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*Äöniasbera, 20. April. Die beabsichtigte Protestatio» z« Gunsten des Oe. Rupp an das Consistsrium hat eine Ooppelgestalt er halten, deren eine, von etwa SSV angesehenen Männern der verschieden sten Stände unterzeichnet, ich mich beeile in Folgendem mitzutheilen. Diese von lauter Nichtgeistlichen unterschriebene Prottstation laütejMfo: „Ein hochwlirdigeS Consistorium hat auf die öffentliche Erklärung de» Hrn- i>r. Rupp, daß er sich von dem Athanasianischen Glaubensbekenntnisse lossagen müsse, weil es die Seligkeit des Menschen von der Annahme ein zelner Glaubenssätze abhängig mache, nicht nur gegen denselben den Vor wurf ausgesprochen, daß er der Gemeinde dadurch «in Bergers iß gegeben' habe, sondern ihn auch zum bestimmten Widerruf aufgefodert, widrigenfalls hochdaffelbe ihn für einen unkirchlichen und unchristlichen Priester ansehen müsse- Gegen diese» Verfahren eines hochwürdigen Consistorium» fühlen die Unterzeichneten in ihrem Gewissen sich gedrungen, auf das entschiedenste und feierlichste zu protestiren. Wir würden des Namens Protestanten und der christlichen Freiheit unwerth sein, welche di« Reformatoren der Christenheit erringen wollten, wenn wir nicht wie sie einst gegen die hierarchischen, den Geist und die Vernunft tödtendtn Anmaßungen der Päpste austreten, gegen jede menschliche Autorität in Glaubenssachen uns erheben, wenn wir selbst: der äußern kirchlichen Behörde das Recht zugestehen wollten, über den Glau ben und danach über die-Lehrfreiheit ein«» Predigers allein abzuurtheilen. Zwar wollen wir einem hvchwürdigen Consistorium zugestehen, daß eine so offene LoSfage nicht erst nöthig gewesen wäre, da kein Geistlicher, selbst wenn er darauf verpflichtet worden, durch ein Bekenntniß sich gebunden fühlen kann, das er bei seiner fortschreitenden vernünftige» Bildung verwerfen muß, und da das Gedachte der Gemeinde eigentlich unbekannt war, von Alten aber, die es kennen lernten, als ein langst antiquirtcS angesehen werden mußte; allein wir achten die Gesinnung um so höher, die auch den Schein einer Heuchelei nicht zu ertragen vermochte, und die da ehrlich und unum wunden ausgesprochen hat, waS, wie wir's hoffen und wissen, noch viele Geistliche im Herzen tragen. Run haben wir freilich keine äußere Berechti gung , uns des hochverehrten Prediger« Rupp gegen Vie wider ihn erhobenen Beschuldigungen und Federungen anzunehmen, denn wir bilden nicht die ihn» äußerlich anvertraute Gemeind«: aber Biele unter uns gehören seiner geisti gen Gemeinde an, die in seinen Predigten nicht nur keinen Anstoß, sonderet vielmehr durchweg Erbauung und Erhebung -gefunden. Außerdem erkenne» wir nur eine christliche Kirche an, zu der sich Alle zählen dürfen, die da« Christenthum Mit vernünftigem Bewußtsein in sich ausgenommen haben. Wa da rum auch nur eine einzelne Gemeinde und ihren Seelsorger in religiöser B«- ziehung trifft, das berührt tief uns Alle. Darum halten wir sogar sämmt- lich für unsere heilige Pflicht, gegen Ansichten und Bestrebungen zu prote- stircn, die nothwendig den größern Verfall der Kirche, zur Folge haben müß ten. Man klagt schon über den religiösen JndifferentiSmuS der Gebildet«» in unsertr Zeit; wie kann eS aber anders sein, wenn man ihr« Ueberzeugun- gen, ihren Glauben in irgendwelche längst abgestorbene Formen zwängen will! Wo man ihnen eine lebendigere Wahrheit bietet, da fehlt die innigste Lheilnahme einer sich hindrängenden Schar nicht, und sie würde mehr und mehr auch ein allgemeinere« und tieferes Bedürfniß wecken. Und so bitten wir denn ein hochverordnetes Consistorium um deö wahren kirchlichen Frie den« willen, den hochdaffelbe zu erhalten hat, von jedem, auch dem leisesten GlaubenSzwange, von jeder Verpflichtung eine« Geistlichen auf irgend «in Symbol, als unverträglich mit unserer Zeit, abzustehen, den Mann derFrei- müthigkcit und der Wahrheit aber in Ruhe seine auf tiefen Forschungen be gründete Ueberzeugung aussprechen und vertheidigen zu lassen, indem wir mit den Worten Gamaliel's schließen: Und nun sage ich euch: laßt ab von diesen Menschen und laßt sie fahren. Ist der Rath oder das