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S54 tel, nämlich die polyglotte Entwickelung. Die angeblichen Geheimnisse der zwei slawischen Propaganden verkündet der Autor mit so beredter Salbung und Zuversicht, daß man sich beinahe versucht fühlt, zu lächeln Und ihn ernst haft zu fragen, ob sein politisches Hellsehcn nicht vielmehr leeres Träumen sei- Er meint z. B-, die revolutionaire slawische Propaganda habe sich die Zertrümmerung von vier Thronen zum Ziele gesetzt. Preußen, Oesterreich, Rußland und die Türkei müßten unter ihren Streichen fallen. Zn der Lhat, der selige Reichsfreiherr Münchhausen und der siebenbürgische Baron Wessele'nyi haben nach dem Gesagten gar Manches mit einander gemein. Warum reflcctirt der Verfasser nicht gleichzeitig auf Frankreich, wo es die stabile Politik Ludwig Philipp's zu brechen gilt, und auf England, dessen kommerzieller und maritimer Druck längst mit unerträglichem Gewicht auf der gesammten Erde lastet. Wenn es der slawischen Propaganda gelingt, alle fünf Großmächte und das osmanische Reich obendrein in die Luft zu sprengen, dann erst mag sie sich rühmen, Großes vollbracht zu haben. Nun wir wollen sehen, ob sich mit dem Autor nicht darüber abhandeln läßt. Es kommt ja nur auf wenig Dintentropfen an, und Dinte ist wohlfeil, viel wohl feiler als Blut. Die Mittel, welche er zum Behuf der Magyarisirung Un garns vorschlägt, sind die Errichtung magyarischer Kleinkinderbewahranstal- ren (mit kleinen Mitteln wird da nach großem Zwecke gestrebt!), ein ma gyarisches Volksschulwcsen (dessen Einführung den glimmenden Funken der Un zufriedenheit offenbar und rasch zur Hellen Flamme anblasen würde) u- dgl. m- *Rom, 9. April. Die von einem neuen Partialverkauf der berühmten G e- mäldegalerie des Cardinals Fesch verbreitete Nachricht (Nr. 9i) rief außer ordentlich viele Commissionen hervor- Namentlich gingen sie ö tout prix aus Paris und London ein- Eben von dort her kamen Spekulanten in Menge zu Ende März zu uns herüber. Allein das kauflustige Publicum ist durch die Verkaufsmandatare in sebr unangenehmer Weise getäuscht worden, da man gegen Versprechen und Zusage die Meisterwerke der Sammlung zurückgesetzt und an ihrer Stelle Unbedeutendes feilgeboten. Aber auch dieses Unbedeu tende ist übertheuer weggegangen. Man hat eine Manie, ein Kunstandenken aus der Galerie des mütterlichen Oheims von Kaiser Napoleon an sich zu bringen. Die größere Hälfte derselben, und in ihr das Vorzüglichste des ehemaligen Ganzen, ist somit einer später» Veräußerung aufgespart worden. — Deutsche, Rom besuchende Gelehrte pflegen über die fast gänzliche Ver nachlässigung der orientalischen Sprachen von Seiren Derer, die zu lehren, und Derer, die zu lernen hätten, nicht wenig erstaunt zu sein. Und es muß in der That Jedermann zu glauben schwer werben, daß hier die Assemanni lebten und wirkten. Vor einigen Jahren hat ein die Orientalicn liebender reicher Prälat die Studirenden durch ansehnliche Stipendien — 150 Lhlr. jährlich und für Jeden unter Dreien — aber mit sehr geringem Erfolg, sich derselben zu befleißigen eingeladcn. Wie gering das Verlangen und das Bedürfniß dieser Studien hier ist, davon gibt der Umstand ein redendes Zeug- niß, daß man soeben in der Propaganda