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Zur Einführung Joseph Haydn wurde im Jahre. 1732 als Sohn eines angesehenen Wagnermei sters in Niederösterreich geboren. Mühselig mußte sich der junge Haydn als Straßenmusikant und Tanzbodengeiger in Wien durchschlagen, bis er zuletzt Hofkapellmeister des Fürsten Esterhazy wurde, in dessen Diensten es der Meister trotz der anfänglich entwürdigenden Behandlung nahezu 30 Jahre aushielt. Er wurde als Lakai angesehen, mußte die vorgeschriebene Livree tragen, allmorgendlich die ihn und das Orchester betreffenden Befehle ent gegennehmen und jede anbefohlene Komposition sofort anfertigen. Und doch konnte Haydn mit seinem kleinen Orchester. verhältnismäßig frei arbeiten,' Versuche anstellen, beobachten, was den Eindruck hervorbringt, verbessern, wagen. Der Fürst war kunstliebend und wußte schließlich Haydns überragende Meisterschaft zu schätzen. Obwohl Haydn noch im Dienste eines Fürsten stand, schuf er doch eine bürgerliche Musik: So wuchs noch im Schoße der Feudalordnung einer der ersten ganz bedeutenden Klassiker heran. Haydns Sonaten, Streidiquartette und Sinfonien nehmen einen hervorragenden Platz in unseren heutigen Kon zerten ein, sie bilden außerdem wichtiges Studienmaterial für unsere jungen Künstler. Zutiefst ist Haydns Schaffen in .der Volksmusik besonders seiner Heimat verwurzelt. Schlicht und rpit wahrem menschlichen Ausdruck gestal tete er seine Werke. Hinzu kommt eine klare, fast nüchtern zu nennende Formgestaltung. Von..den über 100 Sinfonien, die zu einem großen Teil für die Esterhäzysche Kapelle entstanden, zählt die Sinfonie Nr. 22, „Der Philo soph“ genannt, zu den frühen Werken. Ihren Titel mag sie dem langsamen, gemessenen 1. Satz (Adagio) verdanken, in dem gemächlich dahinschreitende Achtelnoten der Kontrabaßstimme an das Nachdenken eines Philosophen er innern. Ein kunstfreudiges Publikum hat nachträglich einigen Sinfonien Haydns solche Untertitel verliehen, die aber in vielen Fällen den wahren Charakter verfälschen und die echte Größe des Werkes vergessen lassen, weil sie sich an oftmals geringfügige und unbedeutende Einzelheiten klam mern. In den anderen Sätzen der Sinfonie finden wir heiteren Frohsinn und teilweise derben Humor, der sich in einfachen rhythmischen und harmoni schen Überraschungseffekten äußert. Als dritter Satz erklingt das als Tanz stück in Haydns Z'git besonders beliebte Menuett. Im Jähre 1792 siedelte der junge Beethoven aus seiner Heimatstadt Bonn in die Kunstmetropole Wien über, wo er im Sturm die Herzen der Wiener durch sein Auftreten als Pianist eroberte. Über einen musikalischen Wettstreit des jungen Beethoven berichtet Carl Czerny, der später bedeutende Klavier pädagoge: „In dem jungen Menschen steckt der Satan. Nie habe ich so spielen hören! ... er spielte eigene Kompositionen, die in höchstem Grade wunderbar und großartig sind, und er bringt auf dem Klavier Schwierigkeiten und Effekte hervor, von denen wir uns nie haben etwas träumen lassen.“ Beet hoven wollte aber nicht allein schwierige virtuose Leistungen vollbringen, in ihm steckte eine revolutionäre feurige Gesinnung, die ihn bewog, die großen, neuen vorwärtsweisenden Ideen seiner Zeit in seinem Schaffen «begeisternd, mitreißend zu verkörpern. Die Bestrebungen der Klassiker Haydn und Mozart führte Beethoven so mit seihen gewaltigen Ideenkompositionen weiter. Als freischaffender Musiker war er sich seines Wertes voll bewußt, fühlte sich den Fürsten gleichberechtigt und überlegen. Das Klavierkonzert Nr. 4, G-Dur spielte Beethoven selbst erstmals 1807. Im ersteh Satz beginnt das Klavier allein mit einem zarten poetischen Thema. Danach, setzt das Orchester ein, das Anfangsthema auf greifend. Es folgt ein zweites' energisches, marschartiges'Thema. Die Gegensätzlichkeit der Themen nützend, entwickelt Beethoven nun ein herrliches Zusammenspiel zwischen Klavier und Orchester; das den Charakter eines Zwiegespräches zwischen beiden trägt. Der erste Satz endet mit einer großen Kadenz, in der das Kla vier noch einmal solistisch hervortritt. Der Charakter eines Dialoges zwischen Klavier und Orchester wird im zwei ten, langsamen Satz in e-Moll noch deutlicher. Dieser ist in einer ergreifenden ernsten Stimmung gehalten. Nach Aussagen von Freunden Beethovens ist. der Komponist durch die Orpheus-Sage angeregt worden. Der Sänger der Liebe bezwingt die finsteren Mächte der Unterwelt kraft seines beseelten Gesanges. Ein düster drohendes Thema der Streichinstrumente steht -als dia lektischer Gegensatz gegen ein innig flehendes Thema des Klaviers. In der Auseinandersetzung zwischen beiden Themen wird dargestellt, wie allmäh lich der humane Gesang der Liebe die finsteren 1 Kräfte bezwingt. Ein kraftvoller, lebensbejahender 3. Satz folgt unmittelbar. Er ist nach dem Vorbild des Rundgesanges als Rondo gestaltet. Eina Kehrreimmelodie liegt ihm zugrunde, die immer wieder aufgegriffen, oft, auch in abgewandelter Form, wieder in Wechselrede zwischen Klavier und Orchester das Konzert freudig beschließt. Johannes Brahms Schaffen ist in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ver wurzelt, einer Zeit, die zu einer pessimistischen und resignierenden Philoso phie geführt hatte. Viele flüchteten vor der Wirklichkeit als Romantiker in eine Traumwelt. Brahms setzte sich mit der bitteren Wirklichkeit ausein ander. 'Er betonte die strenge Form der klassischen Sinfonie entgegen den Bestrebungen der Romantiker, die zu einer Auflösung fester Formen kamen. Seine Musik ist männlich-herb, kraftvoll. Nichts ist von der übertriebenen Leidenschaftlichkeit, der Überschwänglichkeit der Romantiker zu spüren. An der Einfachheit und Volkstümlichkeit seiner Themen erkennt man, daß Brahms sich gründlich mit der Volksmusik befaßt hatte. Seine dritte Sinfonie, 1883 in Wiesbaden vollendet, wird oft als die „heroische“ bezeichnet. Das kann aber zu falschen Vorstellungen führen; denn dasIHeroische äußert sich bei Brahms ganz anders als bei Beethoven: trotz der Überwindung aller Wider-