Werk au« den Menschen, so wird es untergehen j ist es aber au« Gott, so könnet ihr es nicht dämpfen, auf daß ihr nicht erfunden werdet als die wider Gott treiten wollen!" — Der Bremer Zeitung wird aus tverkin vom 2k. April geschrie ben: „Vorgestern hatten die HH. Dethier, Mauritius Müller und v. Wcstrem eine Audienz bei dem Minister Eichhorn, und ersuchte» ihn, dahin zu wirken, daß der, hiesigen Gemeinde eine Kirche zum Got tesdienst cinqeräumt werde. Die Antwort des Staatsmanns hielt sich in allgemeinen Ausdrücken; doch erklärte er, sie würden ihrer Sache sehr gung zu finden. . Mit d«m Anbruche d«S Frühlings kommt di« Bauwuth und die Speculationswuth mit Gebäuden hierjelbst wieder recht auffallend zum Vor schein. ES ist kaum zu begreifen, wi« Jemand noch den Muth habe» kann, neue Häuser auf Spekulation zu erbauen, wenn man bemerkt, wie in verschiedenen Theilen der Stadt große, prächtige, ueugebaute Häuser vollkommen leer stehen. Allerdings vermehrt Berlin sich jährlich ungefähr um tv,vvv Seelen, aber ein Mangel an Wohnungen hat sich noch mcht in der Art bemerkbar gemacht, daß dadurch di« Bäuwuth ihre Erklärung finden könnte. Viele Neubauten könne«, weil das Geld fehlt, nicht fort-, gefetzt werden, aber dessenungeachtet findet noch Zeder, wenn er ein Hau bauen will, selbst wenn er gar keinen Rückhalt gewährt, leichten Credit; die Folgen davon zeigen sich natürlich. Die Verschönerung unserer Haupt stadt schreitet immer vor, der König zeigt dafür daS lebhafteste Inter esse; dagegen kann man deutlich bemerken, wie unsere „Linden" immer Mehr ihren aristokratischen Anstrich aufgeben müssen und der Industrialis mus mit seinen schimmernden, prachtvollen Läden sich derselben bemächtigt. ltgrntlichsten Pflicht gemacht, die genaue Beobachtung jener Vorschriften auf da« sorgfältigste zu überwachen und entdeckte Contraventionen unuach- sichtlich zur Untersuchung und Bestrafungen bringen. * — Der Bremer Zeitung Md MS vM tO. IHM M schrieben: „Die Reste des bk-ten schw»ifch« König» «»'dem HaSfie Wasa ruhen gegenwärtig iN der großherzoglichenBearäbnißkapelle zu Ol denburg. Sie find vor wenigen Wochen au» dem Oesterreichischen (von einem Gute deS Prinzen Wasa, wenn ich nicht irre) hier angelangt und in der Nacht in aller Stille bcigesetzt worden." — Die Deutsch-Katholiken mRSie-va-e« habe» am Lü.April die Leipziger Beschlüsse angenommen. Es sind 15 neue Mitglieder vei- grtreteu. 's Frankfurt a. M., 21 April. Ihr berliner * - Corrrspondent ist in einem eignen Zrrthum befangen, wenn er sich einbildet (Nr. I<i8), der vr. Stern in Berlin sei Derselbe, an dtssen vorzeitigen Enthüllungen I8SS da« Projekt unsres hiesigen ReformvereinS scheiterte. Das war ein aSttinger Doctor, und Ihr Corrcspondent mag entweder geglaubt haben, der- sklbe sei nach Berlin überqesiedelt, oder ein berliner Stern habe jenen Brief gisschrieben. Wer kann aste die Sterne unser- jungen JudenhimmelS kennen? Wenn übrigens in unserm deutschen Journal die alte Behauptung wieder aufgewärmt wird, daß aus jenem Briefe nur einzelne herauSgerissenc Stellen mitgethcilt worden wären, so vergißt man, daß der Beweis dafür noch heute vergeblich erwartet wird. NreuHen. (-«-)Bertin, 2s. April. Die Deutsch-Katholiken haben in der protestantischen Kirche eben so viele Freunde wie Gegner gefunden. Wozu, sagen diese Letzter», diese ganze Sektirerei, da man sich, mit der katho lischen Kirche nickt mehr übereinstimmend, der evangelischen hätte anscklir- ßrn können? Sind dir Dogmen der jungen Gemeinden nicht, mit Aus nahme weniger Einzelheiten, beinahe ganz im Sinne der unirten Kirche, und kann man es vom Staate wirklich verlangen, daß er eine solche Sek- tirerri und einen solchen Separatistengeist fördert und verbreitet? DaS sind die Hauptbedcnkeu der „aufgeklärten" Protestanten, während die Or thodoxie noch ganz andere verbirgt. Aber nur der erster» mögen wir hier Erwähnung thun. Allerdings kann es nicht gcläugnet werden, daß es Denen, die sich vom Ultramontanismus losgcsagt, vollkommen frei stand, zum Protestantismus, als zum geraden Gegensatz, überzutreten, wie daS in umgekehrter Weise ja auch häufig von Evangelischen geschehen