EINFÜHRUNG ZUR SYMPHONIE NR. 4 Anton Bruckner (1824—1896) schrieb an seiner 4. Symphonie, die er selbst die „Romantische" nannte, mehrere Jahre, nämlich von 1874—1880. Die Wiener Philharmoniker hatten das Werk erprobt und mit der Bemerkung zurückgegeben: „Nur der erste Satz ist aufführbar — das übrige verrückt". Bruckner hat mit diesem Werke etwas Unvergängliches geschaffen. Er hat in ihm seine ganze große Sehnsucht nach etwas Unnennbarem ausgesagt. Sein Biograph Ernst Decsey faßte dies in folgende Worte: „Naturandacht, die ein großer Heimattraum ist, wie ihn die Vereinsamten der großen Städte träumen." In vier ausgedehnten Sätzen (das Werk steht in Es-dur) entfaltet Bruckner ein gewaltiges Bild seiner inneren Gesichte, seiner Phantasie. Es ist unmöglich, in knappen Worten und kurzen Sätzen einen Überblick über die von Bruckner in diesem Werke geleistete ungeheure handwerkliche Arbeit zu geben. Die Gedanken und Einfälle sind in einer solchen Überfülle vorhanden, daß die üblichen zwei Themen, die sonst im ersten Satz einer Symphonie auftreten, gar nicht genügen, sondern daß er Themengruppen schaffen muß und sogar ein drittes musikalisches Thema hinzufügt. Es genügt, wenn der Hörer empfindet, daß in Bruckners Werk ein Reichtum sondergleichen aufquillt. Der zweite Satz ist in seiner Grundhaltung melancholisch. Bruckner soll gesagt haben, er drücke die Stimmung der „zurückgewiesenen Liebe eines verliebten Bur schen" aus. Heute sieht man in diesem Satz den Ausdruck dafür, daß alles vergänglich sei. Der dritte Satz dagegen, ein echte^ Brucknersches Scherzo, ist voll von echter Naturbejahung. Er führt uns eine Jagd vor in den deutschen Wäldern. Man riecht förmlich den Duft des Waldes, man hört den lustig schmetternden Hörner schall. Das Trio trug ursprünglich die Überschrift: „Tanzweise während der Mahlzeit zur Jagd". Der Schlußsatz faßt in der Haupt sache das gesamte Werk noch einmal zusammen, hebt es aber empor in eine überirdische Welt. Feierlich und erhaben klingt die Symphonie aus, die zu den bekanntesten und beliebtesten Sym phonien Bruckners gehört.