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nächsten Landtage verlegen; 2) gleichzeitig bei der Legung eines solchen Entwurfs die im Besitzt von Privatpersonen und Corporation«« befind liche CriminalgerichtSbarkeit zurücknehmen möge, als selbständige An träge an die Regierung zu bringen, mit fast Stimmeneinhelligkeit bei, und die I. Kammer wurde zu dem verfassungsmäßig nothwcndigen Beitritt cingeladcn. Diese überwies diese Angelegenheit ihrer dritten Deputation zur Begutachtung. Diese spaltete sich in eine Majorität und Minorität. Jene sprach sich, doch mehr aus formellen als ma teriellen Gründen, gutachtlich dahin aus, daß den Beschlüssen der II. Kammer nicht beizutreten, sondern bei den diesseitigen Beschlüssen zu beharren sei, während ein Mitglied (Bürgermeister Mittelstädt) seine Ansicht in folgendem Scparalvotum niederlegte: „Die Regierung zu ersuchen, der nächsten Ständcversammlung einen anderweitigen Ent wurf einer Criminalproceßordnung vorzulegen, der in der Hauptsache dahin gerichtet sein möge, daß unter Einführung des Anklageproeeffes mit Staatsanwaltschaft nach einer gründlichen protokollarischen Vor untersuchung annoch eine mündliche Hauptvcrhandlung vor dem erken nenden Richtercvllcgium mit einer im Gesetze näher zu bestimmenden Oeffcntlichkcit und protokollarischen Niederschrift, insoweit als solche als Grundlage für auch auf die Thatsachc gerichtete Entscheidungs gründe und in zweiter Instanz erfodcrlich scheinen wird, stattfinden solle." Da die I. Kammer bei der Verhandlung dieses Gegenstandes am IS. Mai d. I. obiges Scparalvotum ablehnte und dagegen das Majoritätsgutachten mit 24 gegen 17 Stimmen annahm, so mußte in Gemäßheit des §. 131 der Verfassungsurkunde das Vereinigungs- Verfahren eiMretcn, d. i. eö mußten die betreffenden Deputationen bei der Kammern zusammentrctcn, um über eine Vereinigung der getheil- ten Meinungen zu berathschlagen. Dies ist denn nun auch geschehen und der Erfolg der gewesen, daß die Majorität der dritten Deputation der I. Kammer zu einer Sinnesänderung nicht zu bewegen gewesen ist und deshalb das unabänderliche Beharren hei den früher» Beschlüssen ihrer Kammer als die weiseste Maßregel anempfohlen hat, während die Minorität (die Bürgermeister Ritterstädt und Starke) für das oben erwähnte Nitterstädt'sche Scparatvotum die Zustimmung der be treffenden Dcputationsmitglieder der II. Kammer und die Zusage, cs dieser zur Annahme zu empfehlen, unter dec Bedingung gewann, daß in demselben die Worte: „annoch eine mündliche Häuptverhand- lung" mit den Worten „ein mündliches Hauplvcrfahrcn" vertauscht würden, und daß mit dieser FassungSvcränderunz das Scparatvotum von der I. Kammer angenommen würde. Nachdem nun der Referent (Bürgermeister Ritterstädt) seinen mündlich«» Bericht über den Gang, dieser Angelegenheit und den Er folg des abgchaltencn Vereinigungsverfahrens beendigt hat, gedenkt er »och des Grundes, aus welchem die Deputationsmitglieder der jensei tigen Kammer jene Fassungsveränderung zur Bedingung ihrer beifäl ligen Erklärung für das Separatgutachtcn gemacht hätten. Derselbe sei kein anderer gewesen als der, daß man in den Worten „annoch eine mündliche Hauptverhandlung" eine zu große Hindcutung auf daS Schlußverhör erblickt habe, auf das Schlußocrhör, das der in der II. Kammer adgelchnte Entwurf einer Criminalproceßordnung einzu führen beabsichtigt habe, worin aber keine der gewünschten Garantien gefunden worden