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Nr. »» Zschopaoer Tageblatt u»d «»-«Iger Donnerstag, den 14. Dezember ISS» Ser rechte weg Ta klingelte die Flurglocke so stürmisch und heischend, wie sie seit vielen Wochen nicht mehr geklungen hatte. Die Mutter erhob sich vom Stuhl und erschreckte schier, so ein seltsames Gefühl glücklicher Unruhe floß jäh durch sie. Nur einer klingelte so, ihr Junge, wenn er früher just um die gleiche Stunde von der Arbeit kam. Jetzt stand er schon seit vielen Wochen als Soldat in Polen ... Tie Mutter hatte einen Gedanken . . . Wenn er jetzt plötzlich auf Urlaub ge kommen wäre! Im letzten Brief hatte er ja davon geschrie ben... Rein,.das nicht denken! Vielleicht batte die Nachba rin geklingelt und dann war die Enttäuschung doppelt groß. Sie strich über die Stirn, als ob sie den Gedanken wieder wegwischen wollte und ging zur Tür. Sie öffnete nur einen Spalt, und dann muhte sie sich am Türrahmen festhalten. Er stand wirklich vor ihr, umfaßte sie, ehe sie sich besinnen konnte und stammelte zwischen Streicheln und Kosen: „Urlaub... Mutter!* Tann sah er der Mutter gegenüber und muhte in einem fort erzählen. Sie sah immer wieder das Gesicht ihres Jungen an. Die Züge schienen ihr härter und ent schlossener geworden zu sein, und um seinen Mund standen galten... Sicher... Er hatte im Krieg mancherlei erleb«. Tas war Wohl auch der Grund, weshalb seine Augen oft unvermittelt in Fernen hängenblieben... Oder lag hier ein anderer Grund vor? Die Mutter forschte vorerst nicht, sie lieh ihren Jungen erzählen und erzählen, dann deckte sie ibm den Tisch, und erst als er satt im weichen Stuhl sah, begann sie ganz vorsichtig: „Du bist gnders geworden." „Der Krieg macht das, Mutter..." Sie fuhr fort: „Oder quält Dich doch etwas?" Sie umfahte ihn: „Sag mir's doch. Junge!" „Ich kann es nicht... Mutter". Das kam tief aus einem unglücklichen Kerzen. „Kannst Dn Deiner Mutter nicht alles sagen...?" Sie lächelte ganz wenig. „Ist's eine Mädelgcschichtc?" Er gab keine Antwort. „Also ein Mädel", nickte die Mnncr. „Hattest Tu sie sehr lieb und ging sie mit einem anvern?" ' „Tie!" Er lachte auf, „die geht mit jedem..." „Dann ist es doch nicht schlimm..." „Ich kann es nicht sagen", ächzte der Junge... Tie Mutter erschrak jetzt. „Was hat sie Dir getan?", fragte sic langsam... Ta fand er Worte. In einer kleinen Stadt wäre es gewesen, nach Tagen doll Kämpfen und Marschierens hätte man endlich einmal Ruhe gehabt. Da wäre sie ihm über den Weg gelaufen, jung, lockend, schlank... „Ach Mutter, weiht Du, wenn man wochenlang kein Weibsbild gesehen hat..." , _ „Und Du hast Dich mit ihr eingelassen?" ,^Ia..." Der Atem des Jungen ging schwer. „Ich bin krank... Und melden mochte ich das nicht. Ich habe mich so geschämt..." Nun war es heraus, jetzt würde sich die streichelnde Sand erschreckt zurückziehen, die Stimme der Mutter hart werden... Nein, die Sand strei chelte weiter, die Stimme wurde noch zärtlicher. „Ein Leichtfuß bist Du, mein Junge..." „Eine Schande ist es von mir", brach er aus. „Keine Schande.. Du bist jung, bist Mann, und Blut hast Du auch in den Adern... Aber melden hättest Du es müssen. Je eher Du zum Arzt gehst, desto schneller bist Du wieder gesund." , „Ich mag nicht zum Arzt gehen, Mutter!" „Du mußt es, Junge! Oder willst Du siech werden oder, was noch schlimmer ist, später einmal kranke Kinder haben..." Das hatte die Mutter mit aller Obhut gesagt. Doch diese Worte trafen den Jungen wie Keulenschläge. Er sprang auf, sein