Jean Sibelius: Konzert für Violine und Orchester d-Moll op. 47 Mit dem Violinkonzert d-Moll op. 47 gelang Jean Sibelius ein Stan dardwerk heutiger internationaler Geigenvirtuosen, das zugleich eine seiner populärsten Schöpfungen wurde. Das auch bei uns sehr be kannte, technisch anspruchsvolle, solistisch ungemein dankbare Kon zert entstand in erster Fassung 1903 (Uraufführung in Helsinki), wurde aber 1905 umgearbeitet und in dieser endgültigen Gestalt in Berlin mit dem tschechischen Geiger Karel Halif unter Leitung von Richard Strauss zur ersten Aufführung gebracht. Bei klassischer, wenn auch rhapsodischer Formgebung knüpft Sibelius hier an seine romantische Tonsprache der 90er Jahre an. Der Solist hat stets eine dominierende Stellung im musikalischen Geschehen. Eine blühende Lyrik beherrscht-bei aller Virtuosität den ersten Satz, freud- und leidvolle Stimmungen werden ausgedrückt. Drei Themen schaffen eine deutliche Gliederung. Die Solovioline beginnt im vier ten Takt mit dem schwelgerischen und weitgeschwungenen Haupt thema, dolce und espressivo. Auch das zweite Thema, eine breite, eindringliche Melodie, stimmt der Solist an. In einem marschartigen Orchesterzwischenspiel wird sodann das dritte Thema eingeführt. Besinnlich, liedhaft beginnen die Klarinetten und Oboen das Adagio, dessen schwermütig-ergreifende Schönheit von unmittelbarer Wir kung ist. Der Solist versinkt in tiefempfundene, eigenartige musikali sche Meditationen. Auftretende Spannungen lösen sich in einer ver haltenen Coda. Über das Finale hat Sibelius gesagt: „Der Satz muß ganz souverän gespielt werden. Rasch natürlich, aber doch nicht so rasch, als daß man ihn nicht ganz ,von oben“ nehmen könnte.“ Glanzvoll, tänzerisch, spielfreudig, ein wenig bizarr, dabei auch heiter gibt sich der Schlußsatz mit seinen vielen Passagen der Solovioline. Lidia Kantardjiewa, 1942 in Sofia geboren, stammt aus einer Musiker familie. Bereits im Alter von fünf Jahren erhielt sie ersten Violin- unterricht durch Christo Petkow. 1956 nahm sie ihre Studien an der Musikhochschule in Sofia bei Prof. Awranow auf und setzte sie 1961 am Moskauer Konservatorium bei David Oistrach und Dmitri Ziga- now fort. 1963 errang Lidia Kantardjiewa, die zu den hervorragend sten Nachwuchskünstlern ihres Landes gehört, ein Diplom im Inter nationalen Jacques-Thibaud-Wettbewerb. Ihre Konzerte in Bulgarien und.in der Sowjetunion fanden große Anerkennung.