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giellen Klang der Trompete durchstochen. Der Tod triumphiert. Don Juan unterliegt. Das glänzend und virtuos instrumentierte Werk hat in den vergangenen sieb zig Jahren nichts von seiner spontanen Aussage verloren. In dieser Musik ver einen sich Inspiration und Form zu einer organisch gewachsenen Einheit von zwingender Größe. Ernst Krause nannte in seinem Straussbuch den Don Juan ein „Werk, in dem sich der junge Stürmer und Dränger mit der prüden bürgerlichen Gesellschaft, mit dem ,öden Biersumpf seiner Münchner Kapellmeistererfahrungen auseinandersetzte und mit dem vulkanischen Feuer seiner Musik zeigte, wie überströmende Lebenskraft stärker wirkt als Ewig-Unbefriedigtsein und Vergehn. Ein Werk, das die Zeit widerspiegelt." Dis 6. Sinfonie Dmilrij Schostakowitschs entstand 1939. Sie erregte Bewunderung und Ab lehnung, doch die Kraft der Erfindung, die Stärke der Aussage und nicht zuletzt die musika lische Substanz überzeugten im Laufe der Jahre auch die hartnäckigsten Skeptiker. Durch mehrmaliges Hören mußten sie erfahren, daß die „Sechste" eine organische Weiterführung der umjubelten „Fünften" bedeutete. Beide waren Meisterwerke, wenn auch in Inhalt, Form und Aussage auf verschiedenen Ebenen beheimatet. Schostakowitschs 6. Sinfonie bewies wieder einmal, daß der Wert eines Kunstwerkes nicht allein darin liegt, daß es beim erstmaligen Hören von jedem Menschen (gleich welcher Vorbildung) verstanden wird, sondern daß es auch Kunstwerke gibt, die uns Aufgaben stellen, die mit Forderungen an uns herantreten und unsere volle Hörbereitschaft verlangen, Sinn und Wert des Kunstwerkes — wie es einmal Johannes R. Becher formulierte — „zu enträtseln und zu forschen, was sich dahinter verbirgt". Das gilt nicht nur für die zeitgenössische Musik, sondern genau so für einzelne Schöpfungen der Klassik, denn wer wagte zu behaupten, Bachs ,,Kunst der Fuge'' oder Beethovens späte Streich quartette ganz zu verstehen? Ungewöhnlich ist die Form der ,,Sechsten", die aus nur drei Sätzen besteht, ungewöhnlich ist auch die Monothematik des ersten Satzes: Das Thema des einleitenden Largos trägt rezita- tivische Züge und wird im Laufe der musikalischen Entwicklung variiert. Man hat das Largo einmal treffend mit einem „tiefen und verdichteten" Monolog verglichen: Ein Mensch sinniert und grübelt, philosophiert und denkt nach. Düstere Farben herrschen vor, Stimmungen der Schwermut und Resignation bestimmen den Charakter der Musik. Die Spannung verdichtet sich. Klangreibungen unterstreichen diese Tendenz, doch es kommt zu keinem befreienden Aufschwung. Im Mittelteil wird das Prinzip der musikalischen Deklamation fast zu einem Sprechen der Instrumente gesteigert. Reizvoll die koloristische Untermalung durch die viel fältigen Triller In fast allen Stimmen Die Koda faßt noch einmal zusammen: Hoffnungslos, ohne Ausweg verklingt das Largo. Das folgende Allegro kann mit einem beschwingten, an- mulig bewegten Scherzo verglichen werden. Es ist, als ob die Klarinette einen witzigen Walzer anstimmen wollte, und auch das zweite Thema verstärkt mit seinem volkstümlichen Ländlerton den fröhlichen Grundklang der Musik. Witz und Parodie werden in diesem geist reichen Satz nie Selbstzweck: Auch die ungewöhnlichsten Kontraste klanglicher und rhyth mischer Art werden der inhaltlichen Idee des Ganzen eingeordnet. Ein drittes Thema (in den Celli und Bässen erklingend) rundet den Satz. „Bekenntnis zum Leben" könnte über dem Finale als Leitwort stehen. Im Rhythmus eines Galopps beginnt das Presto. Ganz ähnlich im Charakter ist auch das zweite Thema. „Schelmisch und anmutig" nennt es Martynow, der Biograph Schostakowitschs. Die Vorschläge der Holzbläser vergleicht er mit tschilpenden SpatzenI Im Mittelteil des Finale werden von Schostakowitsch neue Ge danken gleich ergänzenden Episoden eingeführt. Im Gegensatz zu den beiden ersten kammermusikalisch durchsichtigen instrumentierten Sätzen verwendet der Komponist in diesem Mittelteil in weit stärkerem Maße den Zusammenklang des gesamten Orchesters und erreicht damit auch dynamisch einen organisch sich entwickeln den Höhepunkt. Komik, Witz und Parodie werden durch das rhythmische Gegeneinander dra stisch unterstrichen. Die rhythmische Akzentuierung wird zu einem Stampfen gesteigert, das auch noch die Koda durchpulst. Es erübrigt sich, darauf hinzuweisen, daß sich musikalische Schön heit nicht nur durch harmonischen Wohlklang, instrumentale Weichheit und gedankliche Leichtigkeit auszeichnet, sondern in erster Linie Ausdruck der Wahrhaftigkeit ist. Ohne den Untergrund des Geistigen bleibt Schönheit nur ein ästhetisierendes Spiel im abstrakten Raum des Nichts, ein Spiel um des Spieles willen G. Schm. III/9/31 I 1016/57 10 57 A 372 Druckerei Cotta