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»786 vorzurufen und zur Reife zu bringen. Mit dem Stiele derselben Peitsche, welche er dem unglücklichen Opfer seiner Raublust verkaufen will, bringt er diesem ohne Zögern die tödtlichcn Schläge bei, mit sicherer Hand und in einer wohlbcrcchneten Richtung nach den beiden Schläfen. Hierauf schleppt er den noch unter seinen Händen von LcbcnSrcgungcn zuckenden Körper in ein nahes Kornfeld und bemächtigt sich, nachdem er durch den Erfolg mehrer Steinhicbc sich der völligen Tödtung des Unglücklichen ver sichert, des elenden Preises seiner ruchlosen That. Er reinigt hierauf das Mordinstrumcnt, die Peitsche, vom Blut und verhandelt dieselbe nach zwei Stunden kaltblütig und mit einer Seelenruhe, welche in Erstaunen seht, an den Bruder des Ermordeten. In pchchologischcr Hinsicht ist die ser Criminalfall von vielfachem Interesse, und Denjenigen, welche sich ernst mit unsern socialen und «ittcnzuständen beschäftigen, kann auch die That- sache keine gleichgültige Erscheinung sein, daß der Mörder, als er vor ungefähr einem Jahre vom Lande nach Dresden kam, in dem Ruf eines gut gearteten Menschen stand und binnen so kurzer Zeit und namentlich durch ein ausschweifendes Leben die Höhe moralischer Verwilderung er reichte, auf welcher ihn uns sein gräßliches Verbrechen zeigt. Obschon kein dringender Berdachtsgrund gegen ihn vorlag, so gelang cs doch bin nen kurzem dem Director des compctcnten Patrimonialgerichts, von dem entschlossenen Verbrecher durch Umsicht und Energie ein freies und um ständliches Bckenntniß seiner That und ihrer Motive zu erlangen. T Hannover, 25. Jul. Das Meiste, was auf dem Landtage propo- nirt worden, ist dem Wesentlichen nach stets von der Majorität bewilligt worden, und die gcsammten Verhandlungen haben sich im Ganzen ge nommen in dem bisherigen Gleise einher bewegt. Hin und wieder sind freilich, wie das bei derartigen Discussionen immer der Fall sein wird, einige Beispiele der Jnconseguenz, Ultraobcdicnz rc. zum Vorscheine gekommen, die wol nicht Jeder mit der allgemeinen Schwäche der Menschheit entschuldi gen wird. Der Abgeordnete des Bischofs von Hildesheim, der geistliche Rath Wehmulh daselbst, der noch obendrein sein Landsmann ist, Beide sind Eichsfelder, vertrat seinen Vorgesetzten auf eine Weise, die hier selbst dessen Opponenten seltsam vorkam. Statt die Interessen seines Bischofs wahrzunchmcn, stimmte er nur für den Militairctat und begab sich bald von hier wieder fort, als die die Interessen des Bischofs diesmal fo sehr berührenden Schulangclegcnhciten verhandelt wurden. Einigermaßen läßt sich alles Dies doch entschuldigen. Vor dem Beginne des diesjährigen Landtags kam nämlich der Bischof von Hildesheim, der nur ein Ge halt von 6000 Thlr. zu beziehen hat, bei der Regierung mit der Bitte «in, man möge, da er selbst zu sehr beschäftigt sei, seinem Substituten in der Ständevcrsammlung auf Kosten des Staats Diäten bewilligen. Der Bischof ist qua tuli* Mitglied der ersten Kammer, und erhielt auf fein Gesuch abschlägige Antwort. Sehr richtig und natürlich! Vermöge der ihm gewordenen hohen Stellung, in der er sich von Herzogen, Für- flcn und Grafen in der Kammer umgeben sicht, würde die Negierung nicht nur diese, sondern sich selbst compromitlirt haben, wenn sic solch einem Ansinnen nur im mindesten entgegen gekommen wäre. **Marburg, 27. Jul. Bodens „Dritte Schrift zur Vcrtheidi- gung des Hrn."Prof. Jordan in Marburg wider seine Gegner" ist hier, wie früher auch die Fischcr'schc und Wiaand'sche, bei 20 Thlr. Strafe auf sofortiges Antreiben B—ll's durch W—nn polizeilich verbo ten worden. Die Schrift ist unter dem hiesigen Publicum in vielen Exem plaren verbreitet. B—U soll auch das Verbot in Kassel bewirkt haben. In Kassel ward aber anfangs die «chrift ohne Hindcrniß verkauft, indem der neue Polizcidircctor in Kassel sich nicht veranlaßt fühlte, sie polizei lich zu verbieten. Das Verbot ging vielmehr erst nach längcrm Zögern von dem Justizministcr