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Nr 61 1. März 1844. Deutsche Allgemeine Zeitung PrtiS für daS Viertel« jahr 2 Lhlx. — JnsertionSgebubr für den Raum einer Zeile 2 Ngr. Freitag Ltip,ig.; Die Zeitung erfcdelnr tüglick AbendS. Lu beziehen durch alle Postämter de« In- und ÄuSlande«. «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Z u r N a ch r i ch t. -«.uf das am I. Äpril 1844 beginnende neue vierteljährige Abonnement der Deutschen Allgemeinen Zeitung werden bei allen Postämtern und Zeitungsexpeditionen des In- und Auslandes Bestellungen angenommen. Der Preis beträgt in Sachsen vierteljährlich 2 Thlr., in den übri? gen Staaten aber wird derselbe nach Maßgabe der Entfernung von Leipzig erhöht. Ueberblick. Deutschland. * Leipzig. Die Reinheit der deutschen Sprache. *Mün- chen. Nachrichten von Athen- — Die Trennung der Schulen nach Con- fessionen. -Hannover. Das Patent in der Zollsache. -Äus dem Vs- naorückischen. Gustav-Adolf-Stiftung. Die Katholiken- Kassel. Die Ehe des Kurfürsten. Giessen. Die Studircnden- --Weimar. Henß in Sachen der Stadtordnung. Bremen. Budget. PkeuHen. ** Berlin- Ein Erkenntniß des Obcrcensurgerichts- Verord nung in Betreff des Erbrechts der Strafanstalten- -Posen. Die Aus weisung der Polen. Die Haussuchungen. Die Uebcrläufcr- Die Grcnz- juden- Breslau. Wirksamkeit der Schiedsmänncr- Desterreich. -Presburg. Professor Stur. Ein Rosenkranzpater. Portugal. -Lissabon. Der Aufstand. GHanieu. -Paris. Die Entwaffnung derNationalgardc. Don Francisco- Personalien- General Roncali- Die Erschießung der Gefangenen. Großbritannien. Der Attorney General für Irland im Parlamente. Interpellationen in Betreff Otaheitiß. O'Brien in Irland, O'Connell in England. Versammlung der Actionairc der Ostindischen Compagnie. Frankreich. Deputirtcnkammer: Bittschriften ; Bewilligung zu Ehren des Marschalls Drouct d'Erlon- -f Paris. Die Remusat'sche Verhandlung. Die Abstimmungen. Die Befestigung von Paris. Die Colonisationsarbci- ten in Algerien- Abd-el-Kader. Italien, klom- Der Großhcrzog von Mecklenburg-Schwerin. Griechenland. Die Katholiken in Griechenland. Türkei, ch Konstantinopel. Der Sultan. Die griechische Frage. Die Mc- dicinalschule. Frcmdenpolizei. Dschimal-Efendi- Rüstungen der russischen Marine. — Die Pforte in der sardinisch - tunesischen Angelegenheit. Mejieo. Das Handelsverbot in Mcjico- Personalnachrichten. Wissenschaft UN» Kunst. Köln. Der Dombau. — Die ägyptische Ex pedition. — Der Verein der Buchhändler in Stuttgart- Handel und Industrie. -Berlin. Gasbeleuchtung. Die Messe in Frank furt a. d- O. Kassel. Die Eisenbahn. Aus dem Haag. Eisenbahn von Aachen nach Mastricht. — Die Ein - und Ausfuhr Lübecks in den Jahren 1834—184». — Berlin. Neueste Nachrichten. Frankreich gibt in Otahciti nach. — Der spa nische Consul in Langer enthauptet. Nnkün-igungen. Deutschland. * Leipzig, 29. Fcdr. Die Herausgeber der in Ulm erscheinenden Zeit schrift: „Die Zeitintcressen", erlassen folgenden Aufruf „an die Heraus geber deutscher Zeitungen und Zeitschriften": „Bei dem langsam fortschrei tenden Umschwünge der Dinge in Deutschland, gegründet auf Erhebung und Kräftigung des Volksbcwußtseins, ist die gemeinsame Trägerin aller Gefühle und Bestrebungen, die herrliche Sprache unscrs deutschen Vater landes, noch immer