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Sonntag Nr. '266. ss. September 1844. WM Dmtsche Allgemeine Zeitung. -WL -Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Uebe-rblick. Deutschland, st Göttingen. Guftav-Adolf-Stistung- *Kict. Die schleswig- sche Ständevcrsammlung- — Hamburg. Annahmeder ElbschiffahrtSverträge. Mreußen. **Äus dem Grosshcrzogthum Posen- Die Land- undStadt- gerichtsräthe- ^Königsberg. Hr. v- Wegnern. Das Schön'sche Denk mal- Hr- v. Schmeling. Defierreich. f Wien. Graf Kolowrat. Admiral Dandolo. Generalmajor Brasseur v. Kehldorf. Großbritannien. Die Times über Griechenland. Krankreich. Friede mit Marokko. Die polytechnische Schule, ch Paris- Marokko- Der Klerus. Schweiz. Eine geraubte Fahne. Italien. Das sardinische Cabinct. Rom. Die russische Gesandtschaft. Die Cardinalswürde. Prinzessin Marie von Preußen. Der Vesuv. Ein Mörder. Dänemark. Kopenhagen. Marokko. Hr- Tscherning. Griechenland. Kalergis- Moldau und Walachei. *Äus den Donaukürstenthümern. Colo nisationen. Hr- Wedecke. Türkei, ch Konstantinopel. Syrien- Aegypten- Das berliner Attentat. Per sonalien. — Armeeorganisation. Werfonalnachrichten. Wissenschaft und Kunst. * Königsberg in der Jubclwoche- * Äer- lin. Die Ausstellung der Akademie der Künste. Kuranda's „Die letzte weiße Rose". — Die Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Äremen. — Domherr Nr. Günther. Handel und Industrie. *Äus kranken. Die Thüringer Eisenbahn. * Hamburg. Die Altona-Kieler Eisenbahn. — Preußische Concessionsurkunde für die Thüringische Eisenbahn. — Magdeburg-Leipziger und -Halbcrstädtcr Bahnfrequenz. — Berlin. Ankündigungen. Deutschla« d. ch Göttingen, l6. Sept. Die schönen Tage der dritten Hauptver sammlung des evangelischen Vereins zur Guftav-Adolf-Stistung sind nun vorüber, haben aber unauslöschliche Erinnerungen zurückgelasscn, die, wenn nicht alle Vorzeichen trügen, ein Blatt in der Geschichte der evangelischen Kirche Deutschlands zu werden versprechen. Denn das Seh nen und Verlangen aller protestantischen Herzen ist in Erfüllung gegangen, der so großartige als nationale Anschluß der evangelischen Preußen ist in der zu erwartenden Hochherzigkeit erfolgt und hat zu dem Werke >der Einigung der deutsch-evangelischen Kirche für den großen Zweck ihrer Sclbsterhaltung durch Unterstützung bedrängter Glieder in ihrer Mitte den Schlußstein gefügt, ohne welchen das Ganze nicht zur Vollendung gedeihen konnte. Die Feier des Bundesfestes selbst verlief, ohne äußern Glanz und Prunk, in würdiger Haltung und andächtiger Stille. Früh um 5 Uhr weckte Posaunenschall plötzlich die Schläfer; cs ertönte durch die feierliche Ruhe des heitersten Morgens die wohlbekannte Melodie des unsterblichen Luther'schen Heldcngesangs und versetzte sogleich alle Ge- müther in die rechte festliche Stimmung. Zn den Straßen der Stadt regte sich neues Leben. Um 8 Uhr nahm die evangelische Stadtge meinde in der Johanniskirche die versammelten Fcstbesucher und die De- putirten des Centralvorstandes und der Hauptvcreine auf. An den Ge sang: „Komm, heiliger Geist", schloß sich ein würdiges Altargcbct an, dem der Festgesang: „Eine feste Burg ist unser Gott", im Wechsel zwischen Chor und Gemeinde — die Letztere erhob sich dabei von ihren Plätzen — die Krone aufsetzte. Die eben so tief gedachte und von wahr haft evangelischem Geiste durchdrungene als trefflich vorgetragene Fcst- predigt des Hrn. Superintendenten vr. Hildebrandt machte einens ergrei fenden Eindruck, der die Gesammthcit der Hörer bis ans Ende in Span nung erhielt. Ihr Hauptsatz war der zum Siegel des Vereins erkorene Wahlspruch aus Galat. 