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»48 möglich zu machen! Inzwischen hat zur allgemeinen Freude der Oberconsisto- rialrath Vr. Jacobi, der früher schon einige Jahre hindurch die interi vlustro, welches unter der einsichtsvollen und kräftigen Leitung des Oberschul' rathS Rost seinen alten Ruf behauptet, sahen wir seit acht Jahren hier auch ein Realgymnasium emporblühen. Dieser Anstalt stand der Schulrath Müller vor, ein Mann von vielseitigem gründlichen Wissen, der, früher län gere Zeit Lehrer an einer Gelehrtenschule, kein einseitiger Eiferer für da« Realschulenwesen, wohl aber von der hohen Bedeutung desselben für eine tüch tige Volksbildung innigst durchdrungen und eifrigst bemüht war, die seiner Leitung anvertraute Anstalt einem hoher» Ziel entgegenzuführen. In seinen Augen war die Realschule nicht blos eine Vorbereitungsanstalt für gewisse praktische Berufsbeschäftigungen, sondern zugleich und hauptsächlich eine all gemeine Dildungsschule für den Geist, bestimmt, neben Veredelung des Her zens die geistigen Fähigkeiten des Zöglings zu wecken, sie vielseitig zu üben und für höhere Lhätigkeit geschickt und empfänglich zu machen. In diesem Punkte sollte ihr Ziel kein anderes als das der Gclehrtenschule, die Unter richtsmethode keine andere als in dieser sein, der Unterschied allein in den Mitteln für die formale Geistesbildung, in den Unterrichtsgegenständen, beste hen. Während bei der Gelehrtenschule die alten Sprachen den Kern des Un terrichts bilden, besteht er bei der Realschule in solchen Gegenständen, welche, wie Mathematik, Naturwissenschaften und neue Sprachen, im wirklichen Leben unmittelbare Anwendung finde» und die wissenschaftliche Grundlage für viele praktische BerufSbefchäftigungen bilden. Die geistige Verarbeitung dieses Stoffs muß aber auch bei der Realschule Hauptzweck des Unterrichts sein, wenn sie nicht mehr Unheil als Gutes stiften soll- Wenn gleichzeitig der prak tische Nutzen ins Auge gefaßt wird und gefaßt werden muß, so darf dadurch doch jener Zweck kerne Beeinträchtigung erfahren. Deshalb ist der Name Realgymnasium, an dein Manche Anstoß genommen haben, kein Widerspruch, denn auch an den auf der Realschule gelehrten Gegenständen soll vor Allem GeisteSgymnastik getrieben werden. Die Art der UnterrichtSgegenstände allein stempelt keine Schule zum Gymnasium, sondern nur die Methode des Unter richt«, und auch die Gelchrtenschule sinkt zur realen Dressiranstalt herab, wenn sie den Schüler für das Verständniß der alten Sprachen abrichtet, ohne durch gründliche wissenschaftliche Lehre seinen Geist zu üben. Es ist ein un bestrittenes Verdienst des SchulratHS Müller, daß er, von diesen Principien ausgehend, den Namen unsers Realgymnasiums durch die Leistungen desselben zu rechtfertigen suchte. Ungeachtet mgncher Hindernisse gelang es seiner rast losen Lhätigkeit, das Institut in kurzer Zeit zu einem kaum gehofften Auf schwünge zu bringen und durch seinen dasselbe durchdringenden Geist der Lösung jener Hähern Aufgabe gewachsen zu machen. Die allgemeine Freude an diesen Er folgen wurde leider im vorigen Sommer plötzlich getrübt. Gin trauriger Eonflict zwischen zwei Lehrern und einer Anzahl Schüler, wobei den erster» große Schuld zur Last gelegt wurde, veranlaßte die vorgesetzte Behörde, die sofortige Sus pension dieser Lehrer zu verfügen und