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L4L4 doch heißt, hat Fräulein Lind da» sehr hohe Honorar, welche- sie von den Tpielbankpächtern erhielt, zur Unterstützung einer armen schwedischen Witwe angewiesen. "Leipzig, 7. Sept. Glücklicherweise kann mir meine Berichterstattung für da- vorliegende Blatt nicht zur Verführung werden, die übergroß« An zahl der Faust-Abhandlungen zu vermehren, obschon ich über eine Darstellung de« Goethe'sehen „Faust" zu berichten habe, die wohl geeignet wäre, alle literarischen und kritischen Debatten über die-wunderbar« Gedicht zu erneuern, weil sie demselben wieder einmal unser volle- und unmittelbare-Interesse zu- drängte- Zum Glück, sag' ich, könnte mir diese Zeitung für eine solche Ab handlung keinen Raum gewähren. Denn ich fühle recht wohl, ich würde mit dem besten Eifer dennoch eine unnütze Lhat verrichten, und auch das Jüngste, was über „Faust" von Oldenburg her kürzlich veröffentlicht ward, bestätigt e-, daß kaum noch etwa- Neue- zur Erklärung de- Goethe'schen Werks und zur Feststellung eine- Urtheils über dasselbe beizubrinzen, daß die Kritik über die Auffassung und das Verständniß im Ganzen längst einig ist und über da- Einzelne ewig verschieden bleiben wird. Denn Goethe s „Faust" gleicht einer mächtigen Alpenlandschaft, in den Himmel hoch hineinragend mit den Zinnen, tief in dem Grundbaue der Erde wurzelnd mit dem Fuß ihrer Berge. Ganz Europa wallfahrtet nach der berühmten und hochherrlichcn Gegend, aber alle gelehrten Führer, alle von der literarischen Sichcrheitsbe- hörde gebahnten Pfade und aufgestellten Wegweiser können es nicht hindern, daß jeder Beschauer mit andern Äugen und Empfindungen kommt, daß der kühnere Wanderer immer selbständig neue Gesichtspunkte sucht und findet, oder daß sich sogar einmal ein Einheimischer oder Fremder im Gebirge versteigt und in einen Abgrund stürzt. Za cs gibt in dieser letzten Hinsicht selbst Füh rer, die sich für sehr wohlunterrichtet halten und dennoch nur dazu bienen, die Verwirrung an Orten zu vermehren, durch die sich ein schlichter Verstand am besten selbst geleitet. Die gestrige Aufführung brachte einen außerordentlichen und tief ergrei fenden Eindruck auf die, besonders im Parterre zahlreich versammelten und gespannt aufmerkenden Zuschauer hervor. Schade, daß gar nicht abzustellende Unvollkommenheiten unserer Bühne die Arbeiten des braven Maschinenmei sters so wesentlich erschweren, daß cs ohne kleine Verstöße gar nicht abgehen kann. Was die Regie hatte thun können, das verwickelte Stück in sechs Akten nach der Klingemann'schen Einrichtung und mit Lindpaintner'scher Mu sik auf geschmackvolle und sicher gegebene Weise in Scene zu setzen, war in bewunderungswürdiger Vollkommenheit geschehen. So fand z. B. die Scene der Spaziergänger vor dem Thor im zweiten Act einen andauernden Applaus, denn sie erschien i» einer Lebendigkeit und Wahrheit, wie sie auf den Bretern irgend erreicht werden kann. Der Soldatenchor ward mit Orchesterbegleitung gesungen, und vorher hatte sich auch der Bürger, dem der neue Bürgermei ster misfällt, weil er nichts für die Stadt thut, in der es täglich schlimmer wird, eines ungewöhnlichen Erfolgs für seine misbehaglichen Aeußerungen zu «rfreuen. Dasselbe Lob der dankenswerthesten