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14 benutzt werden. Du rkei. * Konstantinopel, 13. Dec. Die griechische Frage ist noch immer der Hauptpunkt, um den sich die Politik des Tages dreht. Un parteiische, mit der Lage der hiesigen Verhältnisse genau bekannte Man ner befürchten sehr, daß sic eine große Verwickelung hcrbciführcn mochte. Obgleich sich die Pforte in diesem Augenblicke mehr zu der englisch-fran zösischen Politik hinzuncigcn scheint, so dürfen wir doch hierbei nicht über sehen, daß man auf alle nur mögliche Weise die türkischen Großen zu den Ansichten des Nordens hinzuzichcn sucht, ihnen die große Gefahr, in welcher das türkische Reich schwebe, mit de» grellsten Farben schildert und das verführischc Bild von Sicherheit und Ruhe durch enges An- schlicßcn an das allmächtige Rußland vorhält, und daß durch diese Be strcbungcn die türkischen Partisane des Nordens im Divan eher zu- als abgenommcn haben. Jene Partei beabsichtigt nichts weniger, als offen zu erklären, daß die Pforte die griechische Revolution und ihre Resultate nicht anerkenne, indem hierdurch ihre europäischen Provinzen in die Gc sahr verseht würden, eine ähnliche Revolution zu erleiden. Diesen Prä missen gemäß will sic zu den energischsten Maßregeln, wie Sendung einer Flotte in die griechischen Gewässer, Aufstellung einer großen Armee an den griechischen Grenzen re., greifen. Dürste hierdurch nicht leicht eine Collision mit dem aufgeregte» Griechenland hcrbcigcführt werden? Und die Folgen davon? Einer der ersten hiesigen Diplomaten soll sich über die griechische Frage dahin ausgesprochen haben, daß sic entweder die Zerstückelung des osma Petersburg, I6. Dec. Vom Finanzministerium ist folgende Be kanntmachung erschienen: „Zn Gemäßheit des Art. 4 des zu London am 8/20. Dec. 1831 zwi schen Rußland, Großbritannien, Oesterreich und Preußen zur gänzlichen Un terdrückung des Sklavenhandels abgeschlossenen und unterzeichneten Trac- tats hat die russische Regierung für die englischen Kreuzer die ersten Man date ausgelicfcrt, durch welche die benannten Kreuzer autorisirt werden, in den Gewässern, wo das gegenseitige Recht der Durchsuchung ausgcübt wer den darf, die unter russischer Flagge segelnden Handelsschiffe, auf weichender Verdacht ruht, daß sic sich mit dem Sklavenhandel befassen, oder daß sic für diesen Handel ausgerüstet sind, oder daß sic während der Fahrt, auf welcher der Kreuzer sie «»gesprochen, Sklavenhandel getrieben haben, in Gemäßheit des Lractats zu durchsuchen und anzuhaltcn. Diese vom Admiralitätsconseil unterschriebenen und besiegelten Mandate sind in russischer, englischer, deut scher und schwedischer Sprache ausgestellt worden. Die mit dem Durchsu- chungsrcchtc belehnten Kreuzer werden sich eines besonder« Signals bedienen, über welches die hohen contrahircnden Parteien, von welchen der Tractat vom 8/20. Dec. unterzeichnet worden, sich verständigt haben." — Nach englischen Nachrichten soll der russische Gesandte Katakazi in Athen gar nicht von seiner Abberufung in Kenntniß gesetzt worden seien, sondern ein russisches Kriegsdampfschiff sei plötzlich im Piräus er schienen, der Befehlshaber desselben habe den Gesandten zur Empfang nahme von Befehlen cinladcn lassen, und als dieser den Fuß aufs Ver deck gesetzt, sei er im Namen des Kaisers verhaftet worden, worauf man auch noch die bedeutendsten Beamten der Gesandtschaft und deren Pa piere an Bord geholt und sofort die Rückfahrt angctrctcn habe. An diese Darstellung knüpft sich dann eine Reihe von Urthcilcn über das Verfah ren der russischen Regierung überhaupt, wobei auch die Erzählung von einer angeblichen Grausamkeit gegen die Fürstin Trubchkoi, der Ukas über die Entfernung der Juden von den Schmuggclgrcnzcn rc. als Farben Charakter seines Vorgängers war, hielt man ihn fast für einen Heili gen. Georg III. wurde vergöttert, weil er ein treuer Gatte, ein regel mäßiger Kirchenbcsuchcr und ein