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c C n N E R PHILHARMONIE D R E 5 u Sonntag, den 12. April 1970, 20 Uhr Saal des Landhauses 6 lA nDHAUS-KONZERT Ausführende: Kinder-Kammerchor des Philharmonischen Chores Dresden - Leitung: Wolfgang Berger Werner Metzner, Klarinette Helmut Radatz, Fagott Lothar Böhm, Horn Alfred Brunn, Horn Ludwig Güttler, Trompete Streichtrio der Dresdner Philharmonie: Eberhard Friedrich, Violine Hans Vos, Viola Manfred Reichelt, Violoncello Hanns Eisler 1898-1962 Aus dem Woodburry-Liederbüchlein für 3stimmigen Kinderchor a cappella Ah hear the wind blow Nach einem Sprichwort Evening talk F'ussy cat Four and twenty tailors The old woman from France I had a little Doggie The sick kitten Erstaufführung Alfredo Casella 1883-1947 PAUSE Serenata für Klarinette, Fagott, Trompete, Violine und Violoncello op. 46 Marcia (Allegro vivace e ritmico) Minuetto (Allegretto grazioso) Notturno (Lento, grave) Gavotte (Vivacissimo e spiritoso) Cavatina (Adagio molto e sentimentale) Finale (Vivacissimo, alle napoletana) Erstaufführung Wilhelm Friedrich Ernst Bach 1759-1845 Sextett für Klarinette, zwei Hörner, Violine, Viola und Violoncello Es-Dur Allegro non troppo Thema (Andante) con variazioni Rondo (Allegretto) Erstaufführung p ul Büttner Triosonate für Violine, Viola und Violoncello g-Moll 1870-1943 (Kanons mit Umkehrungen im doppelten Kontrapunkt der Duodezime) Grave — Allegro Andante grazioso Adagio sostenuto Vivace Andante cantabile La rgo Finale (Presto) ZUR EINFÜHRUNG Wilhelm Friedrich Ernst Bach, der letzte männliche Nachkomme Johann Sebastian Bachs, war der einzige Sohn des sogenannten Bückeburger Bachs (Johann Christoph Friedrich). Er studierte Musik bei seinem Vater sowie bei seinem Oheim Johann Christian in London. Der als Klavier- und Orgelspieler sehr geschätzte Künstler wirkte nach vorübergehender Tätigkeit in London und Paris als Musikdirektor in München und übersiedelte 1789 nach Berlin, wo er als Cembalist der Königin mit dem Titel Kapellmeister sowie als Musiklehrer der Prinzen ange stellt wurde. Nur wenige Kompositionen erschienen von dem zurückgezogen leben den, am 25. Dezember 1845 in Berlin verstorbenen Wilhelm Friedrich Ernst Bach im Druck. Das heute erklingende melodiöse Sextett für Klarinette, zwei Hörner, Violine, Viola und Violoncello Es-Dur, das jahrelang irrtümlicherweise für ein Werk Wilhelm Friedemann Bachs gehalten wurde, steht stilistisch „dem spielenden Humor, der Anmut und Grazie etwa Haydns bedeutend näher als der Größe und Tiefe J. S. Bachs. Die damals noch nicht allzulang bekannte, aber schon beliebt gewordene Klarinette ist sehr bevor zugt, fast ausgesprochen solistisch behandelt. Das hübsche Werk steht somit am Anfang der leider so kleinen Reihe konzertanter Klarinetten-Kammermusik, die Mozart, Weber, Brahms und Reger mit ihren Quintetten gekrönt haben" (K. Ja- netzky). „Paul Büttner brauchte dem Volk nicht ,aufs Maul zu schauen', um die Sprache zu finden, die es verstand; denn des Volkes Sprache war auch die seine", war in einen späten Nachruf auf diesen 1943 verfemt und vereinsamt verstorbe nen Dresdner Komponisten zu lesen, der - Sohn eines erzgebirgischen Bauern — sich sein Studium als Schüler Felix Draesekes am Dresdner Konservatorium durch Musizieren auf Dorftanzböden selbst hatte verdienen müssen. Büttner, 1870 in Dresden geboren, wirkte seit 1896 selbst als Lehrer am dortigen Konservatorium und stand ihm seit 1924 als künstlerischer Direktor vor. Daneben war er jahr zehntelang als verdienstvoller Chorleiter in der Arbeitersängerbewegung, als Dirigent — u. a. auch von Konzerten der Dresdner Philharmonie — und als Kritiker an der sozialdemokratischen „Dresdner Volkszeitung" tätig. 