bei der höchsten Behörde auf Entfernung derselben von der Schule anzutragen. Die höchste Stelle fand indeß eine solche Maßregel mit der Aufrechthaltung einer strengen SchuldiSciplin nicht ver träglich und verordnete die Wiedereinsetzung der Lehrer in ihre Aemter. Al lein das öffentliche Vertrauen zu der Wirksamkeit derselben war so erschüt tert, daß viele Aeltern vorzogcn, ihre Kinder der Anstalt zu entziehen, al« st« ferner einem Einflüsse preiSzugcben, der für den kindlichen Sinn und den Erfolg de« Unterrichts kein heilsamer sein konnte. So kam e«, daß da« In stitut, nachdem jene Lehrer gege» die motivirten Anträge des Directort und de« Oberconsistorium« wieder in ihre Stellen eingewiesen waren, sofort und in der Mitte des SchulcursuS von I>7 Schülern auf 76 herabsank, daß am Schluss« des Semesters noch eine weitere Zahl die Schule verließ und daß kein einziger neuer Schüler hinzukam. Gewiß ein deutlicher Fingerzeig der öffentlichen Meinung, und doch blieb er unberücksichtigt! So lieb nun auch Müller seinen hiesigen Beruf gewonnen hatte, und so sehr er dafür begeistert war, so mußten ihm doch diese Vorgänge und der Mangel an Aussicht auf spätere Berücksichtigung seiner Anträge seine Stellung sehr verleiden und in ihm den Wunsch nach c-nem andern Wirkungskreise Hervorrufen- Er nahm daher den bald darauf an ihn ergangenen Ruf al« Dircctor einer höher» Realschule in Wiesbaden an und ist bereit« zu dieser Bestimmung von hier abgegangen. Unser Realgymnasium hat dadurch einen neuen, unter den jetzi gen Umständen doppelt empfindlichen Verlust erlitten. Die Herstellung der früher» Blüte desselben läßt sich nicht eher erwarten, al« bis nach Beseiti gung der störenden Elemente da« öffentliche Vertrauen zur Anstalt wieder hergestellt und für sie ein anderrr thatkräftiger, in Müller's Sinne wirken der Direktor gewonnen worden ist. Man ist bemüht, einen solchen im Aus lände zu suchen Einige beachtenSwerthe Sompetenten sind bereit« ausgetre ten. Möchte sich dir Zahl derselben mehren, um eine ganz paffende Wahl weiß, daß beiweitem der geringste Lheil der Lhätigkeit der Eensur darin be- erlangen, ist da«, daß die deutsche Presse durch die Lhat beweist, daß sie di» steht, verletzende Artikel gegen die badische Regierung und badische Corpora- Freiheit zu tragen fähig, daß sie der Freiheit würdig sei." tionen zu streichen, sondern daß die meisten gestrichenen Artikel Angriffe auf Abg. v. Jtz stein: „Der Hr. Regierungscommiffar hat eine lange Zeit ge- Religionsmeinungen und auf die Sittlichkeit enthalten, die man deshalb nicht setzt, und während dieser Zeit verschärfen Sie noch die Censur, indem z. B. in« Publicum kommen lassen will. Die badische Regierung hat sich nicht zu neuerlich wieder die «Narrenzeitung» confi«cirt worden ist, obgleich sie schon verschanzen nothwendig, und wenn sie dies je thun wollt«, so würde sie nie censirt war, und in Heidelberg ein ähnlicher Vorfall vorkam Dak sind keine die Censur zu diesem Mittel wählen. Es gibt hierzu andere Mittel- Der Symptome eines bessern Systems oder eines bessern W«g«S, auf den wir Weg des Recht« und der Ordnung, die Bahn der Aufrichtigkeit und der Wahr- hoffen sollen." Hastigkeit gegen alle Angehörigen des Landes, dies ist die Schußwaffe für Staatminister v. Dusch: „Di« Regierung, meine Herren, bedarf kei- die badische Regierung- Ich