Atem sprengte fast die Brust... „Die ses Frauenzimmer!" „Nein, nein", zog ihn die Mutter in den Stuhl zurück, „Dn bist krank. Deshalb mußt Du wie jeder andere Kranke zum Arzt... Versprich es mir, nicht hinhängen lassen, und keine Kurpfuschereien... Ich will doch wieder meinen kerngesunden Jungen haben..." Da legte er den Kopf auf die Arme... „Mutter, ich dachte, Du würdest mich verachten..." „Verachten? Kind! So lieb habe ich Dich wie in Deiner Iungcnzeit, als Du mit dem Scharlach lagst. Da habe ich auch nur an eins gedacht, daß Du wieder gesund werden sollst, an nichts anderes... Und heute mache ich das genau so. Nicht wahr, morgen schon gehst Du zum Arzt... Und dann ist alles wieder gut, und wir sprechen nie mehr darüber..." „Verzeih mir, Mutter", bat der Junge, „daß ich so wenig Vertrauen zu Dir hatte... Ja, morgen gehe ich zum Arzt... Mutter! Und'Du bist wirklich nicht böse?" „Dummer Junge", lachte die Mutter, „ich bin nichts als Mutter! Wie kann ich Dir da böse sein..." Ebersbach. 500« Mark gefunden und un terschlagen. Ein Reisender aus Görlitz verlor in Ebersbach eine Brieftasche mit 5000 Mark Inhalt, in der sich außerdem Wertpapiere und Ausweispapiere befan den. Tie Tasche wurde von einem Ortseinwohncr gesun den. Er unterschlug den Fund, teilte das Geld mit einem Arbeitskamcradcn und verbrannte die Wertpapiere. Ter unehrliche Finder wurde festgestellt. Neugersdorf. 50jährige Sängertrene. 50 Jahre gehört der langjährige stellvertretende Chormeisler des Gesangvereins „Sängerbund", Hermann Wünsche, diesem Verein und außerdem 60 Jahre dem Kirchenchor an. Mit seinen solistischen Gaben trägt er noch heute zur Ausgestaltung von Feiern bei. Er wurde jetzt vom Führer des Deutschen Sängerbundes durch die Verleihung des Ehrenbriefes ausgezeichnet. Neustadt i. Sa. HI. - Heim ü b e r g e b e n. Das in Niederottendorf gelegene schmucke SI.-Heim für die Ge meinden Niederottendorf, Oberottendorf, Berthelsdorf und Rückersdorf, zu dem vor einem reichlichen Jahr die Grundsteinlegung erfolgte, konnte nunmehr seiner Bestim mung übergeben werden. Es enthält in zwei Stockwerken zweckentsprechende Räume. Die Baupläne stammen von Architekt Köhler, Sebnitz. Gleichzeitig wurden auch die SI.-Heime in Stolpen, Markersbach und Dohna ihrer Be stimmung übergeben. Oberlungwitz. Hausecke weggerissen. Als auf der Hofer Straße ein Lastzug an einem parkenden Auto vorbeifahren wollte, kam ein Autobus entgegen. Bei dem Ausweichungsversuch verunglückten beide Fahrzeuge. Während der Autobus ein Brückengeländer durchbrach und mit den vorderen Rädern über der Ufermauer hängen blieb, fuhr der Lastzugtriebwagen gegen ein Grundstück und riß eine Hausecke weg Wie onrch ein Wunder blie ben alle vom Unfall betroffenen Personen nnverletzt. Großharthau. Besichtigung der Nie nen ¬ stände. Auf einer stark besuchten Imkertagung der Orts fachgruppe Großharthau-Bühlau, Frankenthal und Bi schofswerda hob der vom Landesveterinäramt zu einer Besichtigung der Bienenstände im Bischofswerdaer Gebiet ansqesand'e Geschäftsführer der Landesfachgruvpe Imker, Sachsen, Oberlehrer Willv Höhnel, Dresden, lobend her vor, das; er 05 Prozent aller Bienenstände in peinlichster Ordnung befunden habe. Uni nun im nächsten Herbst mit den Bienen wieder in die Hc-detrach^ modern zu können, müsse jetzt in die Winterruhe der Bienen eingedrungen und ein rücksichtsloser Kampf gegen die im Bezirk herr schende gefährliche Milbenseuche ausgenommen werden. Durch eine Vergasungsaktion sollen alle Bienenstände