sich selbst und fällt, durch den Kopf geschossen, todt zu Boden. (A. Z.) * Dresden. 27. Sept. Zu der am 25. Sept, in der II. Kammer zur Vorlage gekommenen und an die I. Kammer abgegebenen Petition aus Leipzig um eine freiere Verfassung der evangelisch-lutherischen Kirche brachte die Registrande der heutigen Sitzung der II. Kammer eine zweite Petition von ebendaher, deren Unterzeichner nachträglich ihren Beitritt zu der ersten erklärten; eine andere Petition aus Chemnitz um Abände rung des Wahlgesetzes wurde von dem Abg. Rewitzcr bevorwortet und der vierten Deputation zugewiesm. Bevor die Kammer zur Tagesord nung überging, richtete der Abg. Todt an das Präsidium die Bitte, Er kundigung hinsichtlich der Einberufung des Abg. Joseph cinzuzichen, da dieser Abgeordnete bis jetzt noch nicht cingetreten sei, obschon seit der Be- schlußnahme der Kammer auf den gegen seine Wahl eingelegten Recurs fast 14 Tage vergangen, und fügte hinzu, daß dergleichen Verzögerungen eben so wenig im Interesse der Kammer als im Interesse des betreffenden Wahlbezirks liegen könnten. Hierauf setzte die Kammer die Berathung- des Gesetzentwurfs der Gewerbe- und Personalsteuer fort. ff Dresden. 27. Sept. Am 25. Sept, hielt vr. Eduin Bauer Gottesdienst zu Dahlen. Die Deutsch-Katholiken aus Belgern, Strehla und Schilda, welche nebst denen zu Dahlen die dortige Gemeinde bilden, hatten sich hort im Saale eines Gasthauses versammelt; zu ihnen gesell ten sich diesmal noch mehre Katholiken und Protestanten aus HubertuS- burg, Wermsdorf, Oschatz und Torgau, worunter sich drei protestantische G-Wche befanden. Ein 75jähriger Greis aus Sachsendorf war drei Stun den weit herbeigekommcn, um den ersten deutsch-katholischen Geistlichen Sachs-nb, von dem er in Zeitungen gelesen, selbst zu hören, und trat nach dem Gottesdienste zum Deutsch-Katholicismus über. Desgleichen trat eine Frau aus Wermsdorf bei und genoß daö Abendmahl, an wel ¬ chem auch ein polnischer Graf aus Torgau Theil nahm, zum ersten Male mit. Sv hat sich die Reform also auch nach Wermsdorf verpflanzt und schreitet trotz der Hindernisse täglich weiter vorwärts. Bei dem letzten Gottesdienste der Deutsch-Katholiken zu Dresden waren ungefähr 40 Ständcmitgliedcr zugegen. Der Stadtvcrordnctcnsaal war so gedrängt voll, daß drei Frauen ohnmächtig sortgeführt werden mußten; die eine von ihnen ist bedenklich erkrankt. Dr. Bauer zog eine Parallele zwischen der Gründung der ersten christlichen Kirche und der Entstehung und Fortbildung der neuen deutsch-katholischen. Bei aller Ruhe und Gemessenheit, die er diesen Tag zu behaupten suchte, steigerte sich seine Lebendigkeit doch bei Schilderung der Anfeindungen und Be drückungen der ursprünglichen wie gegenwärtigen Kirche, und er wies in diesem Theile seiner Predigt nach, daß jetzt wie damals dieselben Feinde, aus denselben Beweggründen, mit denselben Waffen gegen das lautere Christcnthum austrätcn. Am Schluffe betete er für den König und das königliche Haus; namentlich aber flehte er Gott inbrünstig um Erleuchtung der versammelten Stände an, damit sic auch über die deutsch- katholische Angelegenheit nach Gottes väterlicher Liebe und Gerechtigkeit bcrathend Beschluß fassen möchten. ** Hannover, 25. Sept. Wir schwimmen hier in Freude und Jubel wegen der Geburt eines Prinzen. Der König soll überaus glück lich sein über das ersehnte Ereigniß. Man erzählt sich, daß er- unmittel bar nach der Geburt in das Zimmer der Kronprinzessin geeilt sei und ge rufen habe: „Engel, du machst mein Alter glücklich!" Als der König aus dem kronprinzlichen Haufe nach seinem Palais