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I242 rigen und damals im Besitze deS Beklagten befindlich gewesenen Geldsumme von 4000 Fl. oder wie viel weniger übernommen habe, durch das Zeug- niß deS Prinzen Emil von Hessen, deS StaatöministerS Frhrn. du Thil, de- geh. GtaatSrathS v. Lehmann, deS geh. StaatSrathS v. Knapp, deS Hofmarschalls Grafen Lehrbach, deS geh. CabinetssecretairS Geheimrath Schleiermacher, deS Oberappellations- und CaffationsgerichtSpräfidenten v. Arens, deS Oberappellations- und CassationSgerichtSraths v. Stein, sämmtlich in Darmstadt, des Gehcimraths Dietz zu Gießen, und endlich des Kutschers des Beklagten, dessen Namen und Wohnort der Kläger noch zu bezeichnen sich Vorbehalten hat." Es versteht sich, daß damit nicht gesagt ist, daß diese Zeugnisse nach den Wünschen deS sattsam be kannten Klägers ausfallen werden oder etwa schon ausgefallen wären. — Die Untersuchung gegen den Redacteur der Neuen Kieler Blätter, vr. Lorentzen, ist dieser Tage beim Magistrat in Kiel geschlossen, und die Acten sind nach Glücksstadt an das Obergericht (torum privile- Liutum, weil Lorentzen Doctor) gesendet. Es sind zwei Stellen in der Borrede zu der Ausgabe der holsteinischen Adressen an den König gegen den Algreen < Ussing'fchen Antrag, wegen deren Lorentzen vernommen wor den ist. Die Ausgabe der Adressen selbst ist confiScirt, d. h. die Behörde hat drei Exemplare an sich genommen, die übrigen Exemplare waren schon versendet und die kleine Auflage ist gänzlich vergriffen. Die eine incri- minirte Stelle wiederholt die Worte der Adresse der holsteinischen Stände- vcrsammlung, wo von den Fällen gesprochen wird, unter denen die Stände Se. Maj. nicht mehr als einen deutschen Souverain und Bundcsfürstcn betrachten könnten. Lorentzen hat das Wort „deutsch" weggelassen und hinzugefügt: „Das Volk wird das Wort seiner Stände nicht Lügen strafen." Die zweite incriminirte Stelle handelt vom bedingten Gehorsam. (Br.Z.) — Der Altzemeincn Preußischen Zeitung wird aus Braunschweig geschrieben: „Die Conferenzverhandlungen der königl. preußischen, han noverschen und Herzog!. Commissarien über Zoll- und Verkehrsver- hältnisse, welche seit den letzten Tagen des März in dem Sitzungs zimmer des Ausschusses der Stände im landschaftlichen Hause gehalten wurden, scheinen nunmehr einem baldigen Schluffe sich zu nahen und — insofern aus einem gegenseitigen edeln Entgegenkommen im voraus ein Schluß zu ziehen ist — günstige Resultate hcrbeiführen." — Aus H*«mksurt a. M. vom 5. Mai wird in der auasburger Allgemeinen Zeitung in Bezug auf ihren Spielbankcnartikel (Nr. 125) berichtigt, daß zwischen Frankfurt a. M. und Homburg nicht täglich zwan zig Mal hin und her für wenige Kreuzer Postwagen gehen, sondern täg lich nur sechs Personenfahrten unterhalten werden (also zwölf Mal hin und her?), zu deren Kosten aber weder von den Gebrüdern Blanc noch von irgend einer andern Seite ein Zuschuß geleistet wird. Preußen. (-t-) Berlin, 12. Mai. Die Zeitungen haben sich in jüngster Zeit mannichfach. mit den Schicksalen und Lebenszuständen des bei Hildburg hausen verstorbenen Sonderlings Basel de Bersay beschäftigt, und wir nehmen dabei die Gelegenheit, auf eine zweite solche wunderbare, von Geheimnissen umhüllte Pxrson aufmerksam zu machen, die sich eben falls in den anmuthigen Bergen Thüringens niedergelassen hatte und über die alle nähern, bestimmten Ausweisungen fehlen. Dies war kein Mann, sondern eine Frau. Was wir angebcn, wird man in Jena bestä tigen können, die Erinnerungen an diesen weiblichen Sonderling sind dort noch zahlreich, indessen hat sich die Presse, soviel wir wissen, noch nie mit demselben beschäftigt. Zur Zeit der französischen Herrschaft er schien in Jena eine fremde Dame und wünschte von dem Großhcrzoge die Erlaubniß zu erlangen, daß sie, unbelästigt von allen Formalitäten und Anfoderungen der Behörden, sich ansiedeln dürfte; dies that sie auf der Spitze des Bergeß, welchen die Ruine der Kunitzburg ziert. Sie ließ sich dort ein kleines Häuschen erbauen und lebte dort isolirt von aller Welt. Anfangs ließ sie