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ZUM QELEIT Nicht ohne Bedeutung verbindet der heutige Abend ein Werk von Brahms mit Werken von Dvoräk und Johann Strauß. Alle drei Meister lebten und wirkten in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts im alten Österreich, waren aber auch persönlich eng verbunden. Brahms war es, der als einer der ersten die große musikalische Begabung des Böhmen Anton Dvoräk er kannte, ihm die Wege ebnete und einen Verleger vermittelte. Er war es aber auch, der — wie sein Antipode Richard Wagner — erkannte, welche hohen musikalischen Werte in der ,,leichten Unterhaltungsmusik" von Johann Strauß stecken. So schrieb er einer Dame die Anfangstakte des Donau-Walzers ins Stammbuch mit dem bescheidenen Zusatz: „Leider nicht von Johannes Brahms." Statt der vielgespielten Symphonien bringen wir von Brahms ein heute seltener aufgeführtes, von Kennern aber immer mehr bewundertes Werk, seine Orchestervariationen über ein Diver timento für acht Bläser von Joseph Haydn (Choral St. Antoni). In diesem Werk zeigt sich Brahms als Großmeister der Varia tionenkunst seit Beethoven. Jede der Variationen zeigt das Thema in einem neuen Lichte und in verschiedenartiger Stim mung. „Inspiration und Kunstverstand halten sich durchaus die Wage", insbesondere in dem meisterhaft gearbeiteten, glanzvoll auskiingenden Finale. Dvoräks „Cellokonzert" ist nicht nur das umfangreichste Werk seiner Gattung — schon deshalb vertritt es am heutigen Abend die Rolle der „Symphonie" —, sondern wohl auch das be deutendste. 1895 in New York geschaflen, ist es im Verlaufe von fünf Jahrzehnten durch die großen Cellisten Wihan, Casals, Feuer mann, Cassado, Mainardi, Piatigorski und unseren deutschen Meistercellisten Hoelscher zu einem Standardwerk der Musik programme in aller Welt geworden. Durch Ernst von Schuch, Gustav Mahler, Arthur Nikisch und Wilhelm Furtwängler ist Johann Strauß nicht nur Opernhaus würdig geworden, er wurde auch in den Konzertsaal eingeführt: Die Fledermaus - Ouvertüre voll tollen Übermutes und doch graziös, erotisch und doch dezent, Potpourri und doch kunstvoll musikalisch gearbeitet, einmalig in ihrer Champagner-Stimmung. Das Perpetuum mobile ein geistreicher musikalischer Scherz. Wieder einmal glaubte ein Wiener Sonderling, das „Perpetuum mobile" erfunden zu haben. Strauß belustigte sich darüber musikalisch. Auch sein Perpetuum mobile scheint zunächst kein Ende nehmen zu wollen, doch es dauert nicht lange und der Apparat steht still. Aber die ganze Wiener gefühlsselige Vitalität spielt aus einem der berühmtesten Walzer, den „G’schichten aus dem Wiener Wald".