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Es war, als hätt’ der Himmel Die Erde still geküsst, Dass sie im Blütenschimmer Von ihm nur träumen müsst’. b) Mondnacht. Die Luft ging durch die Felder, Die Aehren wogten sacht. Es rauschten leis’ die Wälder, So sternklar war die Nacht. Und meine Seele spannte Weit ihre Flügel aus, Flog durch die stillen Lande, Als flöge sie nach Haus. (J. v. Eichendorflt.) c) An den Sonnenschein. O Sonnenschein, o Sonnenschein! Wie scheinst du mir ins Herz hinein, Weckst drinnen lauter Liebes:ust, Dass mir zu enge wird die Brust! Und enge wird mir Stub’ und Haus, Und wenn ich lauf’ zum Tor hinaus, Da lockst du gar ins frische Grün Die allerschönsten Mädchen hin! O Sonnenschein, du glaubest wohl, Dass ich wie du es machen soll, Der jede schmucke Blume küsst, Die eben nur sich dir erschliesst? Hast doch so lang die Welt erblickt, Und weissf, dass sich’s für mich nicht schickt! Was machst du mir denn solche Pein, O Sonnenschein, o Sonnenschein ... ?! (Robert Reinick.) d) Jasminenstrauch. e) Märzveilchen. Grün ist der Jasminenstrauch Abends eingeschlafen. Als ihn mit des Morgens Hauch Sonnenlichter trafen, Ist er schneeweiss aufgewacht. Wie geschah mir in der Nacht?“ Seht, so geht es Bäumen, Die im Frühling träumen. (Rüekert.) Der Himmel wölbt sich rein und blau, Der Reif stellt Blumen aus zur Schau. Am Fenster prangt ein flimmernder Flor. Ein Jüngling steht, ihn betrachtend, davor. Und hinter den Blumen blühet noch gar ein blaues, Ein lächelndes Augenpaar. Märzveilchen, wie jener noch keine gesehn. Der Reif wird, angehaucht, zergehn. Eisblumen fangen zu schmelzen an, Und Gott sei gnädig dem jungen Mann. (Andersen.) f) Aufträge. Nicht so schnelle, nicht so schnelle! Wart’ ein wenig, kleine Welle! Will dir einen Auftrag geben An die Liebste mein. Wirst du ihr vorüberschweben, Grüsse sie mir fein! Sag’, ich wäre mitgekommen, Au» dir selbst herabgeschwommen: Für den Gruss Einen Kuss Kühn mir zu erbitten; Doch der Zeit Dringlichkeit Hätt’ es nicht gelitten. Nicht so eilig! halt! erlaube, Kleine leichtbeschwingte Taube! Habe dir was aufzutragen An die Liebste mein! Sollst ihr tausend Grüsse sagen, Hundert obendrein. Sag’, ich wär’ mit dir geflogen, Lieber Berg und Strom gezogen: Für den Gruss Einen Kuss Kühn mir zu erbitten; Doch der Zeit Dringlichkeit Hätt’ es nicht gelitten. Warte nicht, dass ich dich treibe, O du träge Mondesscheibe! Weisst’s ja, was ich dir befohlen Für die Liebste mein: Durch das Fensterchen verstohlen Grüsse sie mir fein! Sag’, ich wär’ auf dich gestiegen, Selber zu ihr hinzufliegen: Für den Gruss Einen Kuss Kühn mir zu erbitten; Du sei’st Schuld, Ungeduld Hätt’ mich nicht gelitten. (L’Egru.)