sich ihren häuslichen Bedarf aus dem am Fuße des Berges liegenden Dorfe Kunitz holen, später schaffte sie sich ein paar Ziegen an und blieb ganz und gar abgeschlossen. In Jena nannte man sie die „schwedische Gräfin", aber Niemand wußte, wer sie sei, Niemand konnte den Schleier lüften, den sie eng um sich gezogen hatte; Das aber behauptete man, daß der Gtoßherzog auf seinen Jagdparticen dann und wann bei ihr eingesprochen und sich mit ihr unterhalten habe. Wenn die Behörden Anfoderungen an sie stellten, so wendete sie sich immer an den Großherzog, und dieselben wurden von oben erledigt. Die wunder bare Dame, die man bewaffnet gesehen haben will, lebte sehr ärmlich, und die Versuche Neugieriger, zu ihr zu dringen, soll sie sehr energisch zurückgewiesen haben. Wie man uns sagte, hatte sie zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter, mitgebracht, man muß darüber in Jena daö Nähere wis sen. Nachdem sie so längere Jahre gelebt, war sie plötzlich, irren wir nicht, zur Zeit deS Wiener Congresscs, verschwunden, und alle Spuren über sie waren verloren gegangen. Das Häuschen, welches sie bewohnte, zer fiel, und es ist kaum noch die geringste Spur von demselben zu entdecken. Vielleicht hat Einer oder der Andere in Jena Licht und ist im Stande, über diesen weiblichen Sonderling etwas Genaueres mitzuthcilcn. Es ist Zeit genug verflossen, um zarte Rücksichten zum Schweigen zu bringen, und wenn, wie Einige behaupten, sich an diese „schwedische Gräfin" ein politisches Mysterium knüpfen sollte, so möchte eine solche endliche Auf klärung nur noch dringender zu wünschen sein. Der Publicist hat in seinem neuesten Hefte einen recht interessanten Aufsatz über die Zustände des berliner Arbeitshauses geliefert. Wenn die Färbung desselben hier und da etwas zu sentimental wird, so gibt er doch sehr schähenswerthe Data, und sein Zweck ist, „den Beweis zu führen, daß es dem gesunkenen, einmal bestraften Menschen fast un möglich gemacht wird, zu einem bessern Lebenswandel zurückzukehren, selbst wenn er de« redlichste« Willen dazu hat." Der Verfasser M.«y Mnzi- nistrativbeamter der Anstalt. Die Zahl der Häusling« beträgt gewöhnlich über 1000, und ist im Winter, wie leicht zu erklären, bedeutend stärker als im Sommer. Die Verschiedenheit der Individualitäten mag wol in keiner Strafanstalt größer sein al- im ArbeitShause zu Berlin. Oddachs- lose, Kranke, Verrückte, Kinder, Bettler, lüderliche Mädchen, Diebe und Räuber sieht man hier in einem Saale vereinigt, und das Verderb liche der so gemischten Einsperrung hat endlich einen Entschluß von der höch sten Energie, nämlich die Einführung des Zellensystems, zur Reife ge bracht. Ueber die Arbeitsverhältniffe deö Hauses wird von der Redaktion noch Folgende- bemerkt: An den Maschinen zur Verarbeitung der Baum wolle sind dort circa 3OV Gefangene allein für einen Fabrikanten beschäf tigt. Derselbe zahlt per Kopf täglich 4 bis 5 Sgr. Arbeitslohn, wofür Jeder ein bestimmtes Pensum zu erfüllen hat. Diese Beschäftigung ist die einträglichste, sowol für die Anstalt wie für die Gefangenen. Die Kost des Unterhalts per Kopf betragen täglich 4 Sgr,; diese sind also nicht nur gedeckt, sondern jeder Gefangene hat täglich noch 1 Sar. Ueberverdienst. Die Hälfte dieses Ueberverdienstcs wird ihm zum An kauf von Schnupftaback, Butter rc. verabfolgt, die andere Hälfte wird bis zu seiner Entlassung verspart. Das Arbeitshaus tritt also jeden falls in ein sehr gefährliches Concurrenzverhältniß mit der freien Arbeit. Was würde der Fabrikant einem Arbeiter geben müssen? Wir meinen, bei der Schwere der Arbeit, nicht unter 15 Sgr. den Tag. Er spart also an jedem Arbeiter täglich 10 bis 11 Sgr. und außerdem, wenn er auch die Maschinen stellen muß, noch die Miethe für den erfoderlichen bedeutenden Raum. Dieses Ersparniß kommt aber eben nur ihm, dem Fabrikanten, zu gute, und nicht auch Demjenigen, auf dessen Besserung und Rückkehr in die Ordnung der bürgerlichen Gesellschaft <s jedenfalls von dem größten Einfluß sein müßte. Die Rückfälliqkeit ist größtentheils nichts Anderes als die Folge des Elends