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DRESDNER PHILHARMONIE ZUR EINFÜHRUNG Freitag, den 14. November 1969, 20 Uhr Festsaal des Kulturpalastes Dresden 1. KONZERT IM ANRECHT C Dirigent: Lothar Seyfarth Solist: Rafail Sobolewski, Sowjetunion, Violine Franz Schubert 1797-1828 Ouvertüre zu „Rosamunde" op. 26 Ludwig van Beethoven 1770-1827 Romanze für Violine und Orchester G-Dur op. 40 Romanze für Violine und Orchester F-Dur op. 50 Sergej Prokofjew 1891-1953 PAUSE Konzert für Violine und Orchester Nr. 2 g-Moll op. 63 Allegro moderato Andante assai Allegro ben marcato Richard Strauss 1864-1949 Till Eulenspiegels lustige Streiche nach alter Schelmenweise in Rondoform für großes Orchester op. 28 RAFAIL SOBOLEWSKI wurde 1930 in Kuibyschew geboren. Von 1948 bis 1953 studierte er am Moskauer Konservatorium in der Klasse von Professor Ziganow und ging bereits während der Studienzeit aus mehreren internationalen Wettbewerben als Preisträger hervor, so u. a. 1949 aus dem Wettbewerb anläßlich der II. Weltfestspiele der Jugend in Budapest und 1953 aus dem Internationalen Marguerite-Long-Jäcques-Thibaud-Wettbewerb. 1959 wurde Rafail Sobolewski Preisträger des Internationalen Königin-Elisabeth-Wettbewerbes in Brüssel. Gastspiele führten den Künstler, der zu den hervorragenden Vertretern sowjetischer Geigen kunst gehört, u. a. nach Island. Norwegen, Finnland, Dänemark, Griechenland, in die VR Ungarn, die CSSR, die SR Rumänien, die DDR. Ludwig van Beethoven komponierte im Jahre 1802 seine beiden Romanzen fürVioline und Orchester, die eine in G-Dur (op. 40), die andere in F-Dur (op. 50). Das Orchester ist klein gehalten, es fehlt in ihm das schwere Blech, also die Trompeten und Posaunen. Sicher tat er dies, um das Soloinstrument, die Violine, immer hörbar zu lassen. Die Romanzen geben beide der Violine die Möglichkeit, empfindungsstarken und gefühlsgesättigten Aus druck zu entfalten. Die Bevorzugung der lyrischen Seite der Violine hat Beet hoven bei der Titelwahl beeinflußt. Beide Werke nennt er Romanzen, weil er das Gefühl breit ausströmen lassen will. Virtuose Aufgaben will er in den beiden Werken nicht stellen. In der G-Dur-Romanze beginnt er jedoch in Doppelgriffe^ womit er kundtut, daß er doch allerlei vom Solisten verlangt. Beethoven geht aber um die künstlerische Darstellung menschlicher Wärme, des Gefühls und starker Empfindung. Er ist also auch in kleineren Werken immer Humanist. Er hat auch in den Romanzen seine Ideale verwirklicht, denen er zeit seines Lebens treu gewesen ist. Seine letzte Musik zu einem Bühnenwerk — ein Kompositionsgebiet, auf dem ihm mit seinen Opern und Singspielen insgesamt wenig Erfolg beschieden war - schrieb Franz Schubert 1823 zu dem vieraktigen „großen romantischen" Schauspiel „Rosamunde, Fürstin von Cypern". Das Stück stammte von Hel- mina von Chezy, einer Dichterin, die als Librettistin des unglücklichen Textbuches zu Carl Maria von Webers „Euryanthe" in die Musikgeschichte eingegangen ist. Auch „Rosamunde", am 20. Dezember 1823 im Theater an der Wien uraufge führt, muß nach zeitgenössischen Pressestimmen (der Text selbst ist nicht erhal ten) ein recht krauses Machwerk voller grotesker Unwahrscheinlichkeiten und Überraschungen gewesen sein. Die Premiere brachte denn auch einen völligen Mißerfolg, und das Stück erlebte nur noch eine Wiederholungsaufführung, ehe es für immer in Vergessenheit geriet. Das einzige, was von „Rosamunde" lebei dig blieb, ist Schuberts Musik dazu, von deren insgesamt neun Nummern (Zwr schenakt- und Ballettmusiken, Geister-, Jäger- und Hirtenchöre, eine schwärme rische Alt-Romanze) einige Teile zu seinen größten Eingebungen gehören. Eine eigene Ouvertüre hat der Komponist zu „Rosamunde" nicht geschrieben. Bei der Uraufführung wurde die Ouvertüre zu seiner Oper „Alfonso und Estrella" dafür verwendet; die heute überall bei Aufführungen der „Rosamunde"-Musik zu hörende Ouvertüre war jedoch ursprünglich die Ouvertüre des 1820 veröffent lichten Melodrams „Die Zauberharfe", die Schubert selbst später als „Rosa munde "-Ouvertüre bezeichnete. Es ist ein blühendes romantisches Musik stück, das nach einer etwas düsteren, unheilkündenden Andante-Einleitung einen Allegro-vivace-Teil mit lieblich-gesanglichem Hauptthema ohne eigentliche Durchführung bringt. Sergej Prokofjew schuf zwei Violinkonzerte. Das erste, op. 19, D-Dur, ent stand bereits in den Jahren 1915-1917 - die in Petrograd vorgesehene Urauf führung mußte wegen der Revolutionsereignisse abgesagt werden -, das zweite, op. 63, g-Moll, wurde 1935 - als Auftragswerk für den Geiger Robert Seutance, den er 1934 in Paris kennengelernt hatte — vollendet. Während einer Konzert tournee mit dem Geiger Seutance im Winter 1935'36 durch Spanien, Portugal, Marokko, Algier, Tunis gelangte das Violinkonzert Nr. 2, das aus dem ursprünglichen Plan einer Violinsonate erwachsen war, am 1. Dezember 1935 im