Carl Maria von Weber Ouvertüre zur Oper „Der Freischütz Der Name Ouvertüre bedeutete im 17. und 18. Jahrhundert nicht nur Opemvor- spiel, nein, auch Suitensätze und vollständige Suiten wurden so bezeichnet. Selbst für Symphonien wurde um 1750 noch der Name Ouvertüre verwendet. Damals unterschied man die Form der französischen Ouvertüre (mit der Folge „langsam— schnell—langsam“) von der italienischen Ouvertüre (mit der Folge „schnell— langsam—schnell“). Später bei Gluck, Mozart, Beethoven, Weber und Wagner erklangen dann oft innerhalb der Ouvertüre die wesentlichsten Opernthemen, die im allgemeinen einer freien Sonatenform angepaßt wurden. Nach diesem Prinzip ist auch die Ouvertüre zum „Freischütz“ geformt worden: Einer langsamen Einleitung fol gen die zwei gegensätzlichen Themen der höllischen Mächte und der reinen Liebe Agathes. Beide Themen werden — ähnlich der klassischen Durchführung — ver arbeitet, eine Reprise (Wiederholung der Themenaufstellung) ist zu erkennen, und auch die Coda (Schlußteil) fehlt nicht: Der strahlende C-Dur-Schluß nach der mit Spannung erfüllten Generalpause. Die kurze, achttaktige Einleitung mit der volksliedähnlichen, verinnerlichten Hörnermelodie schildert uns das geheimnisvolle Rauschen des Waldes und den Frieden der Natur, der bald durch drohende Schläge (Pauken und Bässe) gestört wird. Damit wird der wilde Jäger angekündigt, Samiel, die Wolfsschlucht, kurz: das Böse, wie es uns in der großen Arie des Max mit den Worten geschildert wird „Doch mich umgarnen finstre Mächte. Mich faßt Verzweiflung“. Danach ertönt als Kontrast ein hoffnungsvolles, lichterfülltes Thema (Geigen und Klarinetten), das in einer Arie der Agathe wiederkehrt, ebenso im Finale zu den Worten „Laßt uns zum Himmel den Blick erheben!“ Noch versuchen die dämonischen Mächte des Bösen die Oberhand zu gewinnen. Vergeblich! Die Kraft eines liebenden Herzens ist stärker! Licht, Freude und Zuversicht triumphieren über die Kräfte des Verderbens. Wie in der „Freischütz-Ouvertüre“ die Elemente der klassischen Sonatenform mit romantischer Poesie durchdrungen werden, das ist von Weber im besten Sinne meisterhaft gestaltet worden; und so muß im besonderen diese Ouvertüre ein wahrhaftes Meisterwerk genannt werden.