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IS7V Handwerke war Standesgeist, Organisation, vielfach sittlicher, hebender, haltender Einfluß -, das Fabrikwesen führt Tausende zusammen, ohne an deres Band als den nackten Lohn. Wol mögen einzelne edle Menschen freunde auch in diesem Verhältnisse sehr wohlthätig wirken können; aber in der Natur des Verhältnisses selbst liegt solche Kraft nicht, und wo Das nicht ist, da werden die Einzelnen stets die Ausnahme bilden. Wir geben gern zu, daß auch Bedrücker nur Ausnahmen sind. Die Mehrzahl mag wol die Sache mechanisch auffassen und sich Einer mit dem Andern entschuldigen. Ucbrigens ist cs überhaupt eine Schattenseite der Indu strie, daß sic wesentlich darauf verwiesen ist, durch Ersparung an den Ärbcitskosten zu gewinnen, folglich auch veranlaßt, rastlos grade auf die sen Punkt zu sinnen, von wo vielfache Kollision mit dem Interesse der Arbeiter kommt. Jedenfalls ergibt sich aus dem Obigen, daß die Fabrik phase der Handwcrksphase in vielen und wichtigen Punkten nachsteht, während sic nur die größere und wohlfeilere Production voraushat. Das ist ein Gewinn in statistischen Tabellen, aber nicht für praktisches Mcn- schenglück. Sagt man, das Fabrikwcscn mache cs möglich, daß Tausende Arbeit finden, die sonst keine hatten, so entgegnen wir, daß die Bevöl kerung und die Ernährungs- und Bcschäftigungsmittel in ewiger Wech selwirkung stehen und das Fabrikwesen in kurzer Zeit eine vermehrte Be völkerung hervorruft, die dann wieder nach Arbeit sucht. Das ist eine Schraube ohne Ende. Wir haben das Alles dem Hrn. Verfasser jenes Artikels vorgetra- gcn, ohne die Nothwcndigkcit und Wichtigkeit des Fabrikwesens unter gegebenen Umständen zu verkennen und nur um übertriebene Schätzungen etwas zu mäßigen und die Sache auf den Standpunkt zu stellen, auf den es ankommt und von dem er sic verrückt hat. Neber die übrigen Seltsamkeiten seines Aufsatzes, z. B. darüber, daß in der ersten Spinn maschine der Keim zu der englischen Freiheit liegen soll, über den merk würdigen geschichtlichen Excurs, dxn er in Betreff der deutschen Jndustrie- gcschichte beibringt u. dergl., wollen wir hinwcgsehen, und was die Schutz zölle anlangt, so haben wir schon in Nr. 187 gezeigt, wie entschieden die neuesten Vorgänge nicht für, sondern wider dergleichen sprechen. Im Ucbrigen freuen wir uns des gewissenhaften und menschenfreundlichen Sin nes, den der Verfasser bewährt, und sind überzeugt, daß, wenn dieser Sinn in seinem Stande recht rege ist, er Vieles zur Milderung eines Verhältnisses, das so manche unvermeidliche Schattenseite in sich faßt, und zur Anbahnung einer bessern Phase beitragen wird. * AschatHntmrfl, 16. Aug. Aus Würzburg vernimmt man, daß der Verkauf des Himmelspforten zunächst gelegenen sogenannten Moschee gutes wirklich erfolgt sei. Dieses Anwesen soll zur Äesitzerwciterung dcS demnächst wieder zu errichtenden Fraucnklosters zu Himmelspfortcn dienen und mit demselben arrondirt werden. Eine Menge Arbeiter find Tag für Tag mit der Wiederherstellung der Kirche und sonstigen Klostcr- gcbäulichkcitcn beschäftigt. — DaS Regensburger Tageblatt bringt einen für die Zeitlagc nicht uninteressanten Artikel aus dem Voigtlande, folgen den Inhalts: „Seit Jahren war bei uns, Ende Juli, die Acrnte nicht so weit vorgerückt als Heuer, denn sie kann in den günstiger» Lagen schon in wenigen Tagen beginnen. Zum Glück verspricht sie gesegnet zu werden, namentlich auch was die für unser Voigtland so hochwichtigen Kartoffeln betrifft. Man hat darüber erstaunen wollen, daß eine arbeitende Weber- familie jn Schlesien nicht habe >6 Groschen in der Woche erwerben kön nen, allein auch bei uns muß eine solche Familie schon stark sein und rastlos arbeiten, wenn sie am Sonnabend einen halben Thaler für die nächste Woche und -1 Groschen außerdem für den Sonntag soll verdient haben können. Dann zählte man sie noch nicht zu den ärmsten, denn ihr fehlt weder die gewohnte Kartosselnahrung, noch was