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durch ganz Europa, Nord- und Südamerika, bei denen er bedeutendste Musiker seiner Zeit traf und seine wichtigsten Werke aufführen konnte. Auch mit Über tragungen älterer Musik trat Respighi bedeutsam hervor. Seine melodische, schwungvoll-virtuose Musik ist mit Recht als Äußerung eines „vornehmen Eklekti zismus" (A. Damerini) bezeichnet worden, die sich vielen Möglichkeiten europä ischer Tonkunst angeschlossen hat. Seine stärksten Vorbilder waren wohl Richard Strauss, Claude Debussy und der französische Impressionismus; auch für Rimski- Korsakow und die alten Kirchentonarten hatte er eine Vorliebe. Respighi schuf einen eigenen Typ der sinfonischen Dichtung von beschreibendem Charakter („Römische Brunnen", „Römische Pinien", „Römische Feste"). Ein gut Teil ihrer Wirkung verdankt Resoighis Musik seiner Fähigkeit, meisterhaft, ja raffiniert und mit glänzender Farbigkeit zu instrumentieren. Das vierteilige sinfonische Stimmungsgemälde „Le Fontane di Roma" (Römische Brunnen) entstand im Jahre 1916. Folgende aufschlußreiche Bemer kungen stellte Respighi der Partitur voran: „In dieser sinfonischen Dichtung hat der Komponist Empfindungen und Gefühle ausdrücken wollen, die beim Anblick von vier römischen Brunnen in ihm wach wurden, und zwar jedesmal zu der Tageszeit, in der ihre Eigenart am meisten mit der betreffenden Umgebung über einstimmte oder ihre Schönheit auf den Betrachter den größten Eindruck machte." In Anlehnung an Äußerungen des Komponisten erläuterte der Turiner Musik wissenschaftler Sergio Liberovici die Programmatik des Werkes: „Der erste Satz (Andanle mosso) entstand unter dem Eindruck des Brunnens der Villa Giulia und malt eine Hirtenlandschaft. .Schafherden ziehen vorüber und verlieren sich im frischfeuchten Dunst einer römischen Morgendämmerung.' Plötzlicher, lauter und andauernder Hörnerklang (Vivo) über trillerndem Orche ster eröffnet den zweiten Satz: Der Tritonenbrunnen. Es ist gleichsam ein freud voller Signalruf, auf den Najaden und Tritonen in Scharen herbeieilen, sich ge genseitig verfolgend, um dann einen zügellosen Tanz inmitten der Wasser strahlen auszuführen. Mit einem feierlichen Thema setzt der dritte Satz ein: Der Brunnen von Trevi am Mittag (Allegro moderato). Das feierliche Thema geht von den Holz- auf die Blechbläser über und nimmt triumphierenden Charakter an. Fanfaren erklingen: Auf leuchtender Wasserfläche zieht der Wagen Neptuns, von Seepferden ge zogen, mit einem Gefolge von Sirenen und Tritonen vorbei. Der Zug entfernt sich, während gedämpfte Trompetenstöße von ferne widerhallen. Der vierte Satz, Der Brunnen der Villa Medici bei Sonnenuntergang (Andante), beginnt mit einem wehmütigen Thema, das sich wie über einem leisen Geplät scher erhebt. ,Es ist die sehnsuchtsvoll-schwermütige Stunde des Sonnenunter ganges. Die Luft ist voll von Glockenklang, Vogelgezwitscher, Rascheln des Lau bes. Schließlich erstirbt dies alles sanft im Schweigen der Nacht. 1 " Die Werke des französischen Komponisten Cesar Franck — u. a. Oratorium „Les Beatitudes" (Die Seligpreisungen), Sinfonie d-Moll, Sinfonische Variationen für Klavier und Orchester, Sinfonische Dichtung „Psyche", Klavierquintett f-Moll, Streichquartett D-Dur, Violinsonate A-Dur, Präludium, Choral und Fuge für Kla vier, zahlreiche weitere Orgel- und Kammermusikwerke - errangen fast aus nahmslos erst nach dem Tode des Komponisten Anerkennung und Erfolg; zu sei nen Lebzeiten waren ihm und seinem reichhaltigen, vielseitigen Schaffen wenig Glück beschieden, seine Kompositionen vermochten sich nicht durchzusetzen. Franck, als Sohn eines wallonischen Vaters und einer deutschen Mutter 1822 in Lüttich geboren, kam früh nach Paris, wo er als Schüler des Konservatoriums zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen errang, die ihm später, als reifem Mei ster, versagt blieben. Jahrzehntelang lebte er als Musiklehrer und Organist unter ärmlichen Verhältnissen in Paris, ehe er 1872 