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deren kluge, gemäßigte, vorhersehend« und nie schwankende Politik ihm aller dings ganz andere Garantien bot al- die französische, die ohne bestimm ten Charakter, von revolutionairen Elementen hm und her bewegt , die Frage zwischen Krieg und Frieden stetS unentschieden ließ. Mit diesem einfachen Umstande nicht zufrieden hat Jemand erklärt, daß ein Heiraths- project mischen den beiden Höfen diese Umgestaltung der Dinge bewirkt habe. Äst nun einerseits von einem solchen Projekte, das übrigens durch aus nicht unmöglich ist, bisher auch nicht daß Geringste bekannt gewor den, so verkennt man andeperseitS das Cabinet von St. JamcS ganz und gar, wenn man glaubt, daß solche Familicnvcrbinduna auf seine Politik auch nur den entferntesten Einfluß ausübte; wenigstens hat die Erfah rung gelehrt, daß Lie englische Regierung nur solche Rücksichten aner kennt, welche die wahren Interessen des ihr anvertrauten Landes beför dern, und dieser Art sind demnach die Ursachen, welche eine Allianz zwischen Rußland und England zu Stande brachten. Bei Gelegenheit einer Ordcnsvertheilungan muselmännische Offi ziere hat der Kaiser befohlen, daß fortan alle Orden, die an Muselmän ner gegeben werden, statt des Bildes des Heiligen, nach dem sie benannt werden, den kaiserlichen Adler führen sollen. — Nachdem die Hülle des Hingeschiedenen Grafen Benkendorff wäh rend mehrer Tage in der lutherischen Hauptkirchc in Reval solenn aus gesetzt und die religiöse Leichenfeier dort war vollzogen worden, wurde sie, dem Wunsche des 'Verstorbenen gemäß, auf seine in der Provinz Esth- land gelegene Erbdomaine, Schloß Fall, gebracht und in der gräflichen Familiengruft bestattet. Schloß Fall liegt hart an der Ostsecküstc in einer romantischen Gegend und ward, gleich nachdem der verstorbene Graf «S acquirirt hatte, durch die kaiserliche Huld aufs herrlichste ausgebaut. Jüngst auf seinen Wunsch vom Kaiser zum Majorat erhoben, geht cs nach dem Ableben seiner Gemahlin auf seine älteste Tochter, die Fürstin Wolchonsky, und ihre männliche Descendcnz über. Die Tataren in der Stadt Kasan, dem Eifer ihrer dortigen christ lichen Mitbürger bei Stiftung und Unterhaltung eines Kleinkinder asyl S nachahmend, wollen jetzt eine ähnliche Anstalt unter ihren dortigen Glaubensgenossen anlegcn. Einen gleichen Entschluß wünscht nun auch Dschangir, Khan der innern Kalmückenhorde, auszuführcn. Die Be wohner Astrachans haben bereits eine Summe für denselben Zweck con- tribuirt. (Berl. Z.) Servier». Hon der türkischen Grense, 6. Oct. Während Wucsics seit seiner Rückkehr viel Bestreben zeigt, die Parteien zu vereinigen, zu wel chem Zweck er bei jeder Gelegenheit zur Versöhnlichkeit, Vergessenheit des Geschehenen, Einigkeit rc. ermahnt, während man selbst daran denkt, die entlassenen Beamten allmälig wieder zu bediensten, das Loos der politi schen Sträflinge zu mildern, kurz, während man bemüht ist, alle Wun den der letzten Umwälzung zu heilen, ist soeben ein neuer Ruhestö- rungßvcrsuch in Serbien vorgekommen, jedoch abermals vereitelt worden. Eine Anzahl Emigranten hatte in der Meinung, ganz Serbien in Flammen zu setzen, von österreichischem Gebiet aus über die Save ge setzt, um damit im schabaczer Bezirke, wo die Familie Obrenovich zahl reiche Anhänger zählen soll, den Anfang zu machen (Nr. 291), und schon sollen sie Meister der Stadt gewesen sein, den BezirkSvorstcher nicderge- macht und neue Behörden eingesetzt gehabt haben, bis cs möglich war, Truppen von Belgrad aus gegen sie zu beordern, denen cs dann aber schnell gelang, die Stadt Schabacz wieder in Besitz zu nehmen und sich der dortigen Rebellen'zu versichern. Die zum Zwecke der Verbreitung des Aufstandes ausgescndcten Banden wurden eifrigst verfolgt. Wie man hört, hat man bei den verhafteten Rebellen Uniformen, Fahnen und Waf fen gefunden, die sie sich auf österreichischem Boden verschafft haben sol len, was wahrscheinlich