Anordnung ist der Hexenküche zuzuerkennrn, der Scene in der Kirche, worin Klingemann zusammen gelegt hat, was Goethe im Zwinger vor der Mater dolorosa und später im Dome mit Orgel und Gesang Vorgehen läßt, und endlich der Volksgruppe um den sterbenden Valentin. Bei der Mannichfaltigkeit der Rollen im„Faust", bei der Wichtigkeit, die jeder einzelnen zuzurechnen, können wir diesmal nur Allgemeines und kuttz sagen, unS vorbehaltend, eine Wiederholung des „Faust" zu nothwendig«» Nachträgen zu benutzen. Der erste Preis der Darstellung gebührt nicht dem Faust (Hrn. Wagner) und selbst nicht dem Mephistopheles (Hrn. Marr), sondern dem Gretchen: Fräulein Unzelmann- Ihre Leistung war die zusam menhängendste und tüchtigste. Fräulein Unzelmann hat die Jugend des Goe- the'schen Gretchen, und dazu fügt sie das volle Berständniß der Partie, die sie au« Einem Guß, in der Haltung und Mimik unübertrefflich gibt. Ich er innere an die Scene vor der schmerzensreichen Mutter, den bösen Geist im Hintergrund«. Die namenlose Herzensangst des Mädchens nahm einen durch weg naturwahren und erschütternden Ausdruck an, der durch den Wahnsinn im Kerker nur verstärkt ward! Hr. Wagner war im Lone seiner Rolle be deutsam und glücklich. Als Lebemann sah er sehr gut auS und spielte mit Leichtigkeit. Den EingangSscenen deS grübelnden Doctors raubte er einen Lheil ihrer Wirksamkeit dadurch, daß er keine Einschnitte und Ruhe punkte in dieselben brachte- Auch gingen manche dialektische Gegensätze verloren, und in der Kerkerscene bei Gretchen fehlte es ihm an stum mem Spiele. Hr. Richter als Schüler, Hr. Keller als Erdgeist, die vier Studenten in Auerbach'S Keller: HH. Stürmer, Berthold, Linke, Ball mann, ferner Hr. Meixner als Valentin leisteten ihr Bestes. So auch Frau Eicke, al- Marthe; nur der Famulus deS Hrn. Paulmann miSlang- Wa» endlich den Mephistopheles des Hrn. Marr anlangt, so enthielt er alle An lagen und Linien zu einer großen und nach allen Seiten fertig ausgebildeten Charakteristik. Aber einestheilS war Hr. Marr mehrmals zu amüsant, zu burlesk in Lon und Miene, und anderntheilS offenbar durch seine zweit« Stel lung als Regisseur etwas beklemmt und beunruhigt. Eine so gewaltige Rolle und die gleichzeitige Regie eines so vielfältig zusammengesetzten Stücks gehen über die Kräfte eme- jeden Künstlers. Was Hr. Marr als Mephisto pheles zu sein vermag, hat er in der ersten Vorstellung mehr angekündigt als schon geliefert. Erst die Wiederholungen des „Faust" können das Voll endete zeigen. Einzelnes war von überraschend schlagender Wendung und immer geistreich- — Mit der Faustdarstellung kann unsere Bühne Staat machen- Das ist die Schlußmeinung dieser Zeilen. — Die Reue Zürcher Zeitung berichtet aus Zürich vom 3. Sept.: „Pro fessor Hasse (Rr. 24-1) hat den Ruf alr Director des neugebauten Hospitale und der medicinischen Klinik nach Tübingen abgelehnt, worüber alle Freunde der Hochschule Ursache haben sich zu freuen." — Der englische Luftschiffer Green hat sich durch sein letztes Unglück (Nr- 242) nicht abhaltcn lassen, am 26. Aug. von Chelsea aus wieder eine Luft reist, diesmal mit einem Begleiter, zu unternehmen, die kurz und glücklich verlaufen ist. da» Rothschild'sche Bankhaus ließ dem Platze wieder belangreiche Baarsum men Miesen. In