poetische Programme, aufzunehmen, machte ihn im vorigen Jahr hundert zu einem der führenden Vertreter der „Neudeutschen Schule". Ging er doch noch weiter als andere Musiker der roman tischen Epoche, die auch die Gefühlsaussage, d. h. dem Inhalt, gegen über der Form den Vorrang einräumten. (Die klassische Epoche zeigte dagegen eine Ausgewogenheit zwischen Form und Inhalt.) Liszt tat dies jedoch nicht einer äußerlichen Nachzeichnung bestimmter Vor gänge zuliebe. Er wollte vielmehr Wahrheit und überzeugende Le bensechtheit in seiner Musik zum Ausdruck bringen, er wollte alle Vorgänge in seiner Kunst plastisch und deutlich erkennbar machen. Nicht die Einzelheiten seiner Programme sind die Hauptsache, son dern die allgemeine Gefühlsaussage. Unter anderem beweist dies der Verzicht auf textliche Erläuterungen bei den „Festklängen" und bei den Rhapsodien. Rhapsodie bedeutet ursprünglich eine von einem Volkssänger vorgetragene Erzählung, die natürlich auch in der Sprache des Volkes gehalten ist. Die Form des Vortrags ist dabei ungebunden, überall tauchen darum in den ungarischen Rhapsodien von Liszt, deren zweite zu den beliebtesten und bekanntesten zählt, Bestandteile der ungarischen Volksmusik auf. Die Wirkung dieses später von seinem Schöpfer für Orchester bearbeiteten Werkes auf die Zuhörer konnte sich deshalb bis heute unvermindert bewahren. Leo Berg