Volltext Seite (XML)
männlicher Reife und Weisheit." Nach Angaben des Komponisten ergibt sich fol gende Einführung in das geistvoll funkelnde, heitere, von kraftvoller, lebensbe jahender Vitalität erfüllte Werk: „Der erste Satz beginnt mit einer kurzen Einleitung (Andante), in der ein lyrisch melancholisches Thema von der Soloklarinette gespielt und von den Violinen eini ge Takte weitergeführt wird. Doch bald wechse't das Zeitmaß zum Allegro. Sech zehntel-Passagen der Violinen führen zur Aufstellung des kraftvoll-brillanten Hauptthemas im Klavier, das dann zwischen Orchester und Solisten weiterge sponnen wird. Eine unbegleitete Akkordfolge des Klaviers leitet das ausdrucks volle zweite Thema ein (Oboe mit Pizzikatobegleitung), das später vom Klavier übernommen und verarbeitet wird. Am Höhepunkt des Satzes ändert sich das Zeitmaß (Andante), und das Thema der Einleitung erklingt fortissimo im vollen Orchester. Auch das Klavier tritt hinzu. Die Wiederaufnahme des Allegro-Tempos bringt Haupt- und Seitenthema in brillanter Ausarbeitung. Ein mitreißendes Crescendo bringt den Satz zum Abschluß. Den zweiten Satz bildet ein Thema mit fünf Variationen. Zuerst erscheint das tänzerisch-marschartige Thema im Orchester (Andantino). Die erste Variation löst sich in einer Trillerkette des Klaviers auf, die beiden nächsten Variationen werden von brillantem Passagenwerk des Solisten und thematischen, zum Teil karikieren den Einwürfen des Orchesters bestimmt. Die nächste Variation ist verhalten und poetisch, die Schlußvariation kraftvoll und energisch. Nochmals erklingt das The ma im Orchester, von glitzernden Akkordketten des Klaviers verziert. Das Finale (Allegro man non troppo) beginnt mit einem staccato-Thema der Fa gotte und pizzicato-Streicher, das vom ungestümen Einsatz des Klaviers unter brochen wird. Ein spannungsreiches und harmonisch kühnes Konzertieren hebt an. Schließlich bemächtigt sich der Solist des Hauptthemas und steigert es zu einem Höhepunkt, dem nach Rückgang von Tempo und Lautstärke ein neuer Holzbläser gedanke folgt. Auch das Klavier bringt ein neues Thema, das in seiner beißen den Ironie dem Charakter der Komposition entspricht. Nach einer Verarbeitung des neuen Materials beschließt eine brillante Coda das Werk." Am 5. April 1803, drei Jahre nach der 1. Sinfonie, erlebte die 2. Sinfonie D - Dur op. 36 von Ludwig van Beethoven in Wien ihre Uraufführung. Sie erklang in einem eigenen Konzert des Komponisten im Theater an der Wien, dessen riesiges Programm weiterhin Aufführungen der 1. Sinfonie, des 3. Klavier konzertes und des Oratoriums „Christus am Olberg" brachte. Beethovens Zeit genossen standen dem neuen Werk zunächst ziemlich ratlos gegenüber, stellten beispielsweise „übertriebenes Streben nach dem Neuen und Auffallenden" fest. In Berlin schrieb die Kritik von den „dreiviertel Stunden lang ausgeführten Schwie rigkeiten". Noch zwei Jahre später äußerte man: „Wir finden das Ganze zu lang und einiges überkünstlich . . . und das Finale halten wir ... für allzu bizarr, wild und grell." Der Musikschriftsteller J. F. Rochlitz allerdings prophezeite schon: die ses Werk eines „Feuergeistes" werde noch leben, wenn tausend gefeierte Mode sachen längst zu Grabe getragen sind." In Beethovens 2. Sinfonie kündigt sich — nach K. Schönewolf - „der Ideenmusiker an, der in der Leidenschaftlichkeit und Konsequenz der dialektisch-sinfonischen Aussage über das von Haydn und Mozart Erreichte bedeutend fortschreitet . . . Auf dem Wege zur heroischen 3. Sinfonie, die eine neue Periode im Schaffen Beethovens und überhaupt eine neue Epoche der sinfonischen Musik einleitet, nimmt die 2. Sinfonie eine Mittelstellung ein. Inhaltlich und stilistisch steht sie noch der Ersten näher. Strahlend lebensfreudig im Grundcharakter wie diese, offenbart sie doch vertiefte Züge des Kämpfers und Ideenmusikers Beethoven. Sie ist ein hervorragend selbständiges Kunstwerk mit durchaus eigenen, seinerzeit neuartig wirkenden Klangbildern, überdies bietet die 2. Sinfonie