Joh. H. David Michaelis' krsm- matie» kskrsioa mit all ihrer Pedanterie und Methodenlosigkeit in vielen Lausend Exemplaren wieder gedruckt, um nach ihr in den höchsten Unterrichts anstalten zu lehren. Kein Litel der zahllosen, durch Gesenius und Ebert gewonnenen neuen Sprachresultate ist darin ausgenommen- * Wien, 29. April. Ein sehr interessanter Versuch wurde vor einiger Zeit von dem Professor der Chemie an der hiesigen medicinischen Facultät im Beisein zahlreicher Zuschauer und Hörer gemacht. Er verdichtete nämlich Kohlensäure und verwqndelte sie in eine glänzend weiße, starre, außerordent lich kalte Masse — der Weingeistthermometer mit ihr in Berührung gebracht, fiel auf 89" Reaumur unter Null — welche Blasen auf der Hand zog. Die Compressibilitat des kohlensauren GaseS entdeckte bekanntlich Lhiloricr in Pa ris. Ein Studirender der Medwin, Ramens Matterer, welcher dem Profes sor bei feinM Versuche hülfreich an die Hand ging, hatte den Compressions- apparat so finnreich zusammengesetzt, daß die Gefahr einer Explosion gänzlich beseitigt wurde. Die Anwendbarkeit des Apparats erprobte sich nunmehr auch bei dem sogenannten Stickstoffoxydul, und die langgehegte Hypothese, daß jeder chemisch-einfache oder zusammengesetzte Körper unter den drei Formen der absoluten Expansion, der Flüssigkeit und der Festigkeit bei verschiedenen Lemperaturverhältnissen in Wirklichkeit gedenkbar, scheint sich durch diese Ex perimente mehr und mehr zu bewahrheiten- * Handel und Industrie. Börsenbericht. * Frankfurt a. M., 21. April. An unserer Börse war im Verlaufe der verwichenen Woche die Stimmung im Allgemeinen matt. Es «ar dies namentlich in spanischen Effecten der Fall- Auf sie war die Hauptaufmerksamkeit der Speculanten gerichtet. Es hatten darin nicht unansehnliche Variationen statt; die Preisverringerung nahm fast von Lag zu Lag mehr zu- Es wurde diese Reaction vornehmlich durch höchst belang- xriche Verkaufe veranlaßt, welche, namentlich an den letzten Lagen, für Rech nung des Rochschild'schen Bankhauses bewerkstelligt wurden. Es verbreitete sich aus gewöhnlich gutunterrichteter Quelle die Nachricht, es seien nicht nur die Unterhandlungen des Hrn. Salamanca in Madrid für Uebernahme der in letzterer Zeit vielfach erwähnten Anleihe von t Milliarde Realen gänzlich in Stocken gerathen, sondern es habe der spanische Finanzministcr Hr. Carrasco, der nunmehrige Graf de Santa-Olalla, jetzt sogar auf das bestimmteste er klärt, daß er einer solchen Anleihe nicht weiter bedürfe und daß er hoffe, die Finanzen des Landes durch dessen eigne Kräfte und Mittel zu regeln; das Rothschild'fche Bankhaus, welches sich bei jener ausgedehnten Finanzope ration wesentlich betheiligt haben würde und in deren sicherer Voraussicht bereits namhafte Beträge spanischer Fonds angekauft hatte, thcils um die Notirungen zu günstigerer Unterbringung der neuen Effecten zu heben, theilk um jene Borräthe im eintrrtendcn Kalle mit an Aahlungsstatt zu geben, sei nun durch den so unerwarteten Abbruch jener finanziellen Regociationen ver anlaßt, seine Stücke hier wie in London wieder aus den Markt zu werfen- In allen übrigen Fondssorten trug sich durchaus nichts Erhebliches zu. Sie waren fast sämmtlich mehr angeboten; nur österreichische