des Bezirks sieben Tage hintereinander erfaßt werden, nm die in den Atcmröhrcn der Inngbienen schmarotzen den winzigen Milben zum Absterbcn zu bringen. Limbach i. V. Ausgrabung alter Ring wal l a n l a g e. Auf Anordnung des Landratcs wurden von einem Wissenschaftler an einer bereits vor etwa drei ßig Jahren festgestellten Ringwallanlage Probegrabungen vorgcnommen, um den Charakter der so lange vernach lässigten Anlage festzustellen. Sie ähnelt in ihrer Anlage der von Rodewisch und stellt eine mittelalterliche Wehran lage ans dem 14. Jahrhundert dar, von der anzunehmen ist, daß die inselartige Anlage, die mit Wall und Graben umgeben ist, ein Steinhaus trug. Leipzig. Namhafter Leipziger Geigen bauer gestorben. Im Alter von 68 Jahren ist der weithin bekannte Leipziger Gcigenbaumeister Albin Wil- fer, der aus dem Zentrum der deutschen Musikinstrumen- tcnindustrie, aus Markneukirchen, stammt, gestorben. Wil- fer hatte sich, nachdem er mehrere Jahre für eine deutsche Instrumentenfirma in Rußland tätig war, in Leipzig selbständig gemacht. Wilfer genoß in der Fachwelt einen hervorragenden Ruf und war in deren Organisation viele Jahre hindurch führend tätig. Er wirkte auch als Be treuer der Streichinstrumente des Gewandhauses. d) gering genährt« 65 51 a) 44-1 42 SS 82 43,5 SS,5 33,5 22/24 40,5 36,5 27 50 4V 63 57 48 88 vollst, ausgem. höchst. Schlacht«. b) oollfletschtge c, fteitchtg« d) gering genährt« 55 55 55 54 51 c) mittl. MastlKmmer u.ält. Masthammel d) aer.Lämm.u Hamm e) beste Ochafe f) mittler« Schale g) geringe Schafe 43,5 3V,ü St,5 a) fette Speckschweine über 150 kg b)1.v».Sch.135-NS,5lp 2,vfl.Echw.N0-13l kp c)vfl.Schw,IOO-NV,blg d) vst.Schw. 80-00,5 kg e) flsch.Schw.60-7S,5 kg f) flsch.Schw. unt.SO kp .s) Sauen 1 . fette Epecksauen 2 .andere Sauen 3. "der 4. Nltschneider Uld«: N Sonderklasse: Doppelt, b. Mast 6 andere Kälber a) beste Mast- u.Saugk. b) mittl.Mast;u.Saugk. c) geringere Saugkälb. d) geringe Kälber »st«: a) jüngere vollst. höchst. Schlacht«. b) sonst, vfl. od. auSgem. c) fleischige d) gering genährte köfisnr a) jüngere vollst, hörst. Schlacht«. b) sonst, vfl. ob.auSgem c) fleischige iismmsl. a) beste Mastlämmer 1. Stallmast 2. Weidemast ü) b. jüng. Masthammel I. Stallmast 2. Weidemast a) vst. auSgem. höchst. Schlacht«. b)so»U« vollfleischtge d) gering genährt« lull«« handel, Wirtschaft aad Verkehr Lhemnitzer SchlachtvlehmarN vom 13. Dezember Amtliche Berliner Notierungen vom 13. Dezember Berliner Wertpapierbörse. Am Aktienmarkt über wogen nach anfänglichen Schwankungen Knrssteigernngen. Am Nen teil markt wurden Steuergulscheine stark gefragt. Alle Gruppen stiegen um 0,12 v. H. Steuergutscheine l schwächten sich teilweise etwas ab. Wiederaufbauznschläge stiegen um 0,15 v. H. Altbcsibanleihe befestigte sich auf 138,30, Acichsbahnvor- zugsaktien erholten sich auf 126,62. Turnen - Sporl - Spiet Europameister Walter nach Dresden verseht Der Europameister im Nollspon-Paorlaus, Walter, Nürn berg. ist nach Dresden versetzt morden und wird für die Noll- nnv Eissportabieiluna der Sportfreunde 01 Dresden starten. Durch diesen erireulichen Zuwachs dürkie ein erneuter Nus- schwuna im Eis- und Nollsport Sachsens zu erwarten sein. Waller startete kürzlich mit seiner Partnerin Noch, mit der er die Europameisterschast holte, in Dresden. Dresdner Berufsboxkämpfe am 14. Januar In Dresden werden nach längerer Pause am 11. Januar wieder Berussborkämpfe staltsinden. Die Veranstaltung soll am Vormittag abgewickelt und in dem 5000 Zuschauer