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L66 Mrlicht Prüfung der Rechnungen zugethcilt wird, ergibt sich abermals die Kohe Unabhängigkeit deutschen Gcmcindcwesens, worin ein so wichti» ger Vorzug vor den französischen Einrichtungen beruht. Hoffentlich wird rin Einspruch der Regierung gegen eine dem LäkidcSwohse nqchlheiliae Er- hebungSweise städtischer Abgaben, überhaupt gegen solche Abgaben, die zugleich Nichtangehörige der Stadt treffest, auch ist deck OböraüfsichkS- rechte der Regierung liegen. — In dem ganzen Entwürfe vermissen wir aber zwei Hauptpunkte: t) eine Bestimmung darüber, wer Burger zu werden berechtigt und wer dazu verpflichtet ist, welcher Mangel auch eine genaue Beurthcilung des ganzen WahlvcrhältniffeS verhindert. 2) Eine Bestimmung über das Vcrhältniß derjenigen Einwohner zur Stadt, welche nicht Bürger find. — Auch in Dffenbach hat sich der dortige katholische Pfarrer selbst, Hr. Joseph Pirazzi, an die Spitze der Bewegung gestellt und ein dies erklärendes Schreiben an Robert Blum, als Antwort auf eine von diesem ergangene Auffoderung, erlassen, worin er auch für Süddeutsch land weitere Nachfolge voraüssagt. -f Äitl, 22. Febr. Die kirchlichen Bewegungen sind aus dem übri gen Deutschland auch zu uns gedrungen und haben um so mehr Anklang ge funden, als daSBedürfniß einer freier» Kirchenverfassung bei uns immer fühl barer wird. Ronge's ehrenfestes Auftreten hat bei der fast nur aus Protestan ten bestehenden Bevölkerung der Hcrzogthümer nicht minder Beifall gefunden als irgendwo anders, und selbst in Adressen, z. D. von Altona aus, hat man ihm seine Achtung zu erkennen zu geben sich beeilt. Die Katholiken mögen in ganz Schleswig-Holstein wol kaum die Zahl von 1000 erreichen, aber auch diese Wenigen werden wol nicht zurückbleiben hinter dem Beispiele, das die Gemeinden von Schncidcmühl, Breslau, Leipzig rc. gegeben. Die Befürchtung eines solchen Schritts mag denn auch wol die schmähliche Broschüre hervorgerufcn haben, die der katholische Geistliche zu Glückstadt Di. Franksmann kürzlich hier unter dem Titel: „Beleuchtung des Nonge- schen Schreibens an den hochwürdigstcn Hrn. Bischof Arnoldi" rc., heraus- geaeben hat. Der Verfasser soll Jesuit sein; die unwürdige Leidenschaft lichkeit, die in Schmähungen der gröblichsten Art in jenem Machwerke sich Luft macht, gibt jedenfalls einen Pendant zu der gehässigen Art, mit der die Ultramontancn für ihre in Gefahr schwebende Sache zu Werke gehen. Ein einziges Beispiel möge genügen, von der unwürdigen Sprache in dieser Schmähschrift eine Probe zu geben. Es heißt S. 14: „Ich glaube, das Wahrscheinlichste ist, daß auf ihn (Ronge) wörtlich paßt, was Hiero nymus von Vigilanlius sagt: O esput inssnum! — in gutem Deutsch: «Verrückter Kerl». Als unerlaubter Götzendienst kann cs also nicht be zeichnet werden, was zu Trier vorgegangen ist. Aber Ronge hat, sitzend in Laura's Hütte — ohne Zweifel in einer Geistcsverzückung (vielleicht in ckulei jubilo trällernd: «Wer nicht liebt Wein, Weiber und Gesang rc.» — von wem dieses salbungsvolle, herzerhebcnde Lied herrührt — soll ich's ägen? Nein, ich will schweigen; ich möchte anstoßen—), all das zei tige und leibliche Elend mit einem Schcrblick — oder auch sm magncti- chcn Taumel — erblickt, was die Waller, ja sogar da- ganP Vaterland trifft" rc. Natürlich erregt dieses Pamphlet hier allgemeine Indignation und wird am ersten geeignet sein, die Gemeinde des Hrn. Franksmann von dem Papst und der römischen Hierarchie, der er zu nützen doch wol beabsichtigte, zu entfremden. So kräftig sich in unsern Herzogthümern, hervorgerufen durch die internationalen Kämpfe mit den Dänen, das öffentliche Leben in jüngster Zeit gestaltet hat, so ist dasselbe doch noch zu sehr in seiner Kind heit, als daß unsere heimische Presse cS bis jetzt gewagt haben sollte, die Beurthcilung der Personen, welche zum Staatslebcn in Beziehung stehen, in ihf Gebiet zu ziehen. Ueberall, wo die öffentlichen Zustände sich zu größerer Tüchtigkeit cherausgcbildet haben, ist dies längst geschehen, und nur da hat die Presse bis jetzt noch nicht ihr Recht der Kritik über