RICHARD STRAUSS (1894—1949) Don Juan, Tondichtung nach Nikolaus Lenau, op. 20 Der Partitur der Straußschen Tondichtung „Don Juan" sind drei Abschnitte aus Lenaus fragmen- tischer Dichtung „Don Juan" vorangestellt. Die Verse geben die Seelenlage des Helden an, die sich in der Musik widerspiegelt. „Mein Don Juan", so sagte Lenau, „darf kein Weibern ewig nachjagen der, heißblütiger Mensch sein. Es ist die Sehnsucht in ihm, ein Weib zu finden, welches ihm das inkar nierte Weibtum ist und ihm alle Weiber der Erde, die er denn doch nicht als Individuen besitzen kann, in der einen genießen macht. Weil er dieses tau melnd von der einen zur anderen nicht findet, so ergreift ihn endlich der Ekel, und der ist der Teufel, der ihn holt." Von diesem Don Juan entwirft Strauß ein musikalisches Charakterbild. Nicht ohne auch die Kulissen anzudeuten, vor denen sich sein Leben abspielt. Er beginnt damit, uns einen Helden vor zustellen. Ein feuriger Schwärmer, der das Leben bejaht, so sagt uns gleich das Thema der Einleitung, ein echt Straußsches Thema, das zugleich den Strauß von damals charakterisiert: wie ein Sturmwind brach er in die Musik seiner Zeit ein. Im strahlenden E-dur voll unerhörtem Schwung tönt uns dann das eigentliche Don-Juan-Thema entgegen. Drei Frauen treten ihm entgegen. Zuerst Zerlinchen. Ein cis- moll-Motiv schildert sie in ihrer zagen Zärtlichkeit und Scheu. Aber schon meldet sich der Überdruß: ein stark chromatisches Motiv. Da kommt, mit einem schwellenden Nonenakkord und Arpeggien der Harfe angekündigt, des Grafen Witwe. Mit einer leicht ins Ohr und ins Blut gehenden Melodie bekennt er ihr seine Liebe. Aber auch ihrer wird er bald überdrüssig. Eine neue Blume lockt: Donna Anna. Aus der Musik, mit der Strauß sie umwirbt, geht hervor, daß sein Held nun glaubt, die Richtige gefunden zu haben. Fast zögernd naht er sich ihr. Ein zurückhaltendes g-moll, in Seufzern endend, zeigt uns einen ganz neuen Don Juan. Ist es echt oder ist es Verstellung? Anna selbst wird als hol des Engelsbild gemalt. Süß-sanft fängt die Oboe an zu singen. Weiche Akkorde bilden den Untergrund. Bald sagt uns aber das Motiv des Überdrusses, daß Don Juan keine Ruhe finden kann. Fort stürmt er