wiederhole, sie braucht die Censur nicht für ihre ner weitern Verthcidigung. Die Censur für periodische Blätter besteht ge- Sicherheit, sondern nur zum Schutze Derjenigen, die durch beleidigende Schrif- setzlich und wird bestehen, so lange nicht eine andere, allgemeine deutsche ten verletzt werden sollen. ES kann allerdings eine Zeit kommen, wo die Preßgesetzgebung möglich ist. Ruhig verweisen wir auf di, Art, wi« die Eensur nicht mehr für nothwendig erachtet wird, und alsdann wird die ba- Censur bei uns geübt wird ; oft viel mehr zum Nachtheil der Regierung alS difch« Regierung der Aufhebung nicht entgegen sein. Ein ehrwürdiger Staats- der freien Aeußerung der Bürger. Unsere Zeitungen geben täglich davon Zeug mann sagte einst an dieser Stelle: die Regierung hat die Hand am Pulse der »iß. Die HH. Abag. Mathy und v. Jtzstein mögen unbesorgt sein wegen deS Seit. Ich kann dies auf die Censur anwenden; kommt die Zeit, so wird de- geistigen Sonnenlichts- Die Censur in unserer Zeit und in unserm Lande läßt re» Aufhebung der Regierung so willkommen sein als irgend Einem aus Ihrer dieses Sonnenlicht ungestört. Nur Beleidigungen streicht sie und hi«r und da Mitte. Di« Preßfreiheit läßt sich aber nicht ertrotzen, die Verfügungen über einige politische Zündhölzchen, und diese fallen billig unter polizeiliche Aufsicht." die Presse sind ein Theil der Verfassung, und jede Verfassung hält Hinsicht- Die Diskussion wirb hierauf geschlossen und zur Abstimmung über die lich der Bewilligung von Freiheiten gemessenen Schritt mit der Fähigkeit verschiedenen Anträge der Commission geschritten, welche das schon früher der Ration, die Freiheit zu ertragen. DaS beste Mittel, die Preßfreiheit zu (Nr. iS) gemeldete Resultat hat. Wissenschaft und «Kunst * Gotha, 3l>. Fan- Neben unserer Gelehrtenschule, dem e^mnasium mistische Direction des K^mnasium illustre führte, die einstweilige Lei tung übernommen. Die Verdienste des Schulraths Müller um die Anstalt sind übrigens nicht blos vom Herzoge durch ein höchst ehrenvolles Entlas- sungsdecret, sondern auch »on dem Stadtrath und den Stadtverordneten und von einer großen Zahl hiesiger Bürger und Einwohner durch besondere Dank bezeigungen anerkannt worden. Letztere überreichten ihm vor seinem Weg gang in feierlicher Versammlung einen werthvollen Ehrenbecher, begleitet von folgender kalligraphisch würdig ausgestatteten Dankadresse: „Hochgeehrtester Herr Schulrath und Director! So groß und gerecht die Betrübniß war, welche die Nachricht von Ihrem wahrscheinlichen Ueber- gang in einen andern, uns fern liegenden Wirkungskreis unter den Bewoh nern hiesiger Stadt erregte, so sehr wurde im Stillen noch die Hoffnung ge nährt, Ihre segensreiche Lhätigkeit durch eine günstige Gestaltung der Dinge unserer Stadt und der unter Ihrer Leitung cmporgeblühten Bildungsanstalt erhalten zu sehen. Diese Hoffnung sehen wir leider nicht in Erfüllung gehen und vernehmen mit Schmerz, daß Sie schon in der Kürze von uns scheiden, um in einem andern Lande für Ihren erhabenen Beruf zu wirken. Gvoß ist der Verlust, welchen dadurch unsere Stadt, welchen unser Land erleidet. Beide verlieren in Ihnen einen eifrigen Pfleger der Wissenschaft, «inen treuen Führer der Jugend, einen rastlosen Beförderer jedes geistigen und sittlichen Fort schritts. Mit gereifter Erfahrung schon für die erste