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Montag Nr 69. — 10. März 1845. Lripttg. Die Zeitung ers»euuligii<l> Abend«. Zu bezieben durch üUe Pustämter de« In- und Ludllmdee. Deutsche Allgemeine Zeitung. Preis für das Viertel jahr 't 2dir. — Inserlionegebühr für den Raum einer Zeile 2 Ngr. «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Zur Nachricht. Auf das am I. April 1845 beginnende neue vierteljährige Abonnement der Deutschen Allgemeinen Zeitnng werden bei allen Postämtern und Zeitungsexpcditionen des In- und Auslandes Bestellungen angenommen. Der Preis beträgt in Sachsen vierteljährlich 2 Thlr., in den übri gen Staaten aber wird derselbe nach Maßgabe der Entfernung von Leipzig erhöht. «eberblick. Deutschland. -Äus dem Ernestimschen Sachsen. Hr. Dupin und der Erzbischof von Lyon. — Deutsch-katholische Bewegung in Kaden. — Heidelberger Festmahl. — Deutsch-katholische Gemeinde in Worms HÄus dem Kraunschweiglschen. Der Gcburtsadel. — Deutsch-katholische Be wegung im Nassauischen. -Zerbst. Die Gesetzgebung des vorigen Jahres. *tzamburg- Die Altlutherischen. Preußen. (-^)KerIin. Der Nothstand in West- und Ostpreußen- Hr- Wedccke. Die dänischen Pläne. Die Juden. Berichtigungen- v. Fabeck. Stettiner Verein für die deutsch-katholischen Gemeinden. Daß Landwehr fest. * Magdeburg. Preßpolizei, h Königsberg. Der Nothstand. -Non der polnischen Grense Daß russische Verfahren in der Sundzollangele- aenheit. — Der Pistolenschuß. — Deutsch-katholische Bewegungem im Arnsbergischen. — Die deutsch-katholische Gemeinde in Elberfeld. — Gustav-Adolf-Verein. — Dicpcnbrock. — Der kölner Carneval. — Die BerfassungSfragc. Spanien. Die Königin Christine. Die Militairverschwörung. Die abso lutistische Partei. Die Unverkauften Kirchengüter. Das niederländische Schiff. Großbritannien. Die Königin. Daß Morning Chroniclc über die Brief- cröffnungßsache. Neuseeland. Die Intervention in Montevideo. DieZucker- zöllc- Feuersbrunst. Earl of Rosse- Marquis v- Camden- Sir W- Parker, s London. Die Brieferöffnungßsache- Frankreich. Pairskammer. Deputirtcnkammer. Die Rentcnconversion. Der Marquis de Halley. -Paris. Die Rentcnconversion. Algerien. . Stutzlaud und Palen. * Petersburg. Aushebung. Graf Woronzoff. Fürst Paßkewitsch. Die Juden. Minister Uwaroff. Paßwescn. Der Win ter. Uniformirung. -Warschau. Die Generale Pissareff und Grabbe- Hr. Fuhrmann und Hr. Morawski. Dio katholischen Bewegungen. Der König von Preußen. Der Winter. Die Fürstin Zajonczck. Der Carneval. Türkei. -Konstantinopel- Der griechische'Diakon. Hospital. Das Ha- ratsch. Postwcscn. I. Wolff. Nordamerika. Duff Green. Persona lnach richten. Wissenschaft und «unfk. -Serlin. 2- Hirschfeld. -Krüssel. Die belgische Nationalliteratur. - Nostock/ Daß Handelsinstitut und daß Lanb- wirthschaftsinstitut. — Die londoner Universität- — Madame Weiß. Handel und Industrie. -Äerlin. Briefporto. -Hamburg. Die Ge- neral-Feuerkaffendcputation- -Krüssel- Eisenbahn- — Die spanische Staatsschuld. — Berlin. Steuefte Stachrichten. Ankündigungen. D eutschlund. *Rus dem Ernestimschen Sachsen. 