von Seiten der serbischen Regierung lebhafte, von Konstantinopel und Petersburg unterstützte Reklamationen, deren Spitze zweifelsohne vorzugsweise gegen den Fürsten Milosch, der dabei stark com- promittirt erscheinen soll, gerichtet sein wird, bei dem österreichischen Ca binet veranlassen wird. (Dtsch. Bl.) Türkei. * Konstantinopel, 2. Oct. Am 27. Sept, kamen der Kadi und der Mufti von Mosful unter militairischer Begleitung hier an. Die selben sind ihrer Aemtcr nicht entsetzt, ebenso wenig hat die Pforte den Pascha von Mossul beauftragt, den Dominikanern eine Entschädigung sür den von dem Volk ihnen zugcfügtcn Schaden zu zahlen. Die Pforte will zuvor den ganzen Vorgang hier einer genauen Untersuchung vor dem Staatsrath unterwerfen und erst dann über die Schuldigen und deren Strafe'entscheiden. Hr. de Bourgucncy ist deshalb sehr ungehalten. — Das türkische Dampfschiff Essen-Tschcdid ist vorgestern von Syrien hier eingctroffcn. Essad-Pascha meldet der Pforte, daß er die Beschlüsse derselben über den Libanon habe in Wirksamkeit setzen lassen und daß die ses den besten Erfolg gehabt und Jedermann zufriedengestclft habe. — Der Kapudan-Pascha war in Beirut, wo er ein großes Palais ge- miethet hat und in aller Gemächlichkeit und Sinnenlust die Zeit verträumt, aber nebenbei auch seine Kasse nicht vergißt, die er immer gefüllt liebt. Die türkische Flotte, welche sich der heftigen Aequinoctialstürmc halber nicht in den Gewässern von Beirut halten konnte, war unter Segel und kreuzte zwischen Tripolis, Cypcrn und Beirut. Seit ihrer Ankunft in Syrien wurde sie von einer französischen Division in allen ihren Bewe gungen genau beobachtet und stets von ihr begleitet. Man will wissen, daß die französischen Schiffe die Ordre hätten, die Flotte bis zu ihrer Heimkehr vor die Dardanellen zu begleiten. Ein türkisches Dampfschiff, welches einige hundert Soldaten amBord hatte, um sie von Beirut nach Tripolis (Berberei) zu bringen, wo sich die Araber im Aufstande gegen dm Pascha befanden, wurde von ihnen angehalten und zur Rückkehr nach Beirut bewogen. In Damaskus, Aleppo, Tripolis und Beirut wimmelt Alles von Soldaten. Die Rckrutirung macht rasche Fortschritte. Sir Stratford Canning hat vor einigen Tagen bei der Pforte eine energische Note eingereicht über die Verbesserung der Quarantainen. Sie stützt sich auf einen ihm von den Dclegirtcn der fremden Mächte bei dem Sanitätscollcgium überreichten Bericht über den jetzigen Zustand der türkischen Quarantainen. In der Note sagt der englische Gesandte, daß dieselben täglich mehr in Verfall gcriethen und so durchaus keinen Schutz gegen die Pest gewahrten. Wenn seit der Einführung derselben noch keine Pest in der Türkei ausgebrochcn sei, so müsse man dies mehr zufälligen, natürlichen Ursachen als der Wachsamkeit der Sanität zuschreiben. DqS Geld sür ihre Unterhaltung sei umsonst ausgcgebcn, und sie seien so nur eine Last für den Staat und eine Plage für die Untcrthancn und Frem den. Er macht dann die Pforte dgrauf aufmerksam, von wie großer Wich tigkeit die Quarantainen für sic wären und daß sic nach ihrer Aufhebung oder ihrem Verfalle wieder in ihr früheres System der Jsolirung gegen das übrige Europa treten würde. Daher also die Nothwendigkeit der schleunigsten Reorganisation derselben. Einen Hauptfehler will Sir Strat ford Canning in der Organisation des Sanitätscollegiumß sehen, dessen Präsident, Mohammed-Ali-Pascha, zu viel Macht und Einfluß habe und häufig gegen dessen Ansichten handle. Neuere Briefe aus dem Kaukasus melden, daß der General Neid hardt wieder nach Tiflis zurückgekehrt sei. Anfangs habe man in Daghe- stan eine Wintcrcampagnc beschlossen, später aber diese Idee wieder auf- gegeben wegen der großen Schwierigkeiten, die ihre Ausführung darbietet. Unter den russischen Generalen herrsche große Uneinigkeit, namentlich zwi schen den Generalen Schwarz, Lüder und Gurko, welche ein Hauptgrund der vielen diesjährigen Niederlagen