sonst zur äußer sten Nothdurft gehört. Die bessern Gesinnungen unserer großen Fabri kanten und an sich schon die mildern Sitten unserer Arbeiter lassen Excesse, wie sie leider in verschiedenen Gegenden Böhmens vorgefallcn sind, bei uns nicht fürchten." — Aus Stuttgart vom 12. Aug. meldet der Schwäbische Merkur den Tod des vormaligen Stadtrichtcrs in Stuttgart, Oberreqierungsrath v. Rümelin, in neuerer Zeit Justitiar beiEisenbahncommisfionen, Mit glied der Kammer der Abgeordneten; 51 Jahre alt. — Am 12. Aug. ereignete sich in Stuttgart ein räthsclhaftcr Un glücksfall, welcher fast die ganze Stadt in Bestürzung setzte. Ein sehr geachteter Mann, Abgeordneter und früherer Stadtrichtcr von Stuttgart, erstach sich mit einem Stilct in dem lieblichen Heimbacher Thälchcn in der Nähe von Eßlingen, wohin man zunächst den Leichnam brachte. Man sucht den Grund in Familicnvcrhältnisscn; doch weiß man sich die That kaum annähernd zu erklären. (A. Z.) — Der Nürnberger Korrespondent berichtet aus .Baden vom 7. Aug.: „Es ist hier schon einige Mal der Fall vorgekommen, daß russische Leibeigne, die als Diener mit ihren Herrschaften herausgckommen, wenn sic die deutsche Lust geathmet, nicht mehr nach Rußland zurückkch- ren wollten. Jn solchen Fallen acräth dann Menschlichkeit und Landes- qeseh in, einen Widerspruch. Unsere Gemeindeordnung ist in Betreff der Ansässigkeit und des HcimatrechtS sehr strenge und duldet keine Auslän der, die sich nicht genügend über eine stets offene Heimat ausweiscn kön nen. Solche Heimatlose müssen wenigstens über die Grenze geschafft wer den. Zwar erkennt unsere Verfassung, gleich der französischen, keinen Skla ven und Leibeignen an; cr hört auf ein solcher zu sein, sowie er den ba dischen Boden betreten hat; doch darf cr schwerlich wie in Frankreich seinen Herrn verlassen, hingchcn, wohin cs ihm beliebt. Er müßte nach unsern Gesehen als Diener angesehen werden und könnte alsdann frei lich, wenn er die landesübliche Kündigungsfrist cingehalten, seine Herr schaft wie jeder andere Dicnstbote verlassen. Hätte er dann keine andere Dienstherrschaft, so müßte cr über die Grenze gewiesen werden. Nun ist es aber dieser Tage voraekommcn, daß ein armer, elender Leibeigner, der mit seinem Herrn nach Rußland zurückzukchrcn sich weigerte, durch zwei tägiges Einsperren von dem Chef der Sicherheitspolizei gewaltsam dazu gezwungen werden sollte. Man scheint sich jedoch von dem Ungesetzlichen eines solchen Verfahrens überzeugt zu haben, denn der arme Mensch ist wieder in Freiheit gesetzt, ohne daß jene Absicht erreicht worden wäre. Das traurige Schicksal des bcklagenswcrthcn Leibeignen erregt hier die allgemeinste Theilnahme." — Jn der 13. Sitzung der schleswigsche» Ständevcrsammlung wurde der Commissionsbcricht über den Entwurf einer Verordnung, be treffend die Entlassung von Schullehrern auf dem Verwaltungswege, ver lesen, und es sagte dabei der königi. Kommissar unter Anderm, er sei nach seiner innige» Ueberzcugung der Ansicht, daß auch schon jetzt jeder Civilbeamte jeden Tag vom Könige ohne vorgängiges gerichtliches Erkcnnt- niß abgesetzt werden könne, ohne daß daraus ein rechtlicher Anspruch auf Pcnsionirung erwachse, wenn auch bisher von einem solchen Rechte unter einer milden und väterlichen Regierung höchst selten Gebrauch gemacht sei. Eines Gesetzes bedürfe es hierzu gar nicht erst, und er werde die Anwendbarkeit dieses Grundsatzes auf seine Perfon nie zweifelhaft finden. Diese Acußcrung veranlaßte den Abg. Advocaten Beseler, das Amende ment zu stellen, daß der nächsten Ständevcrsammlung ein Gesetz vorzule gen sei, nach welchem die Oberconsistoricn über die Absetzung unfähiger oder unwürdiger Schullehrer entscheiden sollten. Der Redner bemerkte, daß nach dem Aussprüche des königl. Kommissars der schrankenloseste Ab solutismus herrsche; cs sei allerdings richtig, daß die Jnamovibilität der Beamten durch kein Gesetz ausdrücklich anerkannt sei, bisher sei man aber inr ganzen Lande der