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N.. '41." ZIckopaaee Lage»»«« und «azetger Montag, de» 18. Dc^» 4 Zuris fßeventen Tag Laüdsturmmann Von Dr. Konr Von Johann Gottlieb Fichte gibt es eine wenig bekannte Karikatur, eine Farbeuzeichnung ans dem Jahre 1813. Sie zeigt uns Fichte als Berliner Landsturm- mann, wohlbeleibt und bis an die Zähne bewaffnet. Wir emp finden diese Zeichnung heute nicht mehr als komisch, sondern als eine Bestätigung dafür, das; Fichte trotz aller wissenschaft lichen Arbeit im Kampfe um Deutschlands Befreiung seinen Mann gestellt und dabei wegweisende Gedanken gelehrt hat, die erst jetzt ihre volle Würdigung erfahren. Wie sehr Fichtes Eintritt in den Berliner Landsturm mit seinen philosophischen Ueberzeugungen znsammenhängt, das bezeugen z. B. seine Einführuugswortc, die er im Sommer 1813 an seine Hörer richtete. Sie beweisen, das; sein Charakter und sein philosophisches System ein und dasselbe Gepräge tragen, d. h. daß Mann und Werk aus einem Guß waren. Diese Ein- führungsworle kanten: „Dies aber zur Mitteilung und Ein wirkung auf Ihre Umgebung: denn cs ist unmittelbare Volls- sache. Nicht nur die Lage — sogar die unmittelbare praktische Behörde, die Negierung — hat den gegenwärtigen Krieg für einen wahren erklärt, ganz in dem Sinne, den ich aufstctten werde, in mehreren Verordnungen, unter anderen in der Verordnung über den Landsturm. Einer der seltenen Fälle, tvo Wissenschaft und Rcgieruna Übereinkommen!" Als Johann Gottlieb Fichte in Dcntschlands dunkelster Zeit in der Berliner Universität seine „Reden an die deutsche Nation" hielt und mit diesen Reden die deutsche Jugend bc- geisterte und in ihre Herzen eine Saat legte, die das Vater land retten sollte, meinten Nörgler und Besserwisser: „Wie kommt dieser Mann dazu, sich die Autorität anzumaßen, sich an das ganze deutsche Volk zu wenden?" — In seiner letzten Rede sagte Fichte dazu folgendes: „Es dürfte jemand unter euch her« vortreten und mich fragen: Was gibt gerade dir, dem einzigen unter allen deutschen Männern, den besonderen Auftrag, Beruf und das Vorrecht, uns zu versammeln und auf uns einzu dringen? Ich antworte, daß allerdings jeder dasselbe Neckt gehabt hätte wie ich und daß ich gerade darum es tue, weil kein anderer unter ihnen cs vor mir getan hat. Ich war der, der es zuerst lebendig sah, darum wurde ich Professor Achie ad Karkosch. der, der cs zuerst tat!" Diese Worte wird heute ein jeder mit Ergriffenheit lesen, denn uns ist inzwischen im Füh rer der Mann der Tat entstanden. In Zeiten höchster Not war er es, der es zuerst lebendig sah, und cr wurde uns der, der es zuerst tar. Diejenigen Sätze, in denen Fichte mit prophetischen Wor ten vom Führcrtnm spricht, erfüllen uns mit Bewunderung. „Irgend einmal — so erklärt cr mit allem Nachdruck — wird und muß einer kommen, der als der Gerechteste seines Volkes der Herrscher desselben ist; dieser wird auch die Mittel finden, eine Snccession der Besten zu erhalten." Wie eng Fichtes Lehren mit der Gegenwart verbnuden sind, zeigen weiterhin seine Aussprüche über den deutschen Sozialismus. Nach Fichte ist alles soziale Leben auf Wechsel beziehungen des Gebens und zugleich des Nehmens gegründet. Cr betont immer wieder, daß cs kein Ich ohne ein Du, kein Du ohne ein Ich nnd beide nicht ohne den umfassenden Zusammen- h rüg des Gebens und Nehmens in einer Gemeinschaft geben könnte. „Ich empfange in jedem Teil das Ganze, weil jeder Teil nur durch das Ganze ist, was er ist!" bemerkt Fichte bei seiner