7. März. Da die Wirk samkeit, Grundsätze und Zwecke der römischen Curie wie der katholischen Hierarchie überhaupt, sich überall, wo cs katholische Kirchen und Geist liche gibt, gleichartig äußern, und unsern weltlichen Negierungen das im mer weiter greifende Streben dieser geistlichen Macht wol nicht gleichgül tig sei» kann, so darf der neuere Hergang zwischen dem Cardinal-Erzbi schof von Lyon, Hrn. de Bonald, und dem Gcncralprocurator Dupin in unser« Tagcsblättcrn um so weniger unbeachtet gelassen werden, als da durch der Wunsch nach einer selbständige», von Rom unabhängigen katho lischen Kirche in Deutschland einen neuen Bewegungsgrund' und eine neue Begründung erhält. Der geschichtliche Hergang der Sache ist folgender. Im Laufe des vorigen Jühreö waren von Dupin die beiden Schriften erschienen: „ Mn- nuet «In «Irnit pukliv vvelvsmstiquv siun^uis", und dann „kel'utn- tinn 6vs »ssvrrivn« «le ALr. le Onint« «Iv Montalvinkort «lrm« «on nmnifeste antkoliquv", worin die bekannten Freiheiten dec gallikanischen Kirche, wie sic im Zähre 1682 vom berühmten Boffuct in vier Haupt punkten*) festgestcllt worden waren, von neuem hervorgehoben und ent wickelt und damit das ullramontanc System des jugendlichen Römling- siegreich bekämpft worden war. Das Wesentliche des erster» Buchs hatte Dupin bereits vor zwanzig Jahren unter dem Titel: „t-vs lidertvs «lv l'^zli«« Lnxlieünv", herausgcgcbcn, was unter den streng katholischen äl- -) Daß Wesentliche dieser Punkte sind die Bestimmungen: 1) daß weltliche Fürsten in weltlichen Dingen keine geistliche Macht über sich haben; 2) daß der Papst den Beschlüssen allgemeiner Kirchcnvcrsammlungen unterworfen ist; :!) daß die in Frankreich längst bestandenen kirchlichen Satzungen die Gren zen der päpstlichen Macht bestimmen; und 4) daß auch in Glaubenssachcn daß'Urtheil der Papste« kein unabänderliche« ist. tern Bourbonen nicht allein keinen Tadel hcrvorricf, sondern selbst von dem damaligen Bischof von HermopoliS (dem nicht grade freisinnigen Frayssi- nous) in einer gleichartigen Schrift mit Lob angeführt wurde, und den Verfasser zum Mitgliede. der kirchjichen Commission machte, aus deren Mitte die wohlthätigen Ordonnanzen vom 16. Jun. 1828*) hervorgiügcn. Anders glaubt der fetzige hohe französische Klerus sprechen und handclp zu müssen; Grundsätze, die seit anderthalb Jahrhunderten als die Grundpfeiler der französischen Kirchcnvcrfassung galten und noch vor zwanzig Jahren von französischen Bischöfen ausdrücklich anerkannt wurden, werden jetzt verläugnct und verdammt: in einem Mandemcnt des Hrn. de Bonald vom 21. Nov. 1844 heißt cs: „Hc cvs vnusvs, gprvs uvvie vxuminv naus mvmv lv iivre intitulv... vt »n vvrit «In mvmv untour (Titel der beiden oben angegebenen Schriften) lv saint noiu ckv Oivu invoguv, nous uvnns voncksm»« vt canckumnons lvs «lits ouvr»»vs, vommv vnntvnant ckes «lnvtrinvs, propres ü rninvr lvs rvritnblvs liHortes «lv l v^Iise, pour mvttrv u lvur plaev «lv kontvuses svrvitutvs." Daß man das bereits von andern Schriftstellern unzähligem«! Gesagte jetzt mit diesem feierlichen Ernste bei Dupin rügte, dazu kann wol thcilß dessen hohe wissenschaftliche und amtliche Stellung, theils das Trcffcndc und Verletzende seiner Bezeichnung des heutigen Jesuitenordens — als ein Schwert, dessen Griff in Rom- dcsscn