nicht, mit der dankbaren Rücksicht behandelt worden, die ihr gebührt. Wurden auch schon viele Versuche gemacht, ihr Recht ihr widerfahren zu lassen, so sind wir doch noch weit vom Ziel entfernt. Ja es hat den Anschein, als ob in dieser hochwichtigen Angelegenheit viele schöne Worte zur Schau getragen werden, wenig Ernst sich aber zeige, ihnen wirkliche Folge zu geben. Worte ohnc Thaten, wo die Mög lichkeit zu diesen gegeben ist, machen absr Den, der jene im Munde führt, lächerlich, und wir Deutsche sind nahe daran, mit unsern endlosen Sclbstverherrlichungen deutschen Wesens dem Auslande lächerlich zu er scheinen, da wir in der Wirklichkeit das Fremde in der Sprache unhc- schränkt herrschen lassen. Wer wäre aber mehr dazu berufen, die Rechte der Sprache zu vertreten, als die Schriftsteller überhaupt und ganz be sonders die Herausgeber der Zeitungen und Zeitschriften, und wie sehr vernachlässigen sie dieses ihr Ehrenamt? Wir wollen uns nicht auf ein zelne Beispiele einlasscn, deren nur zu viele zur Hand sind. Aber Das muß gesagt werden, dass Niemand größern Einfluß auf die Reinigung oder Verderbniß, auf die Bildung oder Verbildung der Muttersprache hat, als die Herausgeber und Mitarbeiter der LaaeSblättcr und anderer Zeit schriften, und daß eine Vernachlässigung der Sprache von ihrer Seite eine schwere Versündigung am Geiste des deutschen Volks ist- Statt Andere zu tadeln und zu belehren, fangen wir lieber bei uns selbst an: denn wer den wir besser, bald wird's besser werden. Um dies jedoch mit großem und nachhaltigem Erfolg inö Werk zu sehen, reicht der gute Wille und die Kraft des Einzelnen nicht aus. Nur indem Alle oder doch sehr Viele sich.dazu ver binden, steht ein großer Erfolg zu erwarten. Um solchen zu erreichen, fodern wir hiermit unsere Genossen in Herausgabe und Leitung von Zeitungen und Zeitschriften auf und laden sie freundlichst ein: i) sich mit uns dahin zu verbinden, daß sic sich des Gebrauches der deutschen Sprache in ihrer Reinheit befleißigen, auch ihren ganzen Einfluß geltend machen wollen, um diesen Gebrauch allgemein zu machen; 2) öffentlich durch ihre Blät ter dies zu erklären und, daß es geschehen, uns gefälligst mitzutheilen. Jeder Verständige sieht ein, daß hier nicht auf eine schwachsinnige Sprach reinigung abgezielt wird, auch daß der Zweck nur langsam durch Kraft und Umsicht erreicht werden kann, daß es aber unwürdig unserer so schö nen als reichen Sprache wäre, länger der unseligen Sprachmengerci ruhig zuzusehen oder ihr, wie cs nur zu häufig geschieht, noch mit anzu- hclscn. Darum versehen wir uns auch der beifälligen Theilnahme, der Unterstützung unserer Genossen, und hoffen, sie werden nach Maßgabe ihrer Mittel zur glücklichen Erreichung des gemeinsamen Zieles all das Ihre beitragen." Die vaterländisch-volksthümliche Bedeutung der darin beregten An gelegenheit hat bekanntlich schon in einer früher» Zeit des begeisterten Aufschwunges für die Ehre und Würde Deutschlands und für die Güter und Gaben und Richtungen, die sich als die eigensten des deutschen Volks und als unterscheidende darstellcn, zu verwandten Versuchen geführt, die aber an mancherlei lächerlicher Ucbertreibung und kleinlichem Außenwerke gescheitert sind. In neuester Zeil ist derselbe Gegenstand von verschiede nen Seiten her aufs neue