Grundlegung eines deutschen Sozialismus. „An meinem Leben und meinen Schicksalen liegt nichts; an den Wirkungen meines Lebens liegt unendlich viel!" Darum: „So gibt es nur eine Tugend, die — sich selber als Person zu vergessen, und nur ein Laster, das — an kick selbst ru denken!" Fichte gehört auch zu denjenigen Männern, welche die Gefahr, die vom Judentum drohte und zu seiner Zeit von den meisten deutschen Menschen übersehen wurde, erkannt haben. Seine Aeußernngen über die Judengefahr zeigen, wie nahe er unserer heutigen Einstellung gekommen ist, obgleich die Rassenfrage bei ihm noch nicht diejenige Rolle wie in der Gegenwart gespielt hat. „Fällt euch denn hier nickt der begreifliche Gedanke ein" — so erklärt Fichte — „daß die Juden, welche ohne euch Bürger eines Staates sind, der fester und gewaltiger ist als die eurigen alle — wenn ihr ihnen auch noch das Bürgerrecht in euren Staaten gebt, eure übrigen Bürger völlig unter die Füße treten werden?" Hinter dem Torbogen Zeitbild von Ern Hart schlug der Stock auf Gestein, als der Mann, etn rüstiger Vierziger trotz eines steifgeschossenen Beines, durch den Torbogen humpelte. Es war mehr als Neugier, die den Wanderer, den der Zufall nach jahrelanger Abwesenheit in die Geburtsstadt verschlagen hatte, im fahlen Licht eines Hcrbstnachmittages veranlaßte, den gleichen Weg zu wählen, den einst der Knabe pflichtgemäß zu gehen hatte. Hinter der Einfahrt des Tores lag, mit Händen zu greifen und doch so fern, ein Stück Jugendland des Mannes: die Schule. Menschenleer zu dieser Stunde war der Schulhof. Dort stand, noch immer wasserspendend, der Zierbrnnnen, einst vielbestaunte Ehrengabe zu Amt und Würden gelangter ehemaliger Zöglinge des Gymnasiums. Ein zages Lächeln spielte um den Mund des Mannes, als er sich der mutwilligen Jungenstreiche entsann, die damals in den Pausen am Rande dieses Brunnens auSacheckt und mit aller Freude am Ge lingen und am Zorn der Lehrerschaft ausgeführt wurden. Verschlossen wie immer war der Eingang zur geräumigen Turnhalle, die so viel starkes Wollen einsatzfreudiger Jugend gesehen. „Dem Vaterlande gilt's, wenn wir zu spielen scheinen." Ja, aus frohem Spiel ward blutiger Ernst, als vor fünfundzwanzig Jahren die ersten Gymnasiasten sich kriegs- freiwillig zur Fahne meldeten. Unter ihnen ein ranker, blonder Bursche, der Sohn des Turnlehrers. Als einer der ersten fiel er vor dem Feinde. Hellmann hieß er und war mit seinen achtzehn oder neunzehn Lenzen schon ein ganzer Kerl, als er ins Feld zog. Schwerttod nimmt immer die Besten! Der Kies knirschte unter den Füßen, als der Mann ent lang dem kleinen wohlgepflegten Mauergarten zur Wohnung st Hillebrand. des Schuldicners ging. Der alte Ktingetzug war wohl langst einer elektrischen Glocke gewichen. Grell schrillte sie über den Vorplatz. Schritte schlurften. Die Tür öffnete sich. Der Pedell? Den der Wartende so zu sehen hoffte: stramm, Gardemaß, mit eisgrauem, militärisch hochgezwirbeltem ! Schnurrbart — er war es nicht! Der „Neue", ein altes Männchen, kannte nicht einmal den Namen dessen, der vor , drei Jahrzehnten hier seines Amtes gewaltet. Hercingelassen hatte der Stramme die wilde ungebärdige Schar allmoraend lich mit soldatischer Pünktlichkeit. Er hatte ihnen auf die Minute Lehrstunden und Pausen geläutet und beim Schulfest die Fahne vorangetragen. Seine mächtige Rechte saß zuweilen sehr locker und führ, kräftig und gerecht, auf die schuldbewußt gesenkten Köpfe aller „Galgenstricke und Butjers", die nicht gehorchen wollten. „Kann