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begann, fortgesetzt werden. Hat dieselbe noch gar nicht begonnen, so soll das Testament der Aeltern entscheiden. Ist kein Testament vorhanden, so entscheidet der Wille der die Vaterstelle vertretenden Person. Durch die Annahme dieses Amendements sagen sich die Magnaten von ihrer unbe dingten Anhänglichkeit an den selbst von ihnen gebilligten Gcsehvorschlag des verflossenen Landtags I839/4U los und neigen sich auf die Seite der Regierung, welche das verworrene Mischehenproblem ganz und gar für neutrales Gebiet erklären und nur nicht zuacben will, daß der Protestan tismus offenbar triumphirend sein Haupt über den Katholicismus erhebe. Uebrigcnß wurde der Inhalt der königl. Resolution auch bei dieser Gele qcnheit von der katholischen Geistlichkeit, als den Lehren der Kirche wider strebend, tapfer bekämpft. — Das Wechselgesetz soll revidirt werden, weil sich bei der Ausübung desselben mannichfache Mängel zeigten. — In Betreff der Vereinigung Siebenbürgens mit Ungarn wurde die Nicdcrsetzung einer Rcichsdcputation beschlossen. — Das Domcapitel zu Gran hat auf den Grund der bestehenden Gesetze singulairc Stim men für die Kapitel beansprucht; die Standctafel mies jedoch diese Bc- . schwerde zurück und verlangte, daß sie in der Form einer Motion vor getragen werde. Die deutsche Presburger Zeitung enthielt vor kurzem einige Artikel LeS pensionirten StattHaltereiratHS John, worin sich derselbe gegen die Besteuerung des Adels aussprach, und die von den konservativen mit vielem Beifall gelesen wurden. Uebrigcnö hatte des guten Herrn lange Rede bloß kurzen Sinn. Daß der Adel gleichfalls besteuert werde, ist wol billig und recht, und welcher politische Sophist vermochte eine so klar leuchtende Wahrheit zu verdunkeln? Daß die Anregung dieser Idee stürmische Wehen im Lande hcrvorrief, ist wahr. Allein daraus folgt noch keineswegs, daß späterhin keine solchen Rcactienen dagegen loSge- drochcn wären, indem zugleich der wahrhaft rettende und dem Lande Heil verheißende Moment leicht versäuptt werden konnte. Nun ist die Bahn einmal gebrochen und der Gedanke wird seine Vollendung finden. Spanien. Zwei Hauptfragen beschäftigen Spanien jetzt: die Auflösung der Cortes und die Wahl eines Gemahls für die Königin Isabella, die, streng genommen, zum Heirathcn alt genug ist. Die parlamentarisch cFragc .ist unläugbar die dringendste. Ehe man den Cortes- einen Plan zur Ver mählung der Königin vorlegcn kann, muß es in Spanien erst Cortes ge ben! Es ist aber durchaus nicht ausgemacht, daß das gegenwärtige Mi nisterium sich entschließe, die Cortes wieder zusammenzuberufen und die ses Jahr auf die verfassungsmäßige Bahn zurückzukchren. Bekanntlich sind die Minister Mon und Pidal, Mayans und Armcro, die bisher zu Ma drid waren, jetzt nach Barcelona beschicken worden, wo ihre beiden Kolle gen, General Narvaez und Viluma sich bereits bei den beiden Königin nen befanden. Mon und Pidal werden am 25. Jun. zu Barcelona cin- getroffcn sein, von wo sic binnen einigen Tagen nach Madrid zurückkch- ren wollten, um sich anfangs Juli wieder in dck Hauptstadt zu befinden. Es mar ein ernstes Misverständniß zwischen den beiden Parteien im Mi nisterium ausgebrcchen. Mon, ein aufgeklärter und zu parlamentarischen Erörterungen befähigter Mann, will unverzüglich die Cortes auflösen und neue cinbcrufen, um die constituiioncllen Formen in Spanien wieder hcr- zustcllen. Pidal, ehemals Präsident der zweiten Kammer, theilt voll ständig die Ansicht seines Kollegen, des Finanzministers. Allein General Narvaez, ein Brausekopf und Gewaltmensch, seht mehr Vertrauen auf die Regierung des Säbels als auf die Regierung der Rcdnerbühne. Der Mini ster der auswärtigen Angelegenheiten, Marquis de Viluma, hat ebenfalls den Plan, die Zusammendcrufung der Cortes vielleicht auf immer zu vertagen oder doch wenigstens die Verfassung durch eine Ordonnanz bedeutend um zugestalten. Die Königin Christine läßt sic sämmtlich bei sich zusam menkommen und will sie zu vereinbaren suchen. Dies sind die Haupt punkte, welche zur