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Vlata, der, immer weiter durch Böhmens Gaue dahinfließend, zu einem gewaltigen Strome anwächst. Er fließt durch dichte Waldungen, in denen das fröhliche Treiben einer Jagd immer näher hörbar wird und das Waldhorn erschallt, er fließt durch wiesenreiche Triften und Niederungen, wo unter lustigen Klängen ein Hochzeitsfest mit Gesang und Tanz gefeiert wird. In der Nacht belustigen sich die Wald- und Wassernymphen beim Mondenschein auf den glänzenden Wellen desselben, in denen sich die vielen Burgfesten und Schlösser als Zeugen vergangener Zeiten widerspiegeln. In den Johannisstromschnellen braust der Strom, durch die Katarakte sich windend, und bahnt sich gewaltsam mit schäumenden Wellen den Weg durch die Felsen spalte in das breite Flußbett, in dem er mit majestätischer Ruhe gegen Prag weiter dahinfließt, bewillkommnet vom ehr würdigen Vysehrad, worauf er in weiter Ferne vor den Augen des Tondichters entschwindet. Das vierte Konzert für Klavier und Orchester in G-Dur, op. 58, das Beethoven im Jahre 1805 komponiert hatte, widmete er seinem Freunde und Schüler, dem Erzherzog Rudolf aus dem Hause der Habsburger. Beethoven verkehrte in den Kreisen des österreichischen Hochadels, weil er in Verkennung des Wörtchens „van" vor Beethoven der Meinung war, er sei selbst adlig. Die vielen Widmungen seiner Werke deuten auf diesen Umgang hin. Das ist eine merkwürdige Tatsache im Dasein dieses freiheitsliebenden Menschen, der von den Ereignissen der Französischen Revolution innerlich ergriffen wurde. Als später das Vormundschaftsgericht in Wien ab lehnte, dieses „van“ als Adelsprädikat anzuerkennen, änderte er brüsk seinen Umgang und zieht ab nun bürgerliche Freunde vor. Aber das hat auch mit seinem Ohrenleiden zu tun, da er sich als Schwerhöriger in der Hofgesellschaft nicht mehr wohl fühlte. Das G-Dur-Klavierkonzert ist in seiner Grundstimmung mild, heiter, lyrisch Beethoven verwertet in diesem Werke alle Errungenschaften und Erkenntnisse, die er sich in seinen Klaviersonaten, die diesem Konzert vorangingen, erarbeitete. Die Durchführung aller Sätze gewinnt an Fülle und Ge schmeidigkeit, die Themen werden reicher und seine ganz besondere Begabung der Improvisation, also der unmittelbaren Erfindungsgabe, kommt der Vielfalt der musikalischen Gedanken zugute. Die Gegenüberstellung des Solos zum ganzen Orchester wird in ihrer Gegensätzlichkeit vertieft: zwei Pole, eine Per sönlichkeit und die Welt als Ganzes, stehen sich gegenüber, um sich über ihre Daseinsberechtigung zu unterhalten. In diesem Konzert geschieht dies allerdings in einer milden Haltung, die den sonst so kämpferischen Geist Beethovens vermissen läßt. Nach den einleitenden Takten des Klaviers kommt eine große Orchesterstelle, die das thematische Material für den ersten Satz