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Sinfonie D-Dur von W. A. Mozart. Mozarts (1756—91) Bedeutung liegt sowohl auf dem Gebiete der Oper als auch dem der reinen Instrumentalmusik. Immer aber verschmilzt er italienische Melodiefreudigkeit mit deutscher Empfindungstiefe. Er ist der Schöpfer der echten Kantilene, das ist der stets bezaubernden, edel volks tümlichen, weichen, innigen Gesangslinie. 1788 entstanden die drei berühmtesten und letzten Sinfonien Mozarts: Es-Dur, G-Moli, C-Dur. 1786 die viertletzte, heute gespielte in D-Dur Nr. 38. Der Komponist befand sich, als er das Werk für die Wiener Winterkonzerte schrieb, nicht in der besten Gemütsverfassung. Ein harmlos fröhlicher, tändelnder Tanzsatz (Menuett) wäre ihm in dem Seelenbild, das diese Sinfonie gibt, unpassend erschienen. Ein sich zur Ueberwindung zwingender Humor paßte ihm schon besser. In dem schnellbewegten Schlußsatz (Finale-Presto) will er sich zur Fröhlichkeit aufraffen. Ganz gelingt es nicht. Nachdenklichkeit, Resignation wollen ihn hemmen. Es gibt alles in allem etwa nur eine Art Glück in der Beschränkung. Ursprünglicher, echter im Ausdruck sind Mozart die beiden ersten Sätze gelungen: Adagio- Allegro (langsam-schnell) und Andante (gehend). Der vorwiegend dunkle, düstere Charakter — gelegentliche freundlichere Stimmungen bekommen keinen Einfluß auf die Haltung des Ganzen — war ihm zur Zeit gerade der natürlichere Ausfluß seiner Seele. Der Ideenzusammenhang zwischen den einzelnen Sätzen, wie er den letzten Mozart-Werken eigen ist, ist hier besonders auffällig. Dr. Kreiser.