undLaunus- eisenbahn-Actien warm einigermaßen mehr beliebt. Der Geldstand war -i-mlich befriedigend. Sifenvahn. * Frankfurt a. M-, 21. April. Das Project, eine Ei senbahn von dem, Koblenz gegenüber gelegenen Ehrenbreitstein nach Bie- berich zu bauen, ist nicht neu. Bereits im vorigen Sommer war dasselbe, und zwar zuerst in Wiesbaden, in Anregung gebracht worden; es hieß da mals, die nassauische Regierung sei in Betreff dieses Plane- durchaus nicht ungünstig gestimmt, habe jedoch dem Wunsche, daß die Ausführung dieses Bauunternehmen» bis an die nassauische Grenze auf Staatskosten bewerkstel ligt werden möge, nicht entsprechen zu sollen geglaubt, sondern sei vielmehr der Ansicht gewesen, daß die Uebcrlafsung an eine Privatgesellschaft den Vor zug verdiene. In dieser letzten Zeit sind, wie wir vernehmen, neue Schritte geschehen, um die Verwirklichung jenes Projects herbeizuführen. Es soll Aussicht dafür vorhanden sein, daß demnächst ein provisorisches Comite' zu sammentreten werde, dessen Aufgabe es sein würde, die Concessionirung von Seiten der betreffenden Staatsregierungen zu erwirken und die Bil dung einer Actiengesellschaft für den Bau und die Benutzung diese» Bahn vorzubereiten. Mehre unserer angesehenem Bankhäuser sollen sich in Folgt dicSfälliger Anfragen nicht abgeneigt gezeigt haben, für das in Rede ste hende Unternehmen wirksam zu sein. Es mußte dieses Project grade jetzt wieder um so mehr in den Vordergrund treten, da nun der Bau einer Bonn-Koblenzer Bahn durch die in diesen letzten Lagen in Koblenz statt gehabten Unterzeichnungen als gesichert erscheint. Die projectirte Koblenz- (Ehrcnbreitstein-) Biebericher Bahnlinie aber bildet eine in strategischen und mcrcantilischen Beziehungen wol nothwendige Ergänzung in -dem großen deutschen Eisenbahnnetze; sie ist durch ihren Anschluß an die Launußbahn das wichtige Glied, durch welches die niedcrrheinischen Linien, die bereits mit Ostende und Antwerpen in Verbindung sind und bald auch mit Rotterdam in Verbindung sein werden, zugleich mit der Badischen Bahn bis an die schwei zerische Grenze, mit der Bamberg - Frankfurter Linie, die ihre Fortsetzung bis AugSburg -München erhält und von dort gewiß auch nach dem österreichischen Eisenbahnnetz erhalten wird, und mit dem Leipzig-Kassel-Frankfurter Schie nenwege, der sich an den riesigen norddeutschen Complex von Eisenbahnlinien anzuschließen bestimmt und seiner Ausführung nahe ist, in Zusammenhang gesetzt werden. Daß unter solchen Umständen die Rentabilität einer Koblenz- Bieberichcr Eisenbahn nur die günstigsten Aussichten für sich hat, könnte kaum irgend in Zweifel gezogen werden. Auf dem hiesigen Platze widmet man diesem Unternehmen die größte Aufmerksamkeit, für welches dem Ver nehmen nach namentlich ein großer norddeutscher Staat ein hohes Interesse kundzeben soll-— Zur Bctheiligung an dem Bexbacher Eisenbahnunterneh- men sind noch in diesen letzten Lagen von mehren hiesigen Bankhäusern und Speculanten sehr belangreiche Summen unterzeichnet worden, da morgen die definitive Constituirung des betreffenden Actienvereins in Rheinbaicrn erfol gen wird. Unsere Speculanten versprechen sich befriedigende Resultate, da die bairische Regierung den Inhabern von Actien dieses Unternehmens auf 