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Sonntag Nr. 105. 14. April 1844. LcipIIg. Li» Zeitung «rsckemr laglick Abends. Zu beziehen durck alle Postämter des In- und Auslandes. Deutsche Allgememe Zeitung. Preis für das Viertela jahr > Mlr- — Inserlionsgebühr für den Naum einer Zeile 2 Ngr. «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» e U-berblick. Deutschland, '^om Rhein. Der Zollverein und Belgien. ^München. Die aus Griechenland zurückkchrcnden Baiern. Baron v- Gise. — Ein gaben in Sachen Rcdenbacher's. *Äus öchleswig-Holstein. Dahlmann's Geschichte Dänemarks. S Äus Thüringen. Die katholische Kirche in Ei senach. s Frankfurt a. M. Der Großfürst Thronfolger. Prinz Albert. Jüdisches Versorgungshaus. — Senatorwahl in Hamburg. Preußen. A Vertin- Die norddeutsche Kaufmannswelt. — Erklärung des Ur. Woeniger- Oesterreich. "Wien. Italien- Entwcndungsgeschichtc- Schusclka. Der ungarische Reichstag- Portugal. Fremdcnkarten- Großbritannien. Die irische Wählerbill- Mrankreich. Charles Laffitte- Jagdprämicn in Algerien- "Paris. Polen fest. Der Gustav-Adolf-Vcrein- *Lyon- Kirchenscandal. Belgien. Zollwesen. Rußland und Polen. * Warschau. Das Schulwesen unter Okunicff. Kanonierschaluppen. Weichselbrücke Griechenland, s Äthen Die königlichen Revifionsbemerkungen Die Aenderungen an der Verfassung. Jonische Inseln. Eröffnung des Parlaments. Türkei. Das Proselytenwcsen. Die Renegaten- Ostindien. Nachrichten von Gwalior. Stegypten- Die Pest. Personalnachrichten. Wissenschaft und .Kunst. * Hon der Elbe. Eine Schrift über Rußland. Handel und Industrie. "Leipzig. Generalversammlung der Leipziger Bank-— Frequenz der Magdeburg-Leipziger und Halberstadter Eisen bahn. * Frankfurt a. M. Meßbericht. Berlin. Neueste Nachrichten. Madrid- Mordversuch auf Narvacz- Ankündigungen. Deutsch!«» »S. * llom Rhein. 9. April. Der von der Kölnischen Zeitung vor kur zem mitgetheilten Behauptung, cs sei von Seiten des Zollvereins eine neue Negotiation mit Belgien zum Behuf eines Handelstractats cingcleitet worden, wirb von gewöhnlich wohlunterrichteten Personen aufs bestimmteste widersprochen. Wenn neue Unterhandlungen zu dem ange gebenen Zwecke wieder auf die Bahn gebracht werden sollten, so würde jetzt wol die Anregung dazu von Belgien zu gewärtigen sein, wo man steh auf die früher» Versuche zur Bewerkstelligung einer commerzicllen Annä herung und auf die dieserhalb gemachten Proposttionen nur in einer Weise eingelassen hatte, die nur zu deutlich das Vorwaltcn eines fremden Ein flusses erkennen ließ, welcher einem Hinneigcn Belgiens auf die Seite, wohin seine wahren nationalen Interessen cs rufen, mit conscguentcr Ent schiedenheit entgegenstrcbte. Es scheint nicht, daß jene fremde Einwirkung gegenwärtig in Brüssel weniger einflußreich geworden wäre, und cs müßte demnach wol angenommen werden, daß neue Unterhandlungen, wollte man sie versuchen, jetzt eben so wenig Erfolg wie früher haben würden. Es kann aber erwartet werden, daß Belgien über kurz öder lang zur kla ren Einsicht kommen wird, sowol daß das Projcct einer französisch-bel gischen Zollunion ein durchaus unerfüllbarer Traum ist, wie auch daß ihm zu Liebe das französische Prohibitivsystem keinerlei Abänderung erhalten dürfte, und überhaupt daß Frankreich sich seinen belgischen Nachbar nicht gleichzustcllen, sondern