Mackeldeu aus. Doch soll dieser über Wange mann, seinen Schwager, sehr ungehalten sein und sich in dieser Weise offen geäußert haben. Auch ist die Schrift nicht unmittelbar um ihres Inhal tes willen verboten, da die Behörde nicht wohl offenbaren konnte, daß ihr dieser Inhalt unangenehm sei, sondern cs ist fetzt gegen sämmtliche kasseler Buchhändler eine Untersuchung cingeleitct (Nr. 209) wegen Ucbcr- tretung einer Ccnsurverordnunq von 1816! Nach dieser Verordnung sind nämlich Schriften über Kurhesscn, die im Auslände gedruckt, einer Cen- sur im hiesigen Lande unterworfen^ Das Merkwürdigste dabci ist, daß Jordan's Proccß dadurch zu einer «Staatssachc gemacht wird. Doch mag das noch hingehcn, wenn man seine Vcrurthcilung zu keiner Staatssachc erhebt. — Der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin ist am 2t. Jul. von der Reise nach Italien und dem Orient nach Schwerin zurückgekchrt. cX Franliturt N. LU., 26. Jul. Sechsundvicrzig Advocatcn aus ver schiedenen Städten und Ländern, die den in Mainz abgehaltcnen Assisen beigewohnt, haben im Stuttgarter Beobachter erklärt (Nr. 21t), daß sie „durch die unmittelbare Anschauung in ihrer Ncbcrzeugung befestigt worden seien, daß die Einführung des öffentlichen und mündlichen Verfahrens und des Schwurgerichts das einzige Mittel zur durchgreifenden Verbesserung des in den verschiedenen Theilen Deutschlands mehr oder weniger bcklagcns- werthcn Rechtszustandcs sei, und nur durch diese Einrichtungen die Män gel einer unvolksthümlichcn, durch Schriftlichkeit und Heimlichkeit unzu verlässigen Rechtspflege beseitigt werden «könnten»". Wir gestehen, nicht recht einzusehen, wie man aus einer einmaligen Anschauung einer Ge richtsverhandlung einen andern Schluß ziehen kann als höchstens den, daß sic auf einer guten Einrichtung beruhe. Aber das „einzige" Mittel! Dazu dürfte denn doch gehören, daß man mancherlei Mittel gesehen und jedes länger gesehen und näher geprüft hätte. Nün, die Herren sagen ja selbst, daß ssc die Ucbcrzeugung schon erst Hatten, und da wäre cs sehr wunderbar, wenn sie nicht „befestigt" worden wäre. Mee» He«. "Dresden, 28. Jul. Die Kunde von dem berliner Attentat ist mit Blitzesschnelle auch hierher nach Dresden gelangt und hat den tief sten und schmerzlichsten Eindruck auf alle Bewohner dieser Hauptstadt, ganz besonders aber auf die> zahlreichen hier anwesenden Preußen gemacht. Auch Schreiber dieses ist ein Preuße, dem eS, von Schmerz und tiefem Abscheu erfüllt, ein Bcdürfniß ist, Das auszusprcchen, was. er und ge wiß alle seine Landsleute bei dieser traurigen Veranlassung empfinden. Wenn der Mann von Ehre eine schwere Beleidigung erfahren hat, die er an dem unwürdigen Urheber nicht zu rächen vermag, so ergreift ihn ein tiefer Scclenschmcrz, und er fühlt das Bcdürfniß, sein verletztes Be wußtsein wiedcrhcrzustellen, sich mit sich selbst zu versöhnen. Eine solche Schmach hat unser Nationalgcfühl erfahren, denn ein Elender, der dem edlen preußischen Volk angchört, hat die Mörderhand erhoben gegen unsern erhabenen vielgeliebten König, gegen unsere angebctete Landes- mutter. Dieses Verbrechen ist so groß, so unerhört, daß die deutsche Geschichte dafür kein Beispiel , daß die Sprache keine Worte hat, um die allgemeine Indignation zu schildern, und wir alle haben ein tiefempfunde nes Verlangen, daß etwas geschehen möge, um diese Schmach auszu- löschcn aus unserm gekränkten Nationalbcwußtscin. Nicht die wohlver diente Strafe des Verbrechers kann cs heilen; denn wie möchte der Tod eines Elenden ein so schweres Verbrechen sühnen? Das Geschehene läßt sich nicht ungeschehen machen. Nur Eins kann die Erinnerung daran verlöschen, wie das beleidigte Zartgefühl der Jungfrau nur in der glücklichsten Ehe Versöhnung zu finden vermag. Die neue Aera eines, wo möglich noch inniger» und herzlichem Verhältnisses zwischen König und Volt muß be ginnen. Gewiß wurde unser Königshaus, wurde unser vortrefflicher hoch begabter Monarch bis dahin von allen seinen zahlreichen Untcrthanen