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Mittwoch —- Nr/?8. 1». März 184S Leipzig. Die S'iiunz ersiveu« logüch AbrndS. Ku begehen durch »Ue Postämirr de« In- und Auslandes. Deutsche Allgemeine Zeitnng. Preis für das Biertel- jadr ! Tdlr. — Anftrlionsgedühr für den Raum einer Zeile r Ngr. «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Ueberblick. Deutschland. »Aus dem Enrestinischen Sachsen. Der Sklavenhan del. — Katholiken in Fulda- — Antrag de» Frhrn- v. Gagern in Be treff der Juden. »Weimar- Die Großherzogin. Der Carneval. Die Ar- muth- — Die Deutsch-Katholiken in wraunschweig. M*««tzeu. (-i-)Äcrlin. Der Nothstand. — Ronge. — Die Herrschaft Muskau. spefteeeeich. -»-Wien. Die Cernirung der Schweiz. Hr. v. Pulszky. -»-Aus Ungarn. ConfessionSwcchsel. Ein Flugblatt. Portugal. Die Wahlen. Das Ministerium. Eine Ketzerin auf Madeira. Spanien. Der Congrcß über die Kirchengüter. Die Wahlen. Die Köni gin. Gaunerstatistik. »Paris. Die Stimmung gegen Frankreich. Die Königinnen. Die Parteien. Hr. Cortina. Hr- Madoz. General Prim. Wrotzpritannien. Oberhaus. Unterhaus. Die Zuckerbill. Holzpflasterung. Prinz Albert. Hr. Hay. Barbadoes- Deputirte von Scinde. Frankreich. Dcputirtenkammcr. Das Durchsuchungsrecht. Thiers' Ge schichte des Consulats und des Kaiserthums. Der Erzbischof von Lyon- Algerien. »Paris. Die Bischöfe. »Schweiz. Circular an die Pfarrer des berncrischcn Jura. Italien. Loderurtel. Mutzland und Molen. Gefährliche Kunstreise. ' Mkejieo. Santa Anna. Hlerfonalnachrichten. -Wissenschaft und «unfk. »Leipzig. Concert. »Uom- Kunstsachen - und Künstler. Handel und Industrie, »Leipzig. Generalversammlung der Leipzig- Dresdner Eisenbahngesellschaft, »nostock. Rostock-Schwerin-Hageno- wer Eisenbahn. »Florenz Die Eisenbahn von Livorno nach Pisa. »Wüs- seldork. Die Rheinpreußische Feuerversicherungsgesellschaft. — Berlin. Ankündigungen. De«tfchl»«d. -Aus dem Ernestinischen Sachsen, 15. März. Gehört es zu den wcrthvellcn und erfreulichen Erscheinungen der neuern Zeit, daß Die großen europäischen Staaten, schwer belastet und befleckt durch eine HVOjahrige Ausübung und Begünstigung der Sklaverei und des Skla venhandels, endlich von dieser Blutschuld sich zu reinigen streben, so dürfte die Frage einer Erörterung nicht unwerth sein, ob denn auch die bestehenden Gesetze und Verträge treu und vollständig zur Ausführung kommen, da es an gegcnlhciligen Vcrmuthungcn und Erscheinungen nicht fehlt. Als eine Sache der Menschheit überhaupt darf solche auch in un sern deutschen Blättern nicht unbesprochen bleiben, wenn auch wir armen «oloniclosen Deutschen nicht im gewöhnlichen Sinne des Worts dabei be- thejligt sind. Wir finden uns zur heutigen Mitteilung durch die dop pelte Betrachtung veranlaßt, daß die Sklavcnfrage in viele andere hoch wichtige eingrcift und darum ziemlich häufig durch in- und ausländische Blätter verschiedenartig behandelt wird, besonders aber durch den neuer dings in einer unserer vorzüglichsten deutschen Zeitungen der englischen Re gierung gemachten Vorwurf, einen neuen verschleierten Sklavenhandel aus Afrika nach den Antillen einführen zu wollen. Möchten wir nun eine solche Vermuthung in Beziehung auf den Staat für unbegründet halten, so dürste Gleiches nicht für dft Individuen zu behaupten und der öffent lich gemachte Vorwurf allemal zu ernster Natur sein, um nicht erörtert, verworfen oder ^bestätigt zu werden. Uebcr den großen Einfluß der Sklavcnfrage auf andere wichtige po litische Verhältnisse möge es an ein paar Thatsachen genügen. Daß der von den französischen Kammern verworfene Durchsuchungsverkrag — als wirksames Mittel gegen den Sklavenhandel — fast zu einem Bruche zwi schen England und Frankreich führte, daß der große englische Finanzmann Len Sklavenzucker bedeutend höher als den der Freien besteuert wissen will, -trotz Russell'S gründlicher Nachweisung der dabei vorwaltendcn Täuschung, daß Lie in - und auswärtige Politik der Vereinigten Staaten von Nordamerika, ia die Dauer ihrer Kraft und Einheit sich um die Sklavenfrage dreht, Laß sonderbarerweise die Einverleibung von Tejas in die Union von dem ministeriellen Journal des Debats hauptsächlich darum für unheilbringend «rklärt wird, weil dann auch in jenes anarchische Land Sklaven kommen würden: dieses Alles sind thatsächliche Ereignisse der letzten Wochen und Monate, die jener Frage Wichtigkeit zur Genüge beurkunden. Sind wir vnt der letzterwähnten Klage an sich vollkommen einverstanden, so nimmt sich dieselbe in einem französischen Regierungsblatte doch darum etwas son derbar aus, weil Frankreich das Sklavcnwesen in seinen Colonien noch sorgsam, hegt und pflegt, trotzdem, daß bereits durch ein Decret vom 28. März NSV unter herrlichen Phrasen die Sklaverei aufgehoben, in nerhalb Jahresfrist aber wiederhergestellt und bis jetzt beibehalten wurde. Der Sklavenhandel ist allerdings auf dem Papiere verboten, während er aber nichtsdestoweniger von französischen Rhedern gewinnrcich betrieben werden mag. Zur Herbeiführung einer endlichen Beschlußfassung besteht seit Jahren eine Commission, die unter dem Vorsitze des menschenfreund lichen Herzogs v. Broglie ungeheure Rapports, Exposes, Rccueils be arbeitet hat, ohne damit einen Vorschritt bewirkt zu haben. Allerdings greifen hier, wie in viele französische Verhandlungen, zwei LieblinqSworte der pariser Geschäftswelt: „inopportunste und incomputiLilitö", hindernd und hemmend ein. Denn gewiß wirken zwei Begriffe, die gleich diesen so arm an Resultaten und so reich an Stoff zu den glänzendsten Reden sind, nirgend so einflußreich wie dort. Aehnliche Verhältnisse walten in Por tugal, Spanien, Brasilien und den Vereinigten Staaten vor, und wußte England durch Ucberrcdungsmittel verschiedener Art Verbote des Sklaven handels überall hcrbcizuführen, so dauerten doch in den betreffenden Län dern Sklaverei und Sklaven fort, wobei es denn auch mehr oder weniger an Duldung und Begünstigung des Menschenhandels nicht fehlte. Trotz des diese trüben Verhandlungen umgebenden Geheimnisses steht doch die traurige Thatsachc fest, daß noch alljährlich viele Tausende Afrikaner dem Mutterlande entrissen und dem gegenüberliegenden Weltthcile zugeführt werden, um zu einem Dritthcil während der Ein-, Uebcr- und Aus schiffung zu sterben und zu zwei Drittheilen in lebenslänglicher Sklaverei zu verkümmern. Einer besonders ruhmvollen Erwähnung verdient die hierin beobach tete Handlungsweise der könial. dänischen Regierung, die bereits im Jahre 1792 die Abschaffung der Sklaverei in ihren Colonien vom Jahr 1803 an mit Bestimmtheit aussprach und diese Anordnung seitdem treu und voll ständig in Erfüllung gebracht hat. Mit Vorsicht, Ernst und Umsicht schritt England in einer Angele genheit vor, die zu einer Lebensfrage seiner Colonien, ja in mancher Hin sicht zu der des Mutterlandes selbst geworden war; grade ein halbes Jahrhundert ist dort zwischen Pitt's erstem Anträge (1788) und der wirk lichen Abschaffung der Sklaverei (1838) verflossen. Nach vielfacher Be- ralhung im Parlamente wurde durch Einführung einer Lehrlingsperiode (Bill vom 28. Aug. 1833) die große Maßregel vorbereitet und dann durch Bill vom 11. April 1838 die völlige Abschaffung der Sklaverei ausgesprochen. Mit großen Opfern war diese Maßregel verbunden, denn um diese Federung des Rechts, die Vernichtung eines langen Unrechtszu ermöglichen, mußte die englische Nation ein Opfer von 20 Mill. Pf. St. (140 Mill. Thlr.) bringen, um damit die bcthciligten Sklaven- und Plan- tagenbcsitzcr zu entschädigen. Nach den damaligen Listen waren in den englischen Colonien an 650—700,000 Sklaven vorhanden, sodaß für je den ungefähr 200Thlr. vergütet wurden. Ist nun auch seitdem nach al len darüber bekannt gewordenen Mitthcilungcn die Abschaffung der Skla verei und des Sklavenhandels von der englischen Regierung mit strenger, ernster Thätigkeit verfolgt worden, so mußte cs überraschen, in der auqs- burger Allgemeinen Zeitung vom I. März d. I. unter der Aufschrift: „Die Ncgereinfuhr in Britisch-Westindicn; Washington, 19.Jan. 1845" die bestimmte Behauptung zu lesen, daß die beabsichtigte Aufhebung der Ncacrsklavcrci eine bloße Spiegelfechterei sei und jetzt unter dem Namen „afrikanischer Emigration" ein neuer Sklavenhandel aus Afrika nach den britischen Antillen cintretc; das Schiff Senator sei neuerdings aus Sierra Leone in Spanish-Port mit 154 angeblich cmigrirten Negern cingetroffen; allein an eine freiwillige Emigration sei nicht zu denken und werde auch darum gegen diesen verschleierten Sklavenhandel von Seiten der engli schen Missionare Widerstand geleistet.— Möge nun auch die gewöhnlich etwas unfreundliche Feder des Binder Jonathan die Farbe dieses bittere Thatsachen gegen England enthaltenden Aufsatzes verdüstert haben, so wa ren doch zu viel Spccialitäten angeführt, um das Ganze für eine Erdich tung halten zu können. Allein ist der Hergang gegründet, sollte wirk lich unter dem spccioscn Vorwande der Emigration eine Wiederbelebung des Sklavenhandels unter englischer Flagge versucht werde», so ist cs auch die englische Regierung sich fclbst schuldig, den cingcrissenen Mis- brauch abzustellcn, oder die Angaben des Washingtoner Corrcspondentcn für Verleumdung zu erklären.*) Wir wiederholen die Ueberzeugung, daß die englische Regierung dem Mißbrauche fremd ist, während freilich für den kaufmännischen Geist des Jnsellandcs eine gleiche Garantie wol nicht zu übernehmen sein dürste. — In Fulda sind 30 Männer zur Bildung einer deutsch-katho lischen Gemeinde zusammcngetreten. ») ES ist dieser Gegenstand im Unterhause selbst am 25. Fcbr. zur Sprache gekommen (Nr- 64) und dahin aufgeklärt worden, daß die nach Sierra Leone gebrachten befreiten Neger nach einer bestimmten Zeit keine Unterstützung mehr von der Regierung erhalten, dann aber entweder für sich selbst sorgen oder, jedoch als freie Arbeiter, sich für Westindien anwerben lassen müssen- In ihre Heimat kann man sie nicht zurückbringen, weil sie dort sogleich wieder als Sklaven verkauft werden würden- Die Regierung hat übrigens noch wei tere Aufklärungen über diesen Punkt versprochen. D. Red.