Bcrathung kommen werden, und die Entscheidung dar über wird großen Einfluß auf Spanien haben, sodaß man allgemein dar auf gespannt ist. Seit Olozaga's Sturz sind die Cortes nicht versammelt gewesen. Das Ministerium Gonzales Bravo hat eine Reihe von wesentlichen Or donnanzen erlassen, besonders über die Miliz und die Presse. Diese Or donnanzen trugen den Charakter der Einstwciligkeit und sollten später der Kammer zur Genehmigung vorgclegt werden. Ferner ist seit der von Espartero verfügten Auflösung der Cortes kcig Budget in Spanien be willigt worden. Die Abgaben werden dort folglich gesetzwidrig erhoben, alle Maßregeln der Negierung sind Willkürlichkeiten, und Spanien befin det sich ununterbrochen in einer Krisis und Revolution. Wie ist diesem Zustande der Dinge ein Ende zu machen? Die Partei der Moderados, welche die Staatsverwaltung in Händen hat, fürchtet den Einfluß der Par tei der Exaltados in den Cortes, da deren ausgezeichnete Redner den allerschön- .stcn Stoff zu Oppositionsrcdcn hätten. Ucbcrdics erfodcrn die Plane der Mo- deradoß eine entschlossene und einige Majorität zu ihrer Annahme. Darüber sind deshalb fast alle Minister einig, nicht vor der jetzigen Kammer er scheinen zu wollen. Allein die Einen wollen eine neue, unter dem Ein flusse der Staatsgewalt erwählte Kammer cinbcrufen, die Andern wollen sich noch lange ohne eine Kammer behelfen. Dieser Zwiespalt wird noch dadurch verschlimmert, daß es sich um nichts Geringeres handelt, als um eine Abänderung der Verfassung und der Staatsgrundgcsehe. Diese Ab änderung soll drei Hauptpunkte betreffen: Nationalgardc, Wahlgesetz und Senat. Die Nationalgarde wird von der Verfassung selbst voracschricben. Dennoch ist sie jetzt weder vorhanden noch bewaffnet. Der Antheil, den die Nationalgarde an den Unruhen genommen hat, unter denen Spanien schon so lange zu leiden hatte, hat nach der Ansicht des Ministeriums aller ¬ mindestens eine Umgestaltung der Nationalgarde nöthig gemacht. Das Wahlgesetz theilt in Spanien die Provinzen in Wahldistricte, deren Wähler zunächst so viele Candidatcn bezeichnen, als die ganze Provinz Dcputirte braucht. Da nun die Distrikte beim ersten Male fthr selten einig wer den und da man zur Erwählung die Mehrheit der Stimmen von sammt- lichen Wählern aller Districte einer Provinz erhalten haben muß: so wird von sämmtlichen bezeichneten Candidatcn, die nicht die erfodcrliche Stim- menzahl erhalten haben, ein Verzcichniß entworfen und den Wählern aber mals zur Abstimmung vorgclegt, bis die Mehrheit daraus die erfodcrliche Deputirtenzahl gewählt hat. Jeder Spanier kann zum Dcputirten ge wählt werden. Dieses Wahlgesetz denkt man in zwei Punkten abzuan dern. Zunächst soll das verwickelte Wahlgeschäft durch Erwählung eines Dcputirten für jeden Wahlbezirk, wie in Frankreich, vereinfacht werden, dann will man die Anzahl der Wählbaren entweder durch die Bedingung einer «tcuersummc oder durch Aufstellung von Klassen kleiner machen. Zur Rechtfertigung der zuletzt genannten Reform sagt man, da Leute ohne allen Anhalt, die bei der Unordnung nichts zu verlieren und Alles zu gewinnen hätten, zu Deputaten gewählt werden könnten, so werde das Volk von ihnen gegen die Wahlcollcgicn aufgchctzt, um durch Dro hung ihre Erwählung durchzusetzcn. Durch dergleichen Gcwaltthätigkeiten würden rechtschaffene und ruhige Leute fern gehalten und das Wahlcrgeb- niß allen Zufälligkeiten eines planmäßigen Aufruhrs preisgcgcben. Wenn man entweder einen gewissen Steuersatz bezahlen oder einer bestimmten Klaffe angehören müsse, um wählbar zu sein, so würden die meisten unru higen Köpfe persönlich kein Interesse bei der Sache haben und die Wahlen ruhig und zuverlässig werden. Endlich werden jetzt auch die Senatoren gewählt, und man beabsichtigt sie unter ähnlichen Bedingungen lebens länglich zu machen, wie die Pairs in Frankreich. Auch sollen die Mini ster nicht sowol über die Nützlichkeit dieser Verfaffungsreform als über die Art ihrer Ausführung verschiedener Meinung sein. Einige wollen Alles durch Ordonnanzen bewerkstelligen, andere Alles den Cortes