und einer gänzlichen Entblößung. Ueber die neue, im Bau begriffene Strafanstalt, wo das pennsylvanische System eingeführt werden soll, können wir folgende Mittheilungen machen: Das Gefangenenhaus wird aus vier einzelnen, von einander abgesonder ten Flügeln bestehen, drei davon sind im Bau begriffen, zu dem vierten ist jetzt die königliche Genehmigung erfolgt. Die Kosten des BaucS sind auf 700,000 Thlr. veranschlagt worden. Jeder Flügel wird aus zwei 184 Fuß langen Scitentheilen bestehen. In diesen Scitentheilen werden in drei übereinanderliegenden Etagen die Zellen enthalten sein, sodaß sich in jeder Etage 24, also in jedem Scitenthcile 72 und in jedem Flügel 144 Zellen befinden. Arbeitssäle gibt es in Folge des angenommenen Systems nicht. Die ganze Anstalt wird etwa 560 Gefangene aufnehmen können, wonach bei 24 Unteraufschern 23 bis 24 Gefangene, in eben so vielen Zellen verlheilt, auf einen Beamten kommen. Jede Zelle ist 7 Fuß breit, I2'/r Fuß lang und 9 Fuß hoch. Zu den vier Flügeln des Ge fangenhauses werden eben so viele sogenannte Spazierhöfe, thcils kreis förmig, thcils eckig, gehören, mit einer Mauer umgebene Plätze von 123 und 7V Fuß im Durchmesser; sie sind wiederum in kleine Räume eingetheilt, jeder 4V Fuß lang und 10 Fuß breit, und hierher werden die Gefangenen täglich einmal, stationswcise, einzeln geführt »Verden. Aus Privatbricfen erfahren wir, daß eine großeAuzahl polnischer Juden den Entschluß gefaßt hat, aus dem Großherzogthum Posen nach Amerika außzuwandern. Wenn man die Verhältnisse der preußischen Ju den mit denen ihrer Glaubensbrüder im benachbarten russischen Polen vergleicht, so wird ein solcher Entschluß nicht anders als ziemlich auf fällig erscheinen können, ihm aber gewiß nichts in den Weg gelegt werden. Von dem Magistrat unserer Residenz ist der Vorschlag gemacht worden, die Gewerksangeleaenheiten sowie die Einführung der neuen Gewerbeordnung einer besondern Abtheilung des Magistrats für die Gewerbeangclegcnhciten, welche, unter dem Präsidium des Bürger meisters, sich aus den Gcwerksbeisitzern Hilden soll, zu überweisen und die Stadtverordneten sollen sich mit dieser neuen Organisation einverstanden erklärt haben. Die plötzliche Verhaftung des Schriftstellers Edgar Bauer hat hier kein geringes Aufsehen erregt. Er ist auf die Hausvogtei abgcführt wor den. Während die Einen äußern, daß wahrscheinlich das Erkenntniß zwei ter Instanz in seinem Processe erfolgt sei und man ihn, da es eine strenge Strafe verhänge, vor der Publication desselben in Gewahrsam gebracht habe, um ihm einen etwanigen Fluchtversuch unmöglich zu machen, wol len Ändere dagegen aus den strengen Maßregeln, die für ihn getroffen rnd, auf eine neue Untersuchungshaft schließen. — Derjunge Dichter Karl Leck, welcher hier seit einem Jahre lebte, hat heute Morgen Berlin ver lassen, um eine größere Reise anzutreten. 0 Halle, 11. Mai. Die W isli c e nus'sche Angelegenheit, die zur Zeit meines letzten Schreibens (Nr. 133) ihrem Ausgange schon ziemlich nahe zu "ein schien, hat plötzlich eine neue und überraschende Wendung genommen. Man erinnere sich aus meinen frühern Berichten, daß Wislicenus zuerst eine Aifffoderung zum Cölloquium in Wittenberg erhielt und daß dann erst in Folge seiner Weigerung an die Stelle-deö Wittenberger Colloquiums ein Verhör vor dem Consistorium in Magdeburg trat, welches mit seiner Beurlaubung endete. Jetzt aber hat Wislicenus einen neuen und überaus ge messenen Befehl erhalten: das Colloquium in Wittenberg solle und Musse lattfinden, bei der einmal ernannten Commission (Möller , Twestcn, Sneth- age, Heubner) behalte es sein Bewenden und"habe er sich demgemäß zu Mitt woch, 14. Mai, einzustellen; eine nochmalige Weigerung werde sofortige Suö- wnsion vom Amte nach sich ziehen. Einem so gemessenen Befehle, wie wir auS icherer Quelle vernehmen, wird Wislicenus denn allerdings Folge leisten, chon um nicht durch den Anschein eines disciplinarischen Vergehens den SesichtSpunkt der ganzen Angelegenheit zu verrücken. Zu den Peti tionen, welche man, wie ich neulich meldete, von hier aus für Möli-