25 Jahre 4 Proc- Jahreszinsen garantirt. — Das Gerücht, die nassauische Re gierung habe zwei Bankhäusern (in Frankfurt und Wiesbaden) die von den selben nachgesuchte Concession für den Bau einer Eisenbahn von Höchst nach Soden ertheilt, wiederholt sich neuerdings, scheint jedoch noch weiterer Be stätigung zu bedürfen. — Am 15. April wurde vor dem Handelsschiedsgericht für den Schwarzwaldkreis in Keutlingen der erste Proceß öffentlich und mündlich verhandelt. Der Acr fand im Rathhaussaale statt, und der für 209 Perso nen berechnete Zuschauerraum war dicht angefüllt. (Dchw. M.) Staatöpapier«. Amsterdam, 29. April- 2-/,pc. Int. 80'/,; Rußl- 5pc.Hope 100'/,; 4-/,pc. HandlSg. 147'/,. Brüssel, 19. April. Belg. 3pc. 18; Bkact. 69. Frankfurt a. M-, 22. April. Oestr. Bkact. 2003 ;^50 Fl. L. 135'/,, 509 Fl. L. 154; Bair. 3-/,pc- 101'/,; Bad. 50 Fl L. 63'/,; Darmst. 50 Fl-L- 18',2, 25 Fl. L. 31'/,; Nass. 25Fl.L. 28-/2. London, 18. April. 3pc. Cons. 99'/,; Port. 5pc- —; Span- act. 24'/,, neue 3pc- 36; pass. — ;ausg. —; Holl. Int. 60'/,. Paris, 20. April. 5pc. 122. 50; 3pc. 83. 10; Neap. 102; Port- 5pc- 45-/,; Span, act- 34'/,, neue 5pc. 37, pass. 6'/,. Wien, 20. April. Bkact. 1624; Met. 5pc. 110'/,; 4pc. 10»'/,; 3pc- 77'/,; 500 Fl. L. 149'/«; 250 Fl. L. 133>/,. Eketien. Frankfurt a. M-, 22. April. Launusb WO-/,. Paris, 20. April. Bkact. fr 3100; belg. 695; Eis. St. Germ. 832-/,; Versail. r. 375, l- 245; Orleans 953'/,, Rouen 965; StraSb. 285. Wien, 20. April. Nordbahn 146 >/,; Gloggn. 116; Mail. 111'/,. Berliner Börse, 23. April. Neue 4pc. engl. —, Prämsch. 88-/„ neue 3>/2pc. StSschsch. 190'/,, 3-/,pc. Pfandbr. westpr. iOO'/„ ostpr. 102-/, Br-, pomm. 100'/, Br-, schles. 100'/,, 4pc. posen. 104-/,, neue 3-/,pc. 99-/,, Ntr- u-neumärk. 101'/,; Dukat. —, LouiSd. 112, Frievrichsd. 113-/,, Disconto 4Proc.— Eisenbahn, 5pc. Berl.-Potsd. 165, Prior.-Act. 104, Anh. 160, Prior.-Act. I><4, Franks, a. d. 0.152 Br-, Prior.-Act. 104-/, Br., Stett. a. t30Br-, Stett. 9. 130 Br., Hamb. Zus. 118'/,, Magdeb.-Leipz.—, Prior.- Act. 104, Magdeb.-Halb. IIOBr-, Düffeld.-Elberf. 93'/,, Prior.-Act. 99-/, Br-, Rhein. 89-/„ Prior.-Act. 99 >/, Br-, Bonn-Köln 14IBr-, Lstrhein. 112'/,, Oberschles. 125Br-, bärr. 0.116-/, Br-, Zus. Sch. —, Niederschl. 120-/,, Sag-- Gloq. I >3-/2, Brieg-Neisse—, BreSl.-Schwdn.-Freib- 126 Br-, Leipz -Dresd-—, Dresd.-Görl- 118'/, Br-, Sächs.-Dair. 110, Nordbahn 154, Gloggnitz 121, Mail.-Ven. 114, ZarSk.-Selo 77Br., Launusb.209Br. Oesterr.Met.5pc-—, 4pc. —, 3pc. —, Ipc. —, Bkact. —, 500Fl. L. —; Rußl-, Spc Eert.—, Hope 5pc. —, 4pc. 95>/„ Orig- Stiegt. 95>/„ bpc. engl. 118Br.; Polen,5pc- Schatz- obl. 98'/«, 4pc. Pfandbr. 95'/,, neu« 95-/,Br., Bkcert.—, 300Fl.L. 94'/,, 500 Fl. L. 99-/, Br., Bkcert. ä 300 Kl. 102-/,, L2M Fl. 32'/, Br-; Hamb. Feuerk.- St. - Act. 97 -/, Br.; H 0 ll., 2 >/,pc. Int. 58'/,. Neueste Nachrichten. Varis, 20. April. Die Deputirtenkammer beschloß in ihrer gestri- genTitzung, die Erörterung über Otaheiti nach der Vorlegung ver schiedener Actenstücke durch den Minister der auswärtigen Angelegenheiten einstweilen zu vertagen und später, wenn es angemessen erscheine, wieder aufzunehmen. Verantwortliche Redaction: Professor BÜlau, Druck und Verlag von K. «. «rvekhau« in -Leipzig.