zur Sprache gebracht und irren wir nicht, auch in leipziger schönwissenfchaftlichcn Blättern, von Laube, Heller u.A. bcvorwortet worden. Auch in der Deutschen Allgemeinen Zeitung erhob sich schon in Nr. 72 v. I. eine Stimme dafür, hauptsächlich aus dem Gesichtspunkte der Klarheit, Bestimmtheit, Äerständlichkcit und der Ver drängung undeutscher Begriffe, die sich an undcutsche Worte nur zu leicht knüpfen, und neuerdings wieder (Nr. 33) wurde an einem Beispiel ent gegengesetzter Mißgriffe das Verkehrte und Lächerliche derselben gezeigt. Es wird sich allerdings auch bei dieser Sache, wie bei so vielen, vornehmlich mit darum handeln, daß Ucbertreibung, kleinliche Splitter- richtcrei und oberflächliches Tändeln nicht ihr Spiel damit treiben, daß nicht das Werk, was auf Natürlichkeit fußen und zu ihr führen soll, gesucht und vcrkünstelt, daß nicht der Sprache, die sich im freien Strom m mächtiger Kraft entfalten soll, zwängende Gewalt angethan werde. Wie unerschöpflich reich auch unsere herrliche Sprache sein möge, es ist doch nicht wahr, daß wir für Alles, was wir in ihr außzudrückcn wün schen, das rechte Wort darin haben. Abgesehen davon, daß völlig un- deutsche, dem deutschen Wesen widerstrebende Begriffe von der Sprache verschmäht werden, so ist auch vielleicht für Manches das Wort wol da, was die Sache bezeichnen könnte, aber es wird in andcrm Sinne ge braucht und der ausländische Ausdruck ist so eingebürgert, daß er ver ständlicher geworden ist als der deutsche; oder er trifft die ganz beson dere Schattirung des Begriffes, die man meint, genauer als der deut sche Ausdruck, in welchem diese Schattirung wol auch mit liegt, aber noch vieles Andere neben ihr; (selbst die Zeitschrift, von welcher obiger Ausruf ausgcht, hat einen ausländischen Namen); oder er ist kürzer, oder im Augenblick ausdrucksvoller; oder es handelt sich darum, die schnelle Wiederholung desselben Wortes zu vermeiden. Aber schlage man das Alles auch nicht zu hoch an und lasse man sich nicht dadurch in Beguem- lichkeit einwicgen. Bei einiger Aufmerksamkeit auf sich selbst und einiger Gcwandheit im Ausdruck, bei einiger Vertrautheit mit unserm reichen Sprachschatze lassen sich die Fälle, wo man jetzt zum fremden Worte greifen zu müssen glaubt, unendlich vermindern, und wo das rechte Wort für die Sache da ist und nur die Gewohnheit seine Anwendung dafür verhindert, da ist das vorgcschlagene Mittel gewiß ein gutes, um ebenfalls wieder durch Gebrauch und Gewohnheit das vorhandene Wort in.seinen natürlichen Wirkungskreis cinzissühren. Und so wenig in dem Wirken für diese vaterländische Sache ein besonderes Verdienst liegen kann —der vaterländische Sinn hat viel wichtigere Aufgaben noch, an denen er sich zu bethätigcn hat — so gewiß cs ein Mißgriff wäre, mit der Sache ein jelbstgefälliges Spiel zu treiben und sich in Einseitigkeit, Uebertreibung und Verkünstelung zu verlieren, so ist doch eben so-gewiß das Verfahren solcher Schriftsteller wenigstens des Spottes werth, die sich in dem un- nöthigcn, ja widerlich gehäuften Gebrauche fremder Ausdrücke gefallen, sic geflissentlich dem deutschen Kernworte vorziehen und sich aus ihren Reichthum an Fremdwörterweisheit ordentlich etwas einxubilden scheinen, wol gar meinen mögen, daß sie sich dadurch bei ihren Lesern einen An-