Ansicht gewesen, daß. alle Beamte und insbe sondere die Richter nicht beliebig entsetzt werden könnten. Da Dem nun nicht so sei, so wolle cr wenigstens dazu beitragen, den wichtigen Stand der Volksschullchrer gegen Willkür sichcrzustellen. Der königl. Kom missar erwiderte, cr habe nur seine persönliche Ansicht ausgesprochen, und übrigens sei cs bereits in Erwägung gekommen, eine Dienftpragmatik für die Beamten zu erlassen. Je mehr man aber suche, sich den konstitutio nellen Verhältnissen zu nähern, desto mehr träten die Wirkungen eines väterlichen Regiments zurück. Abg. Ädvocat Beseler: Wenn der erste konsti tutionelle Landtag für die Hcrzogthümcr zusammenbcrufen werde und wenn er dann noch die Ehre haben sollte, auf der Bank der Abgeordneten zu sitzen, so werde cs ihm höchst erfreulich sein, eine Dienstpragmatik für die Beamten zu bcrathen. chAeimar, 16. Aug. Bis zum,25. d.'M. werden der König und die Königin der Niederlande, Acltcrn unserer Erbgroßherzogin, aus dem Haag hier erwartet, um der Taufe des neugeborenen Prinzen bcizuwohncn. , — Die letzte Ucbcrsicht des Kaffcnbcstandes der am 13. Juli aufgelö sten Hamburger Untcrstützungsbchörde ergibt eine Totalcinnahme von 4,383,778 Mk. Ct. Nach Bestreitung der Ausgaben blieben noch 72» Mk. Ct. als Saldo. Doch schuldet die Behörde noch 93,00» Mk. für Baumaterialien. P re«Hea. X Serkin, 17. .Aug. In einem Schreiben in Nr. 211 dieser Zeitung wurde darauf hingewiesen, daß für den Staatsmechanismus der preußischen Monarchie die Person dcsKönigs durch die an ihn gerichteten Immediat gesuche viel zu sehr exponirt sei. Dann wird ein Beschwerdcministcrium als letzte Instanz vorgeschlaqen. Man wird indessen dem Verfasser nicht mehr als das Verdienst der Wohlmcinung zuschreiben und ihm nur darin recht geben können, daß die Person des Königs zu sehr exponirt sei. Dies ist vollkommen wahr und so leidig als richtig, ist aber eine unvermeidliche Folge der bestehenden Verhältnisse, und nicht das vorgeschlagcne Mittel vermag den Ucbclstand aufzuhcben. Man fasse die nothwendigcn Folgen des Vorschlags, den der Verfasser macht, die Stellung ms Auge, die der König erhalten würde, sollte ein Bcschwerdeministerium als letzte Instanz errichtet werden, und man wird cinfehcn, daß der Vorschlag entweder gar nicht ausführbar ist, oder daß nur eine neue Behörde hcrauskämc, wobei die Sache sebr bald wieder auf demselben Flecke stehen müßte. Dieses Beschwerdcministcrium ist offenbar nichts als eine der unfruchtbaren Kün steleien, auf die man geräth, weil man näher liegende Mittel nicht sehen oder nicht zur Sprache bringen will oder kann. * Ausöclfteslttt, 16. Aug. Wie wirschen, circulirt IN Berlin das Ge rücht von neuen inSchlesien ausgebrochencn Arbeiterunruhen. (Nr. 226.) Dadicses Gerücht, wenn cs nicht widerlegt würde, überall Besorgnisse er wecken müßte, und man demselben, wenn es nicht authentisch widerrufen würde, doch hier und da Glauben beimessen könnte: so eilen wir, aus sicherster Quelle Ihnen anzuzcigen, daß man am 11. Aug. in Schweidnitz, also im Bereiche der früher» Unruhen, von alle Dem, was die berliner Corrcspondcnz vom Itt-Aug. meldet, nichts wußte. Daß man bis heute auch nichts Derartiges befürchtet, beweist am besten der Umstand, daß die Garnison von Schweidnitz zu den Divisionsmanocuvrcs, die alljährlich im August und September gehalten werden, ausgerückt, und daß blos eine Besatzung von nicht viel über 100 Mann in dieser Festung zurückgeblieben. Aus dieser Thatsache ist klar zu ersehen, daß unsere Landesregierung, welche doch durch die bezüglichen Untersuchungen in den Stand gesetzt ist, den voraefallcnen Unruhen auf den Grund zu sehen, in dieser Rücksicht keine Besorgnisse hegt. Wie hätte sie sonfl die Militairmackt zu bloßen Ucbungcn aus der Gegend des frühem Aufruhrs in große Entfernungen, z. B. nach Glogau, senden können! Sic würde sich dadurch des besten Mittels zur Unterdrückung des Aufstandes berauben und sogar einen so wichtigen Punkt wie die