guter Landbauer war. Die Mittelklassen fanden sich geschmeichelt, wenn sie sahen, daß Könige ihre Art und Weise nachahmtcn; cS fiel ihnen gar nicht ein, daß Leuten, die so anständige und gefällige Nachbarn gewesen wären, die Eigenschaften fehlen könnten, welche ein Herrscher besitzen müsse. Englands Siege unter Georg und Frankreichs Unglück unter Ludwig lenkten die Aufmerksamkeit von diesem Punkte ab und verhinderten das Publicum, seinen Jrrthum gewahr zu werden. Wilhelm von Holland war cs Vorbehalten, in minder aufge regten Zeiten jene Lehre durch sein Beispiel zu geben. Auf Ler Börse wurde er das Muster eines achtbaren Kaufmanns'gewesen sein. Er starb ungeheuer reich und verletzte keine convcntionelle Moralregel des Privat lebens beim Erwerben seines Vermögens. Er war ein musterhaftes Fa milienoberhaupt, ein guter Gatte und Vater. Er hatte auch die Akt von Leidenschaft für Beförderung „nützlicher Anstalten", welche ehemals Wai senhäuser stiften ließ und jetzt Bell und Lancasterschulcn begünstigt. Seine Ansichten über Erziehung waren ganz bürgerlich, denn wie diese bra ven Leute aus allen Knaben gute Lehrlinge zu machen suchen, so strebte er danach, aus seinen sämmtlichen Unterthancn rührige Holländer zu machen. Diese bornirtc pedantische Politik empörte die Belgier, die keinen Grund sahen, weshalb sie grade Holländer oder die Holländer Belgier werden müßten. Sein Mangel an Mitgefühl für Alle, die er nicht, weil sie seinem Familicnctablisscment «»gehörten, als Theile von sich betrachtete, verhinderte ihn, irgend einem seiner Unterthancn eine begcistcrtc Anhäng lichkeit cinzuflößcn, und die eifrige, rücksichtslose, spcculircnde Art, wie er seine Privatkassc zu füllen beflissen war, entfremdete ihm selbst die Zuneigung Derer, welche aus Politik oder Interesse auf seiner Seite blieben. Sein eigensinniges Festhalten an einer engherzigen Politik trieb zu Belgiens Trennung von Holland. Oekonomisch hat diese keinem Theile Rutzen gebracht, denn sie hat die belgischen Fabrikanten von den hollän dischen Kaufleuten losaerissen, ohne die Elstern in den Stand zu setzen, mit den französischen Kaufleuten, oder Letztere mit den westfälischen Fa brikanten in nähere Verbindung zu treten. Auch hat sic in Belgien der katholischen Bevölkerung keineswegs Rechtsgleichheit, sondern nur der Prie sterschaft großen Einfluß am Hofe gegeben. So hat sich der achtbare Bürger als ein verderblicher König bewiesen. Der Schluß seiner Regierung war charakteristisch. Er entsagte vor einigen Jahren dem Thron, um dem Widerstande zu entgehen, den er sonst beim Abschlicßcn einer neuen Ehe gefunden haben würve. Dies war nicht der Einfall einer kindischen Leidenschaft, sondern die schlaue Be rechnung eines durchaus nur sich selbst berücksichtigenden Mannes. Der Exkönig war so lange an die tausenderlei kleinen und doch wichtigen Auf merksamkeiten einer Gattin gewöhnt, daß er sich ohne eine solche nicht wohl befand. Nic hatte er seine königliche Stellung anders betrachtet als wie eine Profession, mit der sich recht viel verdienen lasse. Nun war er gcnötkigt, zwischen Bequemlichkeit und Gewinn zu wählen, und da er beim Vergleichen seiner Bücher sand, daß er genug erworben habe, um davon leben zu können, trat er aus dem Geschäft, wie jeder andere große Kaufmann in einer ähnlichen Lage auch hätte thun können. Ein Weiser für seine Generation erlitt er zwar dic Kümmernisse, welche allen Speculantcn in großem Maßstabc gemein sind, lebte aber doch biß in ein hohes Alter umgeben von Allem, was zur Bequemlichkeit und zum Luxus beitragen kann. Seine Unterthancn haben jedoch aus Erfahrung gelernt, was daß heißt, einen Herrn zu haben, der seine Heerde bloß weidet, um sie zu scheren. Dic Moral aus König Wilhelms 1. Regierung von Hol land besteht darin, daß etwas mehr als blos häusliche Tugenvcn nöthig ist, um gute Könige zu machen. Der Hcrrscherinstinct, ein umfassendes und allgemeines Mitgefühl, die (den Leuten in Privatlebensvcrhältnissen so verderbliche) Neigung, sich mehr um Anderer Angelegenheiten als um die eignen zu bekümmern, ein höherer Rcchtssinn, als zur bloßen Bezah lung gesetzlicher Schulden anhält: Das sind die Elemente eines Staats mannes, und Niemand kann ein guter König sein, den die Natur nicht zu einem Staatsmanne geschaffen hat. Kommt noch ein tadelloser Pri- vatcharaktcr hinzu: desto besser. Muß aber zwischen einem Könige, der blos dic staatsmännischen Vorzüge besitzt, und einem Könige, vcr blos dic hausvätcrlichcn Tugenden hat, eine Wahl getroffen werden, so ge währt ein Heinrich IV. mit seinen «t üeuuomiv« bei all seinen Gabrielen im Volke mehr Nutzen als ein anständiger Wilhelm von Holland mit seinen angchäuftcn Millionen. (8pvot»tur.) Schweiz. In der Sitzung am 2 l. Dec. beschloß der große Rath von Stargau die Begnadigung der wegen Theilnahmc an den Januarcreignisscn von 1831 theils peinlich, thcils zuchtpolizcilich bestraften Sylvan Müller von Muri, M. Rey von Gcltwyl, Jos. Keusch von BoSwyl und Joh. Strebel von Butwyl. (Frkf. I.) — Die Gazetta Ticincse meldet, daß das Tribunal erster Instanz zu Locarno am 20. Nov. das Urtel über die des HochvcrrathS an- geklagten Individuen gefällt hatte, welche im Frühjahr 18-13 mit bewaffneter Hand und mit Hülfe von gedungener Mannschaft in das Ge biet des Cantons Tessin eingefallen waren und die daselbst rechtmäßig constituirten Behörden abzusctzcn versucht hatten. Dem zufolge hat gedach tes Tribunal den Advocaten Poglia und den Grundbesitzer Mosi zum Tode verurthcilt; in Betreff der Anacklagtcn Ruöca, Ninaldclli und Pcdraz- zini, welche bereits wegen des Attentats vom Juli 18-11 zu zwanzigjäh riger Zwangsarbeit waren verurthcilt worden, bestätigte daß Gericht die frühere Strafe; für Gugliclmoni und Einquini lautet das Urtel auf acht Jahre Zwangsarbeit und vorherige Ausstellung am Pranger; die wegen der Verschwöruna vom Jahr 18-11 über den Notar Schira durch früheres Urtel verhängte Strafe von achtjähriger Zwangsarbeit ward nun bestatiat. Ueber die wegen gleichzeitigen Mordes Angeklagten Lanfranchi und Bo netti hat der frühere Appellationsspruch, wonach Jener zu lebenslängli chem Kerker, Dieser zu zwölfjähriger Zwangsarbeit verurthcilt wurde, seine Bestätigung erhalten. Die bisher in Haft Gewesenen Domenico Poglia und Gigli, dann der Friedensrichter Martinali, sind wegen Mangel an ' hinreichenden Beweisen in Freiheit gesetzt worden. — Der große Rath von Waadt hat die Bittschrift gegen die Reli gionsfreiheit der niedergelassenen Katholiken verworfen, ohne die Nothwcndigkcit strengerer Polizewerordnungen gegen das Umsichgrei fen des Ultramontanismus zu verkennen. Selbst ein reformirter Geist licher, Dekan Simonin, hat sich im großen Rathe gegen jene Bittschrift erhoben. Einer Berichtigung zufolge war mit der Einweihung der katho lischen Kapelle zu Rolle keine Procession außer der Kirche verbunden. Inzwischen haben die Jesuiten in der Nähe von Dole die Ruinen von Mont Roland für den Bau eines Landhauses und einer Kapelle angekauft. — Der Communist Weitling soll fest entschlossen sein, sobald er seine Strafe erstanden hat, nach Amerika auszüwandern, da ihm in Folge einer Anfrage der Eintritt nach Frankreich schon jetzt abgeschlagen wurde. (Köln. Z.) — Den noch immer durch Bergsturz" hart bedrohten Einwohnern des Dorfs Felsberg (Nr.N3v.J.) hat fetzt die Regierung von Chur das Bürgerrecht und die Bauplätze zu 100 Wohnungen angeboren. .Italien. 's Nom, 21. Dec. Wir meldeten neulich, daß der Cardinal Spada in Folge der Veränderung des bei seiner Behandlung angewendeten Sy stems seiner Genesung entgegengehe. Diese Hoffnung ist leider nicht in Erfüllung gegangen, vielmehr hat ein eingetretener Rückfall auch sei ncm Leben ein Ende gemacht, und so das römische Sprüchwort, nach welchem stets drei Cardinale zugleich sterben müssen, aufs neue Bestäti gung erhalten. Rußland und Polen.