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12. Junius 1843 Montag —— Nr» 73. WM Deutsche Allgemeine Zeitung. MM «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Ueve-vlitk. Deutschland. "Äus Norddeutschtand. Oesterreichs Politik in der serbischen Angelegenheit.— Entwurf der Bundesflagge. "Dresden. Verhandlungen der I. Kammer über das landwirthschaftliche Credit- system. chÄus Württemberg. Warum das Fastenmandat des Bi schofs von Rottenburg nicht in allen Punkten das Placet erhalten hat k "Frankfurt a. M. Der sardinische Gesandte. Preußen. Anträge auf dem rheinischen Provinziallandtage. "Posen. Ein jüdischer Prediger. Die Erzbischofswahl. Die Eisenbahn. Der Verkehr auf der polnischen Grenze. Nefterreich. "Wien. Personalien. Rothschild ersteht die Quecksilber- ausbeutc. Hoffnung auf gute Aernte. Diner des englischen Botschaf ters. "Presburg. Die Kroaten, Die Städtereform. Das Preßgesetz. Die freien Districte. Vorschlag einer Antwort an den König. Spanien. "Paris. Die Minister erfüllen den Quecksilbercontract. Sie sollen Freihäfen errichten wollen, Die Unruhen. Wie die Opposition die Lage des Landes schildert. Grotzvritannten. Ob die Aristokratie an der Vernachlässigung man cher. Reformen in England Schuld ist. Das Unterhaus hat sich ver tagt-^ Pusey darf zwei Jahre lang nicht predigen. Franffx«ich. Deputirtenkammer.' Pondichery. Stille Jahresfeier der Juliusrevolution. Die Marquesasinscln. -j- Paris. Ein Prophet. * Paris. Der Abbe Chatel vor Gericht, st "Paris. Tod des Ge nerals Mustafa. Wichtige Beute in den Zelten Abd-el-Kader's. Der Zug gegen die Kabylcn. Niederlaud«. Gesetzentwurf wegen Deckung des Desicits. Türkei. " Konstantinopel. Nachrichten aus Syrien und aus Bagdad. Russische Depeschen für Griechenland. Die englische Diplomatie in der serbischen Frage. Mejie». Ein Schiff fliegt in die Luft. Handel und Industrie. " Posen. Wollmarkt. Warschau. Zoll wesen. Berlin. Stnkündignngen. Deutschland. *AuS Nor-deutschland, s. Jun. Es ist über die serbische Frage und besonders über die von Oesterreich dabei befolgte Politik mancherlei auch in dieser Zeitung verhandelt und dabei immer von der Ansicht ausgegangen worden, daß cs sich in der Sache um einen Sieg oder eine Niederlage der russischen Politik gehandelt und daß Ruß land im Wesentlichen gesiegt habe. Meistens hat man gemeint, cs sci hier eine Gelegenheit gewesen, der russischen Politik im Orient und den Gefahren, die sie für Europa bereite, kräftig cntgcgenzutretcn, und diese Gelegenheit sci versäumt worden. Man hat das im günstigsten Falle mit dem Wünschenden Frieden zu erhalten, mit dem einmal in frühem Verträgen begründeten Rechte Rußlands, mit der Thorheit Ler Pforte, die frühere gute Rathschläge nicht angenommen, entschul digt und sich damit getröstet, daß Oesterreich wenigstens in secundaircr Rolle bei der Entscheidung die Hand im Spiele gehabt habe. Wir haben eine ganz, andere Ansicht von der ganzen Sache. Zuvörderst müssen wir gestehen, daß wir, ohne im mindesten in die Geheimnisse der Cabincte eingewciht zu sein, aber eben deshalb mit unserm Ur- thcile doppelt vorsichtig, die gegenseitige Stellung der Regierungen an ders ansehcn, als cs von Denen geschieht, die dieselbe etwa nach der Politik, die sie auf ihrem eignen Standpunkte sich angeeignet haben oder höchstens nach dem Verfahren beurtheilen, was bis.ans Ende der Napoleonischen Zeit beobachtet wurde und dessen mehr und mehr sich befestigendes und vervollständigendes Aufgcbcn, unserer Uc- berzeugung nach, den größten und segensreichsten Vorschritt bildet, den die neuere Zeit gemacht hat. Wir glauben auch weder an die unablässigen Eroberungsplane und Rückhaltsgedanken, an das stete Speculircn auf „Deutschlands Schwächung" und dergl., noch an eine große Besorgniß der deutschen Cabinete deshalb und alle die Gegen minen derselben, und halten uns überzeugt, daß die europäischen Re gierungen in der Hauptsache viel besser wissen, wie sie mit einander stehen, und viel einiger sind, als unsere politischen Kannengießer meinen und unsere Partcimänner wünschen. Was aber die serbische Frage betrifft, so scheint uns das Ver halten der österreichischen Politik, selbst jenen Gegensatz zwischen Oe sterreich und Rußland, der uns sehr problematisch ist, vorausgesetzt, doch ganz natürlich. Oesterreich miSbilligte schon die erste Vertreibung des Fürsten Milosch, theils als rcvolutionaircn Act, thcils weil cs ! ihn für den rechten