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Es ist ungewöhnlich, daß als solistische Concerto-Gruppe gleich sieben Blas instrumente dem Orchester gegenübergestellt sind, war doch in der klassischen Musik im Höchstfall die Vierzahl vertreten. Durch die lockere Satztechnik des Komponisten wird dennoch eine bemerkenswerte Durchsichtigkeit des Klang bildes erreicht. Die Harmonik ist höchst einfach gehalten, sparsam im Farbigen,, die Form wird von Martin meisterlich beherrscht, und durch die überlegen- elegante Instrumentierung werden reizvolle Klangwirkungen erreicht. Das ge samte Werk ist in seiner persönlichen Verquickung von gelöster Spielfreude und beherrschter Form bezeichnend für die zeitgenössische Schweizer Musik französischer Herkunft. Für Martin „Concerto“ gelten im besonderen die schönen Worte des Kompo nisten, die er 1950 in einer Ansprache „Erfahrung des Schöpferischen 44 formu lierte: „Es kann nicht das Ziel des schaffenden Künstlers sein, die anderen an seinen Geburtswehen teilnehmen zu lassen; und welche Empfindungen seiner Seele er auch zum Ausdruck bringen muß, ud wie tragisch und düster sie auch sein möge, sein Werk sollte immer den Stempel jener Gelöstheit tragen, die eine vollkommene Gestaltung in uns bewirkt und die, glaube ich, das ist, was man Schönheit nennt. Ludwig van Beethoven (1770-1827) Sinfonie Nr. 6 F-Dur (Pas/orale), op. 68 Ludwig van Beethovens Sinfonie in F-Dur, die „Pastorale“ genannt, weist mit ihrer Überschrift, mit den erläuternden Satzbezeichnungen die Phantasie des Hörers in ganz bestimmte Bahnen, sie grenzt also an die Programmusik am Sie sagt außerdem etwas über den Komponisten aus: der sie schrieb, war ein Jünger Jean Rousseaus, jenes französischen Philosophen, dessen Ruf „Zurück zur Natur 44 sich in Beethovens Ausspruch „Mir geschieht nur dann wohl, wenn ich in der freien Natur bin“ wiederholt. In dieser, seiner sechsten Sinfonie, setzt er seine Naturverbundenheit in Töne um. Im ersten Satz erleben wir das „Erwachen heiterer Gefühle bei der Ankunft auf dem Lande 44 . Auf ihn trifft besonders zu, was der Komponist von der ganzen Sinfonie behauptet, sie sei „mehr Ausdruck der Empfindung als Malerei’. Im zweiten Satz aber, der „Szene am Bach“, hören wir das Wasser murmeln (in den Begleitstimmen), und am Schluß stimmen gar die Vögel ein lustiges Terzett an, Nachtigall (Flöte), Wachtel (Oboe) und Kuckuck (Klarinette.) Der dritte Satz, das Scherzo, schildert das „Lustige Zusammensein der Landleute 4 *. Die Mädchen eilen zum Tanz herbei, die Kirmesmusikanten spielen auf (und blasen auch einmal einen falschen Ton), nach einem Trompetensignal beginnt der Tanz, ein kräftiger Walzer mit Stampfen und Jauchzern. Auf dem Höhe punkt wird innegehalten. Ein Überleitungssatz kündet „Gewitter, Sturm 44 . In der Ferne grollt der Donner. Ängstliches Durcheinander. Dann bricht auch schon das Wetter los. Der Donner rollt, die Blitze zucken, der Regen rauscht. Nach dem sich das Unwetter verzogen hat, atmen Mensch und Natur auf, befreit und erquickt zugleich. Ein Dankgebet steigt zum Himmel und ein Flötensolo leitet ohne Pause über zum Schlußsatz: „Hirtengesang. Frohe Gefühle nach dem Sturm 44 . Die Sonne scheint wieder. Dankbar freut sich der Mensch der holden Natur. Diese Gefühle darzustellen, diese Stimmungen widerzuspiegeln, ist die Absicht des Komponisten. 111/9/23 0,7 856 1801/56