Folge davon zeigte sich an der Börse wieder größer« Leb haftigkeit und im Allgemeinen auch eine bessere Stimmung in den öffent lichen Fonds. Eifettdahn. * Leivsig, 7. Sept. Am gestrigen Lagt fand di« feier- lich« Eröffnung der Sächslsch-Baierschen, bi-hcr nur bi« Crimmitzschau (9 Meilen von Leipzig) in Betrieb gesetzten Eisenbahn bis Zwickau (II»/, Meilen) statt. An dem Festruge, welcher um S Uhr die festlich geschmückte Personenhall« de« leipziger Bahnhofs verließ, nahmen die beiden Abgeordne ten der königl. sächsischen Regierung, geh. Finanzrath v. Ehrenstein und geh. Bauxath Major Kunz, der koyigl- Commissar KreiSdirector v. Broizem, d«m sich in Altenburg der herzogl. sächsische Commissar, Präsident v. Seckendorff, anschloß, die Mitglieder des Direktoriums und des Gesellfchaft-aurschuffer, sowie die Mehrzahl der Direktoren der übrigen sächsischen Eisenbahnen Theil. Nach einigem Aufenthalt in Werdau traf der Zug, dem sich in Leipzig und auf den übrigen Stationen eine Anzahl Theilnehmer aus dem größern Publicum angeschlossen hatten, gegen l Uhr auf dem Bahnhofe zu Zwickau ein, wo die Ankommenden von dem Bürgermeister Meyer mit einer durch Inhalt und Vortrag gleich ausgezeichneten Rede, die wir bedauern nicht sofort vollständig mitthcilen zu können, begrüßt wurden, welche von dem Vor sitzenden des Direktoriums, Hofrath Ur. Hoffmann, in einer nicht weniger befriedigenden Weise erwidert wurde. Hierauf setzten sich die Eingeladencn aus Leipzig und Altenburg, sowie die Mitglieder der Behörden der Stadt Zwickau, in einem langen Zuge, unter Begleitung der dortigen Communal- garde und eines Corps von Bergleuten und unter lebhafter Thcilnahnic des ungemein zahlreich versammelten Publikums nach den schön decorirten Räu men des Casino in Bewegung, um daselbst ein von der Stadt Zwickau mit großartiger Liberalität veranstaltetes glänzende- Mittagsmahl einzunehmen. Die ganze Anordnung deS schönen Festes und eine lange Reihe geistreicher, zum Theil mit stürmischem Beifall aufgenommener Trinksprüche gewährten die erfreuliche Ueberzeugung, daß die Bewohner von Zwickau die ganze Wich tigkeit dieses neuen Fortschritts des großen Unternehmens, welches von un berechenbarem Einflüsse auf die weitere Entwickelung der industriellen Tä tigkeit dieser von der Natur reich gesegneten Gegend unseres Sachsenlande« sein muß, vollkommen zu würdigen wissen. Nach beendigtem MittagSmahle traten die auswärtigen Eingeladenen, unter ehrenvoller Begleitung einer An zahl Deputirter der Stadt Zwickau, um 6 Uhr Abends die Rückfahrt nach Altenburg und Leipzig an. Die ganze Feier, welche allen Theilnehmer» un vergeßlich bleiben wird, ward durch das schönste Wetter begünstigt. IVel. * Leipzig, 6. Sept. Obgleich die Speculation sich nicht thätig zeigte, so hatten nur doch im Laufe dieser Woche ein reges Leben im Rüböl- geschäft. Es gingen circa 1000 Ctr. zu 13'/, Thlr- auS SpeculationS- händen in die Hände von Oelhändlern über, die bei dem jetzigen lebhaften Abzüge sehr bald im Consumtionshandel verschwunden sein werden. Da wir jetzt fast aller Zufuhren entbehren, so vermindern sich die hiesigen Bestände immer inebr, und hätten wir nicht die Lager, welche frühere Speculation auf den Platz führte (wovon aber viele in festen Händen und nicht verkäuf