6, 10: „Lasset uns Gutes thun an Jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen", der in seiner dreifachen Be deutung als Auffoderung zum Danke, zur Prüfung, zum Gelübde vor Gott, von dem Redner mit seltener Gewandtheit im Vereine von Kraft und Milde allseitig entwickelt ward. Nach einem kurzen Schlußgesange und einem entsprechenden Altargebete wurde dann die Versammlung mit dem Segen der Kirche entlassen. Hierauf begaben sich die Anwesenden in die univcrsitätskirche zur öffentlichen Bcrathung der gemeinsamen Vereinsangelegenheiten. Nachdem ein von dem trefflichen Sängerchore aufgeführter Psalm die Eintretcndcn feierlich begrüßt hatte, eröffnete vr. Großmann als erwählter Vorsitzender die Verhandlungen mit Gebet und einem Vorwort, in welchem die Gegenwart des evangelischen Ver eins als eine Zeit der Prüfung auf der einen, aber auch zugleich der Bewährung und des Fortschritts auf der andern Seite bezeichnet, und namentlich darauf hingewiesen wurde, wie die Anfechtungen, die er von innen und außen erfahren, als der schlagendste Tyatbeweis seiner Noth wendigkeit, als das kräftigste Mittel seiner Förderung, als das offene Siegel der siegenden sittlichen Kraft und Herrlichkeit seines Wesens sich darstellten und jede Besorgniß wegen seiner Dauer, als gehöre er in die Reihe „ephemerer Erscheinungen", zu nichte machten. Den Anfang der Verhandlungen machte der von dem Secrctair des Centralvorstandes »r.pllil. Großmann vorgetragcncJahrcsbericht. Der Na mensaufruf der Abgeordneten, an der Zahl 32, welche dabei ersucht wurden, aufzustchen, folgte nun und hatte zum Zweck, sie persönlich der Versamm lung und namentlich den erwählten Secrctairen und den erbetenen Pro tokollanten*) kenntlich zu machen. Legitimirt waren die neun Abgeord neten des Centralvorstandes in Leipzig (zu den in Nr. 257 Genannten kommen hier noch Kaufmann Weickert aus Leipzig und Pastor Lippold aus Dessau) und der Hauptvereine in folgenden Ländern und Städten: Hannover, Altenburg, Anhalt-Dessau, Baden, Braunschweig, Bremen (Hauptpastor Trcviranus), Frankfurt a.M., Hessen-Darmstadt, Lippe- Detmold und Lippe-Bückeburg, Mecklenburg-Strelitz, Nassau, Preußen für seine acht Provinzen Brandenburg, Pommern, Posen, Preußen, Rhein land, Sachsen, Schlesien, Westfalen (nicht erschienen waren Bürgermeister Krah aus Königsberg, Graf v. Schwerin, v. Puttkammer und Dir. Wetzel; zu berichtigen sind die Namen: Justizrath Gräffc, nicht Grüße, und Ob.-L.- G.