Mann für Serbien hielt, was er auch in gar man- I chcr Beziehung, schon um seines echt nationalen Wesens willen, ist, thcils wegen seiner Hinneigung zu Oesterreich. Hatte es Mißtrauen gegen Rußland, so mußte cs noch mehr die Vertreibung des Fürsten Michael und die Einsetzung des Fürsten Alexander misbilligcn, den man allgemein für eine russische Kreatur hielt. Es mußte daher froh sein, wie Rußland, statt sich für diesen Fürsten zu erklären, vielmehr wider ihn auftrat, dadurch zuvörderst sich von der ganzen Jntrigue lossagte, dann aber auch einen Weg bahnte, der selbst zu einer Rück kehr des Fürsten Milosch führen könnte. Es mußte eilen, alle dcsfall- sigen Schritte Rußlands zu unterstützen. Wie in aller Welt hätte man von Oesterreich erwarten können, daß es die Gelegenheit zur furchtbarsten Verwickelung der europäischen Politik, zu Krieg und Um sturz aller Art, zu Dem, was cs bisher mit aller Kraft und Weis heit zu verhindern geholfen hat, jetzt geradezu vom Zaune brechen, daß cs Rußland feindlich cntgegcntreten sollte, um ein von Oesterreich gc- misbilligtes Product eines rcvolutionaircn Vorgangs aufrecht zu erhal ten und sich eine Aussicht zu der ihm wünschcnswcrthcrcn Ordnung der Dinge zu verschließen? Wenn Rußland sich für Len Fürsten Alexander erklärt hätte, da würde, jene obige Voraussetzung einmal angenommen, allenfalls ein Grund zur Opposition gcwescn sein; jetzt dagegen war nur zum eifrigsten Mitwirken Anlaß. Wir glauben, wie gesagt, keineswegs, daß von dieser serbischen Frage, in den Händen der Regierungen, irgend das europäische Gleich gewicht abhängt und daß cs sich dabei um einen wesentlichen und wich tigen Sieg Rußlands oder Oesterreichs handelt. Wollen wir aber ein mal von dem letztem Gesichtspunkt ausgehcn, so scheint uns die Ent scheidung erst noch bevorzustehcn und zwar in der serbischen Fürsten wahl zu liegen. Wird Fürst Alexander gewählt, so kann man das als gegen Oesterreichs Wünsche ansehen, während cs doch für Ruß land kein Sieg ist, das so viel Anstalten gemacht hat, ihn zu ver drängen und das seine Partei so entschieden befeindet hat. Wird Milosch gewählt, der mit Rußland in gar keiner nähern Verbindung steht und sich auch in der Zeit seines Exils ganz an Oesterreich ange- schlosscn hat, so muß das selbst von Denen, die von obiger Voraus setzung ausgehen, als ein offener Sieg der österreichischen Politik, als der beste Ausgang betrachtet werden, den die serbische Sache für Oester reich nur immer haben konnte. Auch mit dem großen Gewinne, den Rußland an seinem Ansehen bei den christlichen Stämmen im Pfor- tcngcbiete durch seine Schritte in dieser Sache und deren Erfolge ge macht haben soll, scheint es uns, wenigstens Oesterreich gegenüber, nicht so arg zu sein. Der Pforte gegenüber mag es, aber durch de ren eigne Schuld, seine Richtigkeit haben. Bei den Serbiern aber würde Rußland weder dann gewinnen, wenn der Fürst Alexander, den cs eben zur Abdankung gezwungen, nun doch, wie ihm zum Trotze, wieder gewählt würde, noch dann, wenn die Wahl auf Milosch fiele, von dem die Serbier am besten wissen, daß er mehr für Oesterreich als für Rußland ist pnd dessen Rückkehr sie als einen offenen Sieg der österreichischen Politik betrachten würden. Daß aber Rußland die Wiedererwählung des Fürsten Alexander nicht begünstigt, also hierin ganz loyal handelt, scheint daraus hervorzugehen, daß es so standhaft auf die Entfernung der eigentlichen Häupter seiner Partei dringt. Also selbst von der Voraussetzung eines Wettkampfes zwischen Oesterreich und Rußland ausgegangcn, würde das ganze Verfahren Oesterreichs als ein trefflich berechnetes erscheinen, während, unserer Ueberzeugung nach, von einem solchen Wettkampfe, von einem Conflicte der In teressen, von dem Versuche gegenseitiger Ueberlistung und all der gleichen Dingen gar nicht die Rede dabei gewesen ist, sondern ein auf richtiges, loyales, freundschaftliches Zusammenwirken gewaltet hat. — Zufolge eines Corrcspondenzberichtcs des Journal de Francfort soll bereits ein Entwurf über die Form der deutschen Bundesflagge vorliegen; sic soll gelb, schwarz und roth werden, mit dem eisernen Kreuz in der Mitte, darüber der Reichsadler schwebend, in der einen Kralle das Schwert, in der andern ein Bündel Pfeile haltend. * Dresden, 8. Jun. (Fortsetzung aus Nr. 72.) Die Kammer ging hierauf zur Berathung des Berichts, die Errichtung eines landwirthschaftlichen Kreditsystems betreffend, über, den der