lich sind), so würden wir bei obenerwähnten Umständen mit Rüböl wahr scheinlich wieder bereits über 14 Thlr. stehen. Die Foderung von >-7'/» Thlr. wurde bisher gern bewilligt, doch ist nicht mehr coulant dazu anzukommen, und man fodert 13'/, Thlr. Viele Müller können jetzt kein Oel aus Mangel an Saat liefern, und warten mit Verlangen auf billige Sommersaat, deren Stand so überaus günstig von vielen Seiten geschildert, die aber nie den Ausfall in der RappSärnte decken wird. Etaatrpa-iere. Amsterdam, 3. Sept. 2>/,pc. Int.63^; Rußl- 5pc. Hope MS'/«; 4'/,pc. HandelSg. 168'/«. Frankfurt a. M., 5. Sept. Oestr. Bkact. 1S68Br.; 25OFI.L.I3I; 500Fl.L. 161'/«; Bair.3'/,pc. INI'/, Br.; Bad. 5» Fl. L-62'/. Br.; Darmst. 5» Fl. L. 79'/« 25 Fl. L. 31-/«; Nass. 25 Fl. L. 28; Sard.40'/,; Kurhess. 4N. London, I. Sept. 3pc.Cons.9S-/«; Port.3pc.64; Span.act. 27'/,; 3pc. 38^/,- Pari-, 3. Sept. 5pc. 121.85; 3pc. 84. 25; Neap. INI; Span. 3pc. 38'/,; 3pc. inl. 31-/«; paff-7. Wien; 3. Sept. Bkact. 1613; Met. 5pc. 112»/,; Spc. 101-/,; 3pc.78; 500 Fl. L. 159-/,; 250 Fl. L. 129'/,. Berliner Börse, 6. Sept. Se«handlung» - Prämsch. 86'/,, 3'/,pc- StSschsch. 100, 3-/,pc- Pfandbr. westpreuß. 98'/,, ostpreuß. 99'/,, pomm 99'/,, schlrs. 99'/, Br.', I-itt. 0 98 Br., 4pc. pofen- 104'/,, neue 3>/,pc. 97'/, Br-, kur» u. neumärk. 100'/,; LouiSd. 111'/,, FriedrichSd. 113'/,, DiS- conto-IProc. — Voll eingezahlt« Aktien: Amst-- Rotterd. 4pc. 123, Arnh.-Utrecht 4'/,pc. 111'/», Berl -Anhalt. 127, Prior.-Akt. 4pc. 102, Berl- Potsd- 5pc. 202'/,, Berl.- Stettin 1297«, Bonn-Köln 5pc. 137, Düffeld.- Elb. 5pc. 100'/, Br., Prior.-Act- 4pc. 100-/« Br-, Gloggn. 4pc. >61, Kiel- Alton. 115-/,, Magdeb.-Halb- 4pc. 112'/,, Niederschles. Prior.-Act. 4pc. I0I'/„ K.-F.- Nordb- 4pc. 226, Oberschlef. l-itt. ä. 4pc. 116'/, Br-, Prior. 100-/, Br-, I-itt. U 4pc. 109'/, Br., Rhein. 98-/, Br-, Prior.-Act. 4pc. 100 Br-, 3'/,pc. 97, ZarSkoje-Selo 75»/«. Quittungsbogen: Aachen- Mastr. 107'/,Br., Berg.-Märk. 4pc. 106'/, Br., Berl.-Anh. v IIS-/,, Berl.-Hamb. 4pc. 116-/, Br, Bexbach 4pc. INS-/, Br-, Kaff. - Lippstadt Spc. 104, Chemnitz-Riesa 4pc. 101 Br., Köln-Minden 4pc. 106'/,, Kottb.-Schwiel. 4pc. 100-/, Br-, Krak.-Oberschl. 4pc. 104-/, Br-, Livorn.-Flor.4pc. 126, Lö bau-Zittau 4pc. SS Br-, Mail.-Bened.4pc. 141, Niederschles. 4pc. INS, Rordb. (Ar.-Wilh.) 4pc. 98'/,, Pot-d.-Magdeb. 4pc. 118 Br., Prinz-Wilhelm (St.-V.) Spc. >05, Rhtin-Prior. - Stamm 4pc. 106 Br-, Sächs. - Baier-4pc- 97, Sächs -Schles- 4pc. HO'/,, Sag.-Glog- 4pc- 97'/, Br-, Lhürina. Spc. I09Br-, Ungar. C«ntralb. Spc. IIS, Wilh -Bahn (Kos.-Od.) 4pc. 112/, - Russ.-engl. Anl. 5pc. II7-/., I. Anl. (Hop.) 4pc. iN»/„ 2., 3., S Anl. (Stiegl.) 4pc. SS»/,, Poln. Schatzobl. Spc. SO'/,; Poln. Pfandbr. (alte) Spc. S7'/„ (neu.) 4pc S6'/„ Parttal ä 500 Fl. 85°/„ »300 Fl. Spc. 100'/, Br-, Poln. Lank I-itt. ä. 300 Fl. 5pc. V7, I-itt. 0. 200 Fl- 20-/,, Hamb. F.-K.- St--Anl. 3'/,pc. 94-/« Br.; Kurhess. Präm.-Sch-LSOThlr- 407, Br., Sar din. Präm.-Anl- ä 36 Fr. II Br.; Reue Bad.Anl. » 35 Fl- 21'/,. Han-el und Börsendericht. * Frankfurt a. M., 5. Sept. Wider Erwarten machte sich heute auf unserm Geldmärkte einige Erleichterung bemerklich; Verantwortliche Redactton: Professor Büka« Druck und Verlag von U- AL. Br-Fhan* >" Eeipzig»