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D R E S D N 2. KONZERT I 2. Z Y K Tadeusz Baird geb. 1928 Johannes Brahms 1833-1897 Johannes Brahms ER PHILHARMONIE Freitag, den 1. Oktober 1971, 20.00 Uhr Sonnabend, den 2. Oktober 1971, 20.00 Uhr Festsaal des Kulturpalastes Dresden M ANRECHT C UND .US-KONZERT Dirigent: Lothar Seyfarth Solisten: Siegfried Lorenz, Berlin, Bariton Bruno Leonardo Gelber, Argentinien, Klavier Chor: Philharmonischer Chor Dresden Einstudierung Wolfgang Berger Assistenz: Wilfried Promnitz SIEGFRIED LORENZ wurde 1945 in Berlir geboren. 1964 bis 1969 studierte er an der Berliner Musikhochschule bei Alois Orth. Seit Beginn der Spielzeit 1969/70 ist er als lyrischer Bariton an der Komischen Oper Berlin enga giert. Schon als Student konnte Siegfried Lorenz, der heute einer der hoffnungsvollsten Vertreter seines Stimmfachs in der DDR ist, schöne Erfolge verzeichnen, so bei der Teil nahme am Schubert-Wettbewerb 1967 in Wien, beim Bach-Wettbewerb 1968 in Leipzig, wo er den 3. Preis erhielt, beim Internationalen Wettbewerb 1969 in Toulouse, der ihm die Silbermedaille brachte, beim Schumann-Wett bewerb 1969 in Zwickau, wo er wiederum den 3. Preis erhielt. Sein bisher größter Erfolg war der 1. Preis beim Internationalen Budapester Musikwettbewerb 1970 in der Sparte Gesang. Er gastierte in der Sowjetunion, in Polen und Ungarn; Liederabende in der „Stunde der Musik" führten ihn in zahlreiche Städte der DDR. Auch Funk-, Fernseh- und Schallplatten aufnahmen machten seinen Namen bekannt. Goethe-Briefe - Kantate für Bariton, gemischten Chor und Orchester Texte von Johann Wolfgang von Goethe und Charlotte von Stein in einer Auswahl des Komponisten Liebeslieder - Neun Walzer für gemischten Chor und Orchester aus op. 52 und 65 Rede Mädchen, allzuliebes Am Gesteine rauscht die Flut Wie des Abends schöne Röte Ein kleiner, hübscher Vogel Die grüne Hopfenranke Nagen am Herzen fühl ich ein Gift mir Nein, es ist nicht auszukommen Wenn so lind dein Auge mir Am Donaustrande, da steht ein Haus PAUSE Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 d-Moll op. 15 Maestoso Adagio Rondo (Allegro non troppo) BRUNO LEONARDO GELBER, der 1941 in Buenos Aires geborene, aus einer Musiker- familie stammende argentinische Pianist, war vor 20 Jahren ein Wunderkind; heute repräsen tiert er pianistische Weltklasse, hat er in den Konzertsälen der Welt eine sensationelle Karriere angetreten, die ihn fast in alle Hauptstädte Europas, auf Amerika-Tournee, in den Fernen Osten, den Orient und nach Afrika führte. Allein im vergangenen Jahr gab er 180 Konzerte in 27 Ländern — eine enorme physische Leistung, wenn man bedenkt, daß er in der Kindheit eine Polioerkrankung durchmachte, deren Folgen er mit unerhörter Willenskraft gemeistert hat. Etliche seiner bisher erschie nenen Schallplatten erhielten höchste Auszeich nungen. Zunächst ausgebildet von seiner Mutter und danach von Prof. Scaramuzza, vervoll kommnete der Künstler, dessen Lieblingskom ponist übrigens Brahms ist, seine Ausbildung seit 1960 bei Marguerite Long in Paris, nach dem er den Marguerite-Long-Wettbewerb in Paris gewonnen hatte. 