immer nur sich ihn unterzuordncn beabsichtigen würde. * München, 9. April. Unsere armen Landsleute, welche seit eini gen Tagen angefangen haben von Triest hier cinzutrcffen, machen das griechische Thema wieder um so mehr zu einem allgemeinen, für alle Klassen der Bevölkerung Münchens interessanten, als dieselben fast ohne Ausnahme dem Stande der Gcwerbslcute angchörcn und daher, um mich dieses Ausdrucks zu bediene», überall hcrumkommen. Der Hauptzug die ser nicht sehr stolzen Trümmer des aus Griechenland hcimkchrendcn Ba- varescntbums ist übrigens noch zwischen Triest und hier untcrivegs, und Andere bedürfen dort erst noch einer länger» Pflege, um den Marsch in die Heimat anlrctcn zu können. Kein Wunder, wenn bei dieser Gelegen heit Altes und Neues zugleich besprochen wird, namentlich in diesen Ta gen, wo unser ganzes öffentliches Sein durch den Aufgang des glänzen den- Salvatorbier-Gestirns ein bewegteres und vielseitigeres geworden ist. Zum Alten gehören die oft vernommcncn Klagen über die den Deutschen in Griechenland gewordenen Täuschungen aller Art; zum Neuen die Nach richten mit der Post vom 27. März. Jenen Klagen reiht sich mit vollem Rechte die an, daß die Septembcrrcgicrung nicht einmal die Macht oder den guten Willen gehabt, selbst solche Bavarcscn, welche durch Geschäfts leben und Heirathen längst in Griechenland eingebürgert waren, immer in ihren Rechtsansprüchen zu unterstützen und vor groben Beeinträchtigun ¬ gen in denselben zu schützen. Nur entfernter gehört hierher eine dermalen oft gehört werdende Klage der aus Griechenland vertriebenen Deutschen über einzelne deutsche Juden in Athen und deren Haltung während der Tage der Noth und Gefahr. Der letzter» zu entgehen, waren in den Septembertagen die Meisten plötzlich Hebräer geworden und kannten we der eine deutsche Heimat noch deutsche Landsleute mehr. Ja cs fehlt nicht an Beispielen, wo die Noth der bis zum Tode gehetzten Deutschen von deutschen Juden um der unerheblichsten Gcldfoderungen willen noch gesteigert worden ist. Also auch in diesem Falle wieder eine neue Auf lage der alten Geschichte von der Nichtbcfähigung der Juden im Allge meinen zur Nationalisirung! Anlangcnd die Post vom 27. März endlich, so hat cs damit eine eigne Bewandtniß. Alles spricht hier von deren Neuigkeiten, und dennoch fehlt es bis zur Stunde an allen bestimmten Thatsachcn. Nur darüber stimmt man überein, daß das Fest der feier lichen Beschwörung der Verfassung in diesem Augenblicke bereits statt- qefundcn haben müsse. Von Zurüstungen zu dessen Feier war übrigens schon in den Briefen vom 27. März die Rede, nur daß dort die Anga ben über Len Tag, an welchem sic stattfinden sollte, noch völlig ungewiß waren. Nebenbei hört man von beabsichtigten Demonstrationen der He- terochthonen sprechen, nachdem ihnen der König nur eine geringe Aussicht auf die Abwendung des ihnen drohenden Schlages habe eröffnen können; aber auch dies ohne Angabe von Thatsachcn; glcichwol genügt cs, die Aufmerksamkeit rege zu erhalten und selbst doppelt gespannt auf die end lichen Aufhellungen zu machen. Darf ich noch eines weitern bloßen Gerüchts gedenken, so er wähne ich, daß man sich in gewissen Kreisen ziemlich ernsthaft von dem nahen Rücktritte unseres Ministers des königlichen Hauses und des Aeußcrn unterhält. Der