saf tenden Zirkus Sarrasani ausgctragen werden. Kommt ein Franenturnkamps Berlin—Hamburg—Leipzigs Anläßlich des letzten Turnstädtckampses zwischen Ham- bürg, Leipzig und Berlin sind in der Neichshaupisladt unter Mitwirkung des Neichssachamislciters Steding Besprechungen gekichn worden, ob in Zukunft auch ein Kampf der drei Städte ini Frauenturnen ausgctragen werden soll. Tiefer Kamps der Frauen würde, wenn er zustandekommt und sich bewahrt, re gelmäßig als selbständige Veranstaltung zur Durchführung gelangen, also nicht in Verbindung mit dem Drei-Siädic- Kampf der Männer. Eine Entscheidung ist noch nicht ge fallen. Der Völkerschlachtkreis Leipzig ist zunächst beausiragt worven, die Bedingungen und die Ausschreibung des Fraueu- Städtekampkes ausznarbeiten und dem Reichssachamt zur Prü fung cinzureichcn. Wird die Genehmiaung des Rcicbswck'oin- tcs erteilt, dann würde der Frauenkampf ermalig im Avril 1940 in Leipzig stattfinden. Vücheclisch Weißköppel-David: „Su nn esu!" Allerlei Erzgebir- gisches vom Heimatdichter Max Wenzel. Gerade noch zur rechten Zeit, um einen Platz auf dem Weihnachtstisch zu finden, erschien soeben ein neuer Band unseres Heimat dichters Max Wenzel unter dem Titel „Su nu esu!" Wer kennt nicht unseren erzgebirgischen Mundartdichter Ober- lehrer Max Wenzel in Chemnitz? Wer hat noch nicht über seinen goldenen Humor so recht von Herzen gelacht?. Wer hat ihn nicht seine eigenen Schwänke vortragen hören? Sicherlich die meisten Leser unseres Blattes. Und nun hat unser Heimatdichter ein neues Bändchen erscheinen lassen, das sich nicht nur seinen bisherigen Schriften würdig an reiht, sondern diese noch bei weitem übertrifft. In so recht herzensfroher, der Natur abgelauschten Weise, schuf er hier Personen unseres Erzgebirges, so wahr und echt, daß man glaubt, sie leibhaftig vor sich zu sehen. Da ist nichts Ge ziertes, nichts Gewolltes, da erstehen vor unseren Augen Bilder, verklärt von einem goldigen Humor. — „Lachen is gesund, do gibts gar nischt dergegen zu sogn. Wer net lachen ka, is e Mensch, dar mich in der Seel nei dauern ka", so schreibt der Dichter selber. Darum, wer seinen Lieben zum Fests eine rechte Freude bereiten will, der schenk« ihm obiges Büchlein. Auch unseren Kameraden im Felde dürfte es hochwillkommen sein! Zu haben zu billigem Preise in allen Buchhandlungen. Copyright Hy -1ul«Lrt,-VeiIsg, Lettin HUN 7 34. Fortsetzung Da lag endlich die Station im Sonnenglanz vor ibm, wie ausgcstorben in der Vormittagshihe. Auf seinen Ruf kam Aloike herbeigestürzt und nahm ihm sein Pserd ab. „Sofort abreibenI Und vorläufig nicht tränken!" befahl Holand kurz. Mit raschen, entschlossenen Schritten ging er auf die Baracke zn, in der Martiniques Zimmer lag. Er klinkte die Tür ans, biieb einen Augenblick in dem engen, halb dunklen Korridor stehen und trat dann, nachdem er rasch geklopft, kurzerhand in das Arbeitszimmer des Franzosen. Martinique fuhr von seinem Liegestuhl aus; als er seinen Chef vor sich sah, versuchte er ein Lächeln, aber es ivnrde nur ein Grinsen daraus. „Herr Doktor Holand...! WaS verschafft mir die Ehre — prcner place ckonc" (nehmen Sie Platz!), murmelte er übereifrig. Aber nach einem Blick in das drohende Gesicht des Arztes verstummte er und wich er schrocken zurück. Ludwig Holand hielt die Reitpeitsche noch in der Hand, ein einziger rascher Hieb traf mitten in das angstvolle Ge sicht des Franzosen, der mit einem Aufschrei zurück« taumelte. „Das ist für gestern abend, Herr Doktor Martinique!" sagte Holand, mit einem liefen Ausatmen. „Hie werdest mich schon verstehen! Und ich denke, wir sind jetzt quitt!" Mit ein paar raschen Schritten war er wieder draußen und schlug die Tür hinter sich zu. Ohne sich noch einmal umznsehen, ging er mit großen, eiligen Schritten zu seinem eigenen Arbeitsraum hinüber. 