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Nr. 128 8. Mai 1845 Donnerstag WM Deutsche Allgemeine Zeitung. UM «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Uere-Vli«r. --Aus Kaiern. Hr. v. Moy und Graf Karl v. Giech. Lie Resolution auf die Beschwerden der Protestanten. —München- Prinz Johann. Eine Hinrichtung. Athen. s-Aus der sächsischen Oberlau- sit;. Eine Correspondenz über Bautzen. — Der badische StaatSrath. — Die Deutsch-Katholiken in Offenbach. — Da« Schweriner Militair.— Graf William Bentinck. -Aus dem Schwär,burgischen. Da« uner laubte Schießen. Pre«Ten. -Königsberg, vr. Rupp. 0 Halle. Wislicenus. Die köthe- ner Versammlung. Stolgcbühren. — Deutsch-Katholiken in Marienwer der und Thorn. Portugal. -Lissabon. Denkmal Dom Pedro'S. Geburtstag der Köni gin. 'Hr- Costa Cabral. Die Taufe der Infantin. Hülfsverein für Deutsche. LAroGbritaunien. Die Times über die Maynoothbill. Versammlung dagegen. Der Repealverein. Die Times über die Reise nach Irland- Wahnsinn. Frankreich. Deputirtenkammer: Die Jesuitendebatte. Der gcheimnißvolle Graben. Algerien. --Paris- Die Jesuitendebattc. Belgien. -Krüssel. Die Eisenbahn. Schweiz. Aargau. Luzern. Thurgau. Hr. Guizot. Italien. -Nom- Hr- Antonelli. Hr. Marini. Die Gährungen in Ra venna. Das Wetter. -Lor-amerika. Note im Betreff der LcjaSfrage. kSiffenschaft und ^tunfl. * * Leipzig. Theater- Handel «nd An-n-rie. -Leipzig. Börsenbericht. -Leipna. Die Säch sisch-Böhmische Bahn. -Frankfurt a. M. Die Main-Weserbahn. — Die Köthen-Bernburger Eisenbahn. -Krüssel. Die Eisenbahnen. — Die badische Generalbrandkasse- Berlin. «nkündigungen. Deutschland. **ÄUS Saiern, 1. Mai. Es ist ein eben so unwürdiger als be kannter Kunstgriff, in einem Streite um große Interessen die Gesinnun gen deö Gegners zu verdächtigen, wenn man seine Gründe nicht wider- !egen kann. Dies ist auch jetzt wieder in dem Kampfe der bairischen Protestanten wegen der militairischen Kniebeugung vor dem Sanctissi- mum geschehen. Unter den in dieser Angelegenheit veröffentlichten Schrif ten zeichnen sich die in Ulm 1841 anonym erschienene und die beiden „Hffknen Bedenken", welche der Verfasser im Jahre 1844 und 184S Nach folgen ließ, durch ihre ruhige, rein wissenschaftliche Haltung und durch die staatsrechtliche Schärfe ihrer Beweisführung aus, und mögen daher de« Geg nern in eben dem Grade unangenehm sein, als sie auf die öffentliche Mei nung von entschiedenem Einflüsse waren. Der Verfasser dieser Schriften ist bekanntlich Graf Karl v. Giech, der 1840 aus dem bairischen Staats dienste fteiwillig auStrat. An diesen ist nun ein in München gedrucktes „Offenes Sendschreiben von einem Katholiken" erlassen worden, welcher denselben mit „Herr Graf" anredet und sich als dessen ehemaliger katho lischer Correferent unterzeichnet. So unrichtig diese Bezeichnung ist, so erkennt doch jeder mit den bairischen Verhältnissen Bekannte in dem Briefsteller sofort den Professor des StaatSrechts v. Mop in München, der früher Professor zu Würzburg und bei der dortigen Kreisregierung Referent in Schul- und Studiensachen war, während Graf Giech die Stelle des Regjcrungsdirectors und MinisterialcommiffarS bei der Uni versität bekleidete. In diesem Sendschreiben werden einige schwache Ver suche gemacht, Pie Giech'schen Deduktionen durch