König würde dadurch einen eben so treu ergebenen Diener als bewährten Rath verlieren. Baron v. Gise hat sich bei allen großen deutschen Fragen der Neuzeit als einen Mann bewährt, welcher die Anfoderungen der Gegenwart zu würdigen ver steht. Die Gründung des deutschen Zollvereins fand an ihm den eif rigsten Förderer. Seine Instructionen an den bairischen Bundcstagsgc- sandten in Frankfurt zu gewissen Zeiten sind in allen Kammern Deutsch lands ehrend erwähnt worden. Er hat den Abschluß eines ersten Post- vertrags mit Oesterreich erwirkt, durch welchen gewaltige Schranken an den Grenzen des Kaiserreichs gefallen sind. Unser Gcsammtpostwcsen endlich verdankt ihm nicht Weniges. Obschon cr viel an den Augen lei det, herrscht daher allgemein der Wunsch, es möge sich das erwähnte Gerücht nicht bestätigen, und vielmehr bei seiner sonstigen Rüstigkeit sein Wirken dem König und dem Lande noch länger erhalten bleiben. Manche sonst gut unterrichtete Personen zweifeln freilich an der Erfüllung dieses Wunsches um so weniger, als sic Vas'ganze Gerücht auf Rechnung ge wisser Combinationc» bringen, nach welchen man den Rücktritt des Barons v. Gise mit dem Wiedereintritte des Fürsten Ludwig v. Wallerstein in den Ministerrath in Einklang zu bringen hätte. — Die meisten bairischen protestantischen Pfarrer sind durch eine Eingabe an das Obcrconsistorium zusammcngetretcn, welche Rcden- bach er''s bereits dictirtc Strafe, vier Jahre Fcstungsarrcst (s. dage gen Nr. 102), abwcndcn soll, ein Schritt, welcher der Unerschrockenheit der bei der Eingabe Bethciliqten alle Ehre macht. Auch unter dem pro testantischen Einwohncrtheilc Nürnbergs rührt sichs für Redenbacher, in dem ein Aufsatz zum Abgänge nach München mit zahlreichen Unterschrif ten versehen ist, in welchem die Subscribentcn sich dahin ausdrücken, daß sie sich ebenso wie Rcdcnbachcr bestraft betrachteten, da sic mit ihm in Betreff der Kniebcugung ganz gleicher Gesinnung seien. (M. I.) *Ä.US Schleswig-Holstein, 8. April. Der dritte Theil von Dahlmann's „Geschichte Dänemarks" ist von den Neuholstcinern so wie von den Dänen mit Jubel ausgenommen worden, indem sie einzelne Stellen darin zu einem Ganzen zusammcngelcimt haben, um nun zu beweisen, daß Dahlmann seiner Ansicht über die Landesrechte der Her- zogthümcr untreu geworden, daß Alles, was die Schleswig Holsteiner über diese behauptet hätten, umgcworfcn sei. Man nimmt an, die Waldcmar'sche Constitution von 1326 sei die alleinige Grundlage des StaatsrcchtS und stehe mit den Acten von >418 und 1460 im Wi derspruch. Dahlmann's Ansicht, daß Schleswig ein Wcibcrlehn sei, wird zu der Behauptung benutzt, daß die Coanaten allein Erbrechte hätten. Umgekehrt werden die Beispiele von der Grausamkeit, der Bestechlichkeit des Adels aus Christian'S I. Zeit benutzt, um dem Kolke vorzuspiegcln, als wenn die Schleswig-Holsteiner, weil sie an der Gcundvcrfassung von 1460, da diese die ewig währende Verbindung der Hcrzogthümcr zustchcrt, festhalten, eine alte adelige Feudalverfassung wieder ins Leben rufen woll ten. Diese letztere Behauptung ist das Paradepferd, welches das Kieler Correspondcnzblatt, die Flensburger Zeitung und die Danncvirke immer wieder reiten, indem diese Blätter bisher auf die Auffodcrung, einen Schleswig-Holsteiner, den man als eine Notabilität bezeichnen könnte,