zurückging, rief er unterwegs allen Personen zu, die er kannte: „Es ist ein Prinz!" We nige Stunden nach der Geburt brachten die Bürger dem König ein Vivat und sangen das Lied: „Nun danket Alle Gott!" Der König war dabei eben so gerührt als die Bürger. Drei Tage nach einander ist die Residenz prächtig illuminirt gewesen, und die Glocken läuteten von allen Thürmen. Am zweiten Tage (22. Sept.) brachte die Bürgerschaft unter Führung des Magistrats dem König" eine Fackclmusik. Gestern Abend kam die Herzogin von Altenburg, Mutter der Kronprinzessin, mit der Prinzessin Therese hier an. Der Herzog von Cambridge wird gleichfalls in diesen Tagen erwartet; man sagt, er werde Pgthenstelle versehen. Am 5. Oct. soll große Cour sein, und an diesem Tage werden hier alle die Deputa tionen aus dem Lande erscheinen, welche zur Geburt des Prinzen gratu- lircn wollen. Aus allen Städten des Landes hört man, daß dort ähn liche Feierlichkeiten stattgcfundcn haben wie in der Residenz. ES heißt, der Prinz bekäme die Titulatur „Erbprinz"; Andere sagen: „Prinz von Celle"; wahrscheinlich wird er den Namen des königlichen Großvaters erhalten. So viel ist gewiß, die letzten Tage Haden deutlich bewiesen, daß von jener trüben Stimmung des Volks, wie sic in den ersten Regierungs jahren des Königs im hiesigen Lande herrschte, kein Uedcrrestchen mehr gefunden wird. Wer gesehen hat, welchen innigen Antheil die Bevölke rung an der Freude des greisen Königs über den' neugeborenen Prinzen nahm, und welche herzliche Thcilnahme alle Bürger ohne Unterschied an dem glücklichen Ereignisse offenkundig zeigten, der kann nicht mehr daran zweifeln, daß Eintracht und Zufriedenheit hier völlig hergestellt ist. Doch müssen wir bemerken, daß sich die Umwandlung der Volksgesinnung im Lande nicht erst von einigen Tagen herdatirt, sondern schon seit mehren Jahren vor sich ging. Nachdem der König aus dem Verfassungsstreite siegreich hervorgegangon war, sah man allmälig aus seinen Handlungen, daß absolute, willkürliche Regierung niemals sein Ziel gewesen sein konnte, denn die neue Verfassung enthielt Einrichtungen, welche die königliche Ge walt fast noch mehr beengten als das Grundgesetz von 1833, und kein Act kam seitdem auf Seiten der Regierung vor, dem man mit Recht den Vorwurf der Willkürlichkeit machen durfte. Man entdeckte ferner all mälig, daß sich der König trotz seines hohen Alters mit großem Fleiß und unermüdlicher Ausdauer der öffentlichen Angelegenheiten des Landes annchmc, streng seine Diener beaufsichtige und Recht und Gerechtigkeit zu handhaben sich bemühe, soweit es in menschlichen Dingen nur möglich sei. Vorzüglich aber erkannte man immer mehr seinen konsequenten Charakter, der klar weiß, was er will und wie er nach dem Ziel gehen soll; je sel tener diese Eigenschaft in der neuern Zeit wird, um so Höher schätzte man dieselbe, als man sic in solcher Vollkommenheit an ihm fand. Zuletzt trug noch zur völligen Aussöhnung bei, daß sich der König nicht dem Zollverein anschloß, wodurch unser Land vor befürchteten Nach- theilcn bewahrt wurde. Wir wissen wohl, im Zollvcreinslandc denkt man über diesen Punkt anders; cö ist aber ein Factum, das man nicht wcg- disputircn kann: hier im Lande glaubt man allgemein, unser gegenwärtiger guter Zustand der Finanzen und volkSwirthschaftlichen Interessen rühre vom Nichtanschlussc her und wäre mit dem Anschlusse gewichen. Genug, die Regierung hat sehr viel an Popularität durch den Nichtanschluß gewon nen, und wir dürfen mit voller Wahrheit-behaupten: wer 1839 oder 1840 in Hannover war und die Volksgesinnung wahrnahm und jetzt sie wieder