ist, selbst von großen Gelehrten und Dichtern. WaS ist es denn nun gewesen, waS die jungen Gemeinden von einem entschiedenen Urbertritte zum Protestan tismus abgehalten und sie nicht beschließe« ließ, alle Schiffe zum Rück züge zu verbrennen? Die neuen Gemeinden scheinen zwischen den reli giösen Gegensätzen ein VermittelungSprincip wahren zu wollen; dieses VermittelungSprincip ist häufig geläugnct worden, aber eS ist da. Uebri- MS scheint es auch falsch zu sein, daß die deutsch-katholischen Gemein- de», sich in ihren Glaubensbekenntnissen durchaus nicht wesentlich von der prottstantifchen Kirche unterscheiden, man meint daS wol nur, weil sie sich bestimNit vom Ultramontanismus entfernen, und mißt deshalb nickt ge nau nach der andern Seite. Allerdings, die neue Gemeinde verwirft den Päpst, die Tradition wie die Priesterweihe, daö Cölibat der Geistlichen und die Ohrenbeichte, sie erkennt nur Taufe und Abendmahl als Sakra mente an, sie protestirt gegen den Reliquienglouben, und daS Alles scheint ganz lutherisch zu sein; über will sie auch alle die Bckcnntnißschriften, welche aus der frühern Kirchenspaltung zur Zeit der Reformation durch Luther und Melanchthon entsprangen und welche der Protestantismus als Kirche festhält, anerkennen? Gewiß nicht, und da liegt schon ein großer Unterschied. Nimmt sie mit Luther die Transsubstantiatidn beim Äbend- mahlsaenusse an? Hat sie die Messe, welche der Protestantismus gar nicht kennt, abaeschafft? Aber außerdem ist noch die große Frage zu be antworten, ob in der deutsch-katholischen Kirche der protestantische Unter- suchungs- und Prüfungsgeist, der daS Lebensprincip des Protestantismus bildet, sich mit derselben philosophischen Freiheit in seinen Forschungen und Konsequenzen aussprechen wird, oder ob die neue Gemeinde etwa da mit zufrieden fein will, Das, was sie als unchristlich betrachtet, den Aber glauben, den Wunderglauben, aus dem Glauben zu verbannen. Hier wird sich ein großer Unterschied feststellen können; noch, wo die neue Bew«- guNg embryonisch ist und wo die Emancipation von der Hierarchie großen Enthusiasmus bewirkt, hat er freilich keinen bestimmten Boden. Es ist aber auch «ingcwendct worden, daß man eS unmöglich ruhig mit ansehen könne, wie sich fetzt eine neue kirchliche Lehre aus Laicnvcrsammlungen heroorbildc, da alle ReUqionSgcscllsckaften bisher aus dem Geist Einzelner entsprungen und als ruhige, fertige That ins geschichtliche Leben eingetreten sind. Aber gegen ein solches Bedenken darf man unbedingt den allgemeinen Cha rakter der Gegenwart anrufcn. Schon von der Reformation kann man eS mit Bestimmtheit sagen, daß ihre Stifter nur dadurch wirkten, daß sie den Gedanken der Masse aussprachen, denn sonst wäre ihre Bemü hung theilnabmlos geblieben. Sie gaben die Anregung, die Meng« trieb hervor, und sie ordneten dann weiter mit ihrer größern Uebersicht. Diese Anregung ist aber auch jetzt von Einzelnen, und zwar von keinen Laien, gegeben, sondern von Priestern, von Ronge und Czerski; sie konnten aber um deshalb nickt autokratisch der zu gewinnenden Masse gegenüber blei ben, weil die Intelligenz die Menge emporgchobcn hat, und der starre Unterschied zwischen Priester und Laie, als hierarchisch, aufzulösen war. Und in der That, die Bctheiligung der Gemeinden selbst an der neuen kirch lichen Gestaltung kann nur gebilligt werden, da Gegenstände des Glau bens nicht dem stolzen Verstände, dem gelehrten Wissen, sondern dem schlichten Gewissen anheimfallcn müssen. Dieselbe Ansicht spricht auch < Anser Veteran Heinsiu« au-, der in dieser Angelegenheit «cku «Sch tntmsE gehört werdrn mag; rr sagt: „Grade die« ist der Weg zur Einheit des SinneS, cher-LU^ reinen Exkemztchß deS ChristeuthumS viel sicherer führt «tS M ^«sGHickmcktyMMcck der »einfachen Volk-religio« «ck« gelehrte »zB'sckeThrolvgie mschem Mich« tzie Köpf« verwirrt, Strei tigkeiten und Verfolgungen erzeugt, unselige Zweifel herbeiführt und nährt, den lautern Glauben verdunkelt, die Gebildeten indifferent macht und den Laien au- seiner geraden Bahn reißt." Von dieser Seite also hoffen wir keine Bedenken bei unserer Regierung gegen die deutsch-katholische Bewe-