ein bewunde rungswürdiges Zeugnis für die Größe des Menschen Beethoven. Gepeinigt von der Furcht vor dem entsetzlich drohenden Verlust seines Gehörs, nahe der Ver zweiflung, die in dem berühmt gewordenen Brief an seine Brüder (dem .Heiligen ¬ städter Testament') ihren erschütternden Niederschag erhielt, vollendete der Mei ster während jener qualvollen Sommermonate 1802 in dem Dorfe Heiligenstädt bei Wien diese herrliche, lebensbejahende Sinfonie. Beethoven wußte sehr wohl zu unterscheiden zwischen persönlichem Leid und seiner gesellschaftlichen Auf gabe als Künstler, der sich mit den Botschaften seiner großen Instrumental- und Vokalwerke an die Allgemeinheit der Menschen wendete. Hat doch der Über winder des körperlichen Unglücks, der diese lebensvolle Musik geschaffen hat, während der Arbeit an der 2. Sinfonie und an vielen anderen unvergänglichen Werken seinem Jugendfreunde Wegeier das berühmt gewordene Bekenntnis an vertraut: .Ich will dem Schicksal in den Rachen greifen, ganz niederbeugen soll es mich gewiß nicht. Oh, es ist so schön, das Leben tausendmal leben!'" Eine gewichtige langsame Einleitung (Adagio molto) ist dem ersten Satz (Allegro con brio) vorangestellt. Die anfängliche innige Stimmung muß bald ernsten, düsteren Klängen weichen. Nach einem dramatischen Höhepunkt, bei dem ein markantes d-Moll-Motiv eingeführt wird, das wie eine Vorahnung des Hauptge dankens im ersten Satz der „Neunten" anmutet, wird die Bedrohung überwund.-^B und ein lichtvolles erwartungsfreudiges Klingen hebt an. überraschend, schneidigem Anlauf der Violinen, ertönt das frohgemute Hauptthema der Brat schen und Celli zu begleitender Achtelbewegung der Violinen. Marschähnlich triumphierend ist das signalartige zweite Thema. Das eigentliche Entwicklungs thema des Satzes ist jedoch das erste, dessen Kopfmotiv in der kunstvollen breiten Durchführung eine entscheidende Rolle spielt. Triumphierend schließt der Satz. Ein liebenswertes, romanzenhaftes Stück ist das A-Dur-Larghetto in Sonatenform. Die ersten Violinen stimmen das sanfte, liedhafte erste Thema an. Eine zweite, schwärmerische E-Dur-Melodie führt scheinbar Auseinandersetzungen herbei, die jedoch bald ins Heitere, ja Tänzerische gewendet werden. Es ist begreiflich, daß dieser Satz zu Beethovens volkstümlichsten Schöpfungen gehört. Im dritten Satz (Allegro), den Beethoven erstmals in einer Sinfonie mit Scherzo überschrieben hat, herrscht ein übermütiger, polternder Humor. Plötzliches Nach einander von forte und piano ruft echoartige Wirkungen hervor, in einem gleichsam bizarren Fangballspiel werfen sich Bläser und Streicher die Motive des Haupt themas zu. Nach marschhafter Entwicklung des lustigen Spiels bringt das Trio eine gemächliche Tanzmelodie. Trio und Scherzo werden wiederholt. Etwas vom Geist des Scherzos weist auch das sprühende, ausgelassene Finale (Allegro molto) auf. Das sieghafte, kraftvolle Hauptthema beherrscht den ganzen Satz, dessen festliche Heiterkeit nicht durch besinnliche Stimmungen beeinträch tigt werden kann. Auch den fröhlichen Abschluß des Satzes bestimmt das Haupt thema. Dr. Dieter Härtwig VORANKÜNDIGUNGEN: Sonntag, den 1. März 1970, 20 Uhr, Kulturpalast 7. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Kurt Masur Solistin: Hanne-Lore Kuhse, Berlin. Sopran Werke von Tschaikowski, Strauss, Schubert und Wagner Freier Kartenverkauf Sonnabend, den 7. März 1970, 20 Uhr, Kulturpalast Einführungsvortrag 19 Uhr, Dr. Dieter Härtwig 6. ZYKLUS-KONZERT Dirigent: Kurt Masur Solist: Siegfried Rapp, Weimar, Klavier Werk von Prokofjew und Beethoven Anrecht B ACHTUNG, TERM I NVER L E G U NG ! Das 9. ZYKLUS-KONZERT findet nicht — wie auf den Anrechtskarten und im Konzertplan vermerkt - am 23. Mai, sondern bereits am Donnerstag, dem 21. Mai 1970, statt. »hihamnoni 5. ZYKLUS-KONZERT 1969/70 Programmblätter der Dresdner Philharmonie - Spielzeit 1969/70 - Chefdirigent: Kurt Masur Redaktion: Dr. Dieter Härtwig Druck: veb polydruck - Werk III Pirna - 111-25-12 3,2 ItG 009-9-70