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Liedertexte „Fern liegt ein Land" Erich Anders Fünf Dichtungen aus Arno Holz’s „Phantasus“ I. Vor meinem Fenster singt ein Vogel. Still hör ich zu; mein Herz vergeht. Er singt, was ich als Kind.... so ganz besaß Und dann — vergessen! II. Hinter hohen Mauern, hinter mir, liegt ein Paradies. Grüne, glitzernde Stachelbeersträucher, eine Strohbude Und Bäume mit Glaskirschen. Niemand weiß von ihm. III. An einem Halm klettert ein Marienkäferchen, Plumps, und fällt in goldgelbe Butterblumen. Hilfreich neigen sich Tausendschönchen, Stiefmütterchen machen ein böses Gesicht. Verschollen glänzen die Beete! Das alte Nest! Die alten Dächer! Aus dunklen Linden dort der Turm! Wie klangen, Sonntags, seine Glocken, Draußen, fern, wo der Kuckuck rief! Da war’s so still. Wir pflückten Blumen, sangen Und horchten, wie’s im Bach kluckerte.... Seltsam! Heimlich! .... Sonderbar! IV. Schönes, grünes, weiches Gras. Drin liege ich. Mitten zwischen Butterblumen! Über mir warm der Himmel: Ein weites zitterndes Weiß, Das mir die Augen langsam, ganz langsam schließt. Wehende Luft.... ein zartes Summen. V. Nun bin ich fern von jeder Welt, Ein sanftes Rot erfüllt mich ganz, Und deutlich spüre ich, wie die Sonne mir durch’s Blut rinnt — Minutenlang. Versunken alles. Nur noch ich. Selig! Fern liegt ein Land! ln dunklen Nächten rauschten schwermütig seine Eichen. Bleiche, brodelnde Nebeldünste Würgen sein letztes bißchen Sonnenglück, Meine arme, zitternde Seele, sehnsuchtskrank, Im ersten, eisigen Frostgrimm, erschauerte, Erstarrte vor Trauer, erstarb in Finsternis. Weiche Flocken deckten mein Grab. Jetzt blühen die Primeln, die Drossel singt, Und über grüne Wiesen, um den blauen See, Treibt der Schäfer seine Schafe. Weiße Wölkchen gleiten! — Du süße Welt! Auf deinen glänzendsten Stern Hast du ein Herz, das dich liebt, gerettet!