ich die Schulräume besichtigen?" fragte der Mann den Alten. „Ich bin ein ehemaliger Schüler der Anstalt, rückte - vom Klassenzimmer in die Kaserne." — „Nicht alle, Herr...", brummte der Kustos. ,„Jm Konferenzzimmer ist gerade Sitzung. Einige Klassen werden gesäubert. Aber vielleicht die Prima und — natürlich, hm! — die Aula." Sie stiegen die breite, schöngeschwungene Steintreppe zum ersten Stockwerk empor, gingen über den langen fliesenbedeckten Korridor. Ernst und würdig grüßten noch inimer die alten Heroenbilder von getünchten Wänden. Hier hatte sich nicht viel geändert im Wandel der Zeiten. „Ihr altes Klassenzimmer, Herr!" öffnete der Schuldiener eine der Türen. Der andere wäre daran vorbeigegangen. Kanute er es nickt wieder? Die Prima! Lächerlich klein erschien sie dem Manne. Wie eng die Bänke sich aneinanderrcihten! Der altvertraute Ruch von Büchern, gebohnertem Linoleum und eingetrockneter Tinte wehte dem Manne wie eine Wolke der Gelehrsamkeit entgegen. Schwarz und unerbittlich, als heische sie täglich noch die Lösung trigonometrischer Formeln oder die höhere Weisheit einer Integralrechnung, die Ableitung der Keplerschen Gesetze, gähnte die Tafel neben dem Katheder. Von dort aus strafte die Mißbilligung des Ordinarius eine verspätete Knabennnart der Flaumvärtigen mit dem geflügelten Wort: „Meine Herren! Sie sind noch lange keine Herren, meine Herren!" Gott hab' ihn selig, den freundlichen alten Herrn, der beim Extemporale so gravitätisch durch die Bankreihen der Büffeln den stelzte! Nein, Herren waren sie damals nicht, die jungen Dachse, die hier im Frühjahr 1917 ihr Notabitur „bauten". „Ihr sollt mir schreib'n, daß de Fedd'r klüht und der Schäddel raucht!" trieb sie der gefürchtete Mathematikus aus Sachsen an. Sie bestanden alle. Nicht alle waren schon trocken hinter den Ohren, aber doch reif genug, um allen Ernstes Zirkel und Feder mit der Waffe des Feldgrauen zu vertauschen. Donner und Doria! Wie freuten sich die jungen Kerle, halbe Knaben noch, trotz all ihrer Kricgsnotschmächtigkeit tauglich für den Wehrdienst befunden zu fein! Im Fcuge jagten sich die letzten Tage: die Rede des Direx nach bestandenem Examen, die hastig genossene Abschiedskneipe vor den Toren der Stadt, ein bitter süßer Kuß für die kleine Primanerliebe. Reifende Jugend in todernster Zeit... - Vorbei das alles! „Ich möchte die Aula noch sehen", stieß der Mann mit rauher Stimme hervor. Prüfend sah ihn der Kustos an. „Trennungsschmerz? Der Genius loci?" (Eist wenig Latein erlernt sich im Laufe der Jahre.) Als sie zum Erdgeschoß Hinabstiegen, brannten sparsam etliche abgedunkelte Lichter. Milchig fiel die Abenddämmerung durch breite blankgeputzte Fenster. Der Flur brach recht winklig ab und mündete in zwei Flügeltüren. Sie sprangen auf. Der Pedell schaltete das elektrische Licht ein. Vor ihnen lag, ein kleiner Tempel der Schönheit, die Aula, das Heilig tum der Anstalt. Etwas matter, so schien es dem Manne, strahlten di« Lüster der Decke, aber zu Häupten der Empore war noch der alte silbrige Glanz um die Pfeifen der kunstvoll verzierten Orgel. Hier saß in festlicher Stunde der gesamte Lehrkörper des Gymnasiums. Von jenem Podium aus sprach der Direktor, ein gepflegter alter Herr mit schütterem Vollbart, zu der ihm anvertrauten Jugend. Mn jedem Montag verlas er von dieser Stelle die Namen der vor dem Feinde aus gezeichneten und der gefallenen Schüler. Abhold allen hohlen Worten sprach er, dessen Söhne sämtlich auf dem Felde der Ehre geblieben, vom Opfer, von den Siegen