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2925 Lie Ehre, anders von ihm zu denken. Man hat aber auch behauptet, daS spanische Volk kenne nur zweierlei, Königthum und Rationalität, und frag« nichts nach Constitutionen. In diesem Falle wäre General Nar- vaez sehr gütig, ihm noch eine Constitution zu lassen; wozu denn solle man nutzloserweise sich die Hände binden? Wenn das Volk nur einen König will, wozu taugt es, ihm das Gesetz zu geben? und ist Dem so, wozu verliert die Regierung die Zeit mit Discutirung eines todtcn Buch staben, warum gibt sie ihm nicht einfach einen k«) netto? Das würde viel folgerichtiger, viel kürzer und zugleich weit aufrichtiger sein. Wir allerdings hatten uns ein Anderes vom spanischen Volk eingebildet. Wir glaubten, nachdem Spanien sich ausgenommen gesehen habe in die Ge meinschaft der großen freiern Länder, werde cs einen Ehrenpunkt dar aus machen, darin zu bleiben und sich darin fortzubildcn. Wir dach ten, daß eine große Nation die zuweilen wol herbe aber allezeit ge deihliche Frucht der Freiheit nicht kosten könne, ohne das Verlangen danach für alle Zeit zu besitzen, und daß Spanien nicht gleichgültig für Erhaltung oder Vernichtung von Grundsätzen und Institutionen fein werde, für die cS so viel Blut vergossen hat. Es scheint indessen, als hätten wir uns getäuscht und als wären wir Ignoranten gewesen. Die Redner und Schriftsteller Spaniens behaupten cs, und wir müssen ihnen glauben. Allein dann auch keine Heuchelei mehr! Man lasse die Scheingefechte auf dem Felde der politischen Discussion und trete als Das auf, was man sein will. Man höre auf, aus allen Tonarten zu prahlen: da seht, wie wir sprechen, wie wir trefflich discutircn und zum Täuschen ähnlich eine parlamentarische Regierung fpielen! Und doch ist gesagt worden, wir wollten die politischen DiScussionen abfchlicßen! Welche Verleum dung! Wir haben noch niemals so viel geredet." — Bei der Berathung des Gesetzentwurfs über den Secundair- unterricht vereinigten im vorigen Jahre sich alle Stimmen, um die Auf' merksamkcit der Regierung und der Kammer auf die Wahl und die Lage der in den öffentlichen Bildungsanstalten die Beaufsichtigung der Zöglinge aus dem Gesichtspunkte der eigentlichen Erziehung über sich habenden Mai tres d'Etudes zu lenken. Der Minister des Unterrichts übernahm da mals die Verpflichtung, das Erfoderliche zur Hebung dieser, auf die Er ziehung und Bildung so wichtig einwirkendcn Männer vorzuberciten, und die gestern im Moniteur erschienene Ordonnanz leistet jener Verpflichtung ein Genüge. In Zukunft müssen alle Bewerber um solche Stellen in den königl. Instituten und den Kollegien erster Klasse der Commun nicht blos wie bisher Baccalaureen sein, sondern auch eine besondere Prüfung bestehen. Dafür werden sie aber in jeder Hinsicht besser gestellt und ihnen bei ge eigneten Ansprüchen auch Beförderung und sonstige Auszeichnung in Aus sicht gegeben. Die «Presse« und das Journal des Debats geben dieser Ordonnanz ihre volle Zustimmung, der Constitutionnel äußert sich nicht darüber, desgleichen der Commerce; der National aber benutzt sie zu seinen gewöhnlichen Ausfällen gegen Hrn. Villemain, dessen Mangel an Ideen, an Energie und an Würde auch daran sich offenbaren sollen. — Es wird keine Pairsernennung stattfindcn, schreibt die Revue des dcux Mondes vom I5.Nov.; die Revue de Paris vom 16. Nov. will aber wissen, daß doch fünf oder sechs Pairs creirt werden würden. — Der französische Gesandte in Konstantinopel, Hr. de Bourqueney, ist in Paris angelangt; feine Stelle wird inzwischen von Hrn. Gis de Butcnval vertreten. — Das Verfahren des Ministeriums bei Einberufung der Zöglinge von St.