sei. Zu seiner Rechtfertigung bemerkt der Refe rent, daß er sich der zur Bedingung der Bcvorwortung seines «cpa- ratvotums gemachten Abänderung desselben angcschlossen habe, weil er überzeugt gewesen sei, daß er hierdurch seinen Ansichten keinen Zwang auflcge, indem es nach seiner Meinung immer nur auf die Ausfüh rung eines Antrags auf Vorlage einer derartigen Proccßordnung an kommen werde, wie weit die nach dem Principe der Schriftlichkeit ge leitete Voruntersuchung sich erstrecken und wo das mündliche Haupt verfahren beginnen solle; denn es seien hierbei noch verschiedene Mo- -ificationcn zulässig. Vicepräsident ».Carlowitz: Er sei der Ansicht, daß eine Vereinigung mit der II. Kammer durch Zurückgehcn von den dies seits gefaßten Beschlüssen nicht statthaben könne, nicht etwa aus Hals starrigkeit, sondern weil in dem kurzen Zeiträume von ungefähr zehn Wochen, seitdem über diese Angelegenheit in diesem Saale zum letzten Male Beschluß gefaßt worden, nichts vorgefallen sei, was vermuthen lasse und rechtfertige, daß sich die Ansicht der Majorität in dieser Kam mer immittelst geändert habe. Nachdem der Sprecher der Kammer noch weiter auf das angelegentlichste zugcredct hatte, bei dem früher» Beschlusse zu verbleiben, erhebt sich Bürgermeister Wehner für das Minoritälsgutachten. Er stellt dasselbe alS annehmbar hauptsächlich deshalb dar, weil der Vorschlag der Minorität der Regierung für die künftige Behandlung des Gegenstandes ein sicheres Anhalten gewähre, die Negierung außerdem auf keine Weise" binde und beschränke, son dern Modifikationen der Ausführung zulasse, zumal wenn man er wäge, worüber man^untcr sich schon einig sei. Denn einig sei män darüber, daß keine Schwurgerichte eingcführt werden sollten, einig darüber, daß daS schriftliche Verfahren nach wie vor bleiben und eine Hauptbasis abgeben solle. Bestritten sei ferner nicht das Princip der Mündlichkeit, denn die Regierung habe dasselbe durch daS in Vorschlag gebracht« Schlußocrhör schon anerkannt, und was die Oeffentlichkeit anlange, so ließen sich hierbei verschiedene Modifikationen denken und Vorbehalten. So glaube er, daß sich ein für deutsche Zustände passen des Strafverfahren Herstellen lasse, cin Verfahren, daS den Einrich tungen der Franzosen, die er alS Beförderer des politischen Fort schrittes zwar achte, dere» Institutionen er aber als Deutscher nicht möge, nicht nachgebildet zu werden braucht. Minister v. Könncrih: DaS Ministerium wolle den Gegenstand nicht von neuem besprechen, sondern nur den Unterschied zwischen dem jetzigen Minoritätsvorschlag und dem frühem Scparatvotum. Dieser Unterschied scheine ihm sich deutlich in dem Sinne deö Scparatvotanten und derje nigen Mitglieder auszudrücken, welche daS schriftliche Verfahren als eine Hauptgarantie fiir die richtige Entscheidung einer Criminalsacheancr- kannt und eine noch hinzukommende mündliche Verhandlung nur noch für eine weitere Garantie angesehen und dieselbe als Mittel betrach tet hätten, über gewisse Gegenstände der Untersuchung noch eine bessere und vollständigere Aufklärung zu erlangen. Jetzt sei nach der Fassung dcs MinoritätSvorschlagö der Wunsch auf Einführung eines münd lichen Hauptvcrfahrcns gerichtet, das nunmehr als die beabsichtigte Grundlage der Entscheidung angesehen werden müsse und wobei eine zweite Instanz und Entscheidungsgründc nicht möglich seien. ».