1961 begann seine Konzerttätigkeit in großem Umfang. ZUR EINFÜHRUNG Tadeusz Baird, Jahrgang 1928, einer der prominentesten Komponisten der VR Polen, studierte während des zweiten Weltkrieges privat Komposition bei B. Woytowicz und K. Sikorski in Lodz sowie 1947 bis 1951 an der Warschauer Musikhochschule bei P. Rytel und P. Perkowski. Außerdem studierte er Klavier sowie — an der Warschauer Universität — Musikwissenschaft. Baird hat bisher vor allem Orchesterwerke, orchesterbegleitete Vokalkompositionen sowie Kammermusiken geschrieben. Seine Werke erklingen in vielen Musikzentren der Welt. Der Komponist ist Preisträger mehrerer Wettbewerbe in Polen wie im Ausland und Träger hoher polnischer und internationaler Auszeichnungen. Er ist ferner Ehrenbürger der Stadt Warschau und Träger mehrerer polnischer, französischer und tschechoslowakischer Orden. In einer Überschau seiner wichtigsten Werke, die im Zeitraum des letzten Jahr zehnts entstanden sind, hat Baird neben Kompositionen wie „Variationen ohne Thema für Orchester" (1962), „Vier Dialoge für Oboe und Kammerorchester" (1964), „Morgen" - musikalisches Drama nach einer Novelle von Joseph Conrad (1964—1966), „Vier Gesänge für Mezzosopran und Kammerorchester nach Worten von Vesna Parun" (1967), Sinfonia breve (1968), „Fünf Gesänge für Mezzo sopran und 16 Instrumente nach Worten von Halina Poswiatowska" (1968), 3. Sinfonie (1969) der 1970 im Auftrag der Dresdner Philharmonie anläßlich ihres 100jährigen Jubiläums geschaffenen Kantate „Goethe-Briefe", die am 4. Juni 1971 in Dresden in Anwesenheit des Komponisten ihre sehr erfolgreiche Uraufführung erlebte, einen gewichtigen Platz eingeräumt. Die nächsten Jahre sehen den bedeutenden polnischen Komponisten beschäftigt mit Auftragswerken für dänische, schwedische, holländische und polnische Musikinstitutionen. Das ist ebenso ein Spiegel für die große internationale Ausstrahlung, dessen sich das Schaffen Tadeusz Bairds erfreut, wie die schier überwältigenden Auffüh rungszahlen seiner Werke in nahezu allen Ländern der Welt. Sein auch bei uns gut bekanntes Orchesterwerk „Vier Essays" (1958) erlebte beispielsweise bisher über 400 öffentliche Aufführungen, aber auch die anderen vorstehend erwähnten Stücke erzielten eine bemerkenswerte internationale Resonanz. Die Kantate „Goethe-Briefe" für Bariton, gemischten Chor und Orchester schuf Tadeusz Baird auf Texte, die er in eigener Auswahl dem Briefwechsel zwischen Johann Wolfgang von Goethe und Charlotte von Stein entnahm: Bariton : Hier durch Schnee und Frost eine Blumo, wie durch das Eis und Sturmwetter des Lebens meine Liebe. Ich bin wohl und ruhig, und meine, ich hätte Sie um viel lieber als sonst, das doch immer mir jeden Tag meist so vorkommt. Ich seh' wohl, liebe Frau, wenn man Sie liebt, ist’s als wenn gesät würde, es keimt ohnbemerkt, schlägt auf und ist da und Gott gebe seinen Segen dazu. Chor: Ob’s Unrecht ist, was ich empfinde, und ob ich büßen muß die mir so liebe Sünde, will mein Gewissen mir nicht sagen. Vernicht’ es, Himmel du, wenn mich’s je könnt’ anklagen. Bariton : Ich sehne mich heimlich nach Dir, ohne es mir zu sagen. Einmal gewinnen Sorgen die Oberhand, einmal der Unmut, und ein böser Genius mißbraucht meiner Entfernung von Euch, schildert mir die lästigste Seite meines Zustandes und rät mir, mich mit der Flucht zu retten; bald aber fühle ich, daß ein Blick, ein Wort von Dir alle diese Nebel verscheuchen kann. Entfernt von seiner Liebe ist nicht zu leben. Chor: Die Gegenwart im Augenblick des Bdürfnisses entscheidet alles, lindert alles, kräftiget alles. Was hilft mich’s, daß Sie in der Welt sind, daß Sie an mich denken.