vorlegen. Die öffentliche Meinung ist den parlamentarischeren Ministern durchaus gewogen. Die Folgen augenscheinlich gesetzwidriger Maßregeln könnten die öffentliche Ruhe und die Popularität der Königin gefährden. Mit der Vermählung der Königin ist die spanische Nation in diesem Augenblicke weniger beschäftigt als einige europäische Höfe. Es ist in dessen eine wichtige Angelegenheit für Spanien, denn cs handelt sich nicht blos darum, einfach einen Mann für die Königin auszuwählen, wie Eng land es thun konnte, weil es eine regelmäßige und kräftige Regierung besitzt. Bei der Stimmung der Gcmüthcr und der Spannung der Par teien in Spanien dürften wahrscheinlich Umstände cintrctcn, die der Kö nigsmacht eine Kraft und eine Entschlossenheit nöthig machen, wie man sic bci einem jungen Mädchen von 14 Jahren vergebens suchen würde. Die Ministerkrisen in Madrid sind noch nicht zu Ende, und die carlistische Partei, die schon längst mit Bürgerkrieg droht und sich dazu rüstet, macht einen muthigcn Prinzen neben dem Throne nöthig, der die constitutionelle Regierungsform liebt und den Empörern auf der Straße in Madrid wie den carlistischen Truppen in den Provinzen die Stirn zu bieten im Stand ist. Es ist bekannt, Laß die carlistischen Flüchtlinge in Frankreich und England seit einigen Monaten von vielen Emissären besucht worden sind. Man scheint sich für einen baldigen Feldzug vorzubcreitcn. Lord Ranelagh, derselbe Mann, welcher dem britischen Ministerium Don Carlos' Vor schläge in Betreff der Vermählung der Königin mitgcthcilt hat und der Geschäftsführcr des Carlismus zu sein scheint, brachte vor einigen Mona ten einen der kühnsten und unternehmendsten Offiziere der carlistischen Truppen von London nach Bourges mit. Der Offizier war als Bedien- dcr verkleidet und schien Lord Ranelagh aufzuwartcn. Herr und Diener aber speisten neben einander an Don Carlos' Tafel in Bourges, und die Wände von Don Carlos' Wohnung, Lie, wie cs scheint, nicht undurch dringlich sind, ließen Plane sehen, die den Eabinetcn in Paris und Lon don bekannt wurden und bei den Carlistcn einen Entschluß bewiesen, das Kriegsglück abermals zu versuchen. Wir halten diese Plane allerdings nicht für besonders gefährlich. Spanien ist der Revolutionen und der Ver schwörungen müde. Die Carlisten scheinen selbst an kein Gelingen zu glauben. Leute, die sich bald den Christinos, bald den Esparteristen zu Bundesgenossen anbicten, haben kein großes Vertrauen auf ihre eigne Kraft, und ein Fanatismus, der einen Vergleich abschlicßen will, ist dem Erlöschen nahe. Spanien hat aber dennoch die gewichtigsten Gründe, die Wahl eines Gemahls für die Königin nicht allzu lange zu verschieben, besonders aber verständig und klug dabei zu verfahren. Für Frankreich ist diese Frage von hohem Interesse. Ohne an Lud wig XI V. und dessen Familicnpact, sowie an sämmtliche Erfahrungen der Geschichte zu erinnern, kann man schon in dem Verfahren, was England stets beobachtet hat, Frankreichs Interesse augenscheinlich erkennen. Nie hat England eine Gelegenheit unbenutzt gelassen, Mißtrauen und Verwir rung in den Beziehungen zwischen Frankreich und Spanien zu erregen. Im Jahr 1814 benutzte es bekanntlich den Einfluß, den die letzten Kriege ihm damals auf der pyrenäischcn Halbinsel verschafft hatten, um durch seinen Botschafter Sir Henry Welleslcy, jetzt Lord Cowley, Spanien zu einem Vertrage zu nöthigcn, in dem sich ein geheimer Artitel befand, der so lautete: „Sc. katholische Maj. verpflichtet sich, keinen Vertrag und kein Ucbcrcinkommcn mit Frankreich abzuschlicßcn, gleich dem sogenannten Familicnpact, auch keine andere Vereinbarung cinzugehcn, die Spaniens Unabhängigkeit beeinträchtigen, den Interessen Sr. britischen Maj. nack theilig werden oder dem engen Bündnisse zuwiderlaufen könnte, welches durch diesen Frcundschafts - und Bundesvertrag vom 5. Jul. geschlossen worden ist." In Betreff der spanischen Verhältnisse besteht im Jahr 1844 eben so wenig ein „herzliches Cinverständniß" zwischen Frankreich und Eng land als im Jahr 1814. England hat indessen keine cingestandenen Be-