unserer Truppen, deu tapferen U-Booten, der unmenschlichen britischen Hunger blockade. Tief senkte sich der Adel seiner Worte m die jungen Herzen. Und dann die Jahre vorher! Der Tag von Sedan mit seinen Sportsieger-Ehrungen, mit Tusch und Eichenkranz und rotseidenen Schleifen. Das alljährliche Schulkonzert vor fest lich gekleideter Elternschaft. „Mein erstes Lampenfieber!" murmelte der Mann und sah sich als kurzhosigen Knaben Verse eines vaterländischen Gedichtes vor einer wohlwollend lauschenden Zuhörerschaft sprechen. Schauer der Erregung wehten durch die Knaben, wenn sie die goldenen Lettern des alten Wandspruches lasen: „Dulce et decorum est, pro patria mori!" — Süß und ehrenvoll ist es, für das Vaterland zu sterben... Sie lernten es jahrgangsweise, die einst in kriegerischer Zeit die Schulbank drückten, und taten ihre Schuldigkeit. Dir Gefallenen-Tafel kündet davon. Und die junge Mannschaft von 1939/40? „Die Jungen von heute stehen auch ihren Mann", sagt« der Schuldrener leise zum Fremden, als wollte er eine Brückt schlagen vom Gestern zum Heute. Da drückte der Mann dem Alten stumm die Hand un) ging. Als er durch den Torbogen hinanshumpelte, war ei ihm, als schritte seine Jugend, ein Teil der ewigen des Volkes, neben ihm. INackdriM v-rkni-n > 18. Fortsetzung. „Warte, meine Taube!" bat sie. Nebenan beriet sich Madame Sultanis mit ihrer Mutter, ihrer Schwieger mutter, ihrer Großmutter vom Vater her, ihren Mutter schwestern und Muhmen. Das Ergebnis war, daß ein Bote hinüber zur Kirche Johannes des Täufers geschickt wurde. Vater Dmitri, der Pope für alles, mußte helfen. Der Vater Dmirti kam. Die graue Haarsträhne fiel Ihm unter der schweren Priesterkappe bis über den halben Rücken. Er setzte sich tröstend neben die schöne Sünderin. Er war derlei gewohnt. Für seine sonderbar klaren hell grauen Augen waren die flachen Dächer von Pera ab gedeckt. Die Damen im Nebenzimmer vernahmen das beschwichtigende Gemurmel seines Kellerbasses, znweilen das Helle Aufschluchzen der Charis Lamba. Endlich kam Vater Dmitri wieder heraus: „Sie wird morgen zu ihrem Mann zurückkehren!" sagte er. „Heute, ihr Schwesterchen, braucht sie nur Ruhe. Richtet ihr ein Zimmer für die Nacht!" Und nach einer Stunde flüsterte die kleine Zoe Sul tanis auf den Fußspitzen dem Familienrat zu: „Sie ist ganz erschöpft! Sie fchläft!" Aber mitten in der Nacht war Charis Lamba aus bleischwerem Halbschlaf aufgefahrcu. Sie zündete die Kerze auf dem Nachttisch an. Sie saß aufrecht. Sie wimmerte wie ein Kind: „Er stirbt ... Er stirbt. . . Palamidi bringt ihn vielleicht jetzt eben um . . ." Die Smyrniotin kleidete sich langsam, sorgfältig an. Sie nahm Hut und Umhang. Sie stieg, den Leuchter in der Hand, die Steiutreppe hinab. Die kroatischen Haus wächter unten rieben sich verdutzt Len Schlaf aus den Augen. Sie wagten nicht, die Kyria, der Herrin, zu widersprechen. Sie öffneten das Tor. «Ml war die Mainacht draußen. Klar funkelten di« Sterne. Der Mond war untergegangen. Die Gassen Peras lagen leer im Dunkel. Das Tor des Hotels Thot- falussy, in der jetzt, nach Mitternacht, geisterhaft stillen Großen Straße, war fest verschlossen. Vor ihm hockten auf Teppichen am Boden undeutliche Umrisse in der Nacht. Kapuzenköpfe hoben sich und spähten mißtrauisch nach der Frau im Schatten. Das leise Knacken eines Revolvers schreckte sie. Die schöne Madame Lamba schlich verängstigt die Große Straße von Peva zurück. Nun begriff sie: Sie selber war in Gefahr — nicht er! Wer sich in den Geister stunden in den