-Cyr und der polytechnischen Schule gibt dem Commerce Veranlassung, über grenzenlose Ministerialwillkür zu klagen, und daß man die Jugend schon nach dem Systeme von Servilität zu schulen versuche, das jetzt in der officiellen Welt herrsche. — Vom Ministerium des Innern ist gestern die Lieferung von 86 Blöcken weißen Marmors zum Grabmale Napoleon's an den Mindestfodern- den zu 1200 Fr. der Cubikmclre vergeben worden. — Ein Zollbeamter machte am >2. Nov. den am Tkwre des Hafenbas sins zu Brest Wache habenden Corpora! auf einen Menschen aufmerk- fam, der in der Kleidung eines Matrosen den Hafen verlassen hatte, des sen Gang und Benehmen aber einen Sträfling zu verrathen schien. Der Corpora! eilte ihm sofort nach, allein indem er den Ausreißer, der ein wegen Mord auf Lebenszeit zu den Galeeren verurtheilter Sträfling von kaum 1S Jahren war, fassen wollte, stieß ihm dieser .ein langes Messer fünfMal in die Brust, sodaß er auf der Stelle todt blieb. Mit gezogenem Messer setzte der Verbrecher seine Flucht fort und wurde erst durch die Entschlossenheit eines Krämers festgenommen, der sich auf ihn warf und so fest umsing, daß er keinen Gebrauch mehr von dem Messer zu machen vermochte. Mit empörender Gleichgültigkeit äußerte der Mör der, als er geschlossen vor sein Opfer geführt würde: „Mein Kopf ge hörte unters Messer; 's ist mir ein Gefallen geschehen!" -sParis, 17. Nov. Die gestern im Moniteur erschienene, das Un terrichtswesen betreffende Ordonnanz ist von großer Wichtigkeit für das System dec öffentlichen Erziehung in Frankreich. Die Maitres d'E- tudeS, um welche es sich darin handelt, sind in den Unterrichtsanstaltcn der Universität die unzertrennlichen Aufseher und Begleiter und somit die eigentlichen Erzieher der Schuljugend, die, wie man weiß, nur in den sel tensten Fällen in dem älterlichcn Hause, sondern gewöhnlich in dem Gym- nasiumßgebäude wohnt. -Wenn hier die Lehrer ihre Unterrichtsstunden ab- gchalten haben, so tritt, wie gesagt, beim Arbeiten, beim Spielen, beim Spazierengehen rc. die Beaufsichtigung durch die Maitrcs d Etudes ein. Man begreift demnach die große Bedeutung der Amtsführung dieser Män ner, aber unbegreiflich ist es eben deshalb, daß Gesetz und Herkommen bisher nicht die mindeste Sorge für die würdige Besetzung jener Acmter getragen hatten. Der Maitre d'Etude ist im Durchschnitt ein Mensch ohne Erziehung und ohne Zukunft, unbehülflich, unwissend, von kümmerlichem äußern Wesen, das Stichblatt des ewigen Spotts und der kleinen Bos heiten seiner Zöglinge. Um diesem Zustande der Dinge abzuhelfcn, wur den schon vom Grafen Salvandy als Unterrichtsministcr einige Schritte gethan, zumal durch die Verbesserung der elenden Lage der Maitres d'Etudes. Die gestern veröffentlichte Ordonnanz bezweckt nun, den Maß regeln des Hrn. Salvandy größere Ausdehnung und größere Wirksam keit zu geben. Sie unterwirft die Maitres d'Etudes vor ihrem Amts antritte, mit dem bisher so gut wie gar keine Garantien des Wissens ver bunden waren, einer ernstlichen Prüfung; sie eröffnet denselben Aussichten auf Beförderung zu Professorenstellen, sie vermehrt ihre Gehalte im Ver- häitnisse zur Dauer ihrer Dienste u. s. w. Wir wünschen von Herzen, daß diese Verfügungen des Hrn. Villemain alle Früchte tragen mögen, die man davon erwartet, aber wir können uns nicht verhehlen, daß so tief wurzelnde Ucbelstände wie diejenigen, welche an der bisherigen Lage der Maitres d'Etudes haften, schwer auszurottcn sind. Rußland und Mole«. **von der polnischen Grenze, 15. Nov. Die letzte in Polen entdeckte geheime Verbindung scheint besonders um Lublin herum verbreitet gewesen zu sein, wenigstens sind die meisten der 22 zur Depor tation nach Sibirien verurtheiltcn Personen (Nr. 308) aus der lubliner Gegend. Die vier zu lebenslänglicher Zwangsarbeit in den sibirischen Bergwerken Verurtheiltcn sind: Gzowski, Assessor beim lenczyzer Crimi- nalgericht; Adam Gros, Advocat am lubliner Tribunale; Wicckowski, Advocat am Civiltribunale von Masovien, und Karpinski, Advocat in Lublin. Griechenlaud. Die «Presse» rühmt das gemäßigte, darum nicht minder feste Ver