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7V4 ünd auch dadurch hat dasselbe wiederum einen seiner größten Triumphe ge feiert und sich allem Volke wieder in der ganzen Glorie seiner weltbezwin- genden Macht gezeigt. Ja, Ronge hat dem Christenthum Unzählige wieder- gewonncn, denn auch der vernünftige und aufgeklärte Mensch kann sich nacss dieser zweiten Reformation wieder mit gutem Gewissen einen Christen nennen und das GlaubenSbekenntnsß der -reSlauer deutsch-katholischen Gemeinde mit unterschreiben. Jetzt ist denn also endlich die Weihe des Zweifler« nicht mehr ein verwirrender, selbstquälerischer Act, und der Christenglaube nicht mehr der Stein des SisyphuS, sondern leicht und faßlich für Alle, wie der Glaube an Gott. Dafür wollen nun mit mir Alle, die das Christenthum vor Ronge kalt ließ, ihm danken. Durch Rong« hat die Religion gesiegt üb«r die Kirche! Ronge hat die Ungläubigen erlöst von religiöser Indifferenz und die Kirch lichen von dem Alpdrücke pfäffischcr Herrschsucht und dogmatischer Hirnge- spinnste, Ronge hat die Wolke, die uns den universalen Charakter des Chri- stenthumS verhüllte, durch den Donner seines Worts zerrissen, sodaß wir An gesichts der strahlenden Sonne unserer Wcltreligion in tiefster Scham erglü hen müssen über unsern selbstgeschaffencn GlaubenSzwang, über unsere Un duldsamkeit, über unsern landsmannschaftlichen Sektengcist. So werden viele, ja alle denkenden Laien denken unter Protestanten und Katholiken, und trä ten unsere Fürsten mit ihrer deutschthümlichen gewaltigen Autorität an die Spitze der jetzigen religiösen Bewegung, ganz Deutschland könnte wie durch einen Zauberschlag Eines Glauben« und Einer Kirche werden " * Heutirundcudurg, März. In der gestern stattgcfundcnen be- rathendcn Versammlung der Theilnchmer an derRonge'schcn Adresse sind in jeder Beziehung bedeutende Resultate zu Tage gefördert worden. Ronge's kräftige Saat, in gut bestellten Acker gestreut, halte früher wit gewöhnlich Wurzel geschlagen, war lustig cmporgcschossen und hat hof- ftntlich schon dauernde Früchte getragen. Nicht allein die werkthätige «Teilnahme aller Stände unserer Stadt und Umgegend, worum er Hwei, höchst geachtete, literarisch und amtlich ausgezeichnete Männer adeligen Standes, vier Männer alttestamentlichcn Glaubens und daS hcrzliche'Än- schließen der benachbarten Mecklenburg-schwerinschcn Städte Malchin und Penzlin — selbst theilweise der Residenzstadt Neustrelitz — sind hicr-,die, Früchte; sondern auch die dabei herrschende begeisternde Stimmung, lMche auch die einstimmige Annahme einer von hier m Anregung qcbrachtcn^und von einem benachbarten Prediger sogleich entworfenen Adresse an die pro testantischen Lichtfreunde Mich, Wislicenus und König herbeiführte, welche sogleich von sämmtlichen Anwesenden unterzeichnet wurde. Eine weitere Fortbildung eines Vereins zur Belebung und Beförderung der irr der lehtern Adresse ausgesprochenen Gesinnungen steht noch in Aussicht. , Uc- berraschende Annäherung und Ucbcreinstimmung der Ansichten unserer vom Kastcngeistc nicht ganz freien Bewohner sind mit tiefem Eindrücke wahr- aenommcn worden. Der Himmel gebe seinen Segen für die Zukunft! Die Adresse wird, wie verlautet, prachtvoll lithographirt und mit einem Geschenk von 325 Thlr. für die evangelisch-katholische Kirche nächstens abgeschickt werden. * Detmold, >8. März. Der nun in der Gesetzsammlung veröffent lichte Landtagsabschied vom 8. März bestätigt die Meinung des Re ferenten in Nr. 76 dieser Zeitung, wie die Regierung ihre Selbständig keit hinfüro ziemlich fühlbar machen zu wollen scheine. Die darin ent haltene Beantwortung und Zurückweisung der ständischen Anträge und Wünsche geschieht in einer Weise, die keineswegs Ereignet ist, den Geist des Fortschritts nach den Anfoderungen der Verhältnisse der Gegenwart mit Hoffnung zu erfüllen. Sie bildet einen neuen Beleg zu der sich von selbst allfdringenden Bemerkung, daß in der neuesten Zeit manche Re gierungen— auch in kleinern deutschen Staaten—, den dircct oder durch die Stände ausgesprochenen Volkswünschen die Nichtbilligung in härterer Sprache