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Der Komponist und seine Mation Nationalität, Heimat -und Volkstum prägen das Werk eines schöpferischen Menschen in starkem Maße, auch die Schöpfungen unserer Komponisten in Nord, Ost, Süd und West. Dieser Einfluß kann ein sehr gesunder, lebendi ger, kräftezuführender sein, sofern sich der Komponist seiner nationalen Verpflichtung bewußt ist, der gleiche Einfluß kann jedoch auch eine Schwächung und Verwässerung erfahren, wenn der schöpferische Meister kein oder wenig Verhältnis zu den nationalen Eigenheiten besitzt, wenn ihm der Sinn für den Kraftquell des Volkstums verlorengegangen ist. Anton Dvorak hat sich Zeit seines Lebens zu seinem Volk und seinem Vaterland bekannt. Selbst in der Fremde fühlte er sich so stark mit seiner Heimat verbunden, daß seine in Amerika entstandenen Werke einen durch und durch nationalen Charakter trugen. Auch in Hellmuth Schneiders „Rondo giocoso“ ist zu spüren, wie sich der Komponist bemüht, eine Musik zu schreiben, die auch dem einfachsten Menschen Freude bereitet, dem erzgebirgischen Menschen im besonderen, dem Holzarbeiter im Walde, dem Kumpel, der sich mit „Glück auf!“ be grüßt. Musik, bedingt durch die Eigenart einer Landschaft mit ihren Men schen, auch das ist ein Bekenntnis zur Nation. Nicht ganz einfach liegen die Dinge bei Serge Rachmaninow: Der geborene Russe kann seine Liebe zur russischen Erde und zum russischen Menschen nicht verleugnen, seine enge Bindung an die Traditionen der russischen Nationalmusik. In späteren Werken lockert sich diese Bindung. Rachmaninow spielte fast ausschließlich für ein international zusammengewürfeltes Publikum, das seine Forderungen stellte, denen sich der Komponist allzu willig unter warf. Durch die Trennung von der Heimat verfiel er — wie es Jürgen Bey- thien unlängst treffend formulierte — einem „wachsend vordergründigen Akademismus“. Alexander von Andreevsky führt diese Gedanken weiter, wenn er in sei nem Buch „Dilettanten und Genies“ (Geschichte der russischen Musik, Max Hesses Verlag Berlin-Halensee, 1951) schreibt: „In allen Kompositionen Rachmaninows klingt der elegische Ton eines salonromantischen Welt schmerzes, der typisch ist für die Untergangsstimmung einer todgeweihten russischen Gesellschaftsklasse am Ende des neunzehnten Jahrhunderts, wobei gelegentlich auch Chopins poetische Wehmut mitschwingt.“ Der Name Hellmuth Schneider begegnet uns nicht zum erstenmal in Dresden: Vor Jahren wurde sein Orchesterscherzo „Scherz und Emst“ von der Staatskapelle aufgeführt. Der 1905 geborene Komponist stammt aus Frankfurt (Oder). Zur Zeit ist er als Harfenist und Chordirektor am Stadttheater Annaberg tätig. Das „Rondo giocoso für großes Orchester“ entstand im Frühjahr 1953 und soll den Hörern (nach des Komponisten Worten) „Lebensfreude verkün den!“ Bezeichnend dafür ist die Tonart, ein helles, frisches D-Dur, und auch die aufgelockerte Form des Rondos unterstreicht diese Tendenz ge nauso wie die erklärende Beifügung „giocoso“ (heiter, spielerisch). Das Werk wird eröffnet mit einer Auftakt-Fanfare, verstärkt durch einen Beckenschlag im Fortissimo, und sofort beginnt das heitere, übermütige Spiel des Orchesters in einer rauschenden Passage, die in das eigentliche Rondothema mündet. In einem ruhigen, gesangvollen Mittelteil führt die Solovioline, auch die Harfe wird mit dankbaren Aufgaben bedacht, und der eigenartige Klang der Celesta erhöht den Reiz des Instrumentariums.