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und zwar unter ziemlich heftigen Kolikschmerzen, woran er häufig litt. Ich half durch kleine Mittel, soviel ich konnte. Im Vorzimmer saßen vier Kopisten, denen er jedes fertige Blatt einzeln übergab.“ Beethoven spielte bei der ersten Aufführung des Werkes, die im Jahre 1795 in Wien stattfand, den Solopart. Dirigent war Salieri. Ähnlich wie in seiner Ersten Sinfonie steht Beethoven im C-Dur-Klavierkonzert stilistisch noch in der Nähe Haydns und Mozarts. Virtuose Effekte, die jedoch niemals zum Selbst zweck erhoben werden, vereinen sich in diesem Konzert mit klassischer Klarheit des Ausdrucks. Wie üblich beginnt der in Sonatenform angelegte erste Satz mit einer Orchestereinleitung. Hier wird das den Aufbau des Satzes bestimmende thematische Material vorgestellt. Ver halten setzt das Hauptthema in den Streichern ein: Es steigert sich schnell zum machtvollen Fortissimo und offenbart erst jetzt seinen festlichen, marschartigen Charakter. Das zweite, sangliche Thema steht im lebhaften Gegensatz zu dem kraftvollen ersten Thema. Es wird jedoch erst nach dem Einsatz des Soloinstrumentes voll ausgesungen: Ein mit dem ersten verwandter dritter Gedanke vervollständigt das thematische Material des ersten Satzes. Das tiefsinnige Largo in As-Dur ist nicht nur äußerlich, sondern auch im Hinblick auf seinen inneren Gehalt Mittelpunkt des Werkes. Flöte, Oboe, Trompete und Pauke schweigen in diesem Satz, der reich an poetischen Klangwirkungen ist. Flier ,,offenbart sich die sittliche Schönheit und Lauterkeit im Empfindungsreichtum des jungen Beethoven, wie sie in ähn lich schlichter Klarheit auch den langsamen Sätzen der Klaviersonate in dieser frühen Schaffensperiode eigen ist (zum Beispiel im C-Dur-Largo, op. 7, und im As-Dur-Adagio, op. 10)“, schreibt Schönewolf. Das volkstümliche, tänzerische Hauptthema des Rondo-Finales wird vom Klavier ange stimmt. Ein fröhlich-ausgelassenes Musizieren hebt an und beherrscht den ganzen Satz. Noch stärker als das Hauptthema läßt ein Seitengedanke die Nähe des Volkstanzes ver spüren : Renate Jahn SERGEJ W. RACHMANINOW Rhapsodie nach einem Thema -von Paganini, op. 43 Rachmaninow wurde am 1. April 1873 zu Onega (Gouvernement Nowgorod) geboren. Seine außerordentliche musikalische Begabung, die ländliche und damit auch der Volks musik verbundene Umgebung seiner Jugend sowie der großväterliche Einfluß auf Rach maninow in musikalischer Hinsicht zeichneten seine jüngsten Lebensjahre. Die Klavier studien am Moskauer Konservatorium nehmen unter Siloti festere Formen an, und seine kompositorische Begabung, welche sich alsbald zeigte, wurde von Tanejew und Arenski zur Meisterschaft entwickelt. Als Prüfungsarbeit stellt er seinen Einakter ,,Aleko“ (nach einem Poem von Puschkin: ,,Zigeuner“) vor, welchen er in 14 Tagen komponierte und welcher 1893 in Petersburg uraufgeführt wurde. Wir können von Rachmaninow sagen, daß er einer der genialsten Musiker der Geschichte gewesen ist. Nicht nur als Komponist, dessen bleibende Werke wohl den stärksten Eindruck hinterlassen, war er geschätzt und verehrt worden, sondern ebenso als weltreisender Klaviervirtuose und als Dirigent seiner eigenen Kompositionen. Als Dirigent und Pianist sehen wir ihn erfolgreich 1899 in London, 1904 — 1906 als Diri gent am Großen Theater in Moskau, 1907-—1908 auf Reisen im Ausland, unter anderem auch in Dresden, und 1918 Übersiedlung nach Amerika. Am 28. März 1913 starb er in Beverly Hills (Kalifornien). Seine bekanntesten Werke sind die drei Sinfonien, die vier Klavierkonzerte, seine russi schen Lieder (1928 in Amerika entstanden) sowie seine Klavierwerke (Sonaten, Präludien) und die Rhapsodie für Klavier und Orchester. Entgegen der sonstigen Gepflogenheit, ein Variationswerk mit dem zu bearbeitenden Thema zu beginnen, stellt Rachmaninow seinem Werke eine kurze Introduktion (Einleitung) voran und die 1. Variation, welche nur mehr Ton-Gerippe des Paganini-Themas darstellt, um nunmehr in den Violinen geradezu ori ginal das Thema erklingen zu lassen (Paganini: 24. Caprice a-Moll für Solo-Violine). Es sei darauf hingewiesen, daß dieses Thema — sehr begehrt — wiederholt von großen Meistern verarbeitet wurde. So unter anderem von Liszt und Brahms in Klaviervariationen, von Boris Blacher in seinen Orchester Variationen, welche im vergangenen Jahr in Dresden bereits erklangen. Die insgesamt 24 sehr kurzen Variationen erfahren durch Rachmaninow eine eigenwillige, interessante, vor allem kompositorisch, kontrastreiche Wandlung. Beson ders heben sich die 16. und 17. Variation in b-Moll, sowie die 18. in Des-Dur durch tiefe musikalische Ausdrucksweise hervor. Zeigt der Beginn des Werkes klassische Prägnanz und klare Tonsprache, so steigert sich das Werk mehr und mehr ins Moderne, ohne allerdings Überspanntheiten oder zusammenhanglose Tongebilde zu formen. In diesem Werk spürt man so recht die Dreieinheit des großen russischen Musikers Rachmaninow: den hervor ragenden Pianisten im Klavierpart, den genialen Tonsetzer in der Verarbeitung des Paga nini-Themas und den versierten Dirigenten, der es versteht, das Orchester rationell und wirkungsvoll, dabei sehr koloristisch zu instrumentieren. Literaturhinweise Pohl: Joseph Haydn, Verlag Breitkopf & Härtel Bekker : Ludwig van Beethoven, Verlag Schuster & Löffler, Berlin Schöne wolf: Beethoven in der Zeitenwende, Mitteldeutscher Verlag, Halle 7. AUSSERORDENTLICHES KONZERT 1959/60 6041 Ra III-9-5 260 1,5 It-G 009/60/15