entgegensetzen, als cs seit Umwandlung der D.nge bisher zu ge schehen Pflegte. Eine bedauerliche Erscheinung, die, allen Erfahrungen nach, nirgend ihr Ziel , treffen wird. Dec Antrag der Stänoe auf Ge stattung der Veröffentlichung ihrer Verhandlungen und auf Bekanntma chung der Regierungsvorlagen wird mit der Bemerkung zurückgewiesen: eS könne nicht für angemessen erachtet werden, die Propositionen, welche ausschließlich zur Verhandlung mit den Lanbtagsabgcordneten bestimmt seien, vier Wochen vor Eröffnung des Landtags durch das Regierungs blatt publiciren zu lassen; ferner hege man das Dafürhalten, daß cs von wenigem Interesse und bei der kurzen Dauer deö Landtags ohne Nutzen sein würde, Nachrichten über die Landlagsvcrh-ndlungen während der Dauer desselben officiell bekanntmachcn zu lassen rc. Ein Passus des Landtagsabschicdes von noch absoluterer Haltung ist folgender: „Getreue Stände haben unsere Verordnung vom >^. Jul. den Gebrauch der Schußwaffen gegen Wilddiebe betreffend, abermals zum Gegen- stand einer Vorstellung gemacht, obgleich ihnen bereits überzeugend nach- gewiesen ist, daß derartige Verordnungen, wie die angeführten frühcrn Bei spiele klar zu Lage legen, von unsern Vorfahren in der Regierung zu allen Zeiten au« landesherrlicher Machtvollkommenheit, ohne irgend eine ständische Mitwirkung, erlassen sind. Wir sind diesem Beispiele gefolgt und können un« daher nicht veranlaßt finden, hier auf eine nähere Prüfung der ander wärts über den Gebrauch der Schußwaffen gegen Wilddiebe erlassenen Ver ordnungen sowie auf eine Vergleichung derselben mit den unsrigen «inzugc- hen, sondern verweisen wir vielmehr auf die in dem letzten LandtagSabschied erthcilte Resolution." Ein den Ständen vorgclcgt gewesenes AllodificationSgcsetz wird von drr Regierung gänzlich zurückgezogen, weil von erstem einige erläuternde Bestimmungen für die Vasallen vorgeschlagcn worden waren. Mehre Beschlüsse der S ände sind jedoch wohl ausgenommen worden: Bewilligun gen für die Gymnasien zu Detmold und Lemgo, die Genehmigung deS BaucS einer neuen Strafanstalt, der Antrag auf Erlassung einer allge meinen Gewerbeordnung und eines GcwerbesteuergcfetzcS. Es wird geneh migt, daß die beabsichtigte Trennung des Staatshaushalts von dem Do- manialhäushalt auf Grundlage einer billigen Ausgleichung ^et ^^er weisenden Einnahmen und Ausgaben vargcnommen werde. Bei Bcrathung de« fWitmr-Etatö scheinen die Stände in Bezug auf > Verminderung desselben Ähnliche Wünsche auSgtsttwchen zu haben, wie in dem Lindenaü^chen Anträge bei den altcuburgcr Ständen enthalten sind; der Abschied laßt sich darüber dahin äuS, tvie man gern Demjenigen bei- trctcn werde, was zur Bewirkung fernerer, mit den BundcSpflichtcn ver- cinbarlichcr Erleichterungen deö Militair-Etats führen könne; daß jedoch t der Staatsregicrung von desfallsiqen Schritten der sächsischen Herzogthü- mcr beim Bunde besetzt nichts bekannt sei. Der Antrag auf ein Ber- koppelungS- (Grundstücks ZusammenlegunaS ) Gesetz wird von der Hand gewiesen, weil cs unter den im Lande bestehenden Verhältnissen nicht als ein dringendes Bcdürfniß und kaum ausführbar erscheine; die ge wünschte Einführung von Gesindchüchcrn, wie sie in den meisten ander» deutschen Staaten bestehen, soll auS gleichem Grunde nicht stattsinden. Daß die Stände sich durch die ihnen mrigctkcilten Deduktionen der fürstl. schaumburg-lippeschc» Regierung und des Grafen Christian zur LippcWci- ßenfeld nicht bewogen gefunden haben, auf die ihnen propvnirtc.«ich Mie- derholcntlich empfohlene Verwilligmuf von Dotalgeldern in dknerbhcrr- lichcn Linien des Fürstenhauses cinzugeken, vielmehr dieselben f-bermalS ablehncn zu müssen geglaubt habrn, wird mit Bedauern bemerkt.