schon aufrichtig verehrt und geliebt; aber eine neue Begeisterung für ihn, für unsere herrliche Königin, für das ganze erhabene königliche Haus muß in unsern HeZen lebendig werden, nachdem die allgütigc Hand der Vor sehung das Verbrechen des Königsmordes gnädig abgewendet und uns das geliebte Königspaar neu geschenkt hat. Mit noch innigerer Liebe, mit noch unbegrenzter»» Vertrauen wollen wir fortan an unserm Kö nige hangen, und der tiefe Schmerz, den sein erhabenes Gemüth, den das zarte Herz der Königin über das Geschehene empfinden muß, wird in der sanften Frühlingßluft der sic umringenden herzlichsten Liebe und treuesten Verehrung eine heilende Genesung finden. Wenn Unerhörtes dem Menschen begegnet, wenn das Schicksal mit kalter Riescnhand in die zarten Saiten unseres Gcmüths greift, so wird der gewöhnliche Mensch dadurch in seinem Innersten verändert, und nicht selten haben große Er eignisse, von schwarzem Undankc hervorgerufcn, weiche Gcmüther umgc- kaltct und sic mit gerechtem Unwillen und mit selbstsüchtiger Bitterkeit erfüllt. Ein so großes Unglück haben wir nicht zu besorgen. In dem Herzen des Königs lebt ein reiner unversiegbarer Quell der Liebe, und eine glückliche Vereinigung des schärfsten Verstandes mit wahrem und warmem Gemüth haben ihm eine Selbständigkeit gesichert, die nichts er schüttern kann. Weder Undank noch Haß, weder Schmeichelei noch fal scher Rath werden ihn auch nur einen Schritt entfernen von dem sicher« Wege, den er sich vörgczeichnet hat, und auf dem er sein Volk zu einer immer cdlcrn und glücklichem Entwicklung leitet. Auf dieser segensrei chen Bahn des ruhigen Fortschritts wollen wir ihm liebevoll und gläubig folgen, wie einem leitenden Sterne, der so hoch steht, daß er unter sich die Elemente kämpfen sicht und traurig lächelnd auf den Pfeil des Hasses herabschaut, der, von frecher Hand auf ihn abgeschossen, ohnmächtig zur Erde zurücksinkt. Ein so erhabener Stern ist unser König, Gott er halte ihn! 29.Jul. Bekanntlich überreichte eine Frau kurz vor dem verbrecherischen Attentat auf den König der Königin eine Bittschrift, welche diese auch entfaltete. Die Frau, Namens R—g, ist die Ehefrau eines kölnischen Kaufmanns, welche für ihren wegen Bankrotts nach rhei nisch-französischem Rechte zu lebenslänglicher Zwangsarbeit vcrurthciltc» Gatten um Gnade bat. Diese Frau R—g hatte heute einen Confron- tationstcrmin mit dem Verbrecher Tschcch, welcher sich hier abermals sehr frech bezeigte. Die Frau erkannte ihn sofort, aber auch er erkannte sie, indem er hinzuschtc, daß er sic drei Tage vor scincr That schon im Schlosse bemerkt. Tschcch hat sich übrigens früher bereits öffentlich bemerkbar gemacht und namentlich in Nr. 152 der Haude- und wpcner'schcn Zei tung vom -1. Jul. I82Z über seine Amtsvcrhältnissc, sowie früher in Nr. 79 und 93 desselben Jahrgangs bezügliche Mitteilungen gemacht. * Julien ll. d. Elbe, 28. Jul. Kaum war die Kunde von dem ent setzlichen Attentat auf unser geliebtes Hcrrschcrpaar hierher gelangt, als das Bürgerschützenbataillon sich versammelte und nach officieller Mit- theilung des Geschehenen seine innigste Thcilnahme an der von der Vor sehung geleiteten Rettung des Königs und der Königin durch ein dreima liges Lebehoch an den Tag legte. — Die Allgemeine Preußische Zeitung berichtet von, in Folge des glück lich abgcwcndcten Attentats veranstalteten Feierlichkeiten in Spandau und Kpritz. In Christianstadt erhielt man die erste Kunde des Vorfalls erst durch die berliner Deputation. A Serlin, 28. Jul. Die Gerüchte über einen Congreß, der wegen der spanischen Nermählungs frage gehalten werden soll, bestätigen sich, so weit die uns zugekommcncn Mitthcilungcn lauten, nicht im ent ferntesten; wol beklagt mgn sich aber in diplomatischen Kreisen bitter über die Perfidie, welche die französische Diplomatie für jene Frage eben so hinterlistig als wohlberechnct an den Tag gelegt. Sie hat dieselbe ledig lich benutzt, um philippistischc Zwecke zu erreichen und die Anerkennung