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dig) zu werden!“ hat Reger als zweihundert Jahre zu spät geborener Schüler des großen Thomas- kantors bekannt. Und in einem Briefe an seinen Lehrer Hugo Riemann schrieb er: ,,Woran wir festhalten müssen, ist die unerbittliche Logik des Satzes, die Solidität der Stimmführung, das geflissentliche Vermeiden aller sogenannten lyrischen Momente . Dabei steht das Regerschc Schaffen in klarem Widerspruch zu diesen Äußerungen. Trotz aller fachlichen Kenntnis der polyphonen (Bachschen) Ausdrucksmittel hat er gerade dem Romantisch-Sentimentalen in seinen Werken breiten Raum gewährt. Die Orchesterschöpfungen Regers beginnen mit der Sinfonietta, op. 90, und führen über die Serenade (= Abendmusik), op. 95, zum ersten Höhepunkt, zu den Variationen und Fuge für großes Orchester über ein lustiges Thema von Joh. Adam Hiller, op. 100 (es folgen der Sinfonische Prolog zu einer Tragödie, die Lustspielouvertüre, das Konzert im alten Stil, die Romantische Suite, die Böcklin-Suite, die Balletsuite und der zweite und letzte Höhepunkt: Die Mozartvariationcn). Das schlichte Liedthema zum opus 100 hat Reger dem komischen Singspiel Hillers „Der Aerndtekranz“ entnommen. Johann Adam Hiller (1728-1804) war Alumnus (= Zögling) der Kreuzkirche in Dresden, später Gewandhauskapellmeister und Thomaskantor in Leipzig. Als Komponist erlangte er besondere Bedeutung durch seine deutschen Singspiele (neben der italienischen Opera buffa und der französischen opera comique), in denen er dem Grundsatz huldigte, daß das „Volk“ nur schlicht liedmäßig, die ,,Standespersonen“ aber kunstvolle Arien zu singen hatten. Reger verändert in großartiger Weise die volkstümliche Hillersche Melodie - er nennt sie „ein entzückendes Rokokothema“ - in elf Variationen. „Jede der elf Variationen hat ihren bestimmten Charakter. So umschreitet Reger den Kreis von Fröh lichkeit über graziöse Leichtigkeit, derbe Ausgelassenheit und kräftigen Humor, über stille Zartheit und elegante Menuettseligkeit bis zu wildstürmender Leidenschaft, über darauffolgende verklärte Ruhe bis zu geistvollem Spiel, neuaufflammender leidenschaftlicher Aussage und stiller Verhaltenheit in der elften Variation, die die Fuge vorbereitet und einleitet (Joh. Paul Thilman).“ Die abschließende Fuge nimmt mehr als ein Viertel der Komposition ein, dennoch hat sie Reger, dessen Fleiß bekannt ist, an einem einzigen Tage in Partitur gebracht. Das lustige Thema aus Hillers „Aerndtekranz“, diesmal von den Posaunen machtvoll geblasen, beendet das Werk. Prof. Dr. Mlynarczyk LITERATURHINWEISE : Karl Schönewolf: Konzertbuch, Berlin 1961 W. A. Thomas San-Galli: Joh. Brahms, München 1919 Fritz Stein: Max Reger, Potsdam 1939 VORANKÜNDIGUNG: 14. April 1962, 19.30 Uhr, 13. Außerordentliches Konzert Gastdirigent: Konstantin Hiev, Sofia G. F. Händel: Wassermusik - Bearbeitung Hymilton Harty Lazar Nikolov: Konzert für Streichorchester P. Tschaikowski: 6. Sinfonie h-Moll (Phathetique) Freier Kartenverkauf! 6070 Ra III-9-5 362 1,45 ItG 009