8. „Da — ein Kohlendampfer! Wieder drei Punkte für mich!" ries Tutti Andermatt triumphierend. „Ein Fischerboot, braune Segel, ein Punkt...", ver kündete Walter Jansen. „Ve.oammt, meine Mütze'" Ein heftiger Stoß des Westwindes hatte ihm die Schirmmütze vom Kopfe gerissen, er lies ihr mit ein paar Sprüngen nach. Die vier anderen lachten. Sie standen, unbekümmert um die Regenböen und den srisckien Wind, aus dem Deich am Nordende, sämtlich in Regenmänteln, die Hände fest in die Taschen gestopft. Günther Kunze versuchte krampf haft seine Zigarette in Brand zu halten, Vera hatte ihre Hand unter Tuttis Arm geschoben, Dina Linke war Malter Jansen nachgelaufcn und bemühte sich, ihm die Mütze weg- zufangen. Pera sröstelte, sie sah geradeaus, sehnsüchtig tasteten ihre Blicke den Horizont ab. Sie waren hier schon seit einer Stunde mit dem kindlichen Spiel beschäftigt, die vorüberkommenden Schisse zu registrieren, zu zäblen und nach Punkten zu werten. Wer ein Schiss zuerst zu er- kennen und richtig zu registrieren vermochte, durste die betreffende Punktzahl für sich buchen. Heute war Donnerstag, da mußte bald die „Teutsch- land" aus der Ausreise von Cuxhaven vorübcrkommen. Vera suchte mit ihren Augen vergeblich die Dunst- und Negcnwand zu durchdringen, die den Horizont nach hinten abschloß. Wo blieb das Schiss? Ach, es war ihr nicht um die zehn Punkte zu tun, die der Ozeandampfer ihr eingebracht hätte, wahrhaftig nicht, und den anderen, so forciert eifrig sie sich auch gaben, wahrscheinlich eben- sowenig! Sie dachte an Ludwig Holand. In seinem letzten Briefe stand, daß seine Rückreise noch gar nicht abzuschev sei. Sie steckten noch tief in der Arbeit, seien immer noch zu keinem Ergebnis gekommen. Und dazwischen, oft mit langen Zwischenpausen, kamen immer noch neue Krank heitsfälle. Im Oktober hatte er zurück sein wollen, und jetzt hatte man schon Mitte September. Eine ganze Serie von Moskitoexemplaren hatte Ludwig Holand an das Institut eingesandt, die von Raimund Haager aus seiner Station untersucht und registrier» wurden. Aber auch er hatte noch zu keinem Ergebnis darüber kommen können, welcher Art nun eigentlich die Gelbfieber-Ueberträgcr don im Dschungel waren. Eine neue Rcgcnböe ließ die fünf auf dem Deich 'n ibren leichten Mänteln zusammenschauern. „Wir gehen nach Hause", entschied Tutti. „Wir haben lange genug hier gestanden. Die .Deutschland' scheint Verspätung zu habe», sie wird erst im Dunkeln kommen." Niemand widersprach. Oben, aus dem schlüpfrigen schmalen Deichwege, marschierten sie im Gänsemarsch hintereinander her, die Wiesen waren feucht und sumpsig geworden, denn in den letzten vierzehn Tagen hatte cs fast unaufhörlich geregnet. Und dieser Regen, dieser West- wind hatte das im Sommer so reizende Inselchen bis zur Unkenntlichkeit verändert. Und erst recht das Leben seiner Bewohner. Es war vorbei mit dem Tennis. Es gab keine lustigen Bäder mehr am Nordstrand, keine Sonnenstundcn in ge- schützten Mulden! Nur die ganz Wetterfesten hatten noch Mut zu Spaziergängen, die alles andere als genußreich waren, aber doch den Kops ein bißchen kühlten, die Lungen durchlüfteten »nd ein wenig Frische und Abwechslung schafften. (Fortsetzung folgt).