als Professor an das Konservatorium der Stadt berufen wurde und dort bis zu seinem Tode im Jahre 1890 tätig war. Einflüsse der Romantik und Spätromantik, insbesondere von Brahms, Liszt, Wag ner und Berlioz, aber auch der französischen und deutschen Musik des 18. Jahr hunderts (Rameau, Bach) wurden von seiner starken schöpferischen Persönlichkeit verarbeitet, verschmolzen im Werk des bedeutenden Komponisten in interessanter Verbindung zu einer eigengeprägten Tonsprache. Francks Sinfonie d-Moll, eines seiner wenigen Werke, die bei uns häufi ger zu hören sind (obgleich seine Musik gerade durch die von Bach, Brahms und Wagner empfangenen Anregungen der deutschen keineswegs wesensfremd ist), wurde zwischen 1886 und 1888 komponiert und 1889 in Paris uraufgeführt. Die schöne und bedeutende, in ihrer Grundstimmung schwermütig-nachdenkliche Schöpfung, in einem typisch spätromantischen, farbig-weichen Ausdrucksstil ge halten, umschließt in ihrer weiten Gefühlsspanne Empfindungen von zarter In nigkeit ebenso wie starke dramatische Ausbrüche. Deutlich wird der leidenschaft liche Kampf gegen Gefühle tragischer Einsamkeit und Zerrissenheit, das innere Streben nach Klarheit und Licht, nach Befreiung und Freude. Das dreisätzig an gelegte Werk, dem ein langsamer Satz fehlt, gehört seinem formalen Aufbau und seiner thematischen Gliederung nach zur zyklischen Form; der Sinfonie wird durch die leitmotivartige Verwendung der Hauptthemen in allen drei Sätzen, das Auf greifen der einzelnen Themen in mannigfaltiger Beleuchtung, eine gedanklisj^ und gestaltungsmäßige Einheit verliehen. Von einem langsamen Abschnitt (Lento) wird der erste Satz eingeleitet, der durch einen häufigen Wechsel von Tonarten und Tempi charakterisiert wird und vorwie gend heftige, stürmische Gefühlsausbrüche, schmerzliche Spannungen zum Aus druck bringt. Das melancholische Hauptthema des Satzes, das bestimmend für dessen Verlauf wird, erklingt anfangs in Bratschen, Celli und Kontrabässen und wird im folgenden Allegro rhythmisch und in seinem Charakter verändert. Noch einmal schließt sich der Wechsel zwischen schwermütigem Lento und heftig-trotzi gem Allegro an. Ein zweites, kantables Thema in Violinen und Holzbläsern bringt kaum Tröstung. Motive beider Themen werden in einem durchführungsartigen Teil verarbeitet. Obwohl es am Ende des Satzes, an dem das Hauptthema noch einmal wuchtig im Orchestertutti ertönt, zu einem Dur-Ausklang kommt, wird die schmerzliche Ausgangsstimmung nicht überwunden. Nach einer kurzen Einführung durch Harfe und Streicher trägt das Englischhorn das melodische Hauptthema des zweiten Satzes (Allegro) vor. Klarinetten und Hörner, nach acht Takten durch die Flöte verstärkt, antworten ihm. Im Mittelteil des poetischen Satzes, der insgesamt heiterer und entspannter als der erste Satz angelegt ist, haben vor allem die Violinen eine führende Rolle inne. Hauptmotive der beiden anderen Sätze erscheinen wieder im Finalsatz (Allegro non troppo), der mit stürmischen Einleitungstakten einsetzt und den schließlichen Sieg über die — auch noch hier wieder wirksam werdenden — tragischen Elemente des Werkes bringt. Neu treten zu den bereits bekannten, wieder aufgegriffenen Motiven noch das Kopfmotiv des Finales (Fagotte und Celli) sowie ein Seiten thema der Blechbläser. Hell und licht bietet sich endlich der überzeugend ge staltete, befreiende Ausklang der Sinfonie in feierlichen Klängen der Bläser, in prächtigen Klangfarben des vollen Orchesters dar. Dr. Dieter HärJgfcc VORANKÜNDIGUNG: Sonnabend den 28. Februar 1970, 20 Uhr, Kulturpalast 7. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Kurt Masur Solistin: Hanne-Lore Kuhse, Berlin, Sopran Werke von Tschaikowski, Strauss, Schubert und Wagner Freier Kartenverkauf ' Proc,rammblätter der Dresdner Philharmonie — Spielzeit 1969/70 — Chefdirigent: Kurt Masur Redakion Dr. Dieter Härtwig Druck: veb polydruck - Werk III Pirna 111-25-12 3,5 ItG 009-131-69 (•hilHiarnnoni 6. AUSSERORDENTLICH ES KONZERT 1969/70