Gassen Konstantinopels Herumtrieb, der jpielte mit seinem Leben! Und vogelfrei war vor allem zu dieser Stunde eine Frau . . . Nein — das war nicht die Gefahr! Plötzlich rannte Charis Lamba des Weges dahin. Nach dem wahren Ort der Gefahr. Sie lief nach dem Palais Lamba zurück. Da dämmerie die Friedhofstraße. Da schattete das Palais Lamba. Es hatte, in der Richtung nach der nahen englischen Botschaft hin, einen verschwiegenen SeitenauS- gang, durch den die schöne Frau Lamba sonst zuweilen nächtens zu schlüpfen pflegte, auf der Rückkehr von Aben teuern, um die nicht jeder barbeinige Torhüter vorn an dem Bronzetor zu wissen braucht«. Der Wächter dieser Nebenpforte war eine treue, alte Seele — blind der Exzel» lenza und deren Frau ergeben. Er wunderte sich über nichts. Charis Lamba blieb noch im Schatten der Friedhof- straße stehen und bekreuzigte sich entsetzt: Der Teufel hat über mich Macht! — Sie fing an zu weinen: Ich sehe Ge spenster ... Ich sehe meinen Sarg . . . einen gewöhn lichen, weißfichtenen Sarg . . . Armenier tragen ihn aus der Hintertür des PalaiS Lamba! Bedeutet das, daß Palamidi Lamba vom Teufel geholt ist? Nein — da schwankt «in neuer Sarg auf den Schultern von Armeniern. Armenier halten bis zum Munizipal garten hin Wacht, daß niemand nahe kommt! Aber die Straße ist ja leer. Nur ein hochbeiniger gelber Hund heult den dritten Sarg an, der da austaücht! Wo kommen die drei Leichen aus dem PalaiS Lamba her? In abergläubischem Grauen schlich Charis Lamba seitwärts. Sie enlkloh von den, Särgen zu den Toten. Dicht hinter ihr rauschten im Nachtwind die Zypressen wipfel des Türkenfriedhofs. Die schöne Madame Lamba lugte verstört hinüber nach dem Haus ihres Mannes. War der Spuk nun zu Ende? Ja. Das Straßenpflaster lag leer und still. Sie raffte sich auf. Sie wollte hin über. Da! Sie blieb stehen. Da begann die Sinnestäu schung von neuem! Wieder schimmerten drei bleiche Särge auf stämmigen Armenierschultern. Lautlos ver- schwamm der Geisterzug in der Nacht. Und wieder harrte Charis Lamba, bis schon das erste ahnende Morgengrauen die dunkle Lust des Friedhofs lichtete. Ihre Zähne klapperten. Aber nicht nur vor Frost. Zum dritten Male kamen drüben aus dem PalaiS Lamba drei weiße Särge auf den Schultern der schweigend im Gleichschritt schreitenden Armenier. Die bleiche Frau sah es mit ungläubigem Entsetzen: Bei St. Saba in Jeru« falem — wen alles hat Palamidi Lamba diese Nacht um gebracht . . .? * „Gelobt sei der Meister dieser Särge! Eine Stund« vor Sonnenaufgang haben wir vorhin die drei letzten drüben in der Skutari an dem mittleren Kaffeehaus vor dem armenischen Friedhof in die Hände deiner Freund« gegeben, du unser Beschützer! Ihre Hände haben die Särge aufgerissen und die Beutel gezählt und in Nichtig keit befunden! Deine Freund« danken dir, Babadjan- Efendi, durch mich, deinen Sklaven, und wünschen: Mög« dein Tag glücklich sein!" In dem Han Babadjan in Stambul, der armenischen Kontor« und Hochburg, dem Geheimsitz des BundeS „Gregor der Erleuchter", stand vor dem greisen, millionen reichen Herrn des Hauses der Gemüsegärtner Obowian aus dem Dorf Ortaköi, ein schlichter, graubärtiger Mann des Volkes, wie ihrer viel Tausende rings am Bosporus für die Küchen Konstantinopels Gurkenkürbisse und Baumerdbeeren begossen, Granatäpfel und Pistazien pflückten. Bleich, schlaff, ihm gegenüber Nichan Babadjan, der große Wucherer und Patriot seiner Nation. „Siehe, Sohn Davids: Gott bat dich zu weiteren großen Dingen aus« erwählt!" (Forts, folgt.,-,