fahren des Ministeriums Kolettis-Metaxas in Griechenland, das inter ihm anfange, sich der ersten Früchte seiner neuen Verfassung zu er- reuen. Die öffentliche Meinung wende sich ihm lebhaft zu, aus allen Provinzen erhalte es bcistimmcnde Ermuthigung zu seinem Verhalten und behaupte sich mit Vortheil gegen die Jntriguen wie gegen offene Ruhe störungen der Anhänger von Mavrokordatos, die fortwährend darauf aus- lingen, die Einigkeit zu trüben, welche zwischen dem Königthum und dem lande bestehe. Denn jedes Mittel gelte dieser Partei gleich, was ihren Führer wieder zum Minister zu machen geeignet scheine. So suche sie auch etzt Alles an sich zu ziehen, was Griechenland an unruhigen Köpfen be- itzc. Allein die Regierung sei fest entschlossen, wie im griechischen Mo- nteur erklärt worden, von keiner Faction die öffentliche Ordnung stören zu lassen, und werde die Gesetze mit Kraft zu handhaben wissen. «Lür Lei. -s Wien, 18. Nov. Soeben erfahre ich aus Konstantinopel, daß der Minister desAeußern, Rifaat-Pascha, seiner Stelle enthoben und katt seiner der bekannte Schckib-Efen di, welcher den londoner Conferen- zen wegen Syrien und Mohammed-Ali's beiwohnte, ernannt sei.— Der türkische Botschafter an unserm Hofe, Muktar-Bey, ist äbberufen, und sein erster Sccrctair soll einstweilen seine Stella, vertreten. Bereinigte Staaten von Nordamerika. * Boston, im Oct. Die wahre Ursache, weshalb der von Hrn. Wheaton unter Präsident Tyler's Auspicicn verhandelte Handelstrac- tat zwischen Amerika und Deutschland vom Congrcsse nicht an genommen worden ist, soll sicherm Vernehmen zufolge die Bosheit der Mehrzahl des Senats (im Kongresse) gegen Hrn. Tyler sein. Man lobt Hrn. Wheaton, wie er es verdient, und fürchtet selbst, daß dieser beste der amerikanischen Gesandten in Europa seinen jetzt so wichtigen Platz wegen Beleidigung durch den bochweisen Senat verlassen möge, allein man opfert der Grille und Dummheit, nichts Gutes zu genehmigen, was Hr. Tyler dem Kongreß empfiehlt, wenn man es irgend verhindern kann, die besten Männer und Gelegenheiten. Die Stellung der politischen Par teien ist im höchsten Grade lächerlich. Hr. Clay proclamirte anfangs I) eine Bank, sage eine Nationalbank, ohne welche—sein Steckenpferd — die Union nicht bestehen könne, welche jenen hohen Flor des Handels und der Gewerbe hcrvorgcbracht rc.; 2) einen hohen Tarif; daraus er kennt man leicht die Opposition gegen Webster, der den freien Handel oder niedrigen Tarif, den die Demokraten proclamiren, verthcidigt. Da die Whigs im Senat überwiegend sind, so wurde dieser hohe Tarif und ein Hr. Mark, ein Konsul in Deutschland, zum Vorwande der Verwer fung des Vertrags des Hrn. Wheaton genommen. 3) Aufhebung des Veto general des Präsidenten, und 1) Nichtaufnahme von Tejas, we nigstens nur unter ehrenhaften Gründen. Die Whigs in Neuengland widersprachen durch Hrn. Webster den ersten drei Thesen und stellten die vierte als Verbrechen dar. Jetzt erfolgten Unterhandlungen. Die Whig- partci hat in der That nur Webster noch, wenn sie einen Candidatcn zur Präsidcntur haben will. Der Ehrgeiz Clay's bleibt so lange unbefriedigt, als er die Möglichkeit sieht, auf den Präsidentenstuhl zu steigen. Ihn mit Einem Termin (ohne Wicderwählung) zur Ruhe zu bringen, machten sich die nördlichen Whigs anheischig, falls er freien Handel, freie Banken und das Veto nachgeben wollte; die südlichen Whigs wollen Tejas und knüpften daran ihre Stimmen. Ehe dies Alles geschlichtet wurde, lief van Buren, der Listige, mit seinem Anhang ihm den Rang ab, und die Demokraten, mit Aouna Hickory-Polk und Dallas an der Spitze, erklär ten sich gegen eine Nationalbank, gegen einen hohen Tarif, gegen Auf hebung des Veto und für Einverleibung von Te^S, und obcnein gegen fernere Vertheilung der aus dem Verkaufe von Staatsländcreicn hervor- gehcnden Einnahmen an die Staaten. Natürlich brauchen diese Thesen