sei. Briefe aus Albanien melden, daß sich wieder überall albanesische Räuber- und Jnsurgentenhaufen, namentlich in Dibra, Hcrna, Stronga und Okrida zeigen, die wie früher die Dörfer niederbrennen, Christen morden, rauben rc. Auch die Türken verschonen sie nicht. Es sind mehre Christen und Türken von Hcrna nach Konstantinopel abgcgangcn, um deshalb an die Pforte Reklamationen ergehen zu lassen. In Herna woll ten die Insurgenten den griechischen Bifcbof tödtcn, welcher aber glück licherweise durch die Flucht entkam. Statt seiner mordeten sie einen Laie» und einen Priester. In Okrida haust der berüchtigte Insurgent und Räuber Mahmud-Tascha mit zahlreichen Banden. Man befürchtet abermals de« Ausbruch einer allgemeinen Revolution. Omar-Pascha hat den Befehl, diesem Jnsurgentenchef entgcgcnzumarschiren. Ihm wird der Seriasker mit einigen Divisionen folgen. Das Dampfschiff Tahiri-Bachri ist voll hier nach Salonichi abgcgangcn, um dem Seriasker die Befehle der Pforte über sein weiteres Verhalten zu überbringen. Peru. Ueber die neueste Revolution in Peru (Nr. 2SV) berichtet der Manchester Guardian: „Ein gestern bei einem hiesigen Haus eingelaufcnes Handclsschreiben meldet eine abermalige Revolution in Peru, wo derglei chen jetzt ein ganz gewöhnliches Bcgebniß zu sein scheint. ,Das Schrei ben ist ausLima vom >8.Jul. datirt und lautet: «Am 17.Jun- erlebten wir hier einen gänzlichen Regierungswechsel; die Autorität Vivanco's wird nicht mehr anerkannt, sondern Elias, ein Civilist und gewissermaßen ein Volksmann, ist am Ruder. Elias, der ein großes Vermögen besitzt, un terstützte Vivanco's Sache in der Hoffnung und Erwartung, daß die un aufhörlichen Umwälzungen, welche bisher das Land zerrissen haben, eine Zeit lang aufhören würden- Vivanco ließ ihn als Prafect hier zurück, und cr fuhr fort, die Sache des Generals zu unterstützen, bis Jedermann der Unfähigkeit und des Ucbcrmuths, welche dieser Truppenhäuptling kund gab, äußerst überdrüssig war. Elias erklärte nun, daß Vivanco'S Autorität in Lima nicht länger anerkannt und daß er als Präfcct so lange den Ober befehl führen werde, bis ein Kongreß zusammenbcrufen und in verfassungs mäßiger Weise Jemand zum Präsidenten gewählt sei, dem dann alle strei tenden Parteien sich pflichtgemäß würden unterwerfen müssen. Dieser Schritt fand allgemeinen Beifall, und sowol die Miliz als die übrige Be völkerung bewiesen große Begeisterung, als man die Annäherung eines Freundes von Vivanco, des Obersten Echenique, erfuhr, welcher mit etwa 1200 M. gegen Lima hcranzog, sobald er die Kunde von dem Ab falle des Präscctcn erhalten hatte. Der Oberst näherte sich unserer Stadt bis auf einige Stunden; da er aber nach einigem Briefwechsel mit den hiesigen Machthabern erkannte, daß beide Parteien und die Milizen ge gen ihn seien, so zog er sich zurück, und eine Division der Nationalgarde folgt ihm jetzt auf dcm Fuße. Mehre Tage lang waren hier alle Läden, Magazine und öffentlichen Burcaux geschlossen und große Aufregung herrschte in der Stadt; wir hoffen jedoch, daß Alles bald im gewohnten Gleise sein wird. Sollte der Präfect Elias in seinem Vorhaben, die Militair- herrschaft zu stürzen, glücklich sein , so dürfen wir hoffen, einen ganz ver schiedenen und bcffcrn Zeitraum in Perus neuerer Geschichte begrünen zu fehcn. Aus dcm Süden haben wir über die Bewegungen Vivanco's und Castillo's, seit Beiden die hiesige Umwälzung bekannt ward, noch keine Nachrichten und sehen denselben mit großer Spannung entgegen. Im Han del herrscht übrigens in Folge dieser Verhältnisse ein völliger Stillstand.»" Perfoncilnachrichten. Orden. Hannover. Guelphcnorden, Commandcurkreuz: der sachscn- weimarische Lberforstmcistcr v. Hopfgarten; Ritterkreuz: der sachsen-wei- marische Hauptmann v. Watzdorf. Oesterreich. Orden der eisernen Krone 2. Kl: der Frhr- Karl v. Cattanei, Gencralpolizeidircctor in Venedig. Preussen. Rother Adlerordcn s.Kl.: der AmtSrath RheniuS zu Schwetz.