-Frie sen: Vergegenwärtige er sich die Entstehung des Antrags, so könne er sich nur gegen das MinoritätSgutachten erklären. Der Sprecher schildert den Gang, den diese Angelegenheit genommen, und fährt dann fort: Nach dem Sinne des Minoritätsgutachtens solle die Regierung veranlaßt werden, eine Gesetzvorlage zu machen, die auf eine bestimmte Ansicht basirt sei, solle ihr der Weg gezeigt werden, den sie cinzuschla- gen habe, obschon man über die sich entgcgcnstchcndcn Ansichten von dem so wichtigen Gegenstände noch gar nicht zum Abschlusse gekom men sci. DaS gehe zu weit; Lie Regierung werde schon von selbst alle Ansichten, auch die den ihrigen entgegengesetzten mit gleicher Un parteilichkeit prüfen und den Ständen daS Ergebniß nicht vorenthal- tcn. Man müsse der Zeit hierin ihr Recht lassen; er wünsche Zeit zur Ueberlegung und einen Waffenstillstand, damit Lie Sache ihren, ruhigen Gang gehen könne. Jedes Ding müsse einmal sein Ende haben, und jetzt in dem letzten Stadium des Landtags sci cs nicht an der Zeit, von den anders Denkenden über einen so hochwichtigen Ge genstand noch eine bestimmte Erklärung zu verlangen, ür. Groß mann: Er müsse sich schon deshalb für den Vorschlag her.Minorität erklären, weil er darin daS einzige Mittel erblicke, dem Landtage da durch noch eine Bedeutung zu geben, daß Man die kostspieligen Ver handlungen über das Criminalverfahren noch zu einem einigermaßen befriedigenden Resultate führe. Nachdem Referent zu seiner Vcrthci- digung gegen die Unterstellung einer Meinungsänderung und Inkon sequenz gesprochen hatte, ergreift das Wort Minister v. Könneritz: Der Vorschlag der jenseitigen Deputationsmitglieder, aus dem früher» Scparatvotum dcS Referenten die Worte: „annoch eine mündliche Hauptvcrhandlung", wegzulasscn und dafür die Worte: „cin mündliches Hauptverfahren" zu setzen, lasse doch auf einen dringenden Grund hierzu schließen. Und dieser könne nur darin gesucht werden, daß nach der frühem Fassung dcs Separatvotums das protokollarische Verfah ren als Hauptbasis dcs ganzen Criminalproecsscs anzusehcn gcwcscn sci, sodaß von der gegenwärtigen Abänderung der Zweck kein ande rer sein könne, als dieser HauptbasiS in der mündlichen Verhandlung eine andere zu substiluircn, woraus der Unterschied zwischen dem frü her» Scparatvotum und dem jetzigen Verschlage deutlich hcrvorleuchtc. Einen Grund für den Beitritt zu diesem Vorschläge könne daS vom vr. Großmann Angeführte nicht abgeben. Denn die Kostspieligkeit der Verhandlungen über daS Criminalverfahren könne mit gleichem Rechte als ein Grund für den Beitritt der II. zu den Beschlüssen der I. Kammer angesehen werden. Nach Beendigung einer durch eine» Wunsch des Or. Großmann in Betreff der Fragstcllung angeregten Discussion erfolgte die Abstimmung, und cs wurde die Frage: Will die Kammer bei ihren früher» Beschlüssen beharren? von 20 Anwe senden bejaht und von 16 verneint. (Nr. 135.) * Altenburg, 14. Aug. Die Vorbereitungen zur bevorstehende» Versammlung deutscher Horst- und Landwirthe werden sehr leb haft betrieben. Was die einzelnen PrciSaufgaben betrifft, deren be reits Erwähnung geschah (Nr. 133), so soll dem Vernehmen nach be sonders die forstwissenschaftliche Frage über die Berechtigung und Ver pflichtung deö Staats, die Benutzung und Bcwirthschaftung der Pri vatholzgrundstücke zu beaufsichtigen, ihre Bearbeiter gefunden habti» Da in hiesigen Landen die Ausrodung und Verwandlung der Hölzer in Feld und Wiese durch ältere und neuerlich wieder eingefchärfte Vor-