Wortverdrchungen zu schwächen; die Haupttendenz ist aber offenbar, die Gesinnung deS edlen Grafen zu verdächtigen und seinem beharrlichen Kampfe für Das, was er als Recht anerkannt hat, unwürdige und persönliche Motive unterzu schieben. Zu diesem Zwecke wird zuerst von der „Freude und Bequem lichkeit der Anonymität" gesprochen, und weiterhin von einer „MiSstim- mung, die gekränkt sein will"; von „des Herzens dunkelm Hintergrund", dem „Richterstuhle des eignen Gewissens", von „Gereiztheit" und „mür rischer Verblendung". Dieses Sendschreiben wurde in Altbaiern sehr eif rig verbreitet, in die fränkischen Provinzen aber gelangte cs erst spät und in wenigen Exemplaren, und eS ist ziemlich klar, daß dadurch theils der Eindruck der Giech'schen Schriften auf die unbefangenen Gemüthcr unter graben, theils die Entgegnung erschwert werden sollte. Je größer die Entrüstung aller Wohlgesinnten über den Gebrauch so unwürdiger Mittel in einer so hochwichtigen Sache war, desto lebhafter mußte ihr Wunsch sein, der edle Gras möge nun bestimmt und offen hcrvortreten, um den heim tückischen Angriff in gebührender Weise niederzuschlagev. 3» ihrer Freude hat er dieö in einer soeben in Nürnberg erschienenen „Antwort an den Ver fasser des offenen Sendschreibens" gethan, auf deren Titel er sich genannt hat. Auch hier hat er die ruhige Sprache, die der Ausdruck eines reinen Bewußtseins ist, bewahrt, die zur Sache selbst vorgebrachten Einwendun gen bündig widerlegt, auf die Verdächtigung seiner Motive und Gesin nung aber in dem vollen Gefühle männlicher Würde und dem erhebenden Bewußtsein einer ehrenhaften Vergangenheit geantwortet. Folgende Stelle mag hier, als bezeichnend hervorgehoben werden. Seite 10 heißt cs: „Was meine Stimmung angeht, so kann ich Ihnen versichern, und Alle, mit denen ich in näherer Verbindung zu stehen das Glück habe, kön nen eS Ihnen bestätigen, daß diese der Ausdruck einer Zufriedenheit ist, um die mich vielleicht Viele zu beneiden Ursache haben, die jetzt vornehm auf mich herabblicken. Sollten Sie nie den Frieden empfunden haben, welchen der Rückblick auf eine zurückgelegte Laufbahn mit dem Bewußtsein einer treuen Pflichterfüllung gewährt? Hat Ihre Brust nie das Hochgefühl durch drungen, welches die Ueberzeugung gibt, sich unter dem Wechsel aller äußer« Verhältnisse selbst treu geblieben zu sein? Kennen Sie das erhebende Ge fühl nicht, welches Den erfüllt, der unverschuldet schwere Kränkungen um ei ner guten Sache willen erleidet, und der seiner innersten Ueberzeugung jene äußern Güter zum Opfer brachte, nach welchen wir täglich die Menschen ja gen sehen, Amt, öffentliche Auszeichnung, Einfluß und Geld? Sollte Ihnen, dem Manne der Wissenschaft, die innige Befriedigung ganz fremd geblieben sein, die Denen beschieden ist, die aus der Quelle der Erkenntniß schöpfen dürfen und sich durch diese Erkenntniß einen Standpunkt über des «Lebens verworrenen Kreisen» und über dem bunten Wechsel seiner Erscheinungen er ringen? Prüfen Sie sich genau, und müssen Sie alle diese Fragen mit Ja beantworten, dann muß Ihnen klar werden, wie sehr Sie in der Meinung fehlgriffen, die Sie sich über mich gebildet haben. Fällt aber Ihre Antwort verneinend aus, dann muß ich Ihnen den Standpunkt und mit diesem daS Recht absprechen, über Männer mit einer