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VORTRAGSFOLGE ZUR EINFÜHRUNG Sergej Prokofjew (1891—1953) Klassische Sinfonie D-Dur op. 25 (Symphonie classique) Allegro Larghetto Gavotta (Non troppo allegro) Finale (Molto vivace) Wolfgang Amadeus Mozart (1756—1791) Konzert für Violine und Orchester D-Dur KV 218 Allegro Andante cantabile Rondo (Andante grazioso — Allegro ma non troppo) Pause Ludwig van Beethoven (1770—1827) Sinfonie Nr. 3 Es-Dur (Eroica) op. 55 Allegro con brio Marcia funebre Scherzo (Allegro vivace) Allegro molto Sergej Prokofjew, neben Dmitri Schostakowitsch und Aram Cha- tschaturjan der stärkste Exponent sowjetischer Musik, Schüler Tanejews, Glieres und Glasunows am Petersburger Konservatorium, kehrte bekannt lich 1934 nach Jahren der unsteten Wanderschaft durch die Musikzentren Europas und Amerikas endgültig in seine Heimat zurück, um die Erkenntnis reicher, daß der Künstler ..nicht fern der heimatlichen Quellen herum schweifen" sollte. Um diese Zeit begann sich in Prokofjews Schaffen, das stark von der europäischen ..Moderne“ beeinflußt worden war, eine Wand lung zu vollziehen, die auch Hindemith und Bartök erlebt hatten, die Hinwendung vom Ekstatisch-Komplizierten zum Maßvoll-Einfachen, zu einem neuen Ordnungsgesetz, wobei Prokofjew außerdem, nicht zuletzt durch seine Beschäftigung mit der Folklore seiner Heimat, den Weg zum nationalen Komponisten fand. 1948 äußerte er: „Ich liebe die Melodie, halte sie für das wichtigste Element der Musik und arbeite viele Jahre lang an meinen Werken, um ihre Qualität zu verbessern.“ Prokofjews ..Klassische Sinfonie" D-Dur op. 25 („Symphonie classique") wurde in den Jahren 1916 17 komponiert; am 21. April 1918 erlebte sie unter der Leitung des Komponisten ihre erfolgreiche Uraufführung in Petrograd. Über die Entstehungsgeschichte des Werkes ist in Prokofjews autobiografischen Erinnerungen folgendes zu lesen: „Den Sommer des Jahres 1917 verlebte ich in Petrograd, ganz allein, las Kant und arbeitete viel. Ich hatte absichtlich kein Klavier in meine Datscha (Landhaus) mit genommen, weil ich versuchen wollte, ohne Instrument zu arbeiten. Bis her hatte ich gewöhnlich am Klavier geschrieben, aber ich hatte fest gestellt, daß das ohne Klavier komponierte thematische Material häufig besser ist. Auf das Klavier übertragen, erscheint es im ersten Augenblick fremd. Aber nach mehrmaligem Durchspielen stellt sich heraus, daß man so und nicht anders verfahren mußte. Ich trug mich also mit dem Gedan ken, eine ganze Sinfonie ohne Klavier niederzuschreiben. Auf diese Weise müssen auch die Orchesterfarben reiner werden. So entstand der Plan einer Sinfonie im Haydnschen Stil, denn die Haydnsche Technik war mir irgendwie besonders klar geworden, nach der Arbeit in der Klasse Tsche- repnins. Unter solchen vertrauten Verhältnissen war - es mir leichter, den gefährlichen Sprung des Arbeitens ohne Klavier zu wagen. Mir schien, wenn Haydn bis in unsere Tage gelebt hätte, würde er seine eigene Hand schrift beibehalten, gleichzeitig aber Neues dazu aufgenommen haben. Eine solche Sinfonie wollte ich komponieren: eine Sinfonie im klassischen Stil. Als sie dann Form anzunehmen begann, nannte ich sie .Klassische Sinfonie 1 : Erstens ist das einfacher; zweitens war es ein Streich, voll bracht, um ,die Gänse zu reizen 1 und in der geheimen Hoffnung, daß ich letztlich gewinnen würde, wenn sich die Sinfonie wirklich auch als klas sisch erweisen sollte. Ich komponierte sie beim Spazierengehen über die Felder. . . Früher als alles andere war die Gavotte fertig. Darauf das Ma terial zum ersten und zum zweiten Satz.“ Die viersätzige „Klassische Sinfonie“ — eines der populärsten sinfonischen Werke Prokofjews — hat nach W. Delson „ein Anrecht auf diese Bezeich nung nicht nur ihrer äußerlichen Ähnlichkeit mit der Haydnschen Sinfo- nik wegen. Sie ist klassisch in der Genialität ihrer Handschrift, in ihrer knappen Klarheit und weisen Einfachheit wie in ihrer außergewöhnlichen Ausdruckskraft... Im ganzen bringt die Sinfonie das optimistische Le bensgefühl des Komponisten zum Ausdruck; sie zeigt eine heitere Haltung dem Leben gegenüber und seine Neigung zu jugendlichem Übermut.“ Mit großer Freude hat sich Prokofjew offenbar in die Ausdruckswelt der musikalischen Klassik versenkt, in ihre melodische Klarheit und eben mäßige Schönheit. Doch hat er sie in seinem Werk nicht einfach nachge ahmt, sondern die für seinen Stil charakteristischen Neuheiten in Harmo nik und Rhythmik organisch und natürlich eingefügt. Dei- erste Satz (Allegro) hat Sonatenform. Nach zwei Einleitungstakten be ginnt das graziöse Hauptthema, dessen zweite Hälfte u. a. dominierend wird für die Entwicklung der Durchführung, deren Schluß jedoch von dem prägnanten Seitenthema bestimmt wird. Die Reprise ähnelt stark der Explosion. Der zweite Satz ist ein verhaltenes Larghetto. Das Hauptthema bringen die Streicher, es wirkt graziös-ironisch. Ein Streicher-Pizzikato bildet den Mittelteil. Danach wird das Hauptthema figuriert, und mit der Wiederholung der schreitenden Anfangstakte verklingt der Satz. Eine elegante Gavotte, stilisiert nach dem Muster des 18. Jahrhunderts, schließt sich an. Sonatenartige Form besitzt wieder das Finale (Molto vivace). Die kurze Durchführung wird vor allem getragen durch kontrapunktische Ver arbeitung der Motive des Haupt- und Seitensatzes.