-R. Weißenborn, nicht Eisenborn); ferner von Sachsen, Schlcswig-Holstein- Lauenburg (Propst Nielsen), Schweiz, Waldeck und Württemberg. Nicht- legitimirt, aber zugelassen waren die Vertreter von Hamburg, Kurhessen, Meiningen-Hildburghausen. Jetzt folgte die Verlesung des Schreibens des Königs von Württemberg (Nr. 258) an den Vorsitzenden des Centralvor standes und der Vollmacht des preußischen Ministers Eichhorn an die preußi schen Deputirten zur Bewirkung des Anschlusses für den Fall, wenn „sichere Aussicht" zu den beantragten Statutenveränderungen eröffnet werde. Den Hauptgegcnstand der Bcrathungcn bildeten demnach die von Seiten der preußischen Deputirten beantragten Abänderungen der frankfurter Statu ten im h. 10; Feststellung des Begriffs der Hauptvereine und angemes sene Stimmenvertheilung unter dieselben; im h. 13: Vermehrung der Mitgliederzahl des Centralvorstandes; im tz. 24: jährliche Hauptversamm lungen— Abänderungen, durch welche dann auch einzelne Bestimmungen in hh. 14, 16, IS, 26 und 28 modlsicirt werden mußten. Der Geist der Mäßigung, des Friedens und der Eintracht erfüllte und beseelte alle Spre cher, die nach einander um das Wort baten, und so vereinigte man sich bald über folgende drei Hauptpunkte: I) Hauptvereine (§. 10) sind in der Regel alle deutsche Bundesstaaten, bei größern Staaten hingegen einzelne größere Provinzen derselben. Die Vertretung und Stimmenvertheilung erfolgt nach der kirchlich-politischen Eintheilung, sodaß jeder Bundesstaat mindestens Eine Stimme hat; hei größern Staaten hingegen nach Maß gabe der Zahl der evangelischen Bevölkerung. Demnach kommen auf die Gesammthcit der gegenwärtig bestehenden Hauptvereine 81 Stimmen, auf jede der freien Städte I, auf Anhalt-Dessau re. I, aufHannover 6, auf Sachsen 6, auf Württemberg 5, auf Baden 3, auf Hessen-Darmstadt 3, auf Preußen im Ganzen 25, nämlich auf die Provinzen Brandenburg und Sachsen je 4, auf Pommern, Preußen, Rheinland, Schlesien und Westfalen je 3, auf Posen 2. Jeder Abgeordnete kann auf den Haupt versammlungen (tz. 26) sämmtlichc Stimmen Eines Hauptvereins, außer dem aber höchstens noch 2 Stimmen führen. 2) Die Zahl der Mitglie der des Centralvorstandes wird von 18 (tz. 13) auf 24 vermehrt, sodaß außer den 9 in Leipzig (hh. 13, 14) noch 15 auswärtige dazu gehören. Die Vollmacht des Centralvorstandes wird dahin erweitert, daß die Ge sammtheit desselben in besonders dringenden Fällen auch außerordentliche Hauptversammlungen beschließen und ausschreiben und überhaupt alles Nö- thige in der Zwischenzeit nach den Statuten, auf eigne Verantwortung vor der Hauptversammlung, vorkehren kann (htz. 16, IS). 3) Minde stens alle drei Jahre muß eine Hauptversammlung stattfinden (h. 24), deren Zeit und Ort sie selbst bestimmt (h. 28). Ncbenbcstimmungcn be trafen die Zulässigkeit einer unmittelbaren Versendung des zweiten Drit tels in geeigneten Fällen vom Mittelpunkt eines Hauptvcreins aus (h. I I) und die von dem frankfurter und dem darmstädter Deputirten, vr. Zimmer mann und vr. König, beantragte Vcrwilligung eines Dispositionsfonds für die dem Secretariate des Centralvorstandes unentbehrlichen Hülfsarbei- ter. Eine Veränderung des tz. 28, erleichterte Acnderung der Statuten betreffend, wurde aus guten Gründen bedenklich erachtet. Jetzt hielt Prof. vr. de Wette aus Basel einen Vortrag über einen von dem Centralvorstand in Leipzig gewünschten regelmäßigen Geschäfts verkehr mit den schweizerischen evangelischen Vereinen, der allgemeinen An- *) Der Secrctair des Centralvorstandes vr. Großmann, Pastor Schrader von Frankfurt a- M-, Syndikus Sander, vr. Oesterley, Magistratsassessor Nöldecke und ein Stenograph von Kassel.