- Der Landtagßavschied gewahrt demnach und vielfach sonst noch Dkomentr ge nug, um abnehmcn zu können, wre wenig auch die lippeschen Stände hin ter den an' conftitntiontllc Ständekörper jetzt zu stellenden Anfoderungen zurückgeblieben'sind. „ ' : ff M reu Herr. L Berlin, 22. März. Der gestrige Charfrcitag ist ein in mancher Bezic- hung merkwürdiger für uns gewesen. Einmal wegen deS W et tcrS. Schnee gestöber LpoM frühe» Morgen an, mit kurzen Unterbrechungen bis zum späten Abend; in dess Mittelstunden des Tages zwar ciMessThauwelter, döch kaum rperkbar,. und schon am Nachmittage wieder fester Frostf Noch wenige Lasst, und diä. Kälte hat volle vier Monate' angehaltenf Auf den KanälcN " im der,,Stadt lief man gestern noch Schlittschuh, etwas, daS aM CharsrOagh' bei uns wol noch von keinem Lebenden gesehen-wor den. Daß Nokh',, Elend, Krankheiten bei uns, in wahrbD geometri schen Plossressiylren wachsen, ist ein trauriges Selbstergebniß. Sogar in den wohlhabendem Ständen macht sich mancher durch den Minter hcr- beigeführte Mangel schon bemerkbar; so z. B. ^ind dir Cokes,'ein jetzt Vielen unentbehrliches Brennmaterial, weil einmal' die ^ekey darauf ein gerichtet sind, nicht mehr zu haben, und erst ^umMüi Können die ein gehenden Bestellungen Befriedigung finden. Mit PrbuükMen. Nlird stark geheizt, doch bilden sie keinen genügenden Ersatz, und ^so muß selbst der Wohlhabende in seinen großen, durch anderes Material uncrheizbaren Zim mern frieren. Vollends der Arme'/ Die Zahl der Bedürftigen nimmt mit jedem Tage zu;, sic dringcssibittcnd in die Häuser, die Verbote und Maßregeln gegen daS Betteln werden machtlos der Noth gegenüber. Und wer hätte den Muth-, die vielen vor Frost bebenden, halb verhungerten, kaum bekleideten Gestalten: Kinder, sieche Frauen, Greise zurückzuivtisen und vollends als Uebcrtrctcr deS Gesetzes zu behandeln? Bor wemgrn Tagen war Jahrmarkt. Die Kleinkrämer aus den Harzdvrfem mif-HrkN^yroßen Körben voller Holzschnitzwaaren befqndcn sich hier. Diese wekdcn-meist von Kindern ausgetragcn» Die Armen fanden keinen Absatz; sit kamen in die Häuser, sie drängten sich durch.die geöffneten Thürcn: „Ach lassen Sie uns nur ins warme Zimmer; suchen Sic was Sie wollen von unserek Waare aus und geben Sie uns nur ein Stück Brot", so- lauteten die Bitten, von bittern Thräncn unterstützt! Und der seligste Dank leuchtete aus den Augen, als die erstarrten Körper den Hauch des eiwärmten Zim mers empfanden. — Aber ist daS Stoff für ein politisches Journal? Ich glaube. Es gibt Zeiten, wo das Wetter ein furchtbarer Politiker wird, das Thermometer ein Redner über alle Redner! DaS Jahr 1812 redet ein wenig in der Geschichte mit; der Winter 18^5 auch, wenn auch nicht mit so kanoncndonncrndcr Stimme, doch mit lief inS Herz dringender. Und ich fürchte, diese Winterklagestimmen werden noch bis tief in den Sommer hinein nachtönen! Dies wäre eine merkwürdige Färbung des Charsreitags. Die andere ist rein religiöser Art. Dic Deutsch Kathqtj k e n haben (die Zeitungen meldeten cS Ihnen auch) gestern , ihren ersten, GoWdicnst, und zwar >m Hörsaal eines protestantischen Gymnasiums, Matten, Nachmittags hielt ein protestantischer Theolog^-Vr. Gerlach, ciht Vorlesung über die welt historische Bedeutung des Oeussch-^kstholieischus. Es soll diesem er sten Vortrage noch eine Reihe, näher .cn'wickelndcr folgen. Vergeblich würde man nach einem Charsrcitage mit ähnlichen Ereignissen in unserer Geschichte suchen! Und mittels, durch den tiefen Winterschnce und durch dic religiösen Feuerströme der Gegner schreitet die Politik mit ihrcln festen, erwärmenden VorwäitSsch.itt. DaS Samenkdrn dir Verordnung vom 22, Mai 1815 hat lange fast todt in der Erde' gelegen; jetzt endlich ist die Erwärmung und Befruchtung durchgcdrungen, UNd überall brechen die Keime hervor. Auch die Religion der Zeit weiht Und befruchtet diese Saaten! (^) Berlin, 21. März. Jetzt erklärt auch die königliche Regierung in Königsberg, daß die in den Zeitungen verbreitete Schilderung von dem Noth stande dcr Stadt Friedland auS der Privatmittheilung eines Einwohners von Friedland an eine ZcitungSredaction, ohne Vermissen und Mitwirkung der städtischen Behörden, hcrvorgegangcn sei. Allerdings habe die Mjährig« Misärntc, dic allgemeine Stockung des gewerblichen Verkehrs und dic Tbeu- runq der Lebensmittel auf die liage der unvermögenden Einwohncrklassc in Friedland nachthcilig eivgewirkt; aber die Ueberschwcmmung der Felder sei dort weder verderblicher als in dcn meisten ander» Orten deS Bezirk?