Vergangenheit, wie die meinige ist» ein Urthcil zu fällen." , : Jeder, der die amtliche Wirksamkeit des Grafen Giech, namentlich als Regierungspräsident zu AnSbach, und die Gründe seines freiwilligen Austritts aus dem Staatsdienste kennt, wird die Wahrheit und das Ge wicht dieser würdigen Antwort suhlen. Alle Freunde des guten Rechts der Protestanten aber mögen sich mit uns freuen, daß ein jo ausgezeich? ncter Vertheidiger desselben nun ganz aus der Anonymität hervorgetreten ist, die er anfangs auS Rücksicht auf sein eben erst gelöstes Dienstverhält- niß, nicht aus persönlichen Gründen beobachtet hatte. Wir wollen ihn um so freudiger begrüßen, je trüber sich die Aussicht in die nächste Zu kunft gestaltet- Die allerhöchste Entschließung auf die von den Synoden erhobenen Beschwerden ist nämlich kürzlich erfolgt und hat diese als un begründet abgewiesen. Sie ist durch das Oberconsistorium an die ge- sammte protestantische Geistlichkeit ergangen und vernichtet all« vertrauens vollen Hoffnungen der bairischen Protestanten mit Einem Schlage! — München,, 3. Mai. Diesen Morgen hat der Prinz Johannvon Sachsen seine Rückreise nach Dresden anactreten. Daß er Pen ältesten Sohn d«K Herzogs Max in Baiern mit sich nimmt, da derselbe einigt Jahre in Dresden behufs seiner Bildung zubringey soll, ist bereits erwäynt worden. (Nr. 112.) Der junge Herzog erreicht im kommenden Monat daS fünfzehnte Jahr. Die Hinrichtung des Raubmörders Eppsteiner ist diesen Vor mittag vollzogen worden. Gelegentlich des Octobcrfcstcs pflegt eS in München von Fremden zu wimmeln, und namentlich von Gasten aus den Dörfern der Umgegend; aber so arg wie heute hat dieses Zuströmen von Schaulustigen wol noch nie stattgefundcn, obschon die Witterung anfänglich nicht eben die günstigste war. Oer Delinquent schien gefaßter zu sein, als vorausgesetzt worden war, und eben so hat er sich bei der Art von Ausstellung bewiesen, die mit ihm während der letzten drei Tage vor- gcnommen worden ist. Nach einem angeblich nur im Altbairischcn üb- uchen Gebrauche wurde nämlich an diesen Tagen während gewisser Stun den Jedermann der Zutritt in das Gefänaniß gestattet, und cs soll diese Erlaubniß von so Vielen benutzt worden sein, daß zuletzt dem Zudrange gesteuert werden mußte, um Unordnungen vorzubeugcn. In diesem Au genblicke hat sich die ungehcure Menschenmenge in die Wirths- und Brau häuser verloren, und namentlich wird cs im Bockkcllcr und in den ver schiedenen Bockschenken toll genug zugchcn. Gestern hat man hier Zeitungen und Briefe au§ Athen erhalten, die bis zum 21. April reichen, in denen wir uns aber immer noch ver geblich nach einer thatsächlichcn Bestätigung des Gerüchts umschen, wel ches den Exministerpräsidcntcn Maurokordatos und Sir Edmund Lyons zu den geheimen Häuptern einer Verschwörung gegen die Regierung ge macht hatte. Wahrend wir nach dem langen Winter noch immer eben so viele Regen- als schöne Tage haben, herrschte in Griechenland schon seit Wochen eine selbst der Äerntc gefährlich werdende, wahrhaft afrika nische Hitze, denn sic wurde nicht durch einen einzigen Regen unterbrochen. ^Aus der sächsischen Oberlausit;, 5. Mai. Gewiß ist die öffentliche Besprechung öffentlicher Zustände von hohem Nutzen, wenn sie auf die rechte Weise,-mit redlichem Sinne für das wahrhaft Gute