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Dienstag Nr. 177. 25. Junius 1844. ee«Ä«!m ljgtt-b^b«»^ Lu VttirlxH durch alle Postämter d»S In- und ' Auslandes. «ebe-VH«. Deutschland. --Aus Westfalen. Der Pauperismus. Hannover. Die Biersteuer. -Aus öchleswia-Hotstein- Das Fest der Nordfriesen. Die Liedertafel zu Augustenburg. * Hamburg. Die Beiträge für die Brand- beschädigtcn. Preußen. <2Berlin. Verständigung. ^Königsberg. Gustav-Adolf-Verein. Hr. Crelinger- Hr- Richter. — Festmahl für Prof- Bauerband- — Gu- stav-Adolf-Stiftung- — Erklärung eines Oberrabbiners. tvesterreich. -Weimar. Oesterreichs Vorschritte. Portugal. Ministerium. Spanien. -Paris. Die Schuld. Das Ministerium. Die Königin. Der ' neapolitanische Gesandte. Großbritannien. Das Ministerium. Bestrafung politischer Schriftsteller in England. Der König von Sachsen. Die Repealknipfe. Frankreich. Deputirtenkammtr: Secundairuntcrricht; Eisenbahnen. Die Korruption. Die Advoeatcn vor dem Appellationsgericht, -f Paris. Die Eisenbahnen. Die pariser Brücken. Schweiz. Die Jesuitenfrage in Luzern. Italien. - Rom- Communalsteuersystem. Die Romagna- Ueberschwemmung. Neue Heilige. Nordamerika. * Baltimore. Die deutschen Konsuln in der Union., Personalnachrichten. Wissenschaft und 4lunft. -Vom Neckar. Köstlins Kritik des mar- burger Urtels über Jordan. Handel und Anbuslrie. ** Leipzig Geschäftsbericht der Sächsisch-Bai- rischen Eisenbahncompagnie. — Leipzig - Dresdner Eisenbahnfrequenz. - Gotha. Versicherungen. — Leipzig. Neueste Nachrichten. Toulon. Fremde Kriegsschiffe vor Langer, ««kündigungen. lich ist. Bei solchen fürchtet man wol die Proletarier, und es wäre mög lich, daß man bei dem Gedanken, eS könne eine Zeit kommen, wo ein Krieg Aller, die nichts haben, g^aen Die, die etwas haben, in Aussicht stehe, recht ernstlich erschreckte. Verlangte man wenn auch nur ihre pe- cuniaire Beihülfe zur Abwehr einer solchen Zukunft, so möchte man ei nen Egoismus kennen lernen, an den vielleicht Viele nicht glauben. Das Wort Kommunismus ist für Hunderttausende von Menschen selbst in Deutschland sehr verfänglich. Niemand werfe es kopfschüttelnd weg. Wer alles Ernstes auf diese Erscheinung aufmerksam macht, glaubt kein eitel Schreckbild heraufzubeschwören. Die Geschichte ist reich an Belegen, wie der kleinste Anfang einer Ansicht, vollends wenn sie mit dem wichtigsten Lebensinteresse wie Brot und Arbeit so ganz zusammenhing und noch gar eine religiöse Seite hatte, in die sie einschlagen kann, eine Macht geworden, die zunahm, je mchr man sie zu unterdrücken suchte. Daß der Paupe rismus zunimmt, selbst nach 25jährigem Frieden, verkennt Niemand. Daß solch ein Zustand der Dinge gefährlich, gibt am Ende auch Jeder zu, daß ihm abgeholfcn werden muß, liegt am Tage. Aber das Wie ist die große und wichtige Frage. Ihre Beantwortung ist aber ohne Vorfrage nicht möglich, und diese Vorfrage ist die: soll der Paupertät entgegen gewirkt werden von Staats wegen, oder soll es dem guten Willen und der Kraft der Privaten und der Commune» oder beiden überlassen bleiben? Es handelt sich hier nicht blos darum, die.augenblickliche Noth zu lindern, sondern die Quelle der Armuth für die Zukunft möglichst zu ver stopfen und so die Noth auf ihr Minimum zu reduciren. Dazu kommt noch dies, ob der Staat bei der Verminderung der Paupertät blos ein