Einrichtung unsers Real gymnasiums thatig und eifrigst bemüht, diesem Institute die Grundlagen zu sichern, welche dasselbe zur Pflanzstätte einer neuen tüchtigen Jugendbildung für das hö here bürgerliche Leben zu machen geeignet waren, standen Sie auch später der An stalt im Geiste wahrer Humanität und auf eine Weise vor, daß dieselbe bald einen kaum gehofften Aufschwung nahm, bereits schön« Blüten entfaltete und sich zu einer Stufe der Entwickelung erhob, wo sie gerechten Anfoderungen an «ine höhere geistige und sittliche Ausbildung der Jugend genügen konnte. Diese Erfolge Ihrer rastlosen Bestrebungen, deren Verdienstlichkeit um so größer ist, je schwieriger zuweilen die Verhältnisse waren, unter denen sie errungen wur den, geben Ihnen den gerechtesten Anspruch auf unsere Liebe, auf unser« Ver ehrung , auf unsere Dankbarkeit. Wir zollen Ihnen dieselbe von ganzem Her zen, mit den reinsten Empfindungen der Seele. Gewähren Sie uns di« Bitte, beifolgende Gabe als ein schwaches äußeres Zeichen unserer Gesinnungen gü tigst anzunehmen. Möge die Betrachtung derselben auch in der Ferne erfreu liche Rückerinnerungen m Ihnen wecken und in Ihnen die Ueberzeugung le bendig erhalten, daß Gothas Bürger, gesinnungsvolle Lhatkraft ehrend, hu manes Wirken preisend, sittliche Würde über Alles liebend, wahren Verdien sten um ihre öffentlichen Angelegenheiten die gebührende Anerkennung zu zol len für heilige Pflicht halten! Was Sie unter uns gewirkt und geschaffen haben, wird als ein gutes Sanienkorn nicht verloren gehen. Wir hoffen mit Zuversicht, es wird würdigen Händen zur Pflege anvertraut werden und un ter diesen auch später noch reiche Frucht tragen, als dauerndes Denkmal Ih res frühern Waltens, als redendes Zeugniß der allseitigen Anerkennung Ih rer Verdienste. Der Himmel kröne Ihre sernern Bestrebungen mit Segen "Wien, I- Febr. 0r. A. A. Schmidl'S Literaturblatt hat durch den Beginn des zweiten Jahrgang« all« misgünstigen und ängstlichen Pro phezeiungen zu Nichte gemacht und ein standhaft patriotisch wissenschaftliches Streben beurkundet, welches zu unterstützen eine Ehrensache aller gebildeten Oesterreicher sein sollte. Daß der Patriotismus hier nicht im leider gewöhn lichen, bewußtlos lobhudlerischcn Sinne zu nehmen iss, wird Jeder erken nen, der nur einige Artikel namentlich der ersten Blatter deS neuen Jahr gangs durchgeht. ES fehlt diesem Blatte durchaus nicht an der wesentlich sten Eigenschaft jedes zeitgemäßen Unternehmens, an einer männlich freimü- thigen Gesinnung, und wenn cs dies« fcsthält, so wird es gewiß die Schwie rigkeiten überwinden, mit denen jedes derartige Institut nicht nur in Oester reich, sondern in ganz Deutschland zu kämpfen hat. — vr. Würth'S au ßerordentliche Vorlesungen über österreichische Strafrechtsgeschichte erfreuen sich lebhafter Lheilnahme nicht nur der Studirenden, sondern des rechtsge bildeten Publicum» überhaupt. Besonder» Beifall findet und verdient e«, daß Vr. Würth unsere StrafrechtSzustände mit klarem und begeistert deut schem Bewußtsein an da« allgemein deutsche Volks - und RechtSlebcn anknüpft. Jedenfalls hat vr. Würth da« bleibende große Verdienst, in einer Sache, über die seit vielen Jahren Biele geklagt, den ersten Schritt zum Bessern gethan zu haben. Verantwortliche Redaktion: Professor Vük««, Druck und Verlag von K. Ak, Wroelkhaus in Leipzig.