1933 jedoch wurde der überzeugte Sozialdemokrat fristlos aus seinen Ämtern entlassen, seine Volks chöre wurden aufgelöst, und als Büttner zehn Jahre später starb, mußte jede öffentliche Würdigung seines Wirkens unterbleiben. Als Komponist ist Paul Bütt ner vor allem auf den Gebieten der Kammermusik, der Chorkomposition und der Sinfonik hervorgetreten. Als Vorklang zu der im Dezember d. J. bevorstehenden Büttner-Ehrung anläßlich des 100. Geburtstages des Komponisten wird heute an ein bedeutendes Kammermusikwerk Büttners erinnert, das sein großes satztech nisches Können demonstriert: die TriosonatefürVioline, Viola und Violoncello g-Moll, die im März 1934 im privaten Kreise von Dresdner Philharmonikern mit Arthur von Freymann an der Spitze uraufgeführt wurde und sodann 1935 im Dresdner Tonkünstlerverein ihre erste öffentliche Darbietung er lebte. Das Werk bildet sich aus der Aneinanderreihung mehrerer Kanons mit Um kehrungen im doppelten Kontrapunkt der Duodezime. „Jedesmal wird ein neues Thema zugrundegelegt, das dann mit viel kontrapunktischem Feingefühl als Kanon erklingt. Im ersten Kanon gliedert ein kurzes Grave die einzelnen Verarbeitungs stufen, und dem zweiten Kanon fügt sich ein nochmals in sich variiertes Trio ein. Der Kanon selbst spielt stets zwischen zwei Instrumenten, während das dritte, zwar stützend, dennoch selbständig dazutritt. Werden die Kanons auch überwiegend quasi imitatorisch eingeführt, so erscheinen zumal in den langsamen Sätzen grö ßere melodische Entfaltungen im Kanon. Die Sätze geben sich in verschiedener charakteristischer Aussage, vor allem das Rondo-Finale im Gigue-Charakter" (J. Beythien). Der am 6. September 1962 im Alter von 64 Jahren viel zu früh verstorbene Hanns Eisler, einer der prominentesten der im Deutschland unseres Zeit alters musikalisch-schöpferisch Schaffenden, wirkte an führender Stelle beim Neu aufbau des Musiklebens der Deutschen Demokratischen Republik, deren National hymne er gemeinsam mit dem Dichter Johannes R. Becher schrieb. Der einstige Schönberg-Schüler hatte schon nach dem ersten Weltkrieg durch zündende Arbei terlieder, häufig auf Texte seines Freundes und engsten künstlerischen Partners Bertolt Brecht, Aufsehen erregt und der gegen Kapitalismus, Faschismus und dro henden Krieg kämpfenden Arbeiterklasse ideologisch-künstlerische Hilfe und Un terstützung bei ihrer gerechten Sache gegeben. 1933 emigrierte er vor dem Hitler- faschismus nach den USA, wo er u. a. sein die kapitalistische amerikanische Musik-„Kultur" entlarvendes Buch „Komposition für den Film" schrieb. 1948 kehrte er nach Berlin zurück, 1950 wurde er Mitglied der Deutschen Akademie der Künste und wurde im gleichen Jahre sowie 1958 mit dem Nationalpreis ausgezeichnet. Sein künstlerisches Erbe ist von schier unübersehbarer Fülle und Vielseitigkeit, es umfaßt die verschiedensten musikalischen Gattungen, Lieder, Songs, Kantaten, Bühnen- und Filmmusiken, Sinfonien, Orchestersuiten und nicht zuletzt viel Kam mermusik. Die Prinzipien strenger Parteilichkeit, der Humanität und des soziali stischen Realismus haben es geprägt. Hanns Eisler wurde der bedeutendste Kom ponist der deutschen Arbeiterklasse. Das anfangs der 40er Jahre entstandene Woodburry-Liederbüchlein für 3stimmigen Kinderchor a cappella schrieb Hanns Eisler in