politisches Interesse, Abwehrung möglicher Gefahren seiner Existenz rc. habe, oder ob ein höheres Interesse ihn dazu verpflichte. Die Antwort hängt offenbar von dem Begriffe des Staats ab, der dabei geltend ge macht wird. Wir unsererseits zweifeln indessen nicht, daß die ewige Idee, die der Staat zu repräsentiren.und in der Menschheit zu realisiren den Beruf hat, in Regierung und Volk bereits zu sehr zum Bewußtsein ge kommen, als daß man im Staat etwa nur eine große Polizeianstalt zur Wahrung gewisser Rechte sähe. Jener Idee nach aber hat der Staat als Staat wesentlich die Verpflichtung, sobald vereinzelte Kräfte,^Wohl- thätigkeitssinn Einzelner rc. nicht mehr hinreichen, jedem Staaksmitalied eine der Menschenwürde entsprechende Existenz zu sichern, resp.sn'Aus- sicht zu stellen, auf eine Art ins Mittel zu treten, durch welche einer seits Keinem seine wohlerworbenen Rechte genommen, andererseits über jedem zum Staate gehörigen Menfchenwescn die Möglichkeit gegeben wird, ein menschliches Leben zu führen. Ob der Staat nun in dieser Eigen schaft, was leibliche Nothdurft betrifft, die Staatskasse zur Disposition zu stellen, oder die Gemeinden zu geeigneten Mitteln zu veranlassen har, oder ob Beides nothwendig, soll uns hier nicht kümmern. Hier gilt vor Allem die Frage: darf der Staat als Vertreter der Idee der Menschheit die Hebung der Noth von dem bloßen Wohlthätigkeitssin» Einzelner un ter gegebenen Verhältnissen erwarte»? Oder muß vielmehr das Gesetz: „buta volsntvm auount, nalontem trskunt", dieses Weltgesetz auch in Bezug auf Die entscheidend sein, deren Wille eben von dem Gefühl und dem Bewußtsein der gemeinsamen Menschenwürde so wenig bewegt wird, daß von ihrem Wohlthätigkeitssinne nichts zu erwarten? Dadurch, daß der Staat hier seine ganze Pflicht erkennt und vollbringt, ist eben eine Abnahme des Wohlthatigkcitssinncs eben so wenig zu erwarten als Man gel an Gelegenheit, ihn fortan auszuführen. Man müßte das Leben, wie cs ist, zu wenig kennen, wenn man ini Ernst es wagen dürfte, solche Bedenken geltend zu machen. Gerechtigkeit und wieder Gerechtigkeit ist der Staaten erste Pflicht. Auf Menschenwürde sind sic gebaut, um der Förderung rücksichtlich ÄcschützuNg der Menschenwürde willen opfert der sich der sittlichen Würde bewußte Mensch. wenn es gilt, Gut und Blut für seinen Staat. Und dieses sittliche Bewußtsein der Menschenwürde müß die Herrschaft im Staate haben. Es ist weit entfernt von jenem Etwas, das man mit dem Namen Liberalität, »och früher mit dem der Freiheit und Gleichheit zu beehren beliebt hat. Zeigt doch, die zunehmcndr Noth von Tausenden, daß jene politischen Maximen, die Vie neueste Zeit gestempelt, es in ihrer Ucberschwänglichkeit vergessen haben, dak Notwendigste zu schaffen: Brot, Arbeit, redlichen Erwerb. Frei sollte der Mensch sein, aller Bande ledig, kein Client, kein Vasall und wie die frühctn Verhältnisse heißen. Ja wol Tausende und abermals Hun- dcrttausende sind frei; aber sie sind ohne Arbeit, ohne Brot! Wahrlich, ein schönes Bild der Freiheit! Wenigstens ein Punkt, wo diese Liberalität ich selbst fassen kann. Also nicht in ihrem Sinne reden wir, wenn wir wm Staate die Pflicht zusprechen, zu helfen, sondern im Sinne, jenes sittlichen und ewigen Bewußtseins der Menschheit, das den Mensche» nicht !m Staate aufgchen läßt, sondern ihm zu seiner MenWichkeit ver hilft. Schön ist es, wenn ein Staat Hunderttausende für Wissenschaften verwenden kann. TreMich, wo die Künste blühen, wenn cs auch nur die angenehmen sind. Aber die Perle, die kostbarste, in der Krone des- DeHtschr«»«-. **AuS Westfalen, 20. JuN. Es ist die Eigenthümlichkeit jedes krankhaften Organismus der Gesellschaft, daß die Gegensätze, wodurch allerdings das Leben des gesunden Organismus bedingt wird, in denWi- derspruch Umschlägen und sich als sogenannte Extreme geltend machen. Sobald solche Extreme in die Erscheinung zu treten auch nur den Anfang machen, ist es die Pflicht der Staatsmänner, dahin zu sehen, daß Das, was sie zu Extremen macht, ausgeschieden und ihre Rückkehr zu organi schen Gegensätzen gesichert werde, bevor sie selbst zu Gewalten heranwach sen, die nur durch die fürchterlichsten Explosionen die Rückkehr zum Ein- Icnkcn in das naturgemäße Leben finden. Jenes Wachen über diese Er scheinungen, was im Leben der Natur die innerste Kraft des Organis mus ist, muß im Staaisleben jene Mitte sein, die zwar in den Extre me», aber doch über Heiden, was im Naturleben Mit Unfreiheit erfolgt, sich selbst, als in der Wührheit frei, erhalten hat. Nur da also, wo die Lenker des Staats die Staatsausgabe und die durch richtige Würdigung der Mcnschcnnatur und Geschichte bedingte Lösung derselben kennen uNd wollen, und der in die Erscheinung tretende Krankheitsstöss alle Kräfte »och nicht der Art afsicirt hat, daß Alles dem Gesetze der Auflösung an heimfällt, kann, wenn anders keine Wesentlichen Fehler in der Behand lung Vorfällen, eine Rückführung in das gesunde organische Leben mit Zu versicht erwartet werden. Die Bedingung aber hierzu ist das schnelle Er nennen des Uebels in seinem Grund und die Aufhebung dieses Grundes. Diese Sache ist aber eben die schwierige. Sie muß es wol sein, wenn man bedenkt, daß, so weit die Weltgeschichte gereicht, der normale, ge sunde organische Zustand des Lebeüs, wiewol immer und immer wieder gngestrcbt, sich nirgend verwirklicht hat und noch jetzt der ewig fromme Wunsch bleibt. Darum hat gber auch die Weltgeschichte Über äedcs Volk stets iHv unbestechliches Urtheil gefällt und fodert noch jetzt Völker und Nationen vor ihr Forum. Auch das deutsche Vaterland krankt^ und was einzig Hoffnung gibt, scheint die Bestimmung zu sein, die ihm die Vor sehung stn der Reche der Nationen und Staaten angewiesen hat. Der Krankheitsstoff, der zu allen Zeiten ein und derselbe gewesen, aber in neuerer Zint intensiver Und extensiver in andern Staaten zur Erscheinung gekommen als bei uns, muß gleichwol die ganze Aufmerksamkeit von Re gierung und Volk in AnMch nehmen. Es ist der PauperisM-us, nicht jener blos des leiblichen Lebens, sondern eben so sehr der des geistigen und des moralischen Lebens. Es ist allerdings wahr, daß in einer gro ße» Klasse der Mensche» die ArMuth des Levens, die Unmöglichkeit des Lebensunterhalts die Folge geistiger oder moralischer Paupertät oder bei der zugleich ist. Dagegen muß gesagt werden, daß da, wo Sorge um die Existenz keineswegs Kummer macht, Mitunter eine Ärmuth an Intel ligenz oder an Sittlichkeit oder an beiden stattfindet, die weniger bcach- tct als M erstere und dennoch, wenn nicht weit mehr, gleich gefähr Deutsche Allgemeine Zeitung. WM «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!»