Spitze überall sei — Veranlassung gegeben haben. Im entschiede nem Widerspruche mit den gallikanischen Freiheiten wird vom Cardinal- Erzbischof die völlige Unabhängigkeit der Kirche von der weltlichen Gesetz gebung und das unbedingte Äncrkenntniß aller päpstlichen Bullen, oder mit andern Worten, die Anerkennung der Jnfallibilttät und Obcrherrlich- kcit des Papstes verlangt. Gern möchte jene zclotffch - ultramontanc Par tei, der LS- auch i» Deutschland an Anhängern nickt fehlt, die trüben Zeiten zurückführcn, wo ein Gregor VII. und seine geistesverwandten Nach folger Kaiser und Könige in Bann Ihaten, auf das schmählichste dcmü- lhigten und über dir ganze Christenheit despotisch herrschte». Ist ein sol cher Zustand der Dinge im Lichte der heutigen Zeit zur Unmöglichkeit ge worden , so bleibt cs allemal Pflicht unserer Regierungen, däs Vcrhält- niß der katholischen Geistlichkeit zur römischen Curie zu überwachen und jeden Versuch hierarchischer Eingriffe, jede Auflehnung gegen die Landcs- gcsctzc kräftig zurückzuweiscn und zu ahnden. Auch in Frankreich haben sich die elastischen Blätter verschiedener Farben, Journal des Debüts und Constitutionncl, gleich entschieden gegen Geist und Sinn jenes Mgndcmcnt erklärt, und die öffentliche Meinung, empört über die versuchte Vernich tung der gallikanischen Freiheiten, sicht mit Spannung den Ergebnissen entgegen, die Dupin's Schritte gegen das Verbot seiner Schriften hcr- beisuhren werden. — In neuner Zeit hört man von einzelnen Spuren des Gedankens, in Baden deutsch-katholische Kirchengcmcinden zu gründen, jedoch noch sehr leise und gering. Auch in Karlsruhe soll ein kleiner Anfang sein, und man nennt einen im Staatsdienst «»gestellten Katho liken, der deshalb Schritte gethan haben soll — mit welchem Erfolg, ist nicht bekannt. (Schw. M) — In Heidelberg ist am 2. März den Abgeordneten Posselt und Dahmen ein von mehr als 200 Personen besuchtes Festmahl gege ben worden. — Dem Frankfurter Journal wird aus Morms geschrieben: ,-Ganz im Stillen wurde hier die Gründung einer deutsch-katholischen Ge meinde vorbereitet, und cs haben bereits 80 hiesige Katholiken, meistens dem Bürgcrstand angchörcnd, ihre Thcilnahmc erklärt." -sÄus dem Braunschweigischen, 6. März. Es kommt nicht selten vor, daß über das Herrschen einer Aristokratie, besonders unter Beamten über Bevorzugung des Gcburtsadcls, geklagt wird. Jedes Mal, wenn ein adelig Geborener eine einflußreiche und gutdolirtc Stelle im Staatsdienste erhält, etwa die Präsidcntur an einem Hähern Colle gium oder Gerichtshöfe, und damit die Aufsicht über die Mitglieder der Behörde und die Vorbereitung der Entscheidung über deren Beförderung, Versetzung re., rufen die Kleinmüthigcn ihr „klamütml »nt« portn«", und wer dem Gerede der Gekränkten glaubte, möchte ein allgemeines Un- *) Der liberale Graf Fcutrier, Bischof von Beauvais, al« damaliger Minister deß Cultu« errang diese Ordonnanzen und die darin enthaltene wichtige Bestimmung einer Verweisung der einflußreichen kleinen Scminaricn an und unter die Universität: ein Verdienst, was ihm den Haß der ortho doxen Geistlichkeit, die Ungnade Karl'« X. und seine baldige Entlassung aus dem Ministerium zuzog.