öf fentliche Charaktere gehörig in Anspruch genommen, wo man wie bei uns noch eine gewisse Empfindlichkeit vor öffentlicher Besprechung voraus- sehcn mußte. Als ein Schritt vorwärts muß cs dakcr betrachtet wer den, wenn jetzt mehre inländische Blätter aus der Kölner Zeitung eine Charakteristik der bedeutendsten Persönlichkeiten unserer letzten holsteinischen Ständeversammlung ausgenommen haben. Es werden in dem dortigen Ar tikel namentlich der Graf Rcvcntlow-Preetz, Löck und Claussen hcrvor- gehoben. Der Erstere, wol der Hauptkämpfer gegen das Däncnthum, ist zugleich der Vorkämpfer des aristokratischen Elements in den Hcrzogthü- mern und leidenschaftlicher Vertheidigcr der sogenannten Landesrechte, die eigentlich nichts als Adclsprivilcgien find; der Zweite, „Vater Löck", ist der eigentliche Vertreter des demokratischen Princips und wol in jeder Beziehung jetzt der populärste Mann in den Herzogthümern; der Dritte endlich, Claussen, ist der scharfsinnigste und an Kenntnissen reichste Ver- theidiger jeglichen Fortschritts und namentlich von dem größten Verdienst für die Anstrebung der Oeffcntlichkcit und Mündlichkeit, der Schwur gerichte und der freien Presse. — Mit der Bezeichnung „Landesregierung, Abteilung für höheres Schulwesen", ist in Sigmaringen durch landesherrliche Verordnung vom 2V. Febr. eine besondere Behörde errichtet worden, deren Ressort die bisher der Landesregierung im Allgemeinen in Bezug auf das Landes gymnasium, die Realschulen, die Praccptorate, den Studicnfonds und des sen Verwaltung, insbesondere auch die Austhcilung der Stipendien aus diesem Fonds zustehendcn Befugnisse, neben der höher» Dienstpolizei über das gesammte Lchrpersonal, zugewiesen worden sind. Sie steht unmittel bar unter der höchsten Behörde des Landes, der geheimen Confercnz. — Nach h. 3 der landständischcn VerfassungSurkundc für das Fürstcnthum Lip-e-Detmold vom 6. Jul. 1836 wird auf dem Landtage „zur leich tern und schnellcrn Besorgung der sandständischen Angelegenheiten außer deck Landtage" von jedem Stande ein Deputirter auf fechS Jahre gewählt. Diese drei Deputirten bilden den Landtagsausschuß. Bei gegenwärtig ver sammeltem Landtage sind der Kammerherr Frhr. v. Blomberg auf Iggen hausen tu» AnsschußseputjtteN -hö «rkoo SlWtzS, der Rath Unhe zu 8fi«t in« zweiten und vttt KaitMrDth Petri zu Detmold im dritten Stande geicklhtt wdrdrn , und Halldfl vis lckiMSherklicht Bestätigung erhalten. (^)Berlin, 26. Febr. Vorzüglich sind cS die Verhandlungen de-rh ei - nischenLandtags, welche hiersclbst ein allgemeines Interesse in Anspruch nehmen; ihnen gegenüber wird beinahe vergessen, daß auch die Stände der Mark Brandenburg zusammengerufen sind, und namentlich hat die Adreß- bcbatte der rheinischen Stände hier besonders großes Aufsehen gemacht. Eine Rede namentlich ist in mannichfacher Hinsicht als merkwürdig zu bezeich nen, denn eS lag vor allem Andern eine Verbindung ultramontan-aristokrati scher und radikaler Elemente in ihr und zugleich eine Hindeatung auf di« alte Trennung zwischen Preußen und den Rheinlanden, wa» hier einen sehr unangenehmen Eindruck gemacht hat. Ein Theil des rheinischen Adels ist also gesonnen , nichts von seine» Absichten und Illusionen aufzuaebcn, und selbst eher eine Verbindung mit den radikalen Elementen d«s Rhein- landcs cinzugehen, als daß er es über sich gewinnen könnte, brr Regie rung auch nur mit einigem Vertraue» entgegenzukommen. Diesen exclusi ven Bestrebungen gegenüber kann die Annahme des Adreßentwurfs (Nr. 59) nur als erfreulich bezeichnet werden, denn cs liegt in dieser Adresse trotz des stolzen Selbstbewußtseins der rheinischen Stände und ihres energi schen Liberalismus, welche sich in ihr aussprechen, doch immer ein Ver trauen auf die Gesinnungen des KönA und kein ausschließliches Behar ren in particularen Bestrebungen und Illusionen. Während man hnr nun auf die Verhandlung über die Petitionen um Reichsstände sehr gespannt ist, müssen wir bemerken, daß eine berliner Petition derselben Art sowie eine andere um Auflösung der Scrvitutengercchtigkcit, welche der Ritter gutsbesitzer v. Holzendorff in den brandenburgischen Landtag zu bringen übernommen hatte, einem recht unglücklichen Schicksale verfallen ist. Hr. v. Holzcndorff sendete nämlich diese beiden Anträge an den Hrn. v. Winterfcldt, Mitglied der ukermärkischen Ritterschaft, und hat darauf folgendes Schreiben, welches wir mittheilc» können, erhalten: „Ew. Hochwohlgeboren machen wir hierdurch bekannt, daß die Ukermark ihre Deputirten nicht krcisweisc wählt, sondern daß wir Beide gemeinschaft lich die Ehre haben, die gesammte Ritterschaft der Ukermart bei dem Land tage zu vertreten. Die von dem Unterzeichneten v. Winterfeldt mittels ge fälligen Schreibens vom 14. Febr. übergebenen zwei Anträge haben wir des halb gemeinschaftlich geprüft, und keiner von uns hat sich bewogen gefunden, sie zu den scinigen zu machen und sie als solche dem Landtage zu überreichen. Aber auch zur bloßen Ueberreichung derselben an den Landtag haben wir uns nicht verstehen können, da die Subscribenten des ersten Antrags ohne Aus nahme , des andern nur mit Ausnahme zweier und folglich übergroßer Mehr zahl, nicht zu unsern Kommittenten gehören. Anträge aber, die von Solchen herrühren, welche wir nicht vertreten, dem Landtag einzureichen, dazu sind wir nach den Bestimmungen des Gesetzes vom 1. Zul. 1823, wegen Anord nung der Provinzialstände weder verpflichtet noch selbst befugt- Deshalb re- mittiren wir die Anträge hiermit. Berlin, 16. Febr. 1845. Die Abgeord neten der ukermärkischen Ritterschaft: v. Arnim, v. Winterfeldt." Untcrdcß ist nun aber die Petitionssrist verstrichen und diese beiden berliner Petitionen können sonach gar nicht mehr an den Landtag gelan gen. Wie wir jedoch vernehmen, wird der Rittergutsbesitzer v. Holzcn dorff sich mit einer Beschwerde wegen des Verfahrens der Abgeordneten der ukermärkischen Ritterschaft direct an dcil König wenden. Im Justizministerium herrscht fortwährend die größte Thätigkcit. So sollen in Zukunft auch alle Assessoren, welche die ihnen angeborene Stelle ausschlagen, ihre Ancicnnctat verlieren und hinter ihre sämmtlichen zeitigen Nachfolger zurücktrcten. Früher konnte ein Assessor zwei bis drei ihm nicht bequeme Stellen ausschlagen, ohne irgend etwas an seinen An sprüchen zu verlieren, und er blieb noch, immer seinen Hintermännern im Wege. Namentlich machten es sich die vermöglichcn Assessoren in Berlin sehr bequem, indem sie eine Anstellung in der Provinz vielfach ausschlu- gcn, wahrend, der unbemittelte Assessor schon froh sein, mußte, in irgend einem abgelegenen Winkel eine Stellung zu finden. Durch die neue Ver ordnung sind die Privilegien, welche der Rcichthum überhaupt gibt, we nigstens um eins ärmer geworden. — Der Propst Busse in Schncide- muhl erklärt cs in der Vossischcn Zeitung für eine Lüge, daß er den Nachtwächter Schneidemühls zu sich beschicken und cs ihm auf die Seele gebunden habe, daß cr, wenn er Nachts in der Gegend der Czcrski'schen Wohnung Lärm hören würde, sich ruhig verhalten möge. — Eine öffent liche Auffoderung voin provisorischen Comite dcs hiesigen Localvereins, zum zahlreichen Beitritt in den Verein erlassen, war, obgleich sie von Männern unterzeichnet war, welche zum Theil zu den conservativsten Klas sen der Gesellschaft gehören, von dem berliner Ccnsor gestrichen. Jetzt fin den wir sie, also doch unter preußischer Censur, m einer berliner Corre- spondenz der Breslauer Zeitung abgcdruckt. * Posen, 24. Febr. Das vielgepriesene, romantische Mittelalter mit seiner Kirchlichkeit, seinen Bannbullen und Interdikten, das wir in unse rer protestantischen Bornirtheit längst begraben wähnten, ist aus seinem magnetischen Schlaf erwacht und fängt an, seine Kräfte aufs neue zu vcrsuchcn. Zwar vernehmen wir noch nichts von vatikanischem Don ner und Blitz, doch läßt sich schon ein Wetterleuchten sehen, das auf das Vorhandensein der elektrischen Materie deutet, die sich später wol in einem heftigen Gewitter entladen wird. Die kirchlichen Excommu- nicationcn, vor wenigen Decennien noch eine Unmöglichkeit, fangen an sich zu häufen